Kindheit Ost

COMIC

Wie fühlt sich Kindheit an – nicht erzählt, sondern erinnert in Gerüchen, Bildern und kindlichen Gedanken? Nadia Budde spürt in „Such dir was aus, aber beeil dich! Kindsein in zehn Kapiteln“ den kleinen Zumutungen und großen Rätseln der Erwachsenenwelt nach. Entstanden ist ein ungewöhnlich sinnliches Erinnerungsbuch, das weniger erklärt als erlebbar macht. Nadia Budde wählt einen sinnlichen, atmosphärischen Zugang zur eigenen Kindheit.

In zehn Kapiteln hält sie Erinnerungen vor allem in Bildern fest, begleitet von knappen Texten, die an entscheidenden Stellen schweigen und Raum für Deutung lassen. Typisch für ihren Blick sind die kindlichen Wahrnehmungen und eigensinnigen Schlussfolgerungen – in einer Zeit, in der man „manchmal unsichtbar ist“ und vieles gründlich missversteht: Begriffe wie „friedliche Chorexistenz“, den wandernden Schnupfenschleim im Kopf oder die Unterschiede von „Stadttod“ und „Landtod“. Buddes Erinnerungen entfalten sich über alle Sinne: der Nackengeruch des Großvaters, der Dunst einer frischen Dauerwelle, ungewaschene Kinderkleidung, dazu die gleichartigen Wohnzimmer im Plattenbau, die sofort Vertrautheit auslösen.

Ein großartiges Buch zum Schwelgen und Staunen, Kichern und Nachdenken. Für alle Kinder von früher und heute.

Anna

Comic

Nominiert für den Deutschen Jugend- Literaturpreis 2022

Großsein ist nichts Großartiges und Großwerden gleicht einem unermüdlichen Gipfelsturm, weiß Mia Oberländer aus eigener Erfahrung. Diese bearbeitet sie in ihrem Comic Anna auf grafisch stilisierenden und farbflächigen Bildtafeln wie durch raffinierte typografische Setzungen mit Verve und Humor. Das Miteinander des kleinen Bergdorfs, in dem Anna, ihre Mutter und Großmutter leben und leiden, ist von Vorurteilen und Diskriminierung geprägt. Was bedeutet es, nicht der Norm zu entsprechen, sich permanent beäugt zu fühlen und gleichzeitig verlässlich ausgegrenzt zu werden? Durch bildnerische Freistellung der Figuren und Überzeichnung von Mimik wie Körperproportionen inszeniert die Illustratorin das Denken, Fühlen und Handeln der Protagonistinnen meisterhaft. Alles schreit nach einem Befreiungsschlag! Und dieser wird, wie kann es in den Bergen anders sein, auf dem Gipfel vollzogen, und mit maßloser visueller Übertreibung wie pointiert gesetzter Farbauswahl auf die Spitze getrieben!

Hat Mia Oberländer von Anfang an verstanden, die intergenerationelle Tragik ihrer Familiengeschichte in eigensinniger Bildsprache ins Groteske zu ziehen, wendet sie die Schlussszene ins Metaphorische. Denn, wenn wir Glück haben, so ihre poetische Conclusio, kann Großsein zu einer grandiosen Aussicht verhelfen. Ab 14.