Gedicht: Arne Rautenberg

emma

 

wird was gutes schlimmer

bleibe immer emma

hast du keinen schimmer

bleibe immer emma

schickt man dich ins zimmer

bleibe immer emma

klappt was nie und nimmer

bleibe immer emma

 

 

Foto: Mukuko/unsplash

Gedicht: Simon Borowiak

Bleib sauber!

 

Vor dem Schlafen

nach dem Essen

Zähneputzen nicht vergessen!

 

Vor dem Keilen

nach dem Prügeln

unbedingt die Hose bügeln.

 

Vor dem Morden

nach dem Sengen

Sakko an die Frischluft hängen.

 

Nach dem Weltkrieg sollst Du ruhn

oder tausend Schritte tun.

 

 

Foto: Gera8th / photocase.de

Gedicht: Joachim Ringelnatz

AN M.

 

Der du meine Wege mit mir gehst,

Jede Laune meiner Wimper spürst,

Meine Schlechtigkeiten duldest und verstehst —.

Weißt du wohl, wie sehr du mich oft rührst?

 

Wenn ich tot bin, darfst du gar nicht trauern.

Meine Liebe wird mich überdauern

Und in fremden Kleidern dir begegnen

Und dich segnen.

 

Leben, lache gut!

Mach deine Sache gut!

 

 

Foto: Alexander Grey/unsplash

Gedicht: Max Kruse

 

HERR SCHNECK

 

Herr Schneck
(mit seinem Versteck)

kommt so rasch,

dass es braust,

um die Ecke gesaust.

Da schreit er laut:

Halt!!!

Fast

wären wir

zusammengeknallt!

Herr!!!

Sehen Sie nicht,

dass ich

die Vorkriech habe?

Sie sind vielleicht

ein Unglücksrabe!

Beinahe hätte es

einen Unfall gegeben,

mir verdanken Sie,

dass Sie noch leben!

Sie haben wohl

keinen Kriecherschein?

 

Nein!

brummt der Stein.

 

 

Foto: nevio3 / photocase.de

Gedicht: Wolfgang Mennel

Schluss mit den Befehlen!

 

Horch! sagt der Storch.

Renne! sagt die Henne.

Schlaf! sagt das Schaf.

Geh! sagt das Reh.

 

„Ja, aber –“

Gib Ruh! muht die Kuh.

 

Nimm Platz! sagt der Spatz.

Geh weg! sagt der Schneck.

Komm her! sagt der Bär.

Los raus! sagt die Maus.

 

„Ja, aber darf ich denn nicht –“

Nix da! kräht der Ara.

 

Hör mal! sagt der Wal.

Tu nicht so! sagt der Floh.

Sei still! sagt der Mandrill.

Psst leise! sagt die Meise.

 

„Schluss! Aus! Ich will endlich mal

tun und lassen,

was ich will!“ sage ich.

 

Sieh mal an! sagt der Hahn.

Okee! sagt das Reh.

Na klar! sagt der Star.

Verzeih! sagt der Hai.

 

 

 

Foto: Markus Winkler/unsplash

 

Gedicht: Richard Dehmel

Wahrspruch

Ob wir verdienen, daß wir glücklich sind?

Was zweifelst du! Verdienst du gut zu sein?

Durch Zweifel wird das wahrste Wesen Schein.

Glück ist des Menschen Tugend, Kind;

wer glücklich ist, verdient ’s zu sein.

 

 

Foto: Jutta Schnecke/photocase

Gedicht: Peter Huchel

Über den Jägern jagt der größre Hund

Wenn ich mit den Beuteträgern

ziehe durch den dunklen Grund,

droben über allen Jägern

jagt als Wind der größre Hund.

 

Denn im Rücken spür ich einen,

der in meinem Jagen jagt,

und mein Herzschlag ist dem seinen

wie ein Knecht nur, der sich plagt.

 

Wie ein Knecht nur, der die Beute

sich zu schwerer Bürde häuft,

der im Winde hört die Meute,

die sein Laufen überläuft.

 

Zieh ich mit den Beuteträgern

dunkel durch den alten Grund,

droben über allen Jägern

hungrig jagt der größre Hund.

 

Foto: David-W- / photocase.de

Gedicht: Gerhard Schöne

Lass uns eine Welt erträumen

 

Lass uns eine Welt erträumen, die den Krieg nicht kennt,

wo man Menschen aller Länder seine Freunde nennt,

wo man alles Brot der Erde teilt mit jedem Kind,

wo die letzten Diktatoren Zirkusreiter sind.

 

Lass uns eine Welt erträumen, wo man singt und lacht,

wo die Traurigkeit der andern selbst uns traurig macht,

wo man, trotz der fremden Sprache, sich so gut versteht,

dass man alle schweren Wege miteinander geht.

 

Lass uns eine Welt erträumen, wo man unentwegt

Pflanzen, Tiere, Luft und Wasser wie einen Garten pflegt,

wo man um die ganze Erde Liebesbriefe schreibt,

und dann lass uns jetzt beginnen, dass es kein Traum bleibt.

 

 

Gedicht: kallejipp / photocase.de

Gedicht: Sarah Kirsch

 

Wie Ölbäume schimmern die Weiden

Blaugrün und zitternd, die Pappeln

Ahmen Zypressen nach (dunkler

Dunkler! Vertieft eure Schatten!). Der Wind

Übt Fall und Flug seines Bruders Mistral

 

Foto: Kalen Emsley/unsplash

Gedicht: Lewis Carroll

 

Lewis Carroll
Nachgedichtet von Lieselotte und Martin Remané

Brabbelback

Es sunnte Gold, und Molch und Lurch

krawallten ‚rum im grünen Kreis,

den Flattrings ging es durch und durch,

sie quiepsten wie die Quiekedeis.

 

„Nimm dich in acht vorm Brabbelback,

mein Sohn! Er beißt, wenn er dich packt.

Reiß aus, reiß aus vorm Sabbelschnack,

vorm Jubjub, der dich zwickt und zwackt!“

 

Er aber schwuchtelt mit dem Schwert,

trabaust dem Unhold hinterdrein.

Doch beim Tumtumbaum macht er kehrt

und grübelt: Wo, wo mag er sein?

 

Und während er so duselnd stand,

kam feuerfauchend Brabbelback

quer durch den Dusterwald gerannt,

der Brabbelback, der Sabbelschnack!

 

Komm ‚ran, komm ‚ran! Und schwipp und schwapp

haut er das Schwert ihm ins Genick,

der Unhold fiel, sein Kopf war ab,

der Held kam mit dem Kopf zurück.

 

„Ermurkst hast du den Brabbelback!

Umarmen wird man dich zu Haus!

Callu, callei! Mit Sabbelschnack

und seinem Tratschen ist es aus!“

 

Es sunnte Gold, und Molch und Lurch

krawallten ‚rum im grünen Kreis,

den Flattrings ging es durch und durch,

sie quiepsten wie die Quiekedeis.

 

Gedicht: Peter Hacks

Zum ersten Mai

Ich mag einmal nicht klassenkämpfen.

Das soll man im November tun.

Ich will zum Lied die Leier dämpfen

Und waldwärts ziehn auf Flügelschuhn.

Da wohnt der Mai auf einer Wiese.

Und Birken stehen. Und der Wind

Ist lau, als wenn er gar nicht bliese.

Und jeder Käfer ist mein Kind.

 

Doch will mich wer davongehn heißen,

Weil er der Eigentümer sei,

Dann werd ich den mit Hölzern schmeißen

zum ersten Mai.

 

Foto: Jutta Schnecke, photocase