Kitas in Not:

Fachkräftemangel und Überlastung — Immer mehr Kitas in Deutschland setzen auf Mitarbeitende ohne pädagogische Ausbildung. Das belastet das System und schmälert die Qualität der Kinderbetreuung – so zeigen es zwei aktuelle Studien, die im Dezember 2024 vorgestellt wurden. Besonders düster sieht es in den meisten westdeutschen Bundesländern aus.

Hier gibt es den Artikel als PDF: Kitas in Not_#4_2024

 

Dramatischer Rückgang bei Fachkräften

2017 hatten 41 Prozent der Kitas-Teams noch eine Fachkräftequote von über 80 Prozent – mehr als 8 von 10 Mitarbeitenden waren ausgebildet. 2023 liegt diese Quote nur noch bei 32 Prozent. Berlin, Mecklenburg-Vorpommern und NRW verzeichnen Rückgänge von bis zu 18 Prozentpunkten.

Nur Osten erfüllt Standards

Das Bundesfamilienministerium empfiehlt, dass mittelfristig 72,5 Prozent und langfristig 85 Prozent des Kitapersonals Fachkräfte sein sollten. Ostdeutschland liegt bereits im Zielbereich. Schlusslicht ist Bayern: Hier arbeitet nur in drei Prozent aller Kitas und Kindergärten ein pädagogisches Team mit mindestens acht von zehn voll ausgebildeten Fachkräften.

„Grundsätzlich ist es gut, wenn Kitas neue Mitarbeitende gewinnen. Aber für die anspruchsvolle Arbeit mit den Kindern benötigen sie eine ausreichende pädagogische Qualifikation“, sagt Anette Stein, Expertin der Bertelsmann Stiftung für frühkindliche Bildung. In einer Notsituation könne es vertretbar sein, die Anforderungen vorübergehend zu senken, um die Schließung einer Kita abzuwenden. Dauerhaft sei das aber keine Lösung – „doch genau diese Tendenz sehen wir momentan in mehreren Bundesländern“.

Qualität leidet unter unqualifiziertem Personal

Betreue nicht ausreichend qualifiziertes Personal die Kinder, leide die Qualität, erklärt Katrin Bock-Famulla, die die Bertelsmann-Studie maßgeblich verantwortet. Das träfe etwa Kinder, die nicht gut Deutsch sprächen. „Aber gerade sie brauchen besondere Förderung, die dann nicht gewährleistet werden kann.“

Außerdem müssten Mitarbeitende, die keine Erzieherausbildung abgeschlossen hätten, vom restlichen Personal verstärkt angeleitet und unterstützt werden. „Das bindet zusätzliche Energie und Zeit“, sagt Bock-Famulla.

Überlastung und Negativspirale

Eine weitere Studie mit 20.000 Kitamitarbeitenden zeigt: Drei Viertel der Beschäftigten in unterbesetzten Kitas fühlen sich überfordert. Selbst in gut besetzten Einrichtungen klagen 40 Prozent über regelmäßige Überlastung. Viele überlegen, den Beruf zu wechseln – jede vierte Person plant in den nächsten fünf Jahren auszusteigen.

Das ist das Ergebnis einer groß angelegten Umfrage der Justus-Liebig-Universität Gießen.

Hoffnung und Lösungen

Ließe sich die Situation der Beschäftigten kurzfristig verbessern? Und wenn ja, wie?

Kurzfristig könnten bessere Beratung und Weiterbildungen helfen. Langfristig braucht es mehr Fachkräfte: „Es gilt, neues und gut ausgebildetes Personal zu gewinnen und Mitarbeitende, die noch nicht hinreichend qualifiziert sind, weiterzubilden“, fordert Bertelsmann-Expertin Stein. Ein wenig Hoffnung mache auch der demogra­fische Wandel, sagt Bock-Famulla, genauer: die sinkende Geburtenrate: „In Ostdeutschland und auch in einigen Regionen Westdeutschlands bleiben bereits Kitaplätze frei – das könnte man nutzen, um die Betreuungssituation in den Kitas zu verbessern“.

 

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