wamiki veröffentlicht den Brandbrief von Jasmin Lachmann, 33 Jahre, Facherzieherin für Integration:
„Sehr geehrte Damen und Herren,
während wir Erzieher* schon lange vor den verheerenden Folgen der Corona-Pandemie auf uns aufmerksam machten, blieb dieses bisher fast unbeachtet. Die nun publizierten Zahlen der AOK zeigen, dass Erzieher eine doppelt so hohe Wahrscheinlichkeit haben, an Corona zu erkranken wie andere Berufsgruppen. (Mehr Infos hierzu z.B. unter: Corona-Studie der AOK: Erzieher und Betreuer am häufigsten an Covid-19 erkrankt sowie Krankschreibungen wegen Covid-19 | Aktuelles | WIdO – Wissenschaftliches Institut der AOK)
Ich möchte Sie eindringlich bitten, den folgenden von mir verfassten Brandbrief zu lesen und uns Erziehern zu helfen. Wir schaffen das nicht alleine.
Mit freundlichen Grüßen Jasmin Lachmann, Facherzieherin für Integration
Brandbrief einer Erzieherin
Ob ich eigentlich verrückt sei, meinen alten Job als Fernsehjournalistin an den Nagel zu hängen, um Erzieherin zu werden, fragten sie mich. Und ganz ehrlich: Inzwischen frage ich mich das manchmal auch. Bevor ihr mich missversteht: Ich frage mich das nicht etwa, weil ich meinen Beruf nicht mag. Im Gegenteil. Ich liebe ihn. Ich liebe ihn sogar so sehr, dass es unglaublich schmerzt, überhaupt darüber nachzudenken, ihn aufzugeben. Aber manchmal kann ich einfach nicht mehr.
Und damit bin ich nicht alleine. Ich bin ausgebrannt, kaputt, überarbeitet. Vor allem aber bin ich frustriert. Dass Erzieher* weder ein hohes Ansehen genießen noch ein gutes Gehalt bekommen, war mir schon vor Beginn der Ausbildung bewusst. Schnell erlebte ich, dass die Wertschätzung noch geringer ist als gedacht. – Das ist traurig, aber irgendwie okay.
Nicht okay hingegen ist, dass meine Kolleg*innen und ich zwar dringend gebraucht, aber herzlos behandelt werden.
Ehe hier jetzt Eltern, die um ihre Existenz fürchten, aufhören zu lesen, hier ein kurzer Spoiler: Ich bin NICHT für radikale Kita-Schließungen. Aber ich bin für funktionierende Konzepte, die gemeinschaftlich umgesetzt werden können.
Ich will ehrlich sein: Als Covid19 erstmalig auftauchte, hatte ich Angst. Große Angst. Ich hatte Sorge, dass meine Lieben oder auch ich daran sterben könnten. Als die Kitas im März schlossen, war ich froh und – auch da will ich ehrlich sein – ich gehörte anfangs zu den Leuten, die auf gar keinen Fall in der Notbetreuung arbeiten wollten. Musste ich natürlich trotzdem. Das ist in Ordnung, das ist mein Job. Und wirklich: Eigentlich mache ich das ja gerne, weil ich Familien gerne unterstütze. Auch – oder besonders – in schwierigen Zeiten.
Nicht in Ordnung aber ist, was daraus gemacht wurde:
Seit Beginn der Corona-Pandemie arbeiten wir völlig ohne Schutz und ohne die Möglichkeit, Abstand zu halten. „Meine“ Krippen-Kinder sind ein Jahr alt. Es erschließt sich hoffentlich jedem von selbst, dass es hier weder möglich noch sinnvoll ist, auf Abstand zu gehen. Selbstverständlich gebe ich den Kindern und auch ihren Familien nach wie vor die Geborgenheit, die sie brauchen. Ich lache, ich singe, ich spiele, ich tröste. Ich wickel, putze Nasen und helfe dabei, das selbstständige Essen zu erlernen. Mehrmals in der Stunde werde ich dabei angeniest und angehustet. Mit einem Kind zu kuscheln ist für mich noch immer ebenso selbstverständlich wie vor der Pandemie.
