Aaah, diese Menschen!

Bilderbuch

In der aktuellen Flut von Rettet-die-Welt-Büchern für Kinder und Jugendliche fällt ein Buch durch Witz auf: „Aaah, diese Menschen!“ von Miro Poferl. Darin diskutiert eine Vogelfamilie die Frage: Sind alle Menschen nur schädlich und unnütz? Oder machen sie auch etwas gut? Während die Vogeleltern noch schimpfen und dem Vogelkind schlecht wird, beginnt Menschenkind Mika einen Dachgarten anzulegen … Miro Poferl zeigt uns die Welt der Menschen aus umgekehrter Sicht. Sie regt an, den Blick auch auf Positives zu wenden und Stärken zu nutzen. Ab vier Jahren.

Ich bin hier!

Bilderbuch

Als ein Fluss die Stadt unter Wasser setzt, wird Jona, die gerade im Bürogebäude ihres Vaters spielt, dort vergessen – mehrere Tage lang sitzt sie fest, zwischen Aktenschränken und Drehstühlen. Aber Jona verfällt nicht in Panik und auch nicht in Selbstmitleid, im Gegenteil. Ihr Entdeckergeist verwandelt das graue Hochhaus in einen Ort voller Überraschungen. Mit Jona hat Joke van Leeuwen eine Figur geschaffen, die mit ihrem Mut, ihrer Neugier und ihrer besonderen Art zu denken an Pippi Langstrumpf und Ronja Räubertochter erinnert. Weniger frech vielleicht, aber mindestens genauso tapfer. Das Buch ist eine Heldenreise, die Kindern, und vor allem jungen Mädchen, Mut macht. Ab acht Jahren.

Luise

Bilderbuch

In seinem Bilderbuch „Luise“ verflüssigt der Illustrator Nikolaus Heidelbach die Grenze zwischen Tier- und ­Menschenwelten. Als Luise, ein kleiner Oktopus, eines von 55 Kindern ihrer Krakenmutter, nach den Sommer­ferien aus dem Meer zu ihrem menschlichen Freund Louis in eine ziemlich rheinisch aussehende Stadt zieht, macht sich die Mama Sorgen. Und verlässt ebenso nonchalant die See, um sich auf die Suche zu machen. Die gravitätische Oktopusdame reist durch Heidelbachs majestätisch gemalte Landschaften, in denen sie gelegentlich mit den Wolken verschwimmt. Als sie bei Louis zu Hause am Kaffee­tisch sitzt, fragt Louis‘ Mutter: „,Haben Sie eigentlich einen Mann?‘ ,Nein‘, sagt Luises Mama, „und Sie?‘ ,Nicht mehr‘, sagt Louis‘ Mama, ,er ist mit einer Robbe durchgebrannt.'“ Da sage noch jemand, die Übergänge zwischen den Tier- und Menschenwelten seien nicht fließend. Nichts ist ohne Hintersinn in Heidelbachs Welt. Weshalb es nur einleuchtet, dass die je acht Arme von Luise und ihrer Mutter nicht nur zum Schwimmen und Kuchenessen gut sind. Sie eignen sich auch hervorragend zum Händchenhalten. Ab vier Jahren.

Kind in der Kiste

Bilderbuch

Wenn man seine Eltern immer für sich hatte, ist es die reinste Zumutung, sie mit einem neuen Geschwisterkind teilen zu müssen. So geht’s dem Mädchen in „Kind zu verschenken“. Das Baby sehe aus wie ein Äffchen, findet das Mädchen, schreie und kacke nur herum. Was für eine Gemeinheit, dass die Eltern es den ganzen Tag betutteln! Das Kind beschließt, sich neue Eltern zu suchen, und setzt sich in eine Kiste, auf die es „Kind zu verschenken“ schreibt.

Was nun folgt, kann man seitenlang beobachten: wie es sich da auf der Straße feilbietet; wer nach und nach mit in die Kiste zieht – und sich wieder verabschiedet.

Das emotionale Wechselspiel des Kindes aus Wut, ­Traurigkeit und Zuversicht fängt Hiroshi Ito mit wenigen Strichen ausdrucksstark ein. Berührend und witzig zugleich! Ab 5.

Hier gibt es alle Medientipps als PDF: Medien_#5_2023

A taaavola! — Zu Tihisch!

Bilderbuch

Von einer Reise nach Italien brachte ich meinem Enkel Egon ein Pappbuch mit. Es ist in italienischer Sprache geschrieben, die weder ich noch der einjährige Egon beherrschen. Doch als ich mir das Buch in Orvieto ansah, hatte ich das Gefühl: Das verstehe ich sofort. Zu Hause übersetzte ich die wenigen Texte mit Hilfe des Internets und merkte dabei, wo ich ein bisschen daneben lag. Aber die Grundidee war unmissverständlich: Schwarze und weiße Pädagogik wurden verspottet. Aber gründlich.

Worum geht es?

