Manchmal wird es gefährlich im Wald, zum Beispiel wenn kleine Käfer anrücken. Sie fressen Löcher in die Baumrinde und können Bäume damit töten. Doch zum Glück halten alle zusammen.
Wehren kann man sich am besten, wenn man weiß, dass da jemand kommt. Genau deswegen reden die Bäume miteinander. Wenn ein einzelner Baum gebissen wird, dann merkt er das. Nach dem ersten Schreck schmeckt er erst mal, wer da an ihm rumknabbert. Ja, du hast richtig gelesen: Bäume können schmecken. Denn wenn ein Tier in die Rinde, in ein Blatt oder in einen Zweig beißt, dann kommt immer ein bisschen Spucke in die Wunde. Und diese Spucke schmeckt bei jeder Tierart anders. Das klingt ein bisschen eklig, aber der Baum weiß dann ganz genau, was er machen muss. Zuerst pumpt er eine Flüssigkeit in die Bissstelle, die schlecht schmeckt oder sogar giftig ist. Die Borkenkäfer, die am Baum knabbern, hören dann oft auf zu fressen und verschwinden.
Nadelbäume drücken Harz heraus, ein klebriges, bitteres Gemisch. Darin bleiben Käfer stecken. Damit den anderen Bäumen nicht dasselbe passiert, ruft der angegriffene Baum: „Achtung Käfer!“. Da er keinen Mund zum Reden hat, macht er das mit einer Duftsprache. Dieser Geruch weht zu den umstehenden Bäumen. Sie wissen nun Bescheid und können schon vor der Ankunft der Käfer mit der Harzproduktion anfangen.
In Afrika verteidigen Bäume sich sogar gegen Giraffen. Die Giraffen rupfen am liebsten Blätter aus den Kronen von Schirmakazien. Das sind große Bäume, die so ähnlich wie Sonnenschirme aussehen. Nach wenigen Minuten haben die Bäume gemerkt, dass da jemand an ihnen frisst, und pumpen Gift in die Blätter. Das ist für die Giraffen gefährlich, denn sie könnten daran sterben. Deshalb gehen sie nach kurzer Zeit zum Nachbarbaum. Doch was ist, wenn der auch schon weiß, wer da kommt? Dann sind seine Blätter ja ebenfalls giftig. Das wissen die Giraffen und gehen deshalb erst einmal über hundert Meter weiter. Bis dorthin ist die Duftnachricht nicht geweht. Hier sind die Blätter deshalb noch lecker.
Wenn ein Wind weht, dann gehen die Giraffen gegen den Wind zum Nachbarbaum. Der kann ja noch nichts gemerkt haben, weil der Wind die Duftnachricht nicht zu ihm getragen hat.
Manche Bäume wie die Ulme rufen sogar Tiere zu Hilfe. Wenn Raupen an den Blättern herumknabbern, erkennt die Ulme, welche Art das ist. Dann ruft sie die Feinde dieser Raupen herbei. Das sind kleine Wespen, die Eier in Insektenraupen legen. Aus den Eiern schlüpfen Larven, die die Raupen von innen auffressen. Das ist nicht schön, oder? Auf jeden Fall wird die Ulme so ihre Feinde los, und ihre Blätter bleiben heil.
Verschiedene Baumarten können sich nicht miteinander unterhalten. So sind zum Beispiel Buchen und Fichten weniger miteinander verwandt als du mit Goldfischen. Und so wenig du Goldfische verstehst, so wenig haben sich fremde Baumarten zu sagen.
Probier’s aus!
Vielen Nadelbäumen ist es an heißen Sommertagen zu warm. Sie werden schwach und können leichter von Borkenkäfern angegriffen werden. Weil es ihnen nicht so gut geht, senden sie Hilferufe aus. Die kannst du riechen. Ihr Geruch ist würzig-süßlich – so ähnlich wie der Duft, der entsteht, wenn du ein paar Nadeln zwischen den Fingern zerrreibst.
Text: Peter Wohlleben
Foto: margie/photocase.de
wamiki-Tipp:
Was erzählen Vögel? Schwitzen Bäume im Sommer? Wovor haben Bäume Angst? Gibt es mutige Bäume?…
Diese und noch mehr Fragen beantwortet Peter Wohlleben in seinem Buch: Hörst du wie die Bäume sprechen? Erschienen im Oetinger Verlag, mehr dazu bei unseren Medientipps.