Wir müssen mittags nicht mehr schlafen!

Veränderungsprozesse mit Kita-Kindern gestalten

Sabrina Blum, unsplash.de

Was brauchst du unbedingt zum Einschlafen?

Wer in der Kita arbeitet, weiß: Manche Kinder wollen nicht schlafen, andere schon. — Manche Eltern wollen nicht, dass ihre Kinder schlafen, andere schon.

Manche Pädagog*innen sind sicher, dass Kinder schlafen müssen, andere nicht.

Was tun?

Frauke Hildebrandt und Katrin Macha haben ein neues Buch geschrieben. Für alle, die mit der Schlafsituation in ihren Kitas unzufrieden sind und etwas verändern wollen, weil sie erkannt haben, dass die Schlafbedürfnisse von Kindern unterschiedlich sind. Und weil sie wissen, wie viel Stress es verursacht, alle Kinder über einen Kamm zu scheren. Zuallererst für die Kinder, aber auch für die Erwachsenen.

Auch beim Thema „Schlafen, Ruhen und Entspannen“ geht es darum, den kindlichen Bedürfnissen und der Entscheidungskraft der Kinder mehr Raum zu geben. Wie ist das möglich? Wie kann ein Team sich einen Überblick über die unterschiedlichen Schlaf- und Ruhebedürfnisse der Kinder verschaffen? Und was sagen die Eltern dazu?

Welchen Zielen dient der Veränderungsprozess in der Kita, an dem alle – Kinder, Eltern und das Team – beteiligt sind? Und was heißt das ganz praktisch?

Können Kinder tatsächlich über sich selbst bestimmen und erleben, dass ihre Bedürfnisse ernst genommen werden, wird die Kita der UN-Kinderrechtskonvention und den Bildungszielen der Bildungspläne gerecht. Dies setzt jedoch voraus, dass klar ist, was die Menschen, die in einer Kita zusammenleben, eigentlich brauchen und wollen – alle gemeinsam wie jede*r Einzelne. Um das herauszufinden, schlagen wir Ihnen eine ausführliche Erkundungsphase vor, die schon vor der Umgestaltung der Schlafsituation beginnt und helfen kann, einen Überblick über die unterschiedlichen Schlaf- und Ruhebedürfnisse der Beteiligten zu gewinnen. Wir stellen Ihnen Anregungen und Methoden zur Verfügung, um mit den Kindern ins Gespräch zu kommen und Transparenz für die Eltern herzustellen.

Nach dieser Erkundungsphase können Sie Ziele für Ihre pädagogische Arbeit formulieren, die Sie in einem Veränderungsprozess umsetzen, an dem alle – Kinder, Eltern und das Team – beteiligt sind.

Bedingungen oder gar Strukturen können wir dafür nicht vorgeben, denn wir kennen Ihre Kita nicht. Sie müssen mit den Menschen, mit denen Sie in der Kita zusammenleben und -arbeiten, selbst herausfinden, was sinnvoll ist. Anregungen und Methoden, wie das zu bewerkstelligen ist, finden Sie in diesem Buch, dessen Ausgangspunkt ein Veränderungsimpuls in Ihrer Kita ist: Das Team will die Schlaf- oder Ruhesituation verändern. Und zwar so, dass die Kinder frei entscheiden können, wie und wann sie schlafen. Wie können Sie diesen Veränderungsprozess mit ihnen gemeinsam gestalten? Wie finden Sie heraus, was Kinder eigentlich wollen?

Wo schläfst Du am liebsten?

Was wollen Sie ändern?

Schlafen ist ein konzeptioneller Baustein Ihrer pädagogischen Arbeit, den Sie bewusst gestalten können, damit er zu Ihrer pädagogischen Konzeption passt – und damit die aktuellen pädagogischen Werte, die Erkenntnisse aus der Fachliteratur und vor allem die Rechte der Kinder darin erkennbar werden.

Mittagsschlaf und Mittagsruhe sind eine Phase, in der Kinder sich ausruhen und neue Kraft tanken können. Doch je älter sie werden, desto weniger sind sie am Schlafen oder Ruhen interessiert. Und zwar schon gar nicht, wenn eine erwachsene Person ihnen das vorschreibt, denn es widerspricht ihrem Wunsch nach Autonomie und Selbstbestimmung. So kollidieren zwei wesentliche Bedürfnisse von Kindern: Sie brauchen Entspannungsphasen, um ihr enormes Lern- und Entwicklungspensum zu verarbeiten – und gleichzeitig brauchen sie Erfahrungen von Autonomie, damit sie sich über ihre Bedürfnisse klar werden und ein positives Selbstwertgefühl entwickeln können.