Dass große Menschenansammlungen und Treffen ohne Abstand zu vermehrten Infektionen führen, dürfte inzwischen jeder wissen. Nein, da kann ich den Konjunktiv vernachlässigen. Es weiß jeder. Wirklich jeder. Ich habe niemanden getroffen, der es nicht wusste. Und jeder, der schon einmal eine Kita von Innen gesehen hat, weiß auch, dass hier viele Haushalte ohne Abstand aufeinandertreffen.
Wiesen Erzieher*innen von Beginn an auf die Gefahr, welcher sie sich täglich aussetzen, hin, wurde dieses stets abgetan. Es hieß, Kitas seien keine Infektionsherde. Noch heute früh las ich, dass Frau Giffey mal wieder sagte, wir müssten die Kitas so schnell wie möglich wieder öffnen.
Sicher müssen wir das. Aber mit Hilfe von allen. Es kann nicht sein, dass wir Erzieher* der Situation einfach ausgeliefert werden. Wenn ich darüber nachdenke, was seit Beginn der Pandemie zum Schutz der Erzieher* getan wurde, dann muss ich leider sagen: Nicht viel. Ich muss wirklich darüber nachdenken, weil mir nichts so wirklich einfallen will. Meinem Träger mache ich da keinen Vorwurf. Dieser wird da von der Politik ebenso im Regen stehen gelassen. Aber ich mache all den politischen Entscheidungsträgern einen drastischen Vorwurf: Ihr nutzt uns als Kanonenfutter. Tut endlich etwas dagegen!
Wir brauchen Schutz im Sinne von ausreichend Hygieneprodukten wie Handschuhe und Desinfektionsmittel. Noch immer ist das nicht überall ausreichend vorhanden. Wir brauchen portable Plexiglasscheiben für dringend notwendige Elterngespräche. Wir brauchen (mehr) Masken. Wir brauchen funktionierende Hygienekonzepte (zu sagen, dass Erzieher einfach mehr putzen sollen, ist kein Konzept!) und dafür entsprechendes Personal. Wir brauchen die Unterstützung der Familien, die sich überlegen, ob ihr Kind gerade wirklich ganz dringend in die Kita muss.
An dieser Stelle sei kurz eingeschoben: Für mich hat jedes Kind ein Recht auf Förderung. Und ich möchte diesem auch gerecht werden. Mir ist auch bewusst, dass Kindern die sozialen Kontakte fehlen und dass es Kinder gibt, die „Zuhause dringend raus“ müssten. Ich wäre keine gute Erzieherin, wenn mir all das nicht bekannt wäre. Und auch hier schmerzt es, überhaupt darüber nachdenken zu müssen. Aber wir brauchen Hilfe. Wir können das nicht alleine stemmen und wir können nicht alleine dafür verantwortlich sein. Nicht die Kitas müssen fehlende Homeoffice-Möglichkeiten oder mangelnde Versorgung der Familien durch staatliche Systeme auffangen. Der Staat muss hier helfen. Und eben auch jeder Einzelne.
Ich erwarte von niemandem, seinen Job aufzugeben, um das Kind nicht in die Kita zu schicken. Ich erwarte ebenso wenig, dass jeder, der im Homeoffice arbeitet, sein Kind nicht in die Kita bringt. Und ich erwarte auch nicht, dass Kinder, deren Eltern Zuhause sind, nie wieder in die Kita kommen. Besonders Kinder mit (wesentlich) erhöhten Förderbedarfen dürfen wir bei all diesem nicht vergessen. Aber bitte: Vergesst auch uns nicht.
Vergesst mich nicht.
