Woher begeisterte und zugleich begabte ErzieherInnen nehmen? Im April wird gespannt auf die Ergebnisse der ersten großen Studie zum Thema „Personalmangel im Elementarbereich“ gewartet – aber die Präsentation muss wegen akuten Personalmangels im Studienteam verschoben werden. Eine Forscherin mit Migrationshintergrund wurde versehentlich in ihr sicheres Heimatland Nordkorea abgeschoben, und ein ProfessorInnenpärchen hat aufgrund der personalmangelbedingten Kitaschließung keine Zeit zum Auswerten der erhobenen Daten. „Kein Problem“, erklärt die zuständige Staatssekretärin, „denn der Personalmangel bleibt uns ja gottlob noch eine Weile erhalten.“ Spricht’s und verschwindet wegen plötzlicher Kitaschließung aufgrund von Personalproblemen eilig die Bundespressekonferenz.
„Jedes Kind hat das Recht auf gleiche Bildungschancen!“ Solche ungewohnten Töne gibt der ehemalige Finanzminister Christian Lindner im Mai in einem Interview mit dem Polit-Magazin „GALA“ von sich. Die Geburt seines Sohnes hat ihn zum Umdenken gebracht – auch in spiritueller Hinsicht. „Ich glaube inzwischen ganz stark an die Wiedergeburt“, erklärt Lindner, „denn sie garantiert jedem Kind gleiche Chancen. Hast du beim ersten Mal Pech, wirst also als Kind einer Alleinerziehenden mit Bürgergeld geboren und musst die verrottete Plattenbauschule besuchen, kann die Sache doch beim nächsten Mal ganz anders aussehen: gediegenes Porschefahrerpärchen mit Millionenerbe und Anrecht auf einen Privatschulplatz im Schweizer Kanton Tessin.“ Das sei wahre Chancengleichheit und übertreffe das überkommene Konzept einer Lebensspanne bei weitem, strahlt Lindner.
Neue Kitakonzepte sorgen im Juni für Aufsehen: Nach dem großen Erfolg der Wald– und Bauernhofpädagogik, die Kindern statt perfekt gestalteter Bildungsräumen natürliche Lebensräume wie Wald, Feld oder Stall bieten, stellt die total verschuldete Stadt Pirmasens ihr wegweisendes Konzept der sogenannten Bruchbuden- Pädagogik vor. Kennzeichen des Konzepts: Die Kinder verbringen ihren Tag in einem quasi natürlich zur Ruine gewordenen kommunalen Gebäude, erforschen lebendige Schimmelsporen an den Toilettenwänden oder herrlich verfault riechende Wandverkleidungen, hinter denen sie die niedlichsten Parasiten der Welt untersuchen können. Auch wenn das Konzept laut der PädagogInnen vor Ort „irschendwie vunn selbert“ erstanden sei, findet es sofort begeisterte Nachahmer. Die Berliner Bildungssenatorin plant bereits, es zügig für Oberschulen zu adaptieren.
Wo verdammt noch mal begeisterte und zugleich begabte ErzieherInnen finden? Bundesfamilienministerin und Kanzlergattin Lottchen Merz (CDU) kommt im Juli beim abendlichen Betrachten ihrer geliebten Tiersendungen auf eine geniale Idee: Die bei Terra X gezeigte Luamba beweist beim Erziehen ihrer sieben Affenkinder Empathie und zugleich angemessene Strenge. „Diese Affenmutter besitzt natürliche Weiblichkeit, die die Kinder brauchen“, stellt Merz fest. „Ab mit ihr in die Kita!“
Ob die ebenfalls im Film vorgestellt Gahiba sich für einen Einsatz in der Kinderkrippe eignet, muss noch in kurzen Tests ermittelt werden. Ihre zupackende Art kommt zwar an, aber bei der Gestaltung der Essenssituation wirkt Gahiba doch etwas zu rustikal – typisch Geparden-Mutti.
Im September macht sich die Überalterung erstmals deutlich im Elementarbereich bemerkbar: Es gibt einfach zu wenig Kinder. „Keine Sorge“, beschwichtigt der Bürgermeister von Kugelbrunn, der unkonventionelle Wege erprobt: „Hohen Betreuungsbedarf haben unsere Familien ja nach wie vor, jetzt aber bei den älteren Angehörigen.“ Durch geschickte Eingriffe, so führt der rührige Politiker aus, lassen sich die neuen Kita-Greise gut in die halbleeren Gruppen integrieren: „Einfach noch ein paar Holz-SUVs auf dem Verkehrsteppich bereitstellen, den Wickeltisch auf dreifache Größe erweitern und den Morgenkreis statt mit ‚Leis, leis, leis, wir treffen uns im Kreis ‘ auch mal mit der ‚Polonaise Blankenese ‘ starten.“
Im Dezember kommt es abermals zum Regierungswechsel. Neuer Volkskanzler wird Björn Höcke, der sogleich eine umfassende Remigration aller missliebigen Bevölkerungsteile initiiert. Demnach werden alle Menschen mit Migrationshintergrund, nicht-heterosexueller Orientierung, Behinderung, links-grüner Ausrichtung, Hochschulabschluss, irgendwie dunkel wirkenden Augenbrauen sowie alle Benutzer der Sternchentaste in eine Art innerdeutsches Abschiebe-Gebiet transportiert. Aber das Leben im nun ethnisch reinen Deutschland ist schwieriger als erwartet. Mangels gut ausgebildeter Fachkräfte kommen ÖPNV, Bildungssystem, Gastronomie und Wirtschaft genauso wie das Gesundheitssystem sofort zum Erliegen. Letzteres gestaltet sich besonders problematisch, da die BRD hauptsächlich von Senioren mit Bluthochdruck und Aggressionsstau bewohnt wird. Ungehört schrillen Hilferufe nach Pflegepersonal durch das weitgehend unbevölkerte Land, und viele Senioren fliehen in das prosperierende Abschiebe-Gebiet. In seiner Not muss der Volkskanzler schließlich mehr und mehr Terrain an dieses Gebiet verkaufen. Schließlich schrumpft das Höcke-Reich auf ein geräumiges Altenheim in Südthüringen zusammen, in dem es sich unter dem Motto „Arm – aber Reich!“ mehr recht als schlecht lebt.
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