Warten auf Goliath

Bilderbuch

Bär wartet an der Bushaltestelle auf Goliath. Er ist sich völlig sicher, dass sein Freund kommen wird, wenn auch der Tag zur Nacht wird, der Frühling zum Sommer und das Rotkehlchen in seinem Nest Zweifel am Kommen des Freundes äußert. Als der erste Schnee fällt, vergisst Bär vor Freude über die tanzenden Flocken fast, dass er wartet. Dann rollt er sich nach Bären-Art ein und schläft tief, bis im Frühling – der Kirschbaum blüht – ein sanftes Geräusch die Ankunft von Goliath anzeigt. Goliath ist eine Schnecke. Er entschuldigt sich für die Verspätung. Aber für Bär macht das nichts: Er war sich immer sicher, dass Goliath kommen wird.

Die Geschichte lebt von der erwartungsvollen Spannung darauf, wer dieser Goliath wohl sein wird, auf den Bär voller Urvertrauen wartet. Etwas so Riesiges wie der angsteinflößende Goliath, den David einst besiegt hat? Aber dieser Goliath ist stark durch seine Ausdauer und seiner Unbeirrtheit und beide Freunde sind es durch ihre unerschütterliche Freundschaft.

Wieder verwendet Antje Damm ihre in »Der Besuch« erprobte Technik des Bauens und Fotografierens: In ihrem neuen Buch hat sie eine kleine Bühne aus Pappe gebaut: mit Haltestelle, Kirschbaum und einem Stück Natur, in dem wir den Tageslauf, den Wechsel von Tag und Nacht und der Jahreszeiten entdecken können. Die einfache Technik verlockt zur Nachahmung: Kinder können ihre eigenen Pappkisten-Bühnen erfinden und Geschichten erzählen.

Alle Zeit der Welt

Bilderbuch

Antje Damm hat 2007 ein kleines, dickes, rechteckiges Buch gestaltet: Alle Zeit der Welt. Anlässe, um miteinander über Zeit zu sprechen. Hier hat sie schon alles gesagt und gezeigt, was es zu diesem Thema mit Kindern ab etwa fünf Jahren zu besprechen gibt: Von den Jahreszeiten über die Tageszeiten, die Zeit in einem Menschenleben, die Vergänglichkeit und vielen anderem mehr. Jedes Ding, jede Pflanze, jedes Tier hat seine Zeit. Das Buch ist ein Ideengeber und Philosophie-Anreger zum Thema Zeit sondergleichen. Auf jeder Seite ist mindestens ein Hinweis versteckt, der den Betrachter zu weiteren Fragen und Antworten animiert.

Ein Kinderbuch, das immer noch ein Muss für alle ist, die mit Kindern „Zeitfragen“ erörtern. Viele der Fragen und Bilder sind auch für noch jüngere Kinder interessant und ältere Kinder und Erwachsene können sowieso profitieren.

Bilderbuch: Im Land der Fabelwesen

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Ein Land voller Dämonen, Ungeheuer und fantastischer Geschöpfe tut sich vor dem kleinen Hieronymus auf, der aus großer Höhe ins Wasser fällt. Bei seinem Sturz verliert er Rucksack, Kappe und Ball, die von den seltsamen Wasserwesen sofort geklaut werden.

Wieder hat der Illustrator Thé Tjong-King ein Wimmel-Buch ohne Worte geschaffen. Man kann den drei Gegenständen und dem Jungen folgen, darf deren Spuren nicht verlieren, muss alle Hinweise richtig deuten und kann abenteuerliche Szenerien voller Details entdecken. Der erwachsene Mitschauer bemerkt schon bald, dass die Wesen der auch nach 500 Jahren noch rätselhaften Bildwelt des Hieronymus Bosch entstammen. Kinder kennen sie noch nicht, begegnen ihnen aber später vielleicht wieder, und dann fällt ihnen auf, dass es solche Wesen schon gab, lange bevor sie die Bildwelten der fantastischen Literatur oder der Videospiele bevölkern.

Zu hoffen ist, dass Erwachsene sich nicht davon abhalten lassen, dieses Buch voller Fabelwesen gemeinsam mit Kindern zu bestaunen. Verraten sei: Die Guten siegen – wie in den alten Märchen.

 

 

Bilderbuch: Die Flucht

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Ein Kind erzählt, wie der Krieg über seine Welt hereinbricht und schließlich den Vater mitnimmt. Die Mutter flieht mit dem Kind und seinem Bruder, verliert unterwegs immer mehr von ihrer Habe und versucht, die Kinder auf der Reise in ein fernes Land vor den Schrecken des Krieges zu beschützen. Als die kleine Familie an den Mauern einer Grenze und den Wächtern zu scheitern droht, rettet ein unbekannter Helfer sie. Später überqueren die drei unter großen Gefahren ein Meer. Das erzählende Kind beobachtet die Zugvögel am Himmel, die alle Grenzen überwinden können, und hofft, eines Tages mit seiner Familie eine neue Heimat zu finden.