Die Mutter hat gekocht. Gemüsesuppe gibt es. Das Kind wird zu Tisch gerufen und kommt fröhlich angerannt. Doch Gemüsesuppe mag es nicht. Alle Überredungsversuche der Mutter scheitern. Also greift sie zum letzten Mittel: „Wenn du das nicht isst, frisst dich der Wolf.“

Pfff! Das glaubt das Kind nicht. Doch dann heißt es: „Lupo, a taaavola!“ Und tatsächlich kommt ein Wolf an den Tisch. „Man hat mich gerufen?“ Doch genau so, wie das Kind keine Gemüsesuppe essen möchte, mag der Wolf keine Kinder. Alle Überredungskünste nützen nichts, und so ruft die Mutter den „Orco“, vermutlich eine Art Menschenfresser-Riese, an dessen Existenz nicht mal der Wolf glaubt.

Orco mag natürlich keine Wölfe. Stattdessen würde er lieber diese leckere Suppe essen. Da ruft das Kind empört: „Das ist meine Suppe, und die esse ich!“ Wolf und Riese gehen leer aus.

Das ist so schön unpädagogisch! Je öfter ich Egons Buch ansah und anderen Leuten davon erzählte, desto stärker wurde der Wunsch, es auch zu besitzen. Außerdem wollte ich es gern in meinem Kindergarten vorlesen, am besten auf Deutsch und Italienisch.

Also besorgte ich mir mit Hilfe von Egons Papa mehrere Exemplare für die Arbeit, für mich und zum Verschenken. Beim Vorlesen in der Kita sprang meine Begeisterung allerdings nicht sofort auf die Kinder über. Vermutlich nahmen sie die Geschichte ernst. Deshalb fragte ich: „Würde denn eure Mama oder euer Papa so etwas machen – mit dem Wolf drohen oder einem Orco?“ Nein, natürlich nicht. Aber Juna meinte: „Ich würde das vielleicht als Mama zu meinem Kind später mal sagen.“

Zum Glück fand ich danach andere Zuhörer. Justus und Linus lasen sich die Geschichte selbst vor, in ganz eigener Version, und amüsierten sich sehr.

Als eins meiner Lieblingsbücher steht das Buch nun bei mir im Büro, wo es Justus wiederentdeckte. Mit Juna bat er mich, die Geschichte während des Spätdienstes vorzulesen. Immer wieder, auf Deutsch und Italienisch. Als sie abgeholt wurden, riefen die beiden laut: „A taaavola, a taaavola!“

 

Scheiße sagt man nicht!

Bilderbuch

 

„Scheiße sagt man nicht“, erklärt die weiße Maus mit erhobenem Zeigefinger. Warum denn nicht?

In kleinen Alltagsszenen bricht ein eigentlich gut gelaunter Handwerker in wütendes Geschrei aus – „Himmel-Arsch-und-Zwirn!“ –, wenn er seinen Daumen mit dem großen Hammer trifft. Sorgfältig wiederholt die Maus den unanständigen Ausdruck, bevor sie mahnt: „Sagt man nicht.“ Von Doppelseite zu Doppelseite nimmt das Geschimpfe zu. „Verdammte Scheiße!“ heißt es, wenn das Super-Rieseneis in runterfällt, „Pupsiwurst!“, wenn die große Schwester sich ärgert. Stets springt das Mäuslein auf und piepst: „Sagt man nicht.“

Zettel mit Hinweisen auf „Ausweichwörter“ sollen Abhilfe schaffen. Aber die Situationen, in denen einem die (Schimpf-)Worte fehlen, häufen sich, und schließlich landet sogar die weiße Anstandsmaus voll in der Scheiße. Was sagt sie da? Genau! „Das sagt man aber nicht!“ rufen jetzt alle anderen.

Auf der letzten Doppelseite finden sich übrigens ein paar pädagogische Hinweise, was man tun kann, um die Schimpferei nicht überhand nehmen zu lassen. Ab 4.

 

Es begab sich aber…

Bilderbuch

 

Spätestens seit der Illustration von Jutta Bauer, die die Heilige Familie vor einer Mauer zeigt, auf der „Asylanten raus“ steht, wird die Weihnachtsgeschichte auch anders als in früheren Zeiten erzählt. Armut und Heimatlosigkeit verkommen nicht zur Idylle.

In „Es begab sich aber zu der Zeit“ ist ein Paar in einem städtischen Viertel unterwegs. Es ist dunkel, nur wenige Menschen sind auf der Straße. Die beiden sind schon lange auf den Beinen, und die Frau, so verrät es der Text, ist schwanger. In einem Haus steht das Tor zur Garage – der Stall der Neuzeit – offen, und hier bringt die Frau ihr Kind zur Welt. Zu Besuch kommen eine Polizistin mit einem Pferd, Kinder, Erwachsene und immer mehr Leute. Sie machen Musik, sie singen und umarmen sich.

Erst auf den letzten Seiten wird all das mit der Geburt Jesu in Beziehung gesetzt, die wir natürlich schon im Hinterkopf haben, obwohl es weder Heiligenscheine noch Engel gibt.

Denn so oder ähnlich kommen überall Kinder zur Welt, denen man Geschenke bringen könnte und sollte.

Eine Bilderbuchgeschichte die den Blick darauf richtet, dass es Weihnachten nicht um Geschenke geht und dass eine Geburt in einem Stall oder einer Garage keine Idylle ist, sondern der Not gehorcht und vielleicht den Gedanken nahe legt, vom eigenen Überfluss etwas abzugeben. Ab 4.

 

 

Mein Freund passt nicht aufs Klo

Bilderbuch

 

Weil es draußen regnet, hat die Ich-Erzählerin es sich drinnen schön gemütlich gemacht. Da klingelt es, und Freund Fred, der Drache, steht vor der Tür. Sie weiß, dass er Würstchen und viel Kaffee liebt, und so geht es auch ihm bald richtig gut – bis ein pieseliges Geräusch ertönt und den Drachenfreund an seine übervolle Blase erinnert. Doch Menschen-Klos sind nicht für ausgewachsene Drachen gedacht. Nun beginnt eine immer dringlicher werdende Suche nach dem Örtchen für Drachenbedürfnisse. Dabei entdecken wir von Hunden, die das Bein heben, bis zu Brunnenfiguren aus Stein Beispiele für die vielfältigen Formen des Pinkelns. Doch das ist alles nichts für einen ausgewachsenen Drachen. Mit seiner Freundin fliegt er schließlich eiligst zu einer Bucht, in der zauberhafte Pinkelschlösschen auf ihre Besucher warten.

Die verregneten Bilder von Julie Völk sind alles andere als grau-in-grau, ein Goldton lässt Lampen leuchten und Bäume erglühen. Überall schimmern Pastelltöne durch das zarte Grau.

Ein Bilderbuch, das dem Pinkeln seine schönsten Seiten abgewinnt. Ab 3.

 

Federleichte Mami-Suche

Bilderbuch

 

„Mami, Mami“, schreien drei kleine Entchen, und wir erkennen sofort, was sie sind: Kinder! Ununterbrochen suchen sie etwas, aber Mutter Ente weiß immer ganz genau, wo alles ist. Immer, wenn sie es sich mit ihrem Buch gemütlich machen will, kommen die drei mit einer neuen Suchanfrage. Einmal sind sie so stürmisch, dass sie ihre Mutter unter einer Decke „begraben“ und nicht finden. Das bringt die Ente auf die Idee, sich auf dem Baum zu verstecken. Erst mitten in der Nacht finden die Entchen ihre inzwischen schlafende Mutter hoch oben in den Ästen und kuscheln sich an sie. Ab 3.

 

Das ist mein Papa!

Bilderbuch

Ein ganzer Tag mit Papa Johnny ist für Tim das Größte! Er freut sich und stellt seinen Papa stolz allen vor, die ihnen begegnen: der Würstchenverkäuferin, dem Kartenabreißer im Kino, dem Kellner in der Pizzeria und der Bibliothekarin an der Ausleihe. Ganz zum Schluss ist noch das kleine Café mit den Törtchen dran. Aber wichtiger als all das ist es, der Welt zu verkünden: Das ist mein Papa!

Die anrührende Bildgeschichte erzählt von den Gefühlen zwischen Vater und Sohn, von der stillen Schüchternheit der beiden, aus der die freudige Begeisterung, die starke Zuneigung hervorbricht. Eine innige Liebe, die die Trennung überdauert. Ab 4.

 

Das komische Gefühl

Bilderbuch

 

Hallo, du! Weißt du, wer ich bin? Ich bin das komische Gefühl. Dein komisches Gefühl! Was? Du siehst mich nicht? Ja klar, du kannst mich auch gar nicht sehen. Niemand kann mich sehen. Aber ich bin trotzdem da. Du kannst mich nur spüren. Meistens irgendwo so zwischen Bauch und Herz. Ich passe auf dich auf. Damit du merkst, wenn etwas nicht stimmt. Damit du nein sagst, wenn nötig. Oder dir Hilfe holst. Ein wunderbares Kraftbuch für alle Kinder ab 4.

Das NEINhorn

Bilderbuch

Im Herzwald kommt ein kleines, schnickeldischnuckeliges Einhorn zur Welt. Aber obwohl alle ganz lilalieb zu ihm sind und es ständig mit gezuckertem Glücksklee füttern, benimmt sich das Tierchen ganz und gar nicht einhornmäßig. Es sagt einfach immer Nein, sodass seine Familie es bald nur noch NEINhorn nennt. Eines Tages bricht das NEINhorn aus seiner Zuckerwattewelt aus. Es trifft einen Waschbären, der nicht zuhört, einen Hund, dem alles schnuppe ist, und eine Prinzessin, die immer Widerworte gibt. Die vier sind ein ziemlich gutes Team. Denn sogar bockig sein, macht zusammen viel mehr Spaß! Ab 3.