Vielleicht erscheint Ihnen das unvereinbar, doch das ist es nicht. In dem Veränderungsprozess, der schließlich zu einer anderen Schlafsituation führt, wird sich beides verbinden, denn: Wenn Kinder sich als autonom erleben, haben sie die Möglichkeit, sich ihrer Bedürfnisse bewusst zu werden. Sie spüren selbst, wann sie eine Pause brauchen und wie sie diese Pause brauchen, ob sie schlafen, ruhen oder entspannen müssen, um fit für den Rest des Tages zu bleiben. Einen Rahmen zu schaffen, in dem das möglich wird, das ist Ihre Aufgabe. Das heißt: Sie geben nicht mehr vor, wann und wie ein Kind zu schlafen oder zu ruhen hat. Aber Sie nehmen die kindlichen Bedürfnisse bewusst wahr und begleiten die Kinder bei ihren Entscheidungen.

Was haben Sie davon?

Wenn die Schlaf- oder Ruhesituation an den Bedürfnissen der Kinder ausgerichtet ist, profitieren zuerst die Kinder. Sie können sich ihrer Bedürfnisse besser bewusst werden und müssen mit Ihnen nicht mehr um die Befriedigung dieser Bedürfnisse kämpfen.

Für Sie wird die Arbeit leichter, weil Sie Kinder, die nicht schlafen wollen, nicht mehr dazu zwingen müssen. Das wirkt sich auf Ihre Arbeitszufriedenheit aus: Sie müssen nicht mehr für Ruhe sorgen, Unruhestifter*innen sanktionieren oder Kinder beschützen, die wirklich schlafen wollen. Der Übergang in die Ruhephase wird entzerrt, denn Sie müssen nicht mehr alle Kinder dirigieren, sondern können sich auf einzelne Mädchen oder Jungen konzentrieren.

Hinzu kommt: Sie verlassen alte Muster und erleben, dass Sie etwas anders machen können. Die Situation entspannt sich, und dadurch entspannen auch Sie.

Vielleicht wird es Sie überraschen, wie selbstständig die meisten Kinder nach der Übergangsphase ihre Bedürfnisse einschätzen können und wie selbstbewusst sie dafür sorgen, dass sie ruhen oder schlafen können. Wahrscheinlich werden Sie Kinder erleben, die ihre neuen Möglichkeiten neugierig und fröhlich ausprobieren.

Was kommt auf Sie zu?

Wenn sich Ihr Team entscheidet, die Schlaf-, Ruhe- und Entspannungssituation zu ändern, dann kommen auf Sie, auf die Kinder und Eltern allerhand Veränderungen zu. Sie müssen für Ihre Arbeit und Ihre Räume neue Strukturen entwickeln und anders planen, neue Handlungsstrategien finden und sich daran gewöhnen. Vielleicht müssen Sie sogar liebgewonnene Abläufe aufgeben. Das ist nicht leicht.

Die Gefühlskurve für Veränderungsprozesse – siehe Abbildung – zeigt typische Emotionen, die im Verlauf der Veränderungen in Ihrem Team auftreten können. Das Modell wurde in der Trauerforschung entwickelt und auf Veränderungsprozesse in Unternehmen übertragen. Wir nutzen es, um deutlich zu machen, was auf Sie zukommt, und stellen Ihnen später Methoden und Strategien vor, wie Sie mit diesen Emotionen umgehen können. Eine Kern­erkenntnis aus den Forschungen zu Veränderungen ist nämlich: Wenn wir die Gefühle der am Prozess Beteiligten nicht ernst nehmen und nicht darauf eingehen, misslingen Veränderungen oft.