Ein Buch voller wunderschöner Bilder, ästhetisch gestaltet – bis hin zu dem schweren, matten Papier. Ein Kunstwerk.

Bilderbuch: Wenn ich groß bin…

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Bei ihren Spielen im Sandkasten träumen ein kleines Mädchen und seine Freunde, drei Schweinchen, von der Zukunft: Wenn sie groß sind, wollen sie Feuerwehrfrau, Polizist, Bauer und Zauberer werden. Dann werden sie den großen bösen Wolf nass spritzen, piksen und verschwinden lassen. Plötzlich hören sie den kleinen Wolf nebenan erbärmlich heulen. Als er sich beruhigt hat, droht er, dass er sie alle fressen wird, wenn er groß ist.

„Wenn wir groß sind“ ist die Geschichte von einem, dem alle nur Böses wollen. Kein Wunder, dass er schließlich ein großer böser Wolf wird! Diejenigen, die wissen, dass der Wolf Rotkäppchen fressen will und kleine Schweinchen besonders lecker findet, könnten sich fragen, ob es nicht die klassischen Vorurteile und Drohungen sind, die aus dem netten kleinen Wolf, der Kekse liebt, ein großes böses Untier machen.

Das witzig gestaltete, quadratische Papp-Bilderbuch erzählt seine Geschichte auf zwei Ebenen, bietet viel Gesprächsstoff und fordert die kindlichen Zuhörer auf, sich zu entscheiden, zu wem sie halten. Gar nicht so leicht…

Bilderbuch: Die Macht des Schwarms

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Der berühmten Klassiker „Swimmy“ von Leo Lionnie – viele kleine Fische verlieren ihre Angst vor den großen Fischen – hat einen Nachfolger. In dem Papp-Bilderbuch „Der König der Meere“ fühlt sich ein Fisch als König: „Blubb blubb.“ Solche Geräusche sind die einzigen „Worte“ im Buch. Doch plötzlich kommt ein größerer Fisch und verschluckt den König. Dann naht ein riesiger Fisch, der den großen schluckt. Diesen Fisch holt ein gewaltiger Schwarm kleiner Fische ein und „verschlingt“ ihn.

Die Umrisszeichnungen der Fische auf weißem Untergrund sind extrem schlicht. Originell ist die Idee so lange nach Lionnis Bilderbuch zwar nicht mehr, aber immer noch überzeugend.

Das Leben buchstabieren

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Zettel mit Wörtern und Buchstaben führen Anna und Morkel zusammen, die schon eine ganze Weile keine Buchstabier-Anfänger mehr sind. Der Junge Morkel ist selten in der Schule. Mit Anna trifft er sich oft in seinem Baumhaus. Sie schreiben Zettel, erzählen Geschichten und teilen sich vieles entlang der Buchstaben mit. Assoziativ reihen sie Wörter mit denselben Anfangsbuchstaben aneinander: Unheil, Unglück, unhöflich, undankbar, Untergang.Morkel versteht etwas von Tieren. „Der Fuchs ist ein Hund, der sich wie eine Katze benimmt“, sagt er. Plötzlich verschwindet er und bleibt während des langen, kalten Winters unauffindbar. Obwohl Anna Spuren für ihn legt, antwortet er nicht. Im Frühling gibt es endlich ein Zeichen von ihm. Schließlich liegen Anna und Morkel Kopf an Kopf unter dem blühenden Baum, sehen zu, wie die Vögel ihre Nester bauen, und können ihr Leben weiter buchstabieren. Vielleicht ist das eine Liebesgeschichte für Kinder.

Die Bilder von Stian Hole sind faszinierende Collagen mit malerischen Elementen. Manchmal übersieht man sie fast, wie beim Baum im Frühling, der aus vielen Bäumen in verschiedenen Phasen des Ergrünens besteht. Man muss sich eigentlich keine Gedanken über das richtige Alter für dieses Buch machen. Wer es interessiert betrachtet, ist alt oder jung genug.

Aus dem Stau wird die Sau

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Mit einer Prise Klamauk würzt Horst Klein seine Bilder zu den Wörtern, denen ein Buchstabe geklaut wurde, so dass statt der kleinen Maus auf der linken Seite rechts ein dicker, roter Kater am Grabstein von Speedy lehnt: AUS für die (M)aus! Die Bilder spinnen die Geschichten jeweils ein bisschen weiter, als es der Verlust eines Buchstaben vermuten lässt.Horst Kleins Humor und Illustrationsstil kann man getrost als schräg bezeichnen. So etwas erfreut Kinder, und sie merken kaum, dass sie dabei das Lesen und Buchstabieren lernen.

