Reimereien

„Eene meene mei, flieg los, Kartoffelbrei! Hex hex!“ So klingt es seit Wochen durch Kita und Garten. Mit den Besen können die Kinder weder Sand noch Laub fegen, weil sie als Hexenfluggeräte gebraucht werden. Bibi Blocksberg ist das Vorbild für die Kindergartenhexlein und -zauberer, die auf ihren Besen durch den Garten sausen und immer neue Zaubersprüche erfinden. Sogar beim Mittagessen wird gezaubert: „Eene meene brat, hier steht der Spinat.“

Als sich die Faschingszeit nähert, überlegen wir: Welche Themen begeistern die Kinder? Sollen wir wieder einen Zauberfasching feiern wie vor drei Jahren? Die Kinder, die damals dabei waren, sind nun schon in der Schule…

Doch dann gibt es einen neuen Vorschlag: Reim­fasching. Reimereien durchziehen unseren Kita-Alltag. In vielen Lieblingsbüchern der Kinder sind die Texte gereimt. Bewegungsspiele und Lieder, Reimmemory und Tischsprüche sind auch beliebt. Und gereimt kommt sogar die Aufforderung zum Aufräumen manchmal gut an.

Aber: Was für Kostüme könnten wir anziehen? Wo steckt in der Verkleidung der Reim? Das beschäftigt eher die Erwachsenen. Denn die Kinder wissen: Sie können kommen, wie sie wollen. Es wird sich schon ein Reim finden für den Piraten, die Prinzessin, den Hasen oder den Clown.

Am Faschingsdienstag, das Haus ist mit Luftballons, Luftschlangen und Reimbildern geschmückt, begeistert uns Nikita mit seinem Kostüm. Er ist als Reimmemory gekommen. Die Memorykarten kann man aus den Taschen seines Kostüms ziehen. Wer findet das passende Paar? Elise ist eine Katze. Kratzt sie mit ihrer Tatze? Maus Lennya fürchtet sich ein wenig vor ihr. Aber der Pirat Luis beschützt sie. Noch eine Katze kommt in die Kita – das ist die Katze Rita. Und dort kommt ein Dieb mit Sieb. Aber was reimt sich auf Roboter? Kein Problem, denn Toni ist als Roboter eine Art Reimmaschine. Reimereien fallen Toni leicht. Von ihm stammt das Reimpaar „Ritter – Splitter“ und auch das folgende Gedicht:

Für den Ritter
war das Leben bitter,
denn er hatte einen Splitter.

Was sollte er machen?
Er fragte den Drachen.

Der Drache biss zu,
zog den Splitter im Nu.

Als alle Faschingsgäste im Haus sind, beginnt das Frühstück. Ein gereimtes Büffet zu zaubern, das ist uns nicht gelungen. Aber immerhin reimt sich Fisch auf Tisch. Kleine Salzgebäck-Fischlein schwimmen nämlich um Teller und Schüsseln.

Nach dem Frühstück versammeln wir uns im Bewegungsraum. Mit Gesang und Reimereien werden die Kostüme vorgestellt. Hase Finn hat einen Zettel dabei. Seinen Reim lesen wir laut vor:

Ich bin ein Hoppelhase.
Schau mal meine Nase
Und hinten mein weißer Schwanz –
Wie cool ich tanz!

Für Prinzessin Paula hat der große Bruder Santiago gereimt:

Die Prinzessin trägt ´ne Krone,
Denn aus dem Haus geht sie nie ohne.

Als sich alle Feiernden in ihren Verkleidungen gezeigt haben, machen wir ein Reimspiel, bei dem die Kinder raten können, was sich worin befindet.

Was ist in der Tasche? Eine Flasche.
Was ist unter der Decke? Eine Schnecke.
Was ist im Topf? Ein Zopf.
Was ist im Schuh?

Das errät Rabia als erste und ruft: „Eine Kuh!“ Tatsächlich findet sich eine kleine Spielzeugkuh im Kinderschuh.Nach dem Raten gibt es Musik und Tanz. Wer genug gefeiert hat, kann sich ausruhen, spielen, malen oder mit Freunden Kostümteile wie Hexenbesen, Kronen oder Gummisäbel tauschen.

Mittags steht Spinatsuppe auf dem Tisch. Da passt der Spinatreim. „Lecker“, findet Selma, die heute zwar eine Chinesin ist, für die Suppe aber den Löffel nimmt.