Falls dir das bisher alles zu anonym war: Ich heiße Jasmin. Ich bin 33 Jahre alt und Facherzieherin für Integration in Berlin. Ursprünglich komme ich aus Bremen. Ich singe und lache gerne. Ich häkel und habe mir in diesem Jahr das Nähen beigebracht. Ich habe zwei Schwestern, tolle Schwager, drei Neffen und eine Nichte. Ich habe Eltern, die ich in diesem Jahr viel zu selten gesehen habe.
Ich tobe gerne mit Kindern durch den Matsch, zähle Kastanien am Boden oder klettere das fünfundneunzigste Mal am Tag ein Klettergerüst hoch. Ich tanze mit den Kindern durch den Regen, baue Höhlen und gehe mit ihnen (wie auf dem angehängten Foto) gemeinsam ernten. Manchmal rede ich zu viel und manchmal weine ich zu schnell. In diesem Jahr habe ich sehr oft geweint.
Ich bin mir unglaublich alleine gelassen vorgekommen. Nein, eigentlich komme ich mir noch immer so vor. Und verarscht. Es tut mir Leid, dass ich dieses Wort wählen muss, aber genau das ist es. Ich komme mir verarscht vor.
Wisst ihr, ihr könnt gerne sagen, dass ihr keine bessere Lösung habt. Das wäre wenigstens ehrlich. Zwar wäre es dann ebenso schlimm wie zuvor, aber immerhin ehrlich. Ich komme mir vor, als würde man mir sagen wollen: „Ja, ich weiß, dass wir euch opfern. Aber diese Wahrheit verdienst du nicht.“
Na, kurz die Stirn gerunzelt, warum ich so übertreibe? Nun. Inzwischen bin ich recht zuversichtlich, dass ich nicht daran sterben werde. Vorsichtig bin ich trotzdem. Von Vorsicht seitens der Politik kann indes in Bezug auf die Kitas keine Rede sein. So befürchte ich, dass trotz des längst überfälligen und dann heute endlich erbrachten Beweises, dass Erzieher sich deutlich häufiger mit Corona anstecken als andere Berufsgruppen, dieses keinerlei weitere Beachtung findet und die Kitas wie geplant zum Regelbetrieb zurückkehren sollen.
Aber hey, gerne nochmals: Auch ich bin ein Mensch. Ich bin kein Roboter, der funktioniert, wie ihr euch das wünscht und der sich nicht anstecken kann, weil er nicht mehr als eine Blechdose ist. Ich bin mehr. Und ich bin auch mehr wert.
Ich bin es wert, dass ihr mir Wertschätzung entgegen bringt. Ich bin es wert, dass ihr ehrlich seid. Ich bin es wert, dass sich jeder überlegt, ob sein Kind gerade wirklich ganz dringend in die Kita muss oder ob es zu Zeiten der Pandemie nicht vorübergehend auch anders geht. Seltener zum Beispiel. Oder kürzer. Oder wie auch immer.
Ich bin es wert, dass ihr Danke sagt und es auch so meint. Ich bin es wert, dass ihr nicht vergesst, dass ich mich um das Wertvollste kümmere, was es gibt: Um eure Kinder und unsere Zukunft.“
Auch wenn ich die Brisanz ganz nachvollziehen kann – Mit dem Brandbrief kann ich nicht so ganz konform gehen. Als Trägerin von zwei Kitas in Hamburg sehe ich natürlich auch die Ambivalenz und auch das Dilemma, in dem wir alle stecken.
Bei uns konnten alle Kolleg:innen von Anfang an, Masken tragen. Das Hygienekonzept wurde angeglichen, mit den Eltern kommuniziert und auch unser Konzept wurde verändert. Wir haben unser Außengelände ausgebaut und überdachte Räume im Freien erstellt. Ein wenig durch Finanzspritzen der Stadt, durch von uns beantragte Sondermittel aus Bezirksmitteln und aus dem eigenen Etat. FFP2 Masken gibt es aus HH und vom Verband (nicht unzählig viele – aber nicht alle Kolleg:innen möchten Maske tragen).
