Meine Woche drin: 7-Tage-Märchen, Sprach-Spiel und Bilder-Buch

Eine Woche drin- Pappbuch und Masken von Nadia Budde

Meine Woche drin: Budenstoffel und Heimpantoffel, Scheunenstrolch und Polstermolch? Vorhangbeißer und Sesselreißer? Nadia Budde hat einen 7-Tage-Comic zum Ausnahmezustand für Kinder, Erzieher*innen, Lehrer*innen, Familien gezeichnet. Wie wir “drinnen” in neue Daseinsformen wechseln, kannst Du in der neuen wamiki und im neuen Bilderbuch entdecken und selbst mit den Kindern gestalten:

Wie sieht Eure Zeit drinnen aus? Schickt uns Eure Woche drin…
Zum Beispiel als: Türbuch, Zeichnung, x-Tage-Märchen, Sprach-Spiel, Tagebuch, Minifilm, Podcast … Wie das geht?
Hier ein paar Tipps:

Meine Woche drin … als Türbuch

Material: Papierbögen (DIN A4, weiß oder farbig) zum Herstellen der Klappbücher, Stifte und Zeugs zum Gestalten

So geht’s:
Ein längs halbierter DIN A4-Streifen wird zum Klappbuch gefaltet und außen mit einem Türmotiv versehen. Die Tür kann nun auf-und zugeklappt werden. Was wird wohl dort sein? Hinter der Tür? Wer lebt dort? Öffnet die Tür und malt/schreibt die Geschichte auf…

… als Hausbuch

Material: Zeichenkarton (DIN A4, weiß oder farbig) zum Herstellen der Klappbücher, Stifte, Schere und Zeugs zum Gestalten

So geht’s:
Ein längs halbierter DIN A4-Karton wird zum Klappbuch gefaltet, so dass er sich in der Mitte aufklappen lässt. Im oberen Drittel wird die Dachform geschnitten: schräg, rund, mit Turm oder ohne…
Außen kann die Hausfassade mit Fenstern, Haustür, Dach gestaltet werden. Das Papierhaus kann auch ein Papierschloss sein – mit Schlosstür, Turmspitzen… In das Innere des Hauses/Schlosses wird die Geschichte gemalt/hineingeschrieben.
Zum Beispiel als

… 5-Sätze-Märchen

Zuerst werden dafür Wörter eingesammelt, aus denen die Kinder die Geschichte bauen. Wörter sind die Baumaterialien aller zu schreibenden Geschichten. Die eingesammelten Wörter werden in die beiden Flügeltüren innen gemalt/notiert:
Auf die linke Innenseite drei bekannte Hausbewohner*innen (oder Märchenfiguren).
Zum Beispiel: Mama, Bruder, Hund…

Auf die rechte Innenseite werden die Namen von 13 Dingen geschrieben, die die Kinder entweder in dem Raum, in dem sie sich gerade befinden, vorfinden oder die sie an einem anderen Ort einsammeln können (Wörter aus der Küche, Wörter aus dem Kinderzimmer, Wörter aus dem Bad…) Also zum Beispiel Küchenwörter: Nudeln, Marmelade, Honig, Besen, Schokolade, Apfel, Kochbuch, Rezepte, Eis …

Auf die Mittelseite des Klappbuches innen kommen dann die fünf Sätze der Geschichte:

Ein einfaches Baumuster kann sein:

  1. Satz: Die Hauptfigur entsteht. Dazu wird jeweils ein Wort von den zwei Außenseiten zusammengesetzt: Es war einmal eine Schokoladenmama…
  2. Satz: Lieblingsbeschäftigung der Hauptfigur: Am liebsten kochte die Schokoladenmama Nudeln mit Marmelade…
  3. Satz: Besuch kommt. Dazu wird jeweils ein Wort von den zwei Außenseiten zusammengesetzt: Eines Tages klopfte es und der Apfelhund saß vor der Tür…
  4. Satz: Was für ein Geschenk bringt der Besuch mit? Er brachte ein selbstgemaltes Kochbuch mit…
  5. Satz: Was passiert nun? Seitdem sitzen sie zusammen und lesen sich Rezepte vor…

… als Sprachspiel und Tagebuch

In Nadia Buddes Pappbilderbuch “Eine Woche drin” dreht sich alles um das Spiel mit der Sprache, konkret um das Erfinden von neuen Wörtern und das Reimen.
Material: Zeichenkarton (DIN A4, weiß oder farbig) zum Herstellen der Zieharmonika-Bücher, Stifte, Schere und Zeugs zum Gestalten

So geht’s:
Ein DIN A4-Blatt längs halbieren und auseinanderschneiden. Den Streifen einmal in der Mitte falten und wieder aufklappen. Den Streifen nun von beiden äußeren Seiten bis zur Mitte falten. Das Buch als Zieharmonika legen.
Zuerst wird Nadias Buch vorgelesen… und eingehend betrachtet. Beim mehrmaligen Vorlesen kann das Reimwort weggelassen werden, sodas die Kinder das fehlende Reimwort erraten können. Nun können Kinder eigene Wortschöpfungen und Reime erfinden. Das Spiel heißt: Wesen… aufwecken, die in der Geschichte, im Reim mitspielen.

