Macht Ernst

… mit der Umgestaltung, schafft eine Kultur der Nachhaltigkeit, ein Klima des Staunens, Fragens, Innehaltens, Nachdenkens, Veränderns – für nachhaltige Entwicklung vor Ort, d.h. nicht auf Kosten von morgen, von anderswo, von anderen, von mir.

Wie Bildung für nachhaltige Entwicklung gelingen kann

Hier gibt es den Artikel als PDF: Macht Ernst_BNE_#3_2023

BNE – was? Worum geht es überhaupt?

Bildung für nachhaltige Entwicklung (= BNE) basiert auf einem internationalen Leitbild, das 1992 in Rio de Janeiro verabschiedet wurde. Es zielt darauf ab, die natürlichen Lebensgrundlagen zu erhalten, Gerechtigkeit weltweit und zwischen den Generationen zu schaffen und Lebens-, Wirtschafts- und Konsummuster im Sinne von fünf Nachhaltigkeitsstrategien: besser, weniger, gerechter, anders, dauerhaft bleibend zu ändern. Dem Leitbild entsprechend hat 2015 die Generalversammlung der Vereinten Nationen 17 Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals = SDGs) verabschiedet, die bis 2030 umgesetzt werden sollen: weltweit, lokal und regional.

Schlüsselthemen sind Themen mit nachhaltigen Dimensionen und damit verbundenen Dilemmata, z. B.: Wasser, Ernährung, Klima, Energie, Konsum, Diversität, Gerechtigkeit…

Die dümmste Idee aller Zeiten?

Nachhaltigkeit ist das Gegenkonzept zu unserer wachstumsvernarrten Art zu leben und zu wirtschaften. Denn diese hat sich als eine der dümmsten Ideen aller Zeiten erwiesen.

Annette Jensen skizziert auf www.futurzwei.org eine kurze Geschichte der Erde.

Ihr Fazit: „Seit 3.300.000.000 Jahren passiert in der belebten Natur permanentes Upcycling: Vorhandenes Material wird allein mit Hilfe der Sonnenenergie immer und immer wieder genutzt und ständig umgebaut. Dabei entwickeln sich zunehmend komplexe Wesen und Lebensräume. Müll gibt es nicht: Was das eine Wesen ausscheidet, ist Existenzgrundlage für andere. In dieser vernetzten Kreislaufwirtschaft bleibt das Wasser immer sauber. 3.300.000.000 Jahre funktioniert dieses Modell der Natur.

Die menschengemachte Wachstumswirtschaft existiert dagegen erst seit etwa 150 bis 200 Jahren. Sie ist aufgebaut nach dem Prinzip Einbahnstraße-Sackgasse: Kohle, Öl, Metalle und Mineralien werden ausgegraben, zu Produkten verarbeitet, und nach der Nutzungsphase sind sie Abfall, der für andere Wesen oft hochgradig giftig ist. Auch das Wasser ist inzwischen in vielen Regionen lebensbedrohlich verschmutzt. Viele Tier- und Pflanzen­arten sind bereits ausgestorben, und so verschwinden auch die Lebensgrundlagen für andere – ein rasanter Downcycling-Vorgang.

Der menschliche Produktions- und Verbrauchsprozess läuft immer schneller und schneller ab und verwandelt in zunehmendem Tempo Rohstoffe in Müll. Dass das auf Dauer nicht funktionieren kann, verstehen wir alle. So weiterzumachen wie bisher, heißt nicht nur, dass bald kein Material mehr auffindbar sein wird, um z. B. neue Smartphones zu bauen. Die Vergiftung von Wasser, Boden und Luft vernichtet auch die Lebensgrundlagen von Pflanzen und Tieren – und damit von uns Menschen selbst.“

Harald Welzer1 kritisiert seit vielen Jahren die fehlende Nachhaltigkeitspraxis. Gnadenlos und respektlos ignorieren wir alle Chancen, diesen Entwicklungspfad zu verlassen.2 In der aktuellen Ausgabe von Futur zwei (24/2023) fordert er uns auf, endlich Ernst zu machen: „Ein halbes Jahrhundert gibt es die Ökobewegung, seit drei Jahrzehnten weiß man um die Erderhitzung. Seltsam, dass in der angeblichen Wissensgesellschaft jahrzehntelang die Überlebensthemen nicht ernst genommen werden, wenn man doch plötzlich ganz schnell LNG-Terminals bauen kann und gleich noch 144 Autobahnprojekte in der Pipeline hat. Und nicht aufhört zu erzählen, dass man die Klimaziele noch erreichen könne, mit Krieg und Kohle, aber ohne Tempolimit. Uns wird dieser Unernst jetzt zu viel, und deshalb machen wir Ernst…“

 

Wie Ernst machen?