Wahrscheinlich gibt es in Ihrem Team Kolleg*innen, die die Veränderung der Schlaf-, Ruhe- und Entspannungs­situation initiiert hatten, weil sie unzufrieden sind und Lust auf etwas Neues haben. Vielleicht haben sie sogar Ideen, was das Team anders machen könnte. Da dies weitreichende Folgen für Kinder und Eltern hat, war Ihr Impuls sinnvoll, im Team darüber zu beraten, um möglichst alle Mitglieder ins Boot zu holen. Aber es gibt Skeptiker*innen, auch unter den Eltern, die sich nicht vorstellen können, wie das mit den Kindern möglich sein soll, oder die grundsätzlich dagegen sind. Das mag ihren Kindheitserfahrungen geschuldet sein oder veraltetem Ausbildungs-Wissen und erzeugt Unsicherheit, Unbehagen oder Angst. Respektieren Sie diese Gefühle nicht, gehen Sie nicht darauf ein, wächst der Widerstand. Er schwindet, wenn die Beteiligten erleben, dass sie ernst genommen werden und ihre eigenen Wege einschlagen können, um sich den Veränderungen zu nähern.

Bedenken und Anliegen, die in dieser Phase geäußert werden, geben Ihnen Hinweise darauf, an welchen Stellen Sie neues Wissen zur Verfügung stellen sollten, um neue Handlungsweisen entwickeln zu können. Greifen Sie die Einwände also auf, bedanken Sie sich dafür und versichern Sie, zu einem späteren Zeitpunkt gemeinsam wieder darüber nachzudenken. In der Regel sorgt die Auseinandersetzung mit neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen und vor allem mit den Sichtweisen der Kinder dafür, dass der Widerstand Stück für Stück nachlässt und eine Neuorientierung möglich wird.

Nun haben Sie das Tal durchschritten und nähern sich einer produktiven konzeptionellen Phase, in der Sie wahrscheinlich umräumen und ausprobieren. Es ist aufregend und macht Spaß, neue Ideen für die Schlaf-, Ruhe- und Entspannungssituation zu entwickeln.

In dieser Phase müssen Sie dranbleiben und auswerten, was klappt und was nicht, um nach und nach eine klare konzeptionelle Linie zu finden, die Ihre Arbeit leitet. Hat diese Linie sich herauskristallisiert, wird sie schriftlich festgehalten.

Um die Veränderung der Schlaf-, Ruhe- und Entspannungssituation bewusst und gezielt anzugehen, eignen sich die Planungsschritte des Situationsansatzes:

In Schritt 1 geht es vor allem darum, mit den Kindern herauszufinden, was Schlaf, Ruhe oder Entspannung ausmacht, welche Praktiken die Kinder kennen und was sie für jedes einzelne Kind bedeuten.

In Schritt 2 formulieren Sie Ihr Ziel: Was genau wollen Sie verändern? Machen Sie sich klar, welche Kompetenzen die Kinder, Sie und Ihr Team in diesem Prozess entwickeln können.

In Schritt 3 folgt die Umsetzung. Im Grunde ist alles Alltagshandeln sinnvoll, das dazu beiträgt, die Kompetenzen zu entwickeln, die Sie in Schritt 2 benannt hatten. Überlegen Sie, was Sie und Ihr Team tun oder tun können, um Kinder und Erwachsene dabei zu unterstützen. Zwar geben wir in diesem Buch Anregungen und Ideen, die Sie inspirieren können, aber Sie müssen Ihren eigenen Weg finden, einen Weg, der zu Ihnen passt, sonst wirken die Veränderungen nicht so nachhaltig, wie Sie sich das wünschen.

In Schritt 4 reflektieren Sie mit dem Team, wie sich die Veränderungen vollzogen haben, was sinnvoll ist, und Sie legen gemeinsam fest, wie Sie die Schlaf-, Ruhe- und Entspannungssituation in Zukunft weiter gestalten.

Foto: Franco Banfi

Wie schlafen Wale

 

Der Veränderungsprozess, vor dem Sie jetzt stehen, ist eine großartige Chance für die Kinder. Wenn Sie sie an Ihren Überlegungen teilhaben lassen, sie einbeziehen und mit ihnen herausfinden, was beim Schlafen, Ruhen und Entspannen wichtig ist und welche Bedürfnisse jeder einzelne Mensch in der Kita diesbezüglich hat, können die Kinder den Prozess mitvollziehen und lernen gleichzeitig, wie sie etwas selbst verändern können.

Ohnehin sind Kinder eine sprudelnde Quelle für Qualität und Expert*innen für gelingende Kita-Abläufe. Deswegen richten sich die meisten Vorschläge, Ideen und Methoden in diesem Buch darauf, die Sicht der Kinder einzubeziehen und den Veränderungsprozess mit ihnen zu gestalten.

