In einer Kita wollten Kinder aus syrischen Flüchtlingsfamilien sich den Po nicht mit Klopapier abwischen. Das tun weltweit übrigens die meisten Leute nicht, sondern benutzen Wasser und die linke Hand. Was hygienischer ist, darüber gibt es unterschiedliche Auffassungen.
Jedenfalls ist für Menschen aus Syrien der Gedanke viel unangenehmer, an ihren Hinterteilen könnte noch ein Restchen kleben, als sich mit Wasser und der linken Hand abzuputzen. Danach waschen sie die Hände. Das wussten die Erzieherinnen nicht, als sie Wasserflaschen neben den Toiletten fanden, waren aber geschockt: Wie eklig!
Lange diskutierten wir hin und her, bis ich vorschlug: „Lasst uns mal die Perspektive wechseln. Stellt euch vor, wir flüchten alle nach Syrien und müssen von einem Tag auf den anderen ohne Klopapier auskommen.“ Diese Vorstellung war für die Erzieherinnen ganz schlimm. Sie fanden, die Kinder müssen das mit dem Klopapier eben lernen. Zwei Wochen Konditionierung reichen. Doch schließlich kam eine Kollegin auf die rettende Idee: „Dann nehmen wir eben Feuchttücher! Das ist Papier, aber mit Wasser drin.“ Gesagt, getan und eine brauchbare Übergangslösung. Inzwischen benutzen die syrischen Kinder übrigens Klopapier.
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Text: Frauke Hildebrandt, Professorin an der Fachhochschule Potsdam