Personalschlüsselgespräch

„Person“ ist ein bemerkenswertes Wort. Schon, weil es das einzige weibliche Synonym für Mensch ist, das ich kenne. Das heißt: Als Person ist jeder von uns eine Sie, meine Herren! Im Plural hingegen werden wir alle sächlich, wenn wir zum „Personal“ verschmelzen.

Das Wort kommt übrigens aus dem Etruskischen. Und weil es zunächst wahrscheinlich eine Rolle beim Theater bezeichnete, ist diese Wortklauberei in Form eines munteren Rollenspiels verfasst.

Bühne frei für das Stück „Biggi und Klara – ein Personalgespräch“!

„Kommen hier die Eltern rein?“

„Nee, das ist unser Personaleingang. Personen, die zu Besuch kommen, nehmen rechts die Tür. Wir sind als Personal angewiesen, darauf zu achten, dass keine Fremdpersonen ins Haus kommen. Notfalls lassen wir uns den Personalausweis zeigen. Man kann ja nicht jede Person kennen.“

„Komm, setz dich, hier können wir in Ruhe quatschen.“

„Was ist das für ein Raum? Der sieht ja so unpersönlich aus…“

„Na, das ist unser Personalraum!“

„Habt ihr ein besonderes Konzept?“

„Klar. Bei uns sehen wir die Kinder als eigenständige Persönlichkeiten. Jedes Kind wird hier ungeachtet seiner Person als Persönlichkeit – äh – respektiert. Überhaupt achten wir sehr auf die Persönlichkeitsrechte jedes Menschen…“

„Als da wären?“

„Na, dass die Kinder keine Fotos von anderen Kindern machen dürfen, wenn deren Eltern das nicht wollen…“

„Kann ich persönlich gut verstehen.“

„Wie ist es denn bei euch mit dem Personalmangel?“

„Ziemlich krass. Wir haben gerade einen echten Personalengpass. Zwei Personalstellen sind unbesetzt, und ich hab schon dreimal bei der Personalstelle nachgebohrt. Ohne Erfolg.“

„Die tun nix, solange du denen nicht persönlich auf die Füße trittst.“

„Was Wunder! Die müssen bei Personalmangel nicht als Person geradestehen, wenn was passiert.“

„Und, wie geht es Clarissa? Arbeitet sie noch hier?“

„Psst, psst! Die ist bei uns regelrecht zur Unperson geworden. Oder wie Chefin sagt: persona non grata.“

„Wieso das denn?“

„Na, die hatte so´n persönliches Ding mit der Chefin zu laufen. Im Personalgespräch soll es neulich besonders persönlich zugegangen sein – und die Clarissa hat das natürlich persönlich genommen.“

„Gegenüber so einer Respektsperson wie der Chefin ist das aber unklug. Gab es denn personelle Konsequenzen?“

„Klar. Die musste persönlich beim Personalchef antanzen und bekam einen deftigen Eintrag in die Personalakte. Die wäre sogar geflogen, wenn sich der Pastor nicht höchstpersönlich für sie eingesetzt hätte.“

„Duzt ihr euch eigentlich mit den Eltern?“

„Offiziell verlangt der Träger, dass wir immer in der dritten Person mit den Eltern verkehren. Wir sollen den Job eben von uns als Privatperson trennen. Erst recht seit der Sache mit Julia…“

„Was war denn da?“

„Na, die ist dem Vater von Esmeralda persönlich nähergekommen. Sogar im Dienst!“

„Etwa unter dieser Personaldecke dort?“

„Lach nicht! Unsere Personaldecke ist schon knapp genug, seit die Chefin personelle Konsequenzen gezogen hat. Personalfreisetzung!“

„Oha.“

„So, ich muss dann mal wieder… Tat mir gut, dieses persönliche Gespräch mit dir.“

„Ich bring dich zur Tür. Warte, ich will hier gleich abschließen. Mist! Jetzt hab ich meinen Personalraumschlüssel nicht dabei!“

„Kann nicht jemand anderes zuschließen?“

„Wohl kaum. Außer mir sind nur die Praktikantin, Hedda vom Küchenpersonal und diese Kollegin von der Personalagentur da. Aber wer nicht zum Personal zählt…“

„Kriegt auch keinen Personalraumschlüssel?“

„Bingo!“

Michael Fink ist Autor und Fortbildner.

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