 

Bevor Sie sich der Erkundung widmen, möchten wir Ihnen zwei Zielvarianten empfehlen, die Ihnen die Perspektive auf das Ergebnis eröffnen können. Im Laufe der Auseinandersetzung mit dem Thema – unter Beteiligung der Kinder und Eltern – können sich natürlich andere Ziele ergeben.

Unsere beiden Zielvarianten berücksichtigen, dass unterschiedliche Teams und Kitas verschiedene Wege bei der Veränderung der Schlaf-, Ruhe- und Entspannungssituation beschreiten. Jedes Kita-Team hat seine eigenen konzeptionelle Werte und Abläufe und entscheidet, welches Ziel zu ihm passt. Dennoch beziehen wir uns in diesem Buch immer wieder auf die folgenden beiden Varianten. Falls Sie andere Ziele formuliert haben – wir freuen uns, wenn Sie uns davon berichten.

 

• Zielvariante A: Die Kinder entscheiden selbst komplett frei, wann und wo sie ruhen oder schlafen, strikt orientiert am individuellen Schlafbedürfnis.
In der Kita gibt es ausreichend Räume oder Plätze, die den Kindern dies jederzeit ermöglichen.

• Zielvariante B: Es gibt drei Gruppen – die Schlaf-, die Wach- und die Ausruhgruppe –, denen die Kinder sich, je nach ihren Bedürfnissen, zuordnen können.

Diskutieren Sie im Team, was die beiden Varianten in Ihnen auslösen. Sammeln Sie die Fragen und Bedenken, um später darauf einzugehen und dadurch für mehr Klarheit bei der Umsetzung sorgen zu können.

Entscheiden Sie sich mit allen Kolleg*innen für die Variante, die Sie gut finden und die zu Ihrem pädagogischen Anspruch passt.

Sollten Kinder bei Ihnen schlafen müssen und das als Zwang erleben – Sie erkennen das daran, dass Kinder stören und Sie permanent schimpfen müssen, um für Ruhe zu sorgen, damit andere Kinder schlafen können –, dann beenden Sie diesen Zustand sofort. Finden Sie für den Übergang eine Zwischenlösung, zum Beispiel: die Aufteilung in eine Schlaf- und eine Ruhegruppe, in der die Kinder leise sind und nicht liegen oder schlafen müssen, sondern Geschichten vorgelesen bekommen oder Fantasiereisen machen.

Was sind Träume eigentlich? Wer träumt was?

Erkunden: Die Sicht der Kinder

Wie nehmen die verschiedenen Beteiligten die Situation oder das Thema „Schlafen, Ruhen, Entspannen“ wahr? Was ist für sie dabei wichtig? Indem Sie das herausfinden, verstehen Sie und alle anderen besser, warum sie jeweils handeln, wie sie handeln. Mit diesem Wissen können neue Wege erschlossen werden.

Lassen Sie sich für den Erkundungsprozess Zeit und finden Sie mit den Kindern heraus, was bei Ihnen in der Kita wirklich wichtig ist. Verschiedene Methoden und Fragen, die Sie im Folgenden finden, öffnen den Zugang zum Wissen der Kinder und ermöglichen es, ihren Schlaf-, Ruhe- und Entspannungsbedürfnissen nahezukommen. Dabei lernen die Kinder, ihre Bedürfnisse wahrzunehmen und zu artikulieren.

Wenn Sie die Schlafsituation bisher strikt bestimmt hatten, sind sicher viele verschiedene Gespräche und Gesprächszugänge nötig, damit die Kinder merken: Sie können sagen, was sie denken, und müssen nicht wiedergeben, was die Erwachsenen zu hören wünschen. Die Kinder müssen spüren, dass Sie wirklich an ihrer Meinung interessiert und bereit sind, die Schlaf-, Ruhe- und Entspannungssituation zu verändern.

Generell gilt: Versuchen Sie immer wieder, mit allen Kindern ins Gespräch zu kommen. Nehmen Sie wahr, wofür die Kinder sich interessieren, und knüpfen Sie daran an.