Ideenpurzelbäume

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Joke van Leeuwen gibt mit ihrer unkonventionellen Art, Texte und Bilder ineinander zu verweben, ein weiteres Beispiel ihrer Kunst. Verspielt mischt sie Buchstaben, Farben und Zeichnungen. Damit bietet sie alles, was in gewöhnlichen Lesebüchern für Erstklässler nicht vorkommt: Die Buchstaben sind krumm, bucklig und ungleich groß, aber reden miteinander und kämpfen darum, in „Ein schönes Wort“ dabei zu sein. Immer kommt noch ein Buchstabe dazu: A + M + U + R. Als das T mitmachen will, befürchten die anderen, zu ARMUT zu werden, und sind dann froh, ein TRAUM zu sein. Es gibt kurze Comic-Strips, in denen sich Löffelino und Gabello darüber unterhalten, ob man das gerade gefundene Steinchen werfen oder behalten sollte. Löffelino findet „behalten“ schöner.

Joke van Leeuwen hat eine Vielzahl origineller Alphabete geschaffen, darunter auch das Turner-ABC. Gezeichnete und gemalte Turner bilden zu zweit oder zu dritt alle Buchstaben – zum Nachturnen. Mal nachdenkliche, mal komische kleine Geschichten und Gedichte bewegen sich zwischen Philosophie und Nonsens.

abc.de

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Die polnische Illustratorin Iwona Chmielewska – ihr Buch wurde von der Jury für den Jugendliteraturpreis 2016 nominiert – verbindet, „ausgehend vom Erfahrungshorizont von Kindern, alltägliche Begriffe wie Augenarzt, Brücke oder Bach mit der Vermittlung komplexen Wissens zur Kunst-, Musik- und Literaturgeschichte“. Es fordert Kinder heraus, die nicht genug von Buchstaben und Wörtern kriegen können – auch durch die Illustrationen, die geheimnisvoll, spielerisch und märchenhaft wirken –, denn es folgt keinem pädagogischen Ansatz mit typischen Vereinfachungen, sondern setzt auf künstlerische Elemente, um Zugang zu Schrift, Bild und Sprache zu ermöglichen.

Wer möchte, kann die Begriffe auch auf Englisch, Französisch und Polnisch lesen oder vorgelesen bekommen.

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Das Internet für Kinder

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Sachbuch

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… Kinder schon immer übers Internet wissen wollten, erklärt Jan von Holleben in seiner bekannten Manier: Fotomontagen aus Bildern von Kindern und diversen Gegenständen ergeben einen Mix, der zum genauen Hinsehen verlockt. Die Texte von Jane Baer-Krause und Kristine Kretschmer tragen Kapitel-Überschriften wie „Unsichtbar, aber genial – Was man im Internet alles findet“ oder „Alles online? – Was das Internet mit uns macht“, sind kurz, schlüssig und leicht verständlich. Sie widmen sich der Geschichte des Internets, seinem heutigen Ausmaß, seinen Vor- und Nachteilen sowie den Gefahren und beschreiben, wie man sie meidet. Ein gelungenes ästhetisches Gesamtkunstwerk.

Vier Mal Internet – und zwar richtig

Sachbuch

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Thomas Feibel beschäftigt sich seit vielen Jahren mit dem Thema „Neue Medien für Kinder“. Diesmal behandelt er scheinbar andere Themen, die jedoch alle mit dem Internet zu tun haben:

„Internet – aber richtig“ warnt und informiert. Unter dem Stichwort „Wissen“ liefert Feibel Fakten, unter dem Begriff „Machen“ beschreibt er, was man tun sollte, und vergisst auch die Nachteile des Internets nicht. Unter „Testen“ kann jedes Kind selbst herausfinden, ob es alles verstanden hat. Witzige Tipps und Fragen verhindern, dass es den Faden verliert.

In „Computer – aber richtig“, „Smartphones – aber richtig“ und „Facebook – aber richtig“ geht es um die Nutzung des Internets – im Guten wie im Bösen. Kurze Texte, witzige Zeichnungen und anregende Tests machen die vier Büchlein zu einem schlüssigen Ganzen – übrigens auch für Erwachsene, die unauffällig etwas lernen können, wenn sie den Kindern über die Schultern schauen.

 

 

Hack’s selbst!

Sachbuch

hacksselbst

Das „Do it Yourself“ für Mädchen, geschrieben von jungen Frauen, behandelt Themen wie „Einen Blog schreiben“ oder „Hacken heißt besser machen“, setzt allerdings gewisse Grundkenntnisse und Erfahrungen voraus. Wer darüber verfügt, lernt, wie man Spielfiguren entwickelt, programmiert, designt und Spielsequenzen vertont. Kurz: das passende Buch für alle, die etwas Eigenes im Netz und für das Netz entwickeln wollen.

Die meisten Autorinnen arbeiten in Projekten und bieten an, über ihre Websites Kontakt aufzunehmen, um mehr über sie zu erfahren. Natürlich profitieren auch kluge Jungs davon. Nur Mut!