Das Tragen von Masken im Gruppendienst haben auch wir am Anfang kategorisch abgelehnt, inzwischen haben wir gemerkt, dass es der Bindung und Beziehung keinen (so nehmen wir es jedenfalls wahr) Abbruch tut. Die meisten Krippenkinder haben in ihrem (Er)Leben mehr Erfahrungen mit Masken gemacht als ohne Masken. Sie orientieren sich auch an Augen, Stimme, Habitus und ritualisierten Abläufen. Auch die Eingewöhnungen seit März laufen gut und ohne Probleme mit Maske bei Fachkräften und Eltern. Nicht jede Kollegin möchte diese tragen – das ist jeder Person frei gestellt. Im Umgang miteinander tragen wir alle Masken und halten ansonsten weitestgehend den Abstand.
Im Elementarbereich sind die Kinder ganz offen, kennen das Tragen von Masken, können kognitiv damit ganz gut umgehen und erleben seit 10 Monaten, dass Menschen die Maske tragen, trotzdem zugewandt und verbindlich sein können. Im Abstand mit den Kindern ziehen die Kolleg:innen die Masken unters Kinn und die Kommunikation geht dann auch ohne MNS.
Wir sind überzeugt davon, dass das Tragen von Masken uns noch lange begleiten wird, daher sehen wir dieses Vorleben auch als Vorbereitung für die Schule und das alltägliche Leben.
Das Händewaschen in der Kita ist den Kindern schon in Fleisch und Blut übergegangen.
Wir betreuen zwar nur 66 Kinder mit 16 Mitarbeiter:innen – doch bisher – toi toi toi – war noch keine MA infiziert. Fast alle waren mind. 1x zum Test (HH bietet Fast Track Corona Tests an) oder sind vorsorglich zu Hause geblieben, weil es Halsschmerzen oder Husten gab (da sind wir ein wenig fürsorglicher mit uns umgegangen als bisher).
Ich habe keine Lösung, wie für noch mehr Sicherheit durch die Politik gesorgt werden kann. Ich denke, dass auch Träger dafür verantwortlich sind, für die Sicherheit zu sorgen und ich bin auch der Meinung, dass jede Fachkraft mit dafür verantwortlich sein kann, sich selbst zu schützen, in dem Masken getragen werden. In meiner Zeit in einem Kinderkrankenhaus haben einige Kinder lange lange Zeit in der Onkologie verbringen müssen – immer mit Maske – das medizinische Personal hat es immer geschafft, gute Beziehungen zu den Kindern herzustellen, zu halten und Vertrauen aufzubauen. Ich bin zuversichtlich, dass wir es schaffen. Daher war es mir auch wichtig, dass die Zahlen der AOK genauso übersetzt werden: Es sind keine Zahlen ausschließlich von infizierten und erkrankten Fachkräften – sondern Zahlen über coronabedingte Fehlzeiten, die sich eben nicht nur auf das Worst case beziehen. Leider wird es keine 100%ige Sicherheit geben können – trotzdem denke ich, dass wir zuversichtlich sein dürfen, dass wir „gut“ durch die Krise kommen können und dabei den Kindern auch gute Vorbilder sein können, wie man mit Stress, neuen Situationen und Ungewissheit umgehen kann. Leider gibt es in dieser Pandemie viele Berufsfelder, die wenig gesellschaftliche und politische Anerkennung erhalten – trotzdem sie für das System Gesellschaft relevant sind. Unabhängig von der Pandemie braucht es eine Aufwertung in vielen Punkten.
Hallo Kerstin, zuerst einmal finde ich es toll, dass ihr Möglichkeiten gefunden habt, euer Gelände auszubauen und somit für längere Außenaufenthalte atraktiver zu machen. Wo immer das möglich ist, top!