Vielleicht hat eine kleine Kindergruppe Lust, dem Thema nachzugehen. Nutzen Sie den Erfindungsreichtum dieser Kinder, arbeiten Sie mit ihnen und laden Sie immer wieder andere Kinder zum Mitmachen ein.

Das gilt auch für Ihr Team: Vielleicht sind nicht alle Kolleg*innen bereit, sich intensiv mit dem Thema „Schlafen, Ruhen, Entspannen“ zu befassen, sondern nur einige, die eine Arbeitsgruppe bilden könnten. In der Arbeitsgruppe, zu der eine Fachkraft aus jeder betroffenen Abteilung und eine Leitungskraft gehören sollten, können Sie überlegen, an welchen Stellen es sinnvoll ist, dass alle mitdenken und mitarbeiten. So sichern Sie, dass die Bedürfnisse aller Beteiligten im Blick sind, für die die Veränderungen wirksam werden, und dass der Veränderungsprozess Teil der allgemeinen Prozesse im Hause bleibt.

Mit Kindern sprechen – aber wie?

Der Kern der Erkundungsphase sind offene Gespräche mit den Kindern. Um die Perspektive der Kinder zu erkunden, ist eine sensible Gesprächsführung wichtig. Natürlich entscheiden die Kinder selbst, was sie erzählen wollen und was nicht. Die Aufforderung „Pia, nun sag doch mal, wie das war“ wirkt wie ein Übergriff, wenn Pia nicht reden will.

Die Gespräche haben mehrere Ziele. Zum einen wollen Sie erfahren, wie die Kinder über das Ausruhen und Schlafen denken. Zum anderen wollen Sie mit ihnen weiterdenken und überlegen, wie es auch sein könnte.

Das Weiterdenken hat kein inhaltliches Ziel. Das heißt: Es geht nicht darum, dass alle Kinder erfahren, wie Hunde nun wirklich schlafen und wie ihr Schlafverhalten sich von dem der Menschen unterscheidet. Vielmehr ist das gemeinsame Weiterdenken selbst das Ziel, also die Vorstellung, wie etwas sein könnte und was daraus folgt. Gerade im Weiterdenken zeigt sich, welche Gedanken Kinder sich bisher zum Thema machten.

Bevor Sie Aussagen der Kinder notieren oder aufzeichnen, informieren Sie die Kinder darüber und erklären ihnen, warum Sie sich für deren Meinungen interessieren.

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Wie fühlt sich Müdigkeit genau an?

Gesprächstipps zum Nachdenken mit Kindern – über Schlafen und anderes

• Steigen Sie in Gespräche ein, indem Sie nach dem Vorwissen der Kinder fragen: „Menschen scheinen ja jede Nacht zu schlafen. Wie ist das eigentlich bei Hunden?“

• Oder: Steigen Sie ein, indem Sie erzählen, wie es bei Ihnen selbst mit dem Schlafen ist. Also wo, wann, wie sie am liebsten einschlafen und aufwachen. Wie das jetzt ist und wie das früher war. Und wie das bei Ihren Kindern, Freund*innen oder Eltern ist.

• Stellen Sie eine Frage, die Sie sich selbst einmal gestellt hatten oder die sich Ihnen noch immer stellt.

• Fragen Sie: Was wäre, wenn…?

• Fragen Sie nach, wenn Ihnen nicht klar ist, was ein Kind genau meint.

• Spiegeln Sie wider, was Sie verstanden haben,
indem Sie die Aussagen des Kindes in eigenen Worten wiederholen.

• Bitten Sie das Kind, zu präzisieren, was es meint: „Was heißt das denn genau?“

• Stellen Sie Warum-Fragen als eigene Fragen: „Und da frage ich mich, warum…?“

• Wenn ein Kind eine Frage stellt, fragen Sie zurück: „Hast du eine Idee? Was meinst du dazu?“

• Sollte ein Widerspruch zwischen zwei Kinderfragen auftauchen, verdeutlichen Sie ihn durch Nachfragen.

• Vermeiden Sie beim Nachfragen eine suggestive Stimmführung.

• Fragen Sie nach, wenn ein Kind Wörter benutzt, die andere Kinder möglicherweise nicht verstehen.

• Lassen Sie die Kinder erleben, dass Sie vieles nicht wissen. Überlegen Sie dann gemeinsam, wie es sein könnte. Verstecken Sie Ihr Nicht-Wissen nicht.

