PEKITA

Rechtspopulismus ist recht populär geworden, wer will da außen vor sein? Wir pädagogischen Fachkräfte jedenfalls nicht. Deshalb lautet das Gebot der Stunde: Wallfahrt zur ersten Einrichtung mit konsequent rechtspopulistischem Pädagogik-Konzept. „PEKITA“ heißt die Einrichtung, an deren deutsch-eichene Tür der Reporter männlich-hart klopft.

„Im Namen des PEKITA-Teams, äh, der PEKITA-Erziehungstruppe begrüße ich Sie“, sagt Irmingild Sauber und schlägt die Hacken zusammen. Mit knappen Worten berichtet die PEKITA-Leiterin, wie sich ihre Einrichtung der bei Kindern und Pädagoginnen verhassten Diktatur des Bildungsplanes entwand, erlassen von einer als Bildungsministerin auftretenden Agentin einer von ausländischen Mächten ferngelenkten GmbH. „Dagegen setzen wir PEKITA“, beendet Frau Sauber ihre Ansprache.

Was bedeutet eigentlich das Wort? Das war ursprünglich die Abkürzung für „Patriotisch erzogene Kinder in Top-Anziehsachen“, erfahren wir, doch inzwischen habe man das Leitbild weiterentwickelt zu „Partizipation erzeugt Krebs – ist Tatsache“.

Wir starten die Besichtigung in der Info-Ecke. „Lange genug wurden deutsche Eltern hier systematisch eingelullt“, erregt sich Volkserzieherin Mandhild, ehemals Mandy. „Aber wir haben der Lügenportfolio-Mafia das Handwerk gelegt!“ Nun informiere man die Elternschaft nach dem Beobachtungs- und Dokumentationssystem der Postfakt-Didaktik. Das erkenne man am Pädagogischen Tagebuch und der Deko-Wand, berichtet Kollegin Jackelinde, vormals Jaqueline, und verweist auf Ausflugsberichte mit per Photoshop erzeugten Bildern: Kinder vor Sehenswürdigkeiten. „Die Eltan lieben dit, damit vor Oma anzujeben. Und da se eh nich dabei warn, macht et nüscht, dass et ausjedachte Reisen sind.“ Schulterzuckend fügt sie hinzu: „War keene jroße Umstellung. Vorher ham wa ooch schon imma mit dem Postfakt-Kram jearbeitet: Nie die Anjebote uffschreim, die jewesen warn, sondan die, die wa jerne jemacht jehabt hätten.“

Postfakt-Didaktik ist auch bei der kindzentrierten Beobachtung Trumpf. Stolz verweist Mandhild auf das vom Team entwickelte NBSAT-Material (Nicht beobachtet, stimmt aber trotzdem) mit Ankreuzskalen zu Nicht-Beobachtungs-Situationen, deren Skalenwerte SIZNFIAT (Seh ich zwar nicht, finde ich aber trotzdem), KDS (Könnte doch sein) und EOPIMKDB (Egal ob’s passiert ist – man kennt die Brüder) lauten. Leider hapere es bisweilen noch bei der konsequenten Umsetzung des Verfahrens, gibt Irmingild zu: „Im Alltagsstress vergisst man die geforderten 15 Minuten Nicht-Beobachtung pro Kind schon mal und schaut aus Versehen doch hin.“ Darum solle man sich vor einer Situation genau einprägen, was man sehen möchte, um zu klaren Aussagen wie den folgenden zu gelangen: „Ich spüre, dass die deutschsprachigen Jungen mehr Platz zum Raufen brauchen. Und die verbliebenen Fremden brauchen Grenzen.“

 

Was erleben die Kinder an einem typischen PEKITA-Tag? Wie werden sie willkommen geheißen? „Willkommen? Wir sind doch keene Willkommenskultur“, faucht Jackelinde. „Lass mal, Jacki, der Mann tut nur seine Pflicht“, beschwichtigt Irmingild und erklärt: „Unser Tag beginnt recht früh – wir Deutschen sind ja ein fleißiges Volk. Nach dem Morgenkreis folgt der 45-minütige Bildungszwang mit einem Abschlusstest, damit die Kinder sich von klein auf an eine harte, aber ehrliche Bewertung gewöhnen. Anschließend kommt das verpflichtende Rausgehen. Das stählt unsere Kinder. Vor dem Mittagessen werden die Händchen gründlich mit Kernseife gewaschen, und bei Schimpfwortverwendern auch die Mündchen. Wenn vor dem Mittagsschlaf der Wettstreit beginnt, wer von den jüngsten Kindern einen großen, duftenden, braunen…“

Apropos Mittagsmahl: Vom Tofuburger soll nie wieder eine Gefahr für gesundes Wachstum ausgehen. Deshalb setzt der PEKITA-Speiseplan auf kräftigende, im Einklang mit deutscher Kultur stehende Kost. Heute im Bräter: Knusprige Schweineschnitzel, dazu in Schweineschmalz ausgebackene Hackknödel und als Beilage Masthähnchen – weil’s schmeckt und Kräfte weckt! Als Nachtisch steht ein würzig-süßer Pudding bereit, dessen Geschmacksgeheimnis Kita-Koch Horst-Enrico Baumann verrät: „Dieses spezielle Aroma stammt von der unfiltrierten Schweinegelatine. Da hängt noch richtig Knochen dran! Und den armen Schluckern aus dem Muselmannland, die nix abkriegen, damit sie merken, dass das hier nicht ihre Kultur ist, läuft das Wasser im Mund zusammen“, freut sich der Küchenchef und reibt sich die Wurstfinger.

„Fritz-Hermann, zieh sofort dieses affige rosa Cape aus“, ermahnt Volkserzieherin Christa einen Jungen und schwört, dass solche Verkleidungen in der PEKITA bald nicht mehr vorkommen werden, denn: Der Rollenspielbereich wird umstrukturiert. Künftig werden Jungen dort Feuerwehruniformen und Bauarbeiterhelme finden, aber auch eine formschöne Pickelhaube, die ein unverkrampftes Nationalbewusstsein anregen soll. „Ein Holz-MG wartet samt einer Zielscheibe schon darauf, erprobt zu werden, um die Wehrbereitschaft unserer jüngsten Deutschen zu fördern. Spielerisch natürlich“, fügt Irmingild hinzu und steigt vorsichtig über eine aus Bausteinen errichtete Grenzmauer, die die geordnete Welt des Verkehrsteppichs von der Tobeecke trennt.

Weniger martialisch präsentiert sich der Mädchen-Rollenspielbereich. Die dortige Verkleidekiste wartet mit Accessoires für positiv besetzte weibliche Rollen auf: dekorative Kittelschürzen mit Blumenornamenten und einige praktische, abwaschbare, zeitgemäß gemusterte, bei jeder weiblichen Tätigkeit tragbare Universal-Schürzen. „Da findet jedes Mädel was Passendes“, freut sich Volkserzieherin Helgard und ist froh, dass die einst beliebten Seidentücher verbannt wurden – zu groß war die Gefahr der Selbst-Vollverschleierung.

Und was entsteht im dritten Raum? „Ach, das ist eine Notlösung, solange wir noch die Ausländerchen haben. Die können hier schon mal ihre gesellschaftliche Rolle einüben – im Keine-Rolle-Spielraum.“ Leer ist die Verkleidekiste, „denn Berufe, die man den deutschen Kindern wegnehmen darf, gibt es hier nicht“.

Etwas uneindeutig wirkt die Innovationsschmiede der PEKITA-Pädagogik in Hinsicht auf ein Kernthema der neuen Popularismus-Didaktik: den Law-and-Order-Gedanken. „Bis vor kurzem gingen wir total konsequent gegen jede Form von Regelverstoß vor“, berichtet Volksfachberaterin Björnhilde. Aber dann gab ihr ein Erlebnis zu denken: „Ich hatte unserem Wolfram-Werner gerade gesagt, es ist böse, dass er die kleine Gretel verkloppt hat. Sagt der doch zu mir: ‚Böse? Wollen Sie etwa, dass ich ein Gutmensch werde?‘ Jetzt bin ich verunsichert, werde beim nächsten Kameradentreffen aber nachfragen, wie es die Volksfachleute aus unserer national befreiten Zone mit dem Wort ‚böse ‘ halten.“

Andere Bereiche zeigen, wie rasant sich die PEKITA-Bewegung in der turbulenten, für jedwede revolutionäre Erneuerungsbewegung typischen Findungsphase entwickelt. Etwa das große Regelplakat im „Spiel frei“-Bereich. „Wir spielen Vatermutterkind gern“, steht da geschrieben, „aber nur als Junge-Mädchen-Pärchen mit mindestens vier blonden Puppenkindern. Alles andere lehnen wir ab, weil es den Volkstod bringt! Die Kinder der PEKITA!“

Michael Fink ist Autor und Fortbildner.

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