Auch mit dem Händewaschen gehe ich vollkommen mit dir konform. Auch wenn das Teufelchen auf meiner Schulter sich da immer wieder sarkastisch zu Wort meldet und anmerkt, dass es sich hierbei nicht um ein innovatives, neues Hygienekonzept, sondern eigentlich um eine Selbstverständlichkeit handelt. Geboren in den 70ern wurde mir immerhin bereits von meiner Oma eingebleut: „Nach dem Klo und vor dem Essen Pfoten waschen nicht vergessen!“ Und dass man sich besser auch die Hände wäscht, wenn man draußen alle möglichen Dinge angefasst hat, setze ich eigentlich auch als bekannt voraus.
Kontrovers denke oder eher etwas verwirrt bin ich bei deinen Ausführungen zur Maske. Über welche Masken sprechen wir?
Ganz allgemein gesprochen sehe ich Probleme beim Maskentragen eher weniger auf Seiten der Bindung, denn viel mehr im Bereich der Sprachförderung, des Spracherwerbs. Mimik und Mundmotorik fehlen, die Phonetik leidet. Aber das nur so am Rande. Mir ging es ja um die Frage nach der Art der Maske, die du und deine Kolleginnen tragen. Einerseits sagst du, ihr zieht die Maske nur auf, wenn ihr im Nahbereich arbeitet (was für eine Stoffmaske/Alltagsmaske spricht), andererseits sprichst du den Selbstschutz der Kollegen an (der laut RKI nur mit FFP2-Masken zu bewerkstellen ist).
Die Alltagsmasken sind bekannterweise dazu da, um andere zu schützen. Sie reduzieren deine „feuchte Aussprache“ und verlangsamen den Luftstrom, so dass sich die Aerosole nicht so massiv verbreiten. Ihr schützt also mit Alltagsmasken die Kinder vor euren Keimen, nicht anders herum. Das ist natürlich auch ein lohnenswertes Ziel, aber hier ging es dir ja um Erzieherschutz, oder? ;). Bleiben FFP-Masken. Und da sehe ich Probleme praktischer Art.
Da das Tragen einer FFP2 Maske nur Sinn macht, wenn man eine Kontamination der Innenseite vermeidet, müssten die Kollegen die Maske schon dauerhaft tragen, bzw. nur außerhalb der Gruppenräume abnehmen. Trage ich sie wie eine Stoffmaske z.B. am Handgelenk und setze sie nur bei Bedarf aufs Gesicht, ist die Innenseite der in der Luft befindlichen Aerosole ausgesetzt und die Maske wird wirkungslos (so wird ja auch keine Krankenschwester innerhalb des Patientenzimmers die Maske abnehmen oder wechseln). Dann ist aber nach spätestens 2,5 Std. eine Erholungspause von 0,5 Std laut Arbeitsschutz notwendig und das können zumindest wir personell gar nicht wuppen. Also fällt effektiver Eigenschutz durch Masken tragen doch irgendwie wieder flach.
Nun habe ich generell wenig Gesundheitssorgen. Meine fünf Kinder besuchen vier verschiedene Schulen und mein Großer zieht als Handwerkerlehrling das Jahr hindurch trotz Corona im wahrsten Sinne des Wortes durch die Häuser der näheren und weiteren Nachbarschaft. Da wird man notgedrungen gelassener im Umgang mit Corona und der immerwährenden Quarantänedrohung, die aufgrund unserer vielen Zwangsaußenkontakte doch immer über uns schwebt.
