Die ausschließlich zurückhaltende Begleiterin
Kinder sind manchmal voll unglaublicher Ideen. Ihre Neugier richtet sich darauf, alle Geheimnisse der Welt selbst zu lüften – und dann reicht es völlig, wenn wir Großen bereitstehen, um sie zu unterstützen. Gerne auch zurückhaltend, weil sie uns dann sowieso gleich wahrnehmen.
Kinder können aber auch gierig nach neuen Ideen oder Vorschlägen sein. Sie wollen vorgemacht haben, wie man ein Pferd malt. Sie steigen auf den Spielvorschlag vom Praktikanten ein, der noch nichts von „zurückhaltender Begleitung“ weiß. Sie fragen uns, ob wir auch Verstecken spielen wollen. Wenn wir etwas zu tun haben, sie aber gerade nicht, fragen sie hoffnungsvoll: Kann ich mitmachen?
In solchen Momenten hebt unsere innere Fachschulerzieherin den Finger: Jetzt bloß zurückhalten! Denn wer den Kindern was vormalt oder vorschlägt, könnte ja verhindern, dass sie aus sich selbst schöpfen. Deshalb schlüpfen wir schnell in die Rolle der ausschließlich zurückhaltenden Begleiterin, die beobachtet, was die Kinder tun. Beziehungsweise, was sie nicht tun.
Es gibt einen guten Grund, der gegen diese andauernde Zurückhaltung spricht. Kinder schöpfen nämlich nicht „aus dem Nichts“, sondern greifen auf Vorerfahrungen zurück. Dieser Nährboden für neue Ideen ist vorhanden, wenn es in den Familien Empathie, Zeit, Kreativität und Anregungen für Kinder gibt. Doch das ist nicht überall der Fall. Woran es auch immer liegt – manche Eltern verhalten sich zu Hause auch wie „ausschließlich zurückhaltende Begleiter“. Wenn deren Kinder zusammentreffen: Woher sollen dann die Ideen kommen?
Fassen wir zusammen: Bringen Kinder Ideen, Zuversicht und Tatendrang in die Kita mit, dann passt unsere Zurückhaltung gut. Allerdings nicht in Form von Desinteresse. Kindern, die wenig mitbringen, müssen wir viel geben: Anregung, Zuspruch, Vorschläge. Es ist nicht weniger als fair, wenn wir sagen: „Ich habe eine Idee für dich.“
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