Wenn die Kita „Sonnenkäfer“ ihr Sommerfest veranstaltet oder die Bildungsministerin neue Gute-Kita-Gesetze vorschlägt, liest man das in der Zeitung. Stöbert man in Zeitungsarchiven, findet man unter dem Schlagwort „Kindergarten“ viele Beiträge über die wechselvolle Geschichte dieser deutschen Institution.
Hier ein kurzer Blick in die Jahre von 1843 bis 1990, beginnend und endend mit Friedrich Fröbel.
Hier gibt es den Wortklauber als PDF: Wortklauber_#4_2025
18. 11. 1843
„Ueber den fröhlich gedeihenden Kindergarten zu Blankenburg bei Rudolstadt ist eine Nachricht und Rechenschaft ausgegeben worden. Bekanntlich soll der Kindergarten eine Musteranstalt für Kleinkinder-Bewahranstalten, eine Schule zur Bildung guter Wärterinnen und Kindermädchen für Familien und auch Lehrer und Lehrerinnen von Bewahranstalten seyn und überhaupt eine bessere geistige und leibliche Pflege der ersten Kinderjahre fördern. Das Unternehmen geht von dem rastlos thätigen Herrn Fröse aus.“
10. 2. 1849
„Unter den Bestrebungen der Gegenwart für eine bessere Zukunft nehmen die sogenannten Kindergärtenvereine die ersten Stellen ein. In ihnen, die dem Weltmenschen und dem Pedanten ein Aergerniß und eine Thorheit scheinen, erkennt der denkende Menschenfreund den edlen Keim, aus dem sich die reine Menschlichkeit einer neuen Zeit entwickeln kann, daß einzige Verjüngungsmittel vielleicht für unsern abgelebten und verdorrten Erdtheil.“
26. 6. 1850
„Unsere Dresdner Leserinnen machen wir auf den Kinder-Garten der Frau Herz in Dresden aufmerksam. Dieselbe ist auch eine Schülerin Herrn Fröbels und hat seit Kurzem einen Kindergarten eröffnet, der bereits die erfreulichsten Resultate erzeugt. Frau Herz hat die wichtige Aufgabe mit Geist und Gemüth aufgefaßt, und wir können die Anstalt derselben nicht genug empfehlen. Die Red.“
22. 2. 1851
„Da es noch immer so viel Menschen giebt, die ein Vorurtheil gegen die Kindergärten haben, so thut es wohl noth, daß sich von Zeit zu Zeit Stimmen für sie erheben, um ihnen wenigstens nach und nach mehr Anerkennung zu verschaffen. Man kann wohl sagen – und darin liegt schon ein entscheidendes Urtheil über sie – daß im Allgemeinen nur diejenigen ihre Gegner sind, die sie nicht kennen.“
3. 9. 1851
„In diesem Augenblick aber wird uns die neueste Entdeckung kund, daß der Communismus, Socialismus und Atheismus sich in den Kinder
gärten versteckt hält. Nun müssen wir zwar gestehen, daß es jetzt, da diese Dinge allenthalben stecken, wo sie kein einfacher Menschenverstand herausfindet, schon verdienstlicher wäre, einen Ort zu entdecken, wo sie noch nicht versteckt sind; aber das müssen wir gestehen: es ist sehr gescheit von dem Communismus, Socialismus und Atheismus, daß sie sich in den Kindergärten versteckt haben, denn sie sind nicht nur dort so gut versteckt, daß selbst die Gründer der Kindergärten sie nicht finden, sondern auch die Kindergärten selber sind so versteckt, daß unter hunderttausend Menschen nicht fünf wissen, wo sie diese suchen sollen.“
18. 11. 1851
„Wieder ein aufgehobener Kindergarten! Wie in Dresden, so ist nun auch in Nürnberg ein Kindergarten polizeilich aufgehoben. Dasselbe Schicksal hatte hier ein staatsgefährlicher Frauen-Verein.“
4. 9. 1874
„In der Barth’schen Erziehungsschule (…) schilderte D. Roscher den Sedantag als Sieges- und Geburtsfest der deutschen Einheit. Hieran schlossen sich Festgesänge und Deklamationen auf den 2. September. Nach der Feier, die sehr zahlreich von Eltern besucht war, zog der Kindergarten mit Trommeln und Fahnen in dem anmuthigen Anstalts-Garten herum.“
5. 7. 1881
„Es hat sich in Außig ein Komitee zur Gründung eines Kindergartens mit czechischer Unterrichtssprache gebildet. Eine Deputation dieser nationalen Vorkämpfer begab sich dieser Tage zu dem ehemaligen Bezirkshauptmann Graf Kolowrat-Krakowsky nach Schönpriesen, um ihn zu bewegen, das Protektorat in dieser Angelegenheit zu übernehmen, derselbe erklärte jedoch den Petenten, daß er von einem Kindergarten, in welchem nur die czechische Sprache gepflegt würde, keinen Nutzen und keine Vortheile für die Bewohner Außigs erwarte und lehnte den Antrag ab.“
24. 10. 1897
„Von vornherein ist die in Deutschland übliche Altersgrenze für den Besuch der Kindergärten in den Kolonien auszuheben. In den Jahren, wo Kinder civilisirter Länder in den Volksschulen unterrichtet werden, sollten unsere N… nach der Weise der Kindergärten spielend zu Reinlichkeit, Ordnung, Gehorsam, Achtsamkeit und Arbeitsamkeit angeleitet und gewöhnt werden. Zugleich werden sie spielend Deutsch sprechen lernen und eine ausreichende Summe deutscher Worte sich aneignen, um die für ihr späteres Leben wichtigen Begriffe zu verstehen.“
7. 5. 1907
„Gegen die Schließung des Freien Kindergartens in Charlottenburg, die vor einiger Zeit berechtigtes Aufsehen erregte, wurde gestern von einer Versammlung, die sich aus Anhängern der verschiedensten Parteien zusammensetzte, eine Resolution angenommen. In dieser Resolution heißt es u. a.: Die Versammlung erkennt ein Recht der Regierung, Kindergärten von politischen Gesichtspunkten aus zu überwachen und zu schließen. (…) Die Grundsätze, die für den Betrieb des Charlottenburger Freien Kindergartens maßgebend gewesen sind: planmäßige Entwicklung des kindlichen Geistes zum Selbstbeobachten und Selbsturteilen —Förderung der kindlichen Lebensfreude und Erziehung zum Gemeinsinn — Fernhaltung jedweder unpädagogischen Tendenz, sei sie politischer oder religiöser, frömmelnder oder byzantinischer Art – finden die volle Billigung der Versammlung.“
18. 3. 1914
„Besuch im Fröbel-Kindergarten: Gegenseitig üben die Kinder im Spiel die beste erziehliche Wirkung aufeinander aus. Die ersten Keime sozialen Empfindens werden gestärkt, eine Eigenschaft, die jedem Kinde fürs Leben zum Vorteil gereicht. (…) Das ganze Leben im Kindergarten regelt sich nach einem bestimmten Plane. Sobald sich das Kind an die Grundlagen dieses Planes gewöhnt hat, kommt die eigene Phantasie und das eigene Begehren mehr und mehr zur Geltung, wenn auch immer die Ordnung und Gemeinschaft aufrecht erhalten werden muß.“
16. 9. 1926
„Was tut Berlin für seine Kinder? Eine sehr bemerkenswerte Statistik ist vom Landesjugendamt Berlin aufgestellt worden. Es handelt sich um ein Verzeichnis der Tagesstätten für Säuglinge, Kleinkinder und Schulkinder von Groß-Berlin, geordnet nach Bezirken und gegliedert in Krippen und Laufkrippen, Kindergärten, Horte, Tagesheime und Horte für geistig zurückgebliebene bzw. schwererziehbare Kinder. (…) Groß-Berlin hat nur 24 Krippen und Laufkrippen.“
20. 4. 1932
„Der Kindergarten ist die Universität für Kinder von drei bis sechs Jahren; sie brauchen so notwendig eine wie die Studenten. Das Leben des Kindes, vom ersten verständigen Blick auf die Umgebung an, ist ein ununterbrochenes gieriges Ausbilden von Verstand und Gemüt. Nie wieder wird das Kind im Leben so viel und so eifrig lernen, wie vor dem sechsten Jahre. Zurückschieben oder bis zur Schulzeit dieses Lernen verhindern wollen wäre gerade so töricht wie: das Kleine am Wachsen hindern wollen.“
12. 8. 1935
„Die nationalsozialistische Weltanschauung sieht in der Familie die Keimzelle des Staates und der Gemeinschaft. Auch der bestgeleitete Kindergarten kann die Erziehung des Kindes durch das Elternhaus nicht ersetzen. Daher lehnt die NSV. die erste Forderung ab und stellt sich auf den einzig richtigen Standpunkt, daß der Kindergarten nur eine zusätzliche, ergänzende Arbeit leisten kann.
Die sozial-pädagogischen Aufgaben wurden bisher zum Teil überbewertet. Der Kindergarten soll zwar auch eine Erziehungsstätte sein, er darf sich aber nur mit der Charakterformung beschäftigen und Kenntnisse vermitteln, die dem Kinde in kindgemäßer, nicht schulischer Form nahegebracht werden. Zur Opferwilligkeit, Kameradschaftlichkeit und zur Selbstverantwortung müssen die Kinder erzogen werden.“
5. 8. 1939
„Schon als wir die Türe des geräumigen NSV.-Kindergartens in Daxlanden öffneten, schallte uns ein freudiges und lautes Heil Hitler entgegen. (…) Die Buben natürlich interessieren sich oftmals weniger für die Spiele der Mädchen. Sie wollen im Sande ihre Unterstände und Bunker bauen, die sie dann mit ihren Papierhelmen auf dem Kopfe beziehen, in der Hand ein Stück Holz, das für sie das Gewehr bedeutet.“
6. 1. 1945
„Der Kindergarten im Katastrophenfall: In dem Augenblick bereits, da von verantwortlicher Stelle die Aufforderung an Mütter und Kinder zum Verlassen der gefährdeten Stadt ergeht, wandelt sich die Aufgabe der Kindergartenleiterin, die nun allen Einfluß aufbietet, um die Mütter ihrer Schutzbefohlenen zu veranlassen, der von führender Stelle ausgesprochenen Mahnung Folge zu leisten. Geht dann nach einem schweren Angriff die Besucherzahl in den Kindergärten von selbst schlagartig zurück, weil Mütter und Kinder anderwärts Zuflucht bei Verwandten und Bekannten suchten, so wird der Kindergarten zunächst zur Sammelstelle für die noch obdachlosen Kinder, die von ihren Angehörigen getrennt wurden, und anderen, deren Mütter mit Aufräumungsarbeiten beschäftigt sind.“
18. 12. 1948
„Weihnachtsspende für Kleinkinder: Von einer amerikanischen Dienststelle wurden für Karlsruher Kinder im Alter von 2 bis 5 Jahren für Weihnachten einige Süßigkeiten gespendet. Die Kinder, welche sich in Kindergärten befinden, bekommen diese gegen Vorlage des gelben Personalausweises dort ausgehändigt.“
18. 9. 1952 (BRD)
„Der Dienst an den Kleinen im Kindergarten: Viele Mütter sind gezwungen, berufstätig zu sein, kommen müde und abgespannt in ihre Familie, der Mann geht seinen Interessen nach, es kommt zu keinem Feierabend mehr, und die Kinder sind die Leidtragenden. (…) Wenn ich meine Kinderschar vor Augen habe, dann denke ich besonders auch an Einzelkinder, die durch ihre Ichbezogenheit in der Erziehung Not leiden. Sie alle faßt der Kindergarten, der die Stätte sein will, wo sich das Kind zu Hause fühlt, d. h. geborgen weiß.“
21. 4. 1959 (Berlin-Ost)
„Mit Liebe und Sorgfalt wurden vor einem Jahr die Räume in dem neu erbauten Kinderheim in der Preußstraße eingerichtet. Fleißige Hände der DFB-Gruppen 66 und 71 des Bezirks Prenzlauer Berg besorgten die Grob- und Feinsäuberungen. Es wurde gestickt, genäht und gehäkelt. Alles für die Drei- bis Sechsjährigen, die seit März des vergangenen Jahres die Räume des Kindergartens tagsüber bewohnen.“
18. 12. 1966 (BRD)
„In einer sehr aufschlußreichen Untersuchung, die von zwei Psychologen (Kemmler und Heckhausen, „Psychologische Rundschau“) durchgeführt wurde, stellte man 110 Müttern die Frage: ‚Worauf würden Sie bei der Erziehung eines Sechsjährigen besonderen Wert legen?‘ Gehorsam stand auf der Liste an erster Stelle (15 Prozent); erst gegen Ende findet sich Frohsinn (0,3 Prozent).“
25. 9. 1967 (DDR)
„Die Parteigruppe des Gen. Engelmann und die Brigade ‚Rudolf Diesel ‘ (TKM) hatten sich in ihrem gemeinsamen Programm zur Erringung des Staatstitels ‚Kollektiv der sozialistischen Arbeit ‘ verpflichtet, in gemeinsamer Zusammenarbeit mit der Abteilung TKF für unseren betriebseigenen Kindergarten ein Klettergerüst und einen Abgas-Schalldämpfer für den Motor D72 zu fertigen. (…) Alle Kollegen haben erkannt und auch die Notwendigkeit eingesehen, daß in unserem Kindergarten der Bau dieses Klettergerüstes nur eine kleine Lücke in der Reihe der noch fehlenden Spielgeräte für unsere Kinder schließen kann. Aus diesem Grunde übernehmen wir als weitere Verpflichtung im Programm zur Erringung des Staatstitels, (…) ein zweites Klettergerüst in Zusammenarbeit mit den Kollegen der Abteilung TKF zu fertigen. Gleichzeitig rufen wir die anderen Abteilungen und Brigaden unseres Betriebes auf, unserem Beispiel zu folgen.“
10. 8. 1967 (DDR)
„Leser stellten die Frage, warum auch nach der Einführung der durchgängigen 5-Tage-Arbeitswoche die Öffnungszeit der Tages-Kinderkrippen und Kindergärten nicht mehr als 13 Stunden betragen darf und warum sie sich auf die Zeit von 6 bis 19 Uhr erstrecken soll. Vielfach wurde beantragt, diese Öffnungszeiten zu verlängern.
Für eine gesunde Entwicklung der Kinder sind vor allem ein geordneter Tagesablauf in den Krippen und Kindergärten und eine ausreichende ungestörte Schlafzeit für die Kinder auch außerhalb der Krippen und Kindergärten – also im Elternhaus – notwendig. (…) Wird diese als maximal anzusehende zeitliche Periode überschritten und kommt es zu Unregelmäßigkeiten im Tagesablauf, so kann das zu vorübergehenden oder permanenten Störungen in der Gesamtentwicklung der Kinder führen. Aus diesem Grunde kann die bisher in den Tageskrippen und in der Regel auch in den Kindergärten praktizierte Öffnungszeit von 6 bis 19 Uhr weder zeitlich verschoben noch verlängert werden.“
8. 6. 1969 (Berlin-West)
„93 Apo-Zöglinge – zu Fuß, in Tragetaschen, Kinderwagen oder Huckepack – und ebenso viele Mütter und Väter zogen am 1. Juni bei der ersten West-Berliner Kinder-Demonstration über die Steglitzer Schloßstraße. 135 Ordnungshüter und 20 zum erstenmal zum Außendienst abkommandierte weibliche Schutzpolizisten (Bürokraten-Jargon: Wespen) eskortierten sie. Auf Transparenten forderten Püppis und Papis: ‚Kinder aller Länder, vereinigt euch ‘ und ‚Starfighter nein, Kindergärten ja ‘. Flugblätter verkündeten: ‚Es gibt weder genug Kinderspielplätze noch genug schöne Kindergärten ‘.“
15. 1. 1972 (BRD)
„Viel wird über sie geredet und geschrieben: die Kinderläden, die jetzt allenthalben aus dem Boden schießen. Da tun sich Elternpaare zusammen und gründen einen kleinen Kindergarten. Und dazu engagieren sie entweder eine Kindergärtnerin, oder aber sie wechseln sich bei der Betreuung der kleinen Quälgeister ab.“
13. 8. 1975 (DDR)
„Begeistert lauschen die Kleinen vom Kindergarten. Sind ihnen doch die Männer in der blauen Uniform gute Vertraute. Die Betriebswehr war ständig zu Gast, führte Brandschutzbegehungen durch, bereitete den Internationalen Kindertag mit vor und die Brandschutzwoche.“
29. 6. 1990 (DDR)
„150 Jahre nachdem Friedrich Fröbel im thüringischen Bad Blankenburg den ersten Kindergarten Deutschlands eröffnete, komme es nun drauf an, die drohende Schließung einer Vielzahl solcher Kindertagesstätten in der DDR zu verhindern. Das forderte unlängst in Suhl Ilsa Diller-Murschall vom Bundesvorstand der Arbeiterwohlfahrt der BRD auf einer erstmals in der DDR durchgeführten Fachtagung.“
Foto: Anita Jankovic, unsplash

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