Brauchen Kinder unter drei Jahren eine Nestgruppe?

Von Pädagoginnen werde ich immer wieder gefragt, warum wir keine Nestgruppe haben, denn kleine Kinder brauchen doch unbedingt ein Nest. Ich finde es wichtig, dass sie so eine Hypothese aufstellen, aber sie müssen sie überprüfen, müssen sich fragen, ob die Hypothese richtig ist. Wenn nicht, müssen sie sie korrigieren.

Wir haben festgestellt, dass die Kinder die Nestgruppe nicht brauchen. Sobald sie krabbeln können, bewegen sie sich aus dem Raum in den großen Flur und machen uns deutlich: Wir schlüpfen aus. Versucht man nun, die Kinder in ihrem Raum festzuhalten, lernen sie nicht von anderen Kindern. Ihre Neugierde und ihr Explorationsverhalten werden zumindest stark eingeschränkt. Deshalb haben wir entschieden, die Kinder auf ihren Forschungstouren zu begleiten, um zeitnah auf ihre Bedürfnisse nach Sicherheit und Körperkontakt reagieren zu können.

Wie überprüft man eine Hypothese?
Man muss schauen, was die Kinder machen, wie sie mit Herausforderungen umgehen. Sobald unsere Kleinen robben konnten, machten sie sich auf den Weg. Und der große, lange Flur, den wir den Jüngsten nicht sofort zugemutet hätten, wurde ihr Lieblingsplatz. Dort konnten sie krabbeln, so weit sie wollten, die Treppe erklimmen … Also besserten wir nach, und der ehemalige Nestraum ist jetzt ein Rückzugsort mit Liegeflächen, Kissen und Materialien, mit denen die Kinder Höhlen bauen und sich auch gut verstecken können. Das machen alle gern, die Jüngsten wie die Ältesten.

Edeltraud Prokop, Leiterin des Kinderhauses Felicitas Füss-Straße, München ∫
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Edeltraud Prokop ist die Leiterin des Kinderhauses Felicitas-Füss- Straße in München.

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