Aber ich habe vollstes Verständnis für die Kollegen, die größere Ängste haben (z.T. aufgrund ihrer gesundheitlichen Vorgeschichte) und finde es wichtig, dass sie endlich gehört und ernst genommen werden. Es kann doch nicht sein, das unsere Risikogruppenangehörigen immer noch Dienst am Kind machen müssen, weil der Träger ein Schreiben der Betriebsärztin noch aus dem Juni hochhält, demzufolge kein erhöhtes Risiko bei der Arbeit besteht. Im Juni mag das richtig gewesen sein, aber heute? Und veräppelt fühle ich mich auch, wenn in meiner Arbeitsplatz-Risikoanalyse steht, es sei ohne Probleme möglich, zu anderen Personen zwingend 1,50 m Abstand zu wahren. Kinder zählen offenbar nicht als „Person“. Aber was sind sie dann?
Daher unterstütze ich den Brief, auch wenn er sehr einseitig auf Berliner Bedingungen gemünzt ist ;).
Man sollte eventl nicht unerwähnt lassen, dass Bildungspolitik Ländersache ist und jedes Kultusministerium sein eigenes Süppchen – Verzeihung Hygienekonzept braut.
Meines findet z.B. dass alle 20 min. für 5 min Querlüften (also Durchzug) auch schon den Krippenkindern gut tut. Singen in Innenräumen dagegen ist untersagt, da die Atemluft dabei zu weit in den Raum gestoßen wird. Ich sollte mich wohl geehrt fühlen, dass man mir ein derartiges Stimmvolumen überhaupt zutraut und fühle mich seitdem ein bißchen wie Beyonce. 🙂
Vorweg, ich bin selbst Erzieherin. 15 Jahre habe ich in der Kita gearbeitet.
Ausgebrannt, nachdem die Ausbildung 2019 abgeschlossen wurde? (Steht nicht im Text, ist aber bekannt)
Sorry aber genau solche KollegInnen machen es dann sehr schwer, den Alltag
zu gestalten. ErzieherIn sein ist halt nicht nur durch Pfützen hüpfen.
Den angenehm persönlichen und ausdrucksstarken Artikel und die Leserbriefe habe ich mit Interesse gelesen. Und ich frage mich nicht zum ersten Mal: Was sagt es eigentlich über Erzieher*innen als Berufsgruppe aus, wenn in den vielen offenen Briefen so oft militärisches Vokabular verwandt wird? Mal ist von „Kanonenfutter“ die Rede, mal heißt es, wir würden an „vorderster Front“ stehen oder gar „verheizt werden“… Ich habe zahlreiche offene Briefe von Erzieherinnen aus Krippen und Kitas gelesen und frage mich, was die in anderen Bereichen tätigen Erzieher der Öffentlichkeit zu sagen haben. https://www.erzieherin.de/wie-soll-es-weitergehen-in-den-kitas-und-anderen-berufsfeldern-in-denen-erzieher*innen-arbeiten.html Als Springerin habe ich mit Kindern und Jugendlichen gearbeitet und ehemalige Kollegen aus beiden Bereichen haben mir berichtet, dass die Regeln nicht konsequent eingehalten werden. (Das führt zu enormen Anspannungen!) – Warum trauen sich Fachkräfte nicht in Scharen, genau das auch einmal zur Sprache zu bringen? Es reicht nicht, in Briefen vor allem zu bekunden, wie lieb, engagiert und hilfsbedürftig Erzieherinnen sind. Durch die veränderten Konditionen gibt es momentan erfreulich wenig Infektionen mit banalen Erkältungsviren. Mehr Hygiene und weniger Kinder im Gruppenraum bewähren sich. – Doch der Schutz der Betreuenden vor COVID ist weiterhin unzureichend. Masken verrutschen schon mal oder liegen nicht eng genug an und die Zeitdauer, in der die Viren eingeatmet werden können, spielt auch eine Rolle. Die Aerosolbelastung im Klassenzimmer oder Gruppenraum hängt stark vom Standort der Einrichtung ab. Um Erzieher an Brennpunktschulen und in Brennpunktkitas besser zu schützen, müsste man für sie und die zu betreuenden Kinder für besonders viel Platz und besonders viele Betreuer sorgen.