Den Artikel gibt es als PDF: Gute Frage_#2_2024
In der Kita pädagogisch zu arbeiten heißt für mich, gleichwürdig mit kleinen Menschen zusammenzuleben. Wer die Idee hat, ihnen immer etwas beibringen zu müssen, sie immer zu irgendwelchen Zielen führen zu müssen, ihre Lebenszeit in der Kita zu verplanen und das, was die Kinder wollen, geringzuschätzen, der hat verloren.
In der Kita lebe ich mit den Kindern eine Zeitlang in einem bestimmten Rahmen zusammen. Da kann mir alles passieren, was mir auch mit erwachsenen Menschen passieren kann. An Erwachsene gehe ich aber nicht mit der Vorstellung heran, ich müsse sie in eine bestimmte Richtung ziehen, und wer nicht mitzieht, kriegt einen Förderplan verpasst oder braucht eine Therapie. Eine fette Portion Gift für dieses Zusammenleben wäre es zu glauben, ich als Fachkraft wüsste es von vornherein besser als die Kinder, was sie konkret in verschiedenen Lebenssituationen brauchen.
Eigentlich erziehen die Kinder auch mich. Sie haben eine Wirkung auf mich, und ich habe eine Wirkung auf sie. In diesem Miteinander versuchte ich, mit den Kindern zusammenzuleben. Wenn dann das eine oder andere Kind zu mir sagte: „Du bist meine Freundin“, dann war das wie ein „Ritterschlag“ für mich und eine Art Gegengift.
Unser Zusammenleben verlief nicht ohne Probleme und ohne Lernprozesse auf beiden Seiten, was Glück bescheren und auch schmerzhaft sein kann. Aber es ist das A und O, wenn man beruflich mit Kindern zu tun hat. Das muss man wissen. Jedes Kind sollte sich in der Kita mindestens eine erwachsene Person auswählen können, der es sein Vertrauen schenken kann.
Ich bin dankbar dafür, dass ich junge Menschen ein Stück ihres Weges begleiten durfte.
Christiane Feuersenger
ist Erzieherin, Diplomsozialpädagogin, Kitagründerin und aktuell in der Fortbildung tätig
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