• Lassen Sie die Kinder erleben, dass Sie etwas genau wissen. Erzählen Sie, woher Sie es wissen. Verstecken Sie Ihr Wissen nicht.

• Nehmen Sie die Ideen der Kinder ernst, auch wenn Sie sie zu fantastisch finden. Fragen Sie nach und lassen Sie die Kinder noch einmal erläutern, was sie meinen.

• Fragen Sie die Kinder nach Begründungen: „Warum denkst du, dass alle schlafen?“

• Sagen Sie Ihre Meinung als Ich-Meinung: „Ich glaube, dass …, weil…“ Begründen Sie diese Meinung.

• Schärfen Sie die Wahrnehmung der Kinder, indem Sie auf Unterschiede aufmerksam machen: „Ist euch schon mal aufgefallen, dass manche Vögel abends vor dem Schlafen singen und andere nicht?“

• Verbalisieren Sie im Moment erfahrbare Vorgänge, die mit dem Gesprächsthema zusammenhängen. Also zum Beispiel: Wenn sich in Sichtweite ein Kopfkissen befindet, auf dem eine Puppe liegt, können Sie sich darauf beziehen und sagen, dass auch Sie Ihren Kopf wie die Puppe auf das Kissen legen – oder auch nicht.

• Regen Sie das logische Denken der Kinder an, indem Sie bei Widersprüchen darauf aufmerksam machen, dass sich eine neue Frage stellt: „Wenn ihr sagt, der Mond ist da, damit es beim Einschlafen nicht so dunkel ist und man keine Angst haben muss, dann frage ich mich, warum er manchmal gar nicht ­leuchtet.“

• Ersetzen Sie, wenn es Ihnen darauf ankommt, kausale Hypothesen zu entwickeln, das „Warum“ durch „Wie kommt es dazu?“ Zum Beispiel: „Wie kommt es eigentlich dazu, dass man einschläft? Merkt man das überhaupt?“

• Suchen Sie nach möglichen Einwänden gegen feste Meinungen: „Könnte es nicht, sein, dass ­Menschen müde werden, weil das Atmen am Tag so anstrengend ist?“

• Vermeiden Sie das Wort „oder“ am Ende einer Aussage. Es kann leicht suggestiv wirken. Fragen Sie besser: „Oder was denkst du?“

• Merken Sie, dass Ihre Frage ungeeignet war, korrigieren Sie sich mit „Besser gesagt…“ Lassen Sie sich beim Denken – und das heißt auch beim Korrigieren eigener Aussagen – zuschauen.

• Beharren Sie nicht auf einem Aspekt des Themas, wenn die Kinder Ihre Frage nicht aufgreifen.

• Stellen Sie vermeintliche Selbstverständlichkeiten in Frage, indem Sie ungewöhnliche Fragen aufwerfen: „Woher wissen wir eigentlich, dass das Leben kein Traum ist und wir nur beim Schlafen träumen?“

• Lassen Sie die Kinder Beschreibungen und Bewertungen präzisieren: „Was genau war schlecht daran, als du auf dem Sofa im Wohnzimmer Mittagsschlaf gemacht hast?“

• Fragen Sie nach Begründungen, indem Sie ­Warum-Fragen ergänzen: „Warum denkst du, dass…?“ oder „Warum meinst du, dass…?“

• Vermeiden Sie Einstiege mit „Ja, aber…“ Der Widerspruch kommt zu schnell nach der Bestätigung. Dadurch hebt er sie auf.

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Wie entspannen Tiere eigentlich? … und Menschen?

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Schlafen Pflanzen, Steine, Kuscheltiere? Und wenn ja wie?

Fragen für Gespräche zum Thema „Schlafen, Ruhen, Entspannen“

Auch hier ist es günstig, erst einmal zu erzählen, wie es bei Ihnen selbst, bei den eigenen Kindern oder Freund*innen ist oder früher war.

Was denkt ihr, was denkst du:

• Wie schlafen Menschen (Fliegen, Vögel, Elefanten, Mäuse…) eigentlich? Wie lange, in welchen Positionen?

• Wofür ist Schlaf da? Was passiert im Schlaf?

• Was sind Träume eigentlich? Wer träumt was?

• Kann man sehen, ob jemand müde ist? Und woran?

• Wie sehen Orte zum Schlafen oder Ausruhen aus?

• Was mögen unterschiedliche Menschen und Tiere? Welche Utensilien brauchen sie?

• Wie schlafen/ruhen/entspannen die Figuren, von denen die Kinder erzählen – zum Beispiel Anna und Elsa aus „Die Eiskönigin“, Superman oder Feuerwehrmann Sam?

• Was ist eigentlich der Unterschied zwischen Schlafen und Ruhen?

• Und was ist der Unterschied zwischen Ruhen und Entspannen?

• Wie schläft man überhaupt ein? Wie merkt man das?

• Und wie wird man wieder wach?

• Warum gibt es eigentlich extra Anziehsachen zum Schlafen?

Nachdem Sie mit den Kindern längere Zeit über solche Fragen gesprochen haben, wenden Sie sich den persönliche Bedingungen und Vorlieben beim Thema „Schlafen, Ruhen, Entspannen“ zu.

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Würdest du lieber gar nicht mehr schlafen?

Fragen für Gespräche über eigene Bedürfnisse

• Woran merkt man, dass man müde ist? Wie ist das bei dir, deiner Familie, deinen Freund*innen?

• Was nervt dich am Schlafen?

• Was nervt dich am Einschlafen?

• Was nervt dich am Aufwachen?

• Wenn du zaubern könntest – was würdest du am Schlafen verändern?

Weitere Fragen gibt es im Buch, siehe Buchtipp, Seite 47.

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Wenn du zaubern könntest — was würdest du am Schlafen verändern?

Dokumentieren – was und wie?

Notieren Sie, so oft es geht, die Gespräche mit den Kindern. Oder nehmen Sie sie auf. Dadurch sammelt sich eine Menge Material an. Es kann die Auseinandersetzung der Kinder mit dem Thema und den eigenen Bedürfnissen anregen und verschafft Ihnen einen Überblick, worüber die Kinder nachdenken und wie viele Aspekte beim Thema „Schlafen, Ruhen, Entspannen“ relevant sind.

Gesprächsnotizen oder -transkripte können Sie an einer Dokumentationswand aushängen – als Anregung für die Kinder, denen Sie immer mal Passagen vorlesen, und als Information für Kolleg*innen und Eltern. Besprechen Sie die Aussagen der Kinder im Team und versuchen Sie, gemeinsam herauszufinden, was für die Kinder beim Schlafen, Ruhen und Entspannen wichtig ist.

Nehmen Sie sich Zeit dafür und bitten Sie alle Teammitglieder, die Notizen bis zur Teamsitzung zu lesen. Erzählen Sie einander von den Gesprächen, über die nichts notiert wurde, und bitten Sie jemanden, das in Stichpunkten festzuhalten. Danach überlegen Sie gemeinsam: Was hat Sie an den Aussagen der Kinder erstaunt?

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Schläfst du eigentlich gerne?

Fassen Sie zusammen:

• Was denken Sie, ist den Kindern beim Ausruhen, Schlafen und Entspannen wichtig?

• Welche neuen Ideen haben die Kinder vorgebracht? Wofür scheinen sie sich besonders zu interessieren?

• Was mögen die Kinder am Ausruhen, Schlafen und Entspannen?

• Was mögen sie nicht?

• Welche Fragen sind noch offen?

• Ergeben sich neue Fragen aus der Analyse, die Sie mit den Kindern besprechen wollen?

• Notieren Sie die Ergebnisse und Schlussfolgerungen. So bleibt Ihnen der Prozess bewusst.

 

Reflektieren Sie Ihre Gesprächsführung:

• Wie ging es Ihnen bei den Gesprächen mit den Kindern?

• Wie haben Sie sich dabei gefühlt?

• In welchen Situationen konnten Sie sich gut auf Gespräche einlassen?

• In welchen Situationen konnten die Kinder sich gut auf Gespräche einlassen?

• Welche Fragen waren besonders anregend?

• Wie reagierten Sie, wenn die Kinder Ungewöhnliches äußerten?

 

 

Katrin Macha und Frauke Hildebrandt: Wir müssen mittags nicht mehr schlafen! Veränderungsprozesse mit Kita-Kindern gestalten

wamiki 2020

118 Seiten, mit vielen Fotos

19,90 Euro

ISBN 978-945810-98-9

 

Zu beziehen im wamikishop:

www.wamiki.de/shop

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