Nachhaltigkeit ist das Gegenkonzept zu dieser „nicht nachhaltigen Entwicklung“, zu Raubbau und ungerechter Ressourcenverteilung weltweit und zwischen den Generationen. Bildung stellt einen wesentlichen Schlüssel nachhaltiger Entwicklung dar. In vielen Ländern der Welt diskutieren Menschen, welche Kompetenzen wir brauchen, um eine nachhaltige Entwicklung erreichen zu können. Von zentraler Bedeutung ist dabei die so genannte Gestaltungskompetenz, die ein in Deutschland entwickeltes und international anschlussfähiges Modell darstellt. „Mit Gestaltungskompetenz wird die Fähigkeit bezeichnet, Wissen über nachhaltige Entwicklung anwenden und Probleme nicht nachhaltiger Entwicklung erkennen zu können.“3 Bildung für nachhaltige Entwicklung richtet sich an alle. Zur Zeit werden zwölf Teilkompetenzen von Gestaltungskompetenz international diskutiert.

 

Was bedeutet das für die frühe Bildung?

 

Die Ziele einer Bildung für nachhaltige Entwicklung in der frühen Bildung4 beziehen sich auf die Felder:

Werte bilden, Verstehen, Reflektieren, Handeln und Motivieren. Die Rolle der Erwachsenen besteht zum einen darin, die Kinder bei der Entwicklung in Richtung dieser Ziele altersangemessen zu unterstützen, zum anderen darin, sie selbst anzustreben.

 

Werte bilden: Die Kinder können bei Entscheidungen und Handlungen Werte berücksichtigen. Gerechtigkeit, Wertschätzung der Natur und sozialer Vielfalt werden als wichtige und weltweit geteilte Werte reflektiert.

Verstehen: Die Kinder beginnen, nachhaltigkeitsrelevante Begriffe und Konzepte zu verstehen, z. B. Vorstellungen von Natur und von sich selbst als Teil dieser; von Größenordnungen; systemischen Zusammenhängen und Kreisläufen; Zukunft und z. B. Konzepten von persönlicher Verantwortungsübernahme und demokratischer Teilhabe, die die Grundideen demokratischer Prozesse wie Diskutieren, Überzeugen, Aushandeln, Abstimmen, gemeinsames Treffen von Entscheidungen umfassen.

Reflektieren: Die Kinder können sich nachhaltigkeitsrelevante Informationen beschaffen, z. B. durch Recherchieren, Experimentieren oder Befragen von Experten aus Familien und Umfeld. Sie suchen nach verschiedenen Werten und Ansichten (…) und können die Informationen bzw. Erkenntnisse im Hinblick auf Nachhaltigkeit bewerten.

Handeln: Die Kinder lernen, im Zusammenhang mit nachhaltigkeitsrelevanten Themen zu entscheiden und zu handeln.

Motivieren: Die Kinder lernen, Fragen zu Themenfeldern der Nachhaltigkeit ausgehend vom eigenen Alltag zu stellen und zu bearbeiten. Die Kinder erfahren sich dabei als selbstwirksam, indem sie eigene Ideen umsetzen.

Wie kann Bildung für nachhaltige Entwicklung gelingen?

 

Was könnt ihr im Team tun?

• Setzt euch mit dem Konzept von BNE auseinander, diskutiert den „Referenzrahmen für frühe Bildung für nachhaltige Entwicklung“5, um notwendige Veränderungsprozesse zu identifizieren.

• Setzt euch die BNE-Brille6 auf und entdeckt hinter Alltäglichem ökologische, soziale, kulturelle und ökonomische Aspekte und damit eine Fülle von kleinen und großen Ideen für BNE im Alltag: Beispiel: Äpfel

Kulturelles: Wir nutzen unterschiedliche saisonale Apfelsorten (alte Kultursorten) und testen uns durch Jahr, welche am besten schmecken.

Soziales: Wir feiern ein Apfelerntefest auf einer Streuwiese von Familie XY. Wir achten darauf, dass die Äpfel von Orten kommen, an denen die Erntehelfer gut bezahlt werden (Siegel).

Ökonomisch: Wir schließen lokale Kooperationen und kaufen ein Apfelkontingent.

Ökologisch: Wir kaufen keine Äpfel, die um die halbe Welt reisen. Wir versuchen in Kreisläufen zu denken: Apfelreste kommen auf unseren Kompost.

• Sucht in eurer Einrichtung nach Orten und Tätigkeiten, bei denen Kinder selbst Sachverhalte beeinflussen und Selbstwirksamkeit spüren können.

• Verfolgt Strategien und Ambitionen in viele Richtungen, um ein gerechter, solidarischer, partizipativer, inklusiver, weltoffener, ökonomisch und ökologisch reflektierter Lernort für alle zu werden.

 

Was könnt ihr mit Kindern tun?

• Greift Fragen der Kinder auf und setzt diese mit Nachhaltigkeitsaspekten in Beziehung. Knüpft dabei an die unmittelbare Lebenswelt von Kindern an, und bietet Kindern von Anfang an die Chance, anhand von relevanten Nachhaltigkeitsthemen, sich selbstwirksam zu beteiligen. Ermöglicht berührende Erlebnisse und Erfahrungen, die für Fragen einer nachhaltigen Entwicklung sensibilisieren und denen die Kinder persönliche Bedeutung beimessen. Regt Kinder an, über sich und die Welt nachzudenken und nachhaltig zu handeln, nutzt dafür unterschiedliche Zugangswege und Methoden, insbesondere das spielerische Entdecken und Forschen, das Nachdenken und ästhetisch-künstlerische Arbeitsweisen. Einen guten Rahmen dafür stellt die Projektarbeit dar, in der die Kinder selbst Entscheidungen treffen und handeln können.

• Beispiel: Spielzeug

Womit spielst du, womit spielen andere am liebsten? Bei uns und anderswo? Wo kommen unsere Sachen her? Aus dem Internet, aus dem Supermarkt? Von Oma oder Opa? Und davor? Wie weit und womit sind die Spielzeuge gefahren? Mit dem Schiff? Mit dem Zug? Mit dem Flugzeug? Oder mit dem LKW? Wie wurden sie gemacht? Und aus was? Wie viel ist genug? Wie wenig ist genug? Was passiert mit den Sachen, wenn wir sie nicht mehr brauchen? Was wäre, wenn…? Können Bücher Häuser werden? Womit haben Oma und Opa gespielt? Womit spielen wir in 100 Jahren?

• Macht komplexe Zusammenhänge immer im Tun erfahrbar: Entdeckt mit Kindern Kreisläufe, z. B. wo die Dinge des Alltags herkommen, wer sie hergestellt hat, ob alle Menschen die gleichen Dinge nutzen, was mit ihnen geschieht, wenn wir sie nicht mehr brauchen. Ermöglicht Kindern, Kreisläufe umzudenken, ­Handlungsalternativen kennenzulernen, z. B. Was wäre, wenn? Wie könnte es anders sein? Besser? Gerechter? Oder ungerechter? Schlechter?

• Regt die Kinder an, verschiedene Perspektiven einzunehmen (z. B. als Vogel im Garten, als Baum vor der Tür, als Spinne in der Kita…), ihre Interessen auszuhandeln und Ideen für Kompromisse zu finden.

Wichtig ist, dass Regeln auch wieder revidiert und neu verhandelt werden können, wenn sie nicht (mehr) funktionieren.

• Diskutiert mit den Kindern für sie bedeutsame Dilemmata-Situationen, also Situationen, in denen es nicht die eine beste Lösung gibt: Wenn Äpfel verteilt werden, und alle Kinder bekommen gleich viel, obwohl einige Äpfel besonders mögen, andere aber nicht, ist das gerecht/fair? Oder: Wenn wir Bäume eigentlich schützen wollen, warum fällen wir sie dann, wenn wir Holz (Holzautos, Holzbausteine, Häuser…) brauchen?

• Ladet die Kinder ein, Teil eines Suchprozesses zu sein und Lösungen selbstwirksam zu entwickeln, z. B. Infos zu einem kontroversen Thema zu sammeln, Experten (Familien, Umfeld) zu befragen, gemeinsam hinter die Dinge zu schauen, Kreisläufe zu entdecken und zu verändern…

• Ermutigt Kinder, eigene Standpunkte, Ideen zu entwickeln und Verantwortung zu übernehmen.

• Verzichtet auf Belehrung, Abschreckung und Panikmache: Dramatisiert dramatische ökologische Entwicklungen nicht zusätzlich, so dass Kinder nicht in Handlungsunfähigkeit und Resignation verfallen. Kinder sind nicht schuld an den Problemen. Auf der Welt hungern die Kinder nicht, wenn Paul und Anna ihre Teller nicht leer essen. Kinder (und Erwachsene) lernen über Vorbilder, nicht von Zeigefingern oder Lippenbekenntnissen.

• Seid authentische Vorbilder: Lebt nachhaltiges Handeln, Beteiligung und Kooperation vor – auf allen Ebenen: im Team, mit den Kindern und ihren Familien, mit dem technischen Personal, im Umfeld …, nutzt vor allem die einfachen unmittelbar erfahrbaren Dinge. Sei es auf der Ebene der Begegnung, des kreativen Ausdrucks, des spielerischen Entdeckens. Macht Ernst mit der Umgestaltung, schafft eine Kultur der Nachhaltigkeit, ein Klima des Staunens, Fragens, Innehaltens, Nachdenkens, Veränderns, der Zuversicht – für nachhaltige Entwicklung vor Ort, d. h. nicht auf Kosten von morgen, von anderswo, von anderen, von mir.

 

Beispiele für Alltagsprojekte, Ideen und Materialien

Projektbeispiele

Kreisläufe entdecken – vom Bad zum Wasser als Ressource:

Was denkt ihr, woher kommt das Wasser? Was passiert eigentlich mit dem Wasser, wenn es im Ausguss verschwindet? Und wohin fließt das schmutzige Wasser? Wie kommt es, dass das Wasser aus der Leitung so sauber ist, dass wir es trinken können? Ist das überall so? Was meint ihr, wie wird das schmutzige Wasser wieder sauber? Können wir eigentlich selbst das schmutzige Wasser waschen? (ohne Wasserfilter zu kaufen) Ist das Wasser, wenn ich es laufen lasse, irgendwann alle? Gibt es Leute, die sich kein Wasser leisten können? Was ist alles Wasser? Gehört der Regen eigentlich auch dazu? Gibt es auch Heilwasser? Könnte man auch Limonade aus dem Hahn bekommen? Ist ein Tropfen Wasser eigentlich viel oder wenig? Wie viel Wassertropfen (Flaschen, Eimer…) verbrauchen wir eigentlich an einem Tag? Wem gehört das Wasser? Kostet Wasser etwas? Gehört es uns Menschen allein? Mit wem teilen wir das Wasser? Haben alle (Menschen, kleine Tiere und Pflanzen in der Kita, im Umfeld) genug davon? Wie wäre es wohl, im Wasser zu leben, ohne Wasser zu leben?

Die Kinder bewegende Fragen können Impulse für kleine Aktionen und Anstoß für größere Projekte sein, z. B.: das Wasser im Freien zu suchen (Regentropfen, die wie Perlen auf den Blättern sitzen, Regenpfützen usw.); Wasserkreisläufe zu erkunden; ein Wasserfest zu feiern mit Regentänzen, Wassermusik, Bildern und Geschichten; einen Wasserspielplatz für kleine Vögel zu erfinden; das Regenwasser aufzufangen; den Baum vor dem Haus zu gießen…

Kreisläufe gestalten – vom Garten zu Artenvielfalt und Lebenskulturen:

Gibt es einen Garten? (im Hof, auf Fensterbrett oder Dach, am Baum, …) Wer wohnt, spielt, feiert, lebt darin? Kinder, Pflanzen, Tiere – wie wollen wir miteinander leben? Was und womit wollen wir spielen? Wie sehen Gärten anderswo aus? Wie war das früher, wie könnten Gärten morgen (in der Zukunft) aussehen? Wie können wir Kreisläufe ohne „Müll“ für Bewohner und Besucher gestalten? Einige Beispiele: einen Samen keimen lassen, ihn zu einem Setzling heranziehen, auspflanzen und sein Wachsen begleiten; Früchte ernten und naschen; Abfälle kompostieren; Regenwasser auffangen; Samen sammeln, eine Wildblumenwiese anlegen, eine Trockenmauer bauen, ein Wasserbad für kleine Tiere bauen… Es gibt viele Wege zur ecological literacy, zum Wissen über den Boden, über die Erde, unsere Lebensgrundlage.

 

In Alternativen denken – vom Speiseplan zu nachhaltiger Ernährung:

Wie kommt das Essen auf deinen Teller? Viele Lebensmittel reisen an – von wo eigentlich? Was ist dein Lieblingsessen und was essen andere am liebsten? Wie und womit wird das Essen hergestellt? Bei uns und anderswo? Wie war das früher, wie ist es heute? Wie können wir unser Essen selbst anbauen? Haben wir alle gleich viel zu essen und zu trinken? Darf man aus Hunger klauen? Warum werfen wir etwas weg? Warum gibt es bei uns Tafeln? Wie könnte es anders, besser, gerechter… sein? Was essen wir in 100 Jahren?

 

Mehr Projektideen und Methoden

Veranstaltet eine Rausschmeiß-Rallye: Bei der könnt ihr mit den Kindern erproben, welche Dinge in der Kita (…) nicht mehr gebraucht werden und was man damit machen kann, z. B. auseinandernehmen, tauschen, leihen, schenken, umnutzen.

Knüpft euer BNE-Netzwerk: Findet Akteure in eurer Umgebung, die sich mit nachhaltiger Entwicklung beschäftigen, z. B. 2nd-Hand-Läden, Fridays, Gemeinschaftsgärten oder Bio-Bauernhöfe, und gestaltet gemeinsam eine Umgebungskarte. Begegnet einander, vernetzt euch.

Reist durch die Zeit: Wie war es ohne…? Wie könnte es sein? Um über alltägliche Abläufe ins Nachdenken zu kommen, ist es gut, sich an die Zeit vor der Erfindung bestimmter Dinge zu erinnern. Wie behalf man sich, als es noch keine Häuser, Stifte, Scheren, Zahnbürsten oder Handys gab? Hinter welchen Erfindungen steckt besonders viel Erfindergeist? Welche Erfindungen braucht man unbedingt? Welche könnten besser unerfunden geblieben sein? Und wofür gäbe es Alternativen?7

Reist um die Welt: Wie macht man was anderswo? Oft haben Menschen anderswo andere gute Ideen, um alltägliche Probleme zu lösen. Dabei zeigt der Blick in die Ferne aber auch, dass wirklich sinnvolle, lebensnotwendige oder angenehme Dinge auf der Welt ungleich verteilt sind.7

Reist nach Absurdistan: Was wäre, wenn…? Kinder haben Spaß daran, sich absurde Alternativen zum Alltag auszumalen. „Stellt euch vor, statt des Klos gäbe es nur…“ Je absurder eine solche Alternativ-Idee ist, desto besser kann sie auf neue Ideen bringen: Viele große Erfindungen beruhen darauf, dass sich Menschen Utopien ausdachten. Die Reise nach Absurdistan kann in reale Bau- und Forschervorhaben münden – und den Blick für all die Absurditäten der Realität schärfen: „Ist es nicht komisch, dass wir immer…“7

 

Ideen für Raum und Materialien

Nutzt die sechs R: Reuse (Wiederverwenden), Refuse (Ablehnen), Reduce (Reduzieren), Rethink (Umdenken), Repair (Reparieren), Recycle (Verwerten) – können als Ausgangspunkt dienen, um Nachhaltigkeitskriterien für Verbrauchsmaterial, Lebensmittel, Möbel und Spielmaterial zu definieren. Diskutiert im Team, mit den Kindern und mit dem Träger, wer für die Beschaffung zuständig ist, und wie ihr Entscheidungsträger von einer nachhaltigen Beschaffung überzeugen könnt. Macht die 6 R für alle sichtbar, baut z. B. eine Konsumpyramide oder nutzt frei verfügbare Materialien und erweiterbare Poster.8

Arbeitet mit offenen Materialien: Gestaltet gemeinsam ein Materialbüfett mit Alltags- und Naturmaterialien auf Augenhöhe der Kinder: Papiere, Kartonagen, Folien, Verpackungen, Muscheln, Steine, Stöcker… Erforscht mit den Kindern das Material: Testet die Eigenschaften. Was kann man damit machen? Wie kann man es umnutzen? Wie lassen sich Spiele damit erfinden oder bekannte Spiele nachbauen?

Richtet einen Upcycling-Kaufladen ein: Darin gibt es nichts „Fertiges“, sondern von den Kindern und Erwachsenen gesammeltes, verlockendes, gut sortiertes Recycle- und Naturmaterial, mit dem Neues für den Kinderalltag erfunden werden kann: Hölzer, Knöpfe, Stoffe, Bänder, Goldverpackungen, Blubberfolie, Pappen, Verschlüsse, Draht, Stöcker, Muscheln, etc. So können Konsumkreisläufe spielerisch „umgedreht“ werden. Scheinbar Wertloses wird verkauft, Spielzeug erhält seinen Wert.

Stellt Materialien, die verschiedene Abstimmungs- und Entscheidungsmethoden unterstützen können, zur Verfügung: Gestaltet diese mit den Kindern, z. B. ICH-Karten (Foto/gemalt), Klebepunkte, Klebezettel, Redestein oder Redestäbchen, Packpapiere/Stifte zum Präsentieren, WIR-Wand, Korb mit Abstimmungsgegenständen, z. B. Liederkorb mit Gegenständen, die Lieder symbolisieren (Feder: Alle Vögel sind schon da; Tiger: Tigersong; Rassel: Ayelevi…) oder Spielekorb: Karten mit den Lieblingsspielen aus aller Welt, jeweils mit Foto oder Symbol eingeführt usw.

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Die Fotos in diesem Beitrag entstanden im Rahmen des Bachpatensommers im Bürgerpark Pankow, indem Anwohner*innen (Kinder, Erzieher*innen, Senior*innen und Jugendliche) mit Kerstin Polzin, Anja Schoeller, Thiago Bortolozzi u. a. die Panke und ihre Geschichten erforschten.

 

Literaturtipps zum Beitrag können per Mail angefordert werden: redaktion@wamiki.de

1 Welzer kritisiert seit vielen Jahren eine fehlende Nachhaltigkeitspraxis – im Gegensatz zu unzähligen Beschreibungen, Studien. Das sei fatal, denn das Wachsen im Falschen – das Reden über Nachhaltigkeit – ersetze das richtige Handeln. Ginge es nach ihm müsste unsere Kultur ihre materiellen Stoffwechselströme grundlegend anders organisieren, anstatt sie nur wissenschaftlich zu beschreiben. „Alle verfügbaren Daten, unseren Konsum und unseren Umweltverbrauch betreffend, weisen starke Steigerungsraten auf und trotz dieser Umstände, unterbleiben notwendige Handlungen, um dieser Entwicklung Einhalt zu gebieten. Gnadenlos und respektlos ignorieren wir alle Chancen, diesen Entwicklungspfad zu verlassen.“

2 Vgl. Welzer 2018, 10f

6 Dorothee Jacobs bietet auf ihrer Webseite eine Vorlage als Download an: den BNE-Fokussator, https://dorotheejacobs.de/downloads/bne_fokussator_5dimensionen/

7 Mehr Methoden und „100 Ideen für eine bessere Welt“ von Michael Fink gibt’s hier: https://wamiki.de/shop/buecher/100-ideen-die-welt-zu-verbessern/

Texte: Lena Grüber, Eva Grüber

Fotos: Jörg Petzold, Lena Grüber, Harald Polzin/Zwischenbericht

 

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