In jedem Raum gibt es viele Dinge. Sichtbare Dinge wie zum Beispiel Wand, Tür, Fenster, Stuhl, Lampe, Tisch, Couch und unsichtbare, verborgene wie zum Beispiel Schätze in den Hosentaschen, Schubladen …
Diese zufällig vorhandenen Dinge können Kinder mit den Augen ablesen. Die Suchaufgaben können variiert werden. Zum Beispiel können Kinder nach großen oder kleinen, spitzen oder runden, blauen oder grünen Dingen suchen und Wörter zusammenstellen. Dieses Spiel verbindet bewusstes Wahrnehmen mit dem sprachlichen Artikulieren. Wahrnehmen und Benennen gehören zu den Grundübungen der Kopfgymnastik, mit denen jedes Schreibspiel beginnen kann… Hierbei werden die fünf Sinne der Wahrnehmung sensibilisiert.
Was ist das, und wie heißt das, was ich gerade sehe, rieche, schmecke, höre, taste? Die Dinge bekommen einen Namen: ein Wort, das ausgesprochen oder auch aufgeschrieben oder ins Bild gesetzt wird. Aus den Dingen und Figuren lassen sich zusammengesetzt wunderbare neue Wörter schöpfen. Ein unendliches Spiel…

Das Pappbilderbuch von Nadia Budde gibt es im wamiki-shop. Es kostet einzeln 12 Euro, im Set mit Maske (Unikat): 20 Euro, zzgl. Versand, zu bestellen hier.

wamiki-Tipp für Grundschulen:
Eva Maria Kohl, Michael Ritter: Schreibszenarien: Wege zum konstruktiven Schreiben in der Grundschule. Klett/Kallmeyer, 4.Auflage 2019, ISBN 978-3-7800-1050-6

Lyrik-Comics

Kinderbuch

Mit dieser Sammlung ist der Herausgeberin Stefanie Schweizer ein kleines Meisterwerk gelungen. 19 Gedichte von modernen, aber auch kanonisierten Lyrikerinnen und Lyrikern wie Mascha Kaléko, Christian Morgenstern oder auch Joachim Ringelnatz werden in Form von Comics stimmig und überraschend neu interpretiert. Das kann wie bei „Der Ausschnitt“ von Sarah Kirsch mit Panel und Sprechblase oder wie bei „das wuuhuu“ von Arne Rautenberg experimentell in großformatigen Bildern über mehrere Doppelseiten erfolgen. Dabei überzeugt jedes Gedicht mit einem eigenen Farbkonzept, das sich auch in den Comics wiederfindet. Abwechslungsreich wird die gestalterische Bandbreite von neun Illustratorinnen und Illustratoren gezeigt, die sich auf das Experiment Lyrik-Comics eingelassen haben. Elf der 19 Werke finden zudem eine musikalische Umsetzung mit Akkordeon, Cello und jeder Menge Spaß. Mal erinnern die Vertonungen an französische Chansons, dann an hemdsärmelige Seemannslieder oder sie sind ganz zart und zerbrechlich. Wer sich einen Eindruck von den klangvollen Adaptionen machen möchte, findet die Stücke auf der Website des Verlages unter www.beltz.de/lyrikcomics. Dieses innovative Gesamtkunstwerk macht spielerisch Lust auf Lyrik zum Anfassen und Erleben. Ab 6. Nominiert für den Deutschen Jugendliteraturpreis 2020.

Meer!

Bilderbuch

In diesem Bilderbuch geht es um das Meer als Lebensraum und Lebensquelle für die großen und kleinen Tiere, unter und über Wasser – und für uns Menschen: als Ferienziel, als Ort für Sport und Erholung, für Arbeit und Geschäfte. Jede Doppelseite präsentiert einen neuen Blickwinkel auf und in die faszinierende Wasserwelt. Aber es ist kein Sachbilderbuch im herkömmlichen Sinn. Eher ist es ein Mitmach-Bilderbuch mit vielen Anregungen zum entdeckenden Lernen und ebenso vielen Leerstellen. So wird das Buch durch das gestaltende Kind erst vollständig. Es lässt Raum für die Vorstellungskraft und dafür, sich alles, was über das Meer erzählt wird, zu eigen zu machen. Es wird so viele unterschiedlich gestaltete Bücher geben wie Kinder, die es besitzen.

Piotr Karskis grafische Illustrationen in den frischen Farben Blau, Weiß und Korallenrot wechseln von fast ornamentaler Gestaltung detailgenauer Kleinigkeiten