Mit Fingerchen und flacher, flacher Hand

 

Nicht nur aus dem Morgenkreis kennt man Fingerspiele. Wohl fast jeder von uns weiß davon ziemlich viele. Auch manch alter Kinderreim bleibt uns unvergessen. Er nervte auswärts und daheim vorm Waschen, Schlafen, Essen. Stimmt der Inhalt immer noch? Autor Fink: „Mitnichten! Krempelt mal die Ärmel hoch und lasst uns neue dichten!“

 

 Die Geschichte vom Fachkräftemangel

 

Fünf Damen sind in die Fachschul’ gegangen,
sie wollten den Titel „Erzieherin“ erlangen.
(Die ganze Hand präsentieren)

Die erste erstarrte: „Powischen? Krass!“
Und fragte, vor Schreck plötzlich leichenblass:
„Gibt’s eigentlich Ausnahmeregeln
für Frauen mit künstlichen Nägeln?“
(Mit dem Daumen wackeln)

Die zweite schimpfte: „Dieses Bildungs-Blabla!
Das ist alles nicht mehr, wie’s früher mal war!
Verschont mich mit Dokumentieren!
Ich mach lieber was mit Tieren.“
(Mit dem Zeigefinger drohen)

Die dritte war zwar die längste,
doch leider auch die bängste.
Sie fing sofort an zu weinen:
„Die machen mich fertig, die Kleinen!“
(Alle zehn Finger vor die Augen halten)

Die vierte war gut im Verspäten
und sprach gern von „Universitäten“,
„empirisch“ und „nicht übertragbar“
und dass heut ihr letzter Tag war.
(Den Ringfinger bewegen und dann verschwinden lassen)

Die fünfte war fabelhaft,
hat niemals ein Kind angeblafft,
stets einsatzbereit und voller Kraft,
aber dann: Weg wegen Schwangerschaft.
(Alle Finger weg)

 

Himpelchen und Pimpelchen ganz oben

 

Himpelchen war ein Trägervertreter,
Pimpelchen der Untergebene.
(Einen Daumen vor dem anderen buckeln lassen)

Sie durften dort oben lange beraten,
mit all den Ministerialbürokraten.
(Daumen ganz wichtig herumwackeln lassen!)

Und nach fünfundfünfzig Wochen
sind sie in Klausur gekrochen.
(Daumen in den Fäusten versenken)

Sitzen da in guter Ruh.
Sei mal still und hör schön zu!
(Schnarchgeräusche imitieren, bis der Ruf ertönt:„Was, schon Präsentation der Zwischenergebnisse? Ist denn eine Powerpoint vorbereitet, Herr Dr. Pimpelchen?“)

Himpelchen und Pimpelchen
stiegen auf die Führungsebene.
(Mit zwei Händen das Gefällt mir-Zeichen bilden)

 

Die fünf Lehrer

 

Fünf Lehrer, die klagten im Lehrerzimmer:
„Die Kinder werden immer schlimmer!“
Der erste erkannte messerscharf:
„Zu viele Kinder mit Förderbedarf!“

„Ich bin doch…“, murrte ein zweiter
„kein Schulsozialarbeiter!“

Der dritte Lehrer beklagte,
wie sehr heut die Kita versagte.
Der vierte schwärmte, wie gerne er
anno dunnemals Lehrer gewesen wär:
„Da war man noch Autorität,
und galt was von früh bis spät.“

Der fünfte schlussfolgerte kühler:
„Besser nicht – da warn wir ja die Schüler!“
(Während des Spiels die Finger lethargisch bewegen)

 

Das Bildungshäuschen

 

In Tante Uschis neuem Bildungshaus
hängen coole Bildungsposter aus.
Doch im normalen Tagesablauf
kocht man eiskalten Kaffee auf.

 

Die fünf Muttis

 

Dort auf dem Elternabend,
da ist der Teufel los.
Da streiten sich fünf Mütter
um die Portfolios.
Der ersten fehlt’s an Fotos,
der zweiten an Niveau.
Die dritte findet, die Kinder
schau’n nicht wirklich froh.
Die vierte beklagt die Kosten
fürs Dokumentiermaterial.
Und Vanessa Schulz ihre Mutti
is der janze Quatsch piepejal.

 

Rabenschwarze Pädagogik

 

Wenn mein Kind nicht essen will,
schwinge ich die Keulen.
Zwar nur die moralischen –
trotzdem wird es heulen.

Wenn mein Kind nicht schlafen will,
lass ich’s halt mit zuen
Augen liegen und nenne das
„freiwillig ausruhen“.

Wenn mein Kind nicht machen will,
was ich ihm befehle,
sag ich, dass ihm Koop’ra-
tionsbereitschaft fehle.

Wenn mein Kind nicht warten kann,
in den Garderoben
bastle ich ein großes Schild:
„Hier woll’n wir nicht toben!“

Wenn mein Kind, ein Junge, spielt
mit der schönen Puppe,
zieh ich’s auf und lach es aus
vor der ganzen Gruppe.

Wenn mein Team mich wieder nervt,
werde ich zum Kranken.
Fehl ich, dann gibt’s richtig Stress.
Werd’n sie sich bedanken!

Wenn der Job mir nichts mehr gibt,
geh ich in den Garten.
Werd’ als Hofaufsicht auf den
Renteneintritt warten.