Nachruf: Hildegard Wies

Geboren am 18. November 1946  Gestorben am 24. Januar 2017

 

Wir können Hildegard Wies – Erzieherin, Kita-Leiterin in Neunkirchen und Fortbildnerin – nicht mehr treffen, nicht mehr mit ihr sprechen. Das ist traurig. Sie fehlt uns.

Hildegard hatte ein erfülltes Leben. Sie hat Menschen miteinander verbunden, angeregt und ermutigt. Vorbild bleibt sie vielen von uns, weil sie Verständnis für Lebenswege, Lebensfragen und Lebenswirrnis hatte. Dass sie auch viel Lebenslust hatte, machte sie besonders liebenswert.

Über ihre Arbeit berichtete Hildegard gern, weil sie diese Arbeit liebte.
Auch schwierigen Themen stellte sie sich. So bleibt sie uns in Erinnerung.

„Tod“ ist schon ein besonderes Thema. Es hat eine andere Tiefe als zum Beispiel das Thema „Zeit“. Dass Eltern und Mitarbeiterinnen sich bei so einem Thema Sorgen machten oder verwundert waren, verstand ich, denn ich hatte keine Ahnung, was in deren Biografien eine Rolle spielte, womit sie gerade beschäftigt waren und weshalb sie womöglich an Grenzen stießen. Sie zeigten es mir durch Anfragen oder Zurückschrecken.

Mir ging es ja nicht anders. Als mein Vater gestorben war, konnte ich nicht trauern. Aber als ein Kind ein Bilderbuch vorgelesen haben wollte, das von Tod handelt, konnte ich auf einmal nicht mehr weiterlesen, weil mir die Tränen kamen. Später fragte ich die Kolleginnen, wer in solchen Fällen einspringen könnte. „Tod“ ist nun mal ein existenzielles Thema. Doch nicht das einzige.

Existenzielle Themen kamen schon vor, als ich noch eine junge Leiterin war. Ich gehöre zur 68er Generation und war eine Bewunderin der Kinderladen-Bewegung, denn ich hatte in meiner Kindheit schwarze Pädagogik pur „genossen“. Das Kind endlich in all seinen Bedürfnissen sehen! Das war für mich eine Offenbarung, und ich gab mir Mühe, meine eigenen Kinder antiautoritär zu erziehen. In dieser Zeit wurden viele Kindergärten freizügiger. Auch wir.

Eines Tages fragte ein Kind im Morgenkreis, den es damals noch gab: „Wie geht das denn mit dem Kinderkriegen?“ Die Erzieherin der Gruppe war hochschwanger und dachte: Jetzt muss ich die Wahrheit sagen.

Die Kinder wurden abgeholt. Beim Mittagessen erzählten sie zu Hause, wie das mit dem Kinderzeugen ist, in allen Einzelheiten. „Was?! Und das in einem Katholischen Kindergarten!“ Mein Telefon klingelte unentwegt. Die Kollegin wurde angegriffen und war am Boden zerstört. Wir trösteten sie, und ich sagte: „Du warst so mutig! Wir überlegen jetzt, wie wir es beim nächsten Mal anders und besser hinkriegen. Man muss die Wahrheit sagen. Aber man muss sie nicht immer sofort sagen. Man kann auch sagen: Weißt du, das ist so ein wichtiges Thema, darüber muss ich erst mal nachdenken, denn ich merke, dass es mir nicht leicht fällt. Darf ich darüber noch einen Tag lang nachdenken?“ Auf diese Weise hätte die Kollegin sich Rat holen können. Sie sagte, es sei für sie eine Mutprobe gewesen. Ausgerechnet vor 25 Kindern und im Morgenkreis…“