Kinder ohne Bildrechte

Pädagogik aufräumen:

Hier gibt es das Allerletzte als PDF: das Allerletzte_#2_2024

Pädagogik lebt von Ritualen, heißt es. Erzieher, Lehrer und *innen machen alles Mögliche, weil es nun mal derzeit üblich oder sogar vorgeschrieben ist. Egal, ob es Sinn hat oder nicht. Sinnvoll ist es aber auf jeden Fall, ab und zu auszumisten. Deswegen stellt diese Rubrik pädagogische Gewohnheiten aufs Tapet und fragt ganz ergebnisoffen: Ist das päda­gogische Kunst, oder kann das weg?

Kinder ohne Bildrechte

„Macht ihr noch Fotos? Wir nicht!“ So hört man’s mittlerweile in vielen deutschen Kindergärten. Als Begründung wird meist angeführt: „Datenschutz!“

Eigentlich geht es bei Fotos ohne Namensnennung weniger um Daten, eher um das „Recht am eigenen Bild“, also darum, einen Menschen selbst darüber bestimmen zu lassen, ob und in welchem Zusammen­hang Bilder von ihm veröffentlicht werden. Weil Kinder ihre Rechte noch nicht allein durchsetzen können, brauchen sie Erwachsene, die ihre Bedürfnisse in Bezug auf dieses Recht umsetzen. Oft sieht das so aus wie oben beschrieben.

„Mein Kind darf prinzipiell nicht fotografiert werden“, legen manche Eltern fest, und Teams legen dann vorbeugend fest, dass auf Portfoliobilder mit mehreren Kindern oder nie zuvor verbreitete Foto-CDs mit Alltagsbildern verzichtet werden muss: „Sicherheitshalber.“

Was sagen die Kinder dazu? Beobachtungen im Alltag zeigen, dass nur wenige Kinder Probleme damit haben, Fotos voneinander anzuschauen. Eher scheint es, als schätzten sie es außerordentlich, beim Blättern im Portfolio Bilder zu betrachten, auf denen sie und die anderen sich mit zurückliegenden Projekten beschäftigen. Erst recht, wenn die Kita-Zeit einmal vorbei ist, wollen die meisten Kinder keine Bilder, auf denen nur sie – oder durch schwarze Balken verunzierte Freund*innen – zu sehen sind.

Worauf ich hinaus will: Gerade in der heutigen Medienwelt heißt „Recht am eigenen Bild“ auch: Ich darf selbst entscheiden, wem ich mein Foto gebe und von wem ich Fotos betrachte. Um dies umzusetzen, sind Eltern und Datenschutzfachleute da.

Mit anderen Worten: Das Recht des Kindes am eigenen Bild kann nur konkret gewährt werden, indem wir und die Eltern die Kinder fragen: „Würdest du gerne Bilder mit deinen Freundinnen und Freunden teilen?“ Wollen sie das, dann setzen wir es um.

Foto: Luxuz /photocase

Michael Fink ist Autor und Fortbildner.

Einen Kommentar schreiben

Deine Email-Adresse wird nicht veröffentlicht. Pflichtfelder sind mit einem * markiert.