Pädagogik aufräumen:
Pädagogik lebt von Ritualen, heißt es. Erzieher, Lehrer und *innen machen alles Mögliche, weil es nun mal derzeit üblich oder sogar vorgeschrieben ist. Egal, ob es Sinn hat oder nicht. Sinnvoll ist es aber auf jeden Fall, ab und zu auszumisten. Deswegen stellt diese Rubrik pädagogische Gewohnheiten aufs Tapet und fragt ganz ergebnisoffen: Ist das pädagogische Kunst, oder kann das weg?
Ist die Windel pipivoll, ist Demokratie einfach: Eine gute Einwegwindel lässt das Kind nur leicht spüren, dass sie gefüllt ist. Perfekt, um das Kind über seine Bedürfnisse nachdenken zu lassen: Stört mich die dicke Windel mehr oder die Unterbrechung des Spiels fürs Wickeln?
Ist die Windel jedoch kakavoll, wird Demokratie schwieriger: Lässt sich das Kind wickeln, ist der unangenehme Moment schnell vorbei – abwischen, sauber, fertig. Weigert es sich, wird das Wickeln nur hinausgezögert, oft mit zusätzlichen Folgen: Kleidung wechseln, Abduschen, wunde Stellen. Außerdem belastet der Geruch die Mitmenschen, bis das Kind bereit ist. Ein Aufschieben ist keine wirkliche Option. Stattdessen müsste das Kind unangenehme Überzeugungsversuche ertragen, bis es endlich einwilligt.
Fazit:
Intime Momente wie das Wickeln eignen sich eigentlich gut, um Partizipation zu üben – aber nicht bei der Kakawindel. Denn hier gibt es keine echte Alternative. Demokratische Entscheidungen ohne Alternativen machen aber keinen Sinn. Deshalb ist eine klare, respektvolle Ansage wichtig: „Gleich wechseln wir die Windel – und du kannst entscheiden, ob auf der neuen ein Pirat oder ein Seehund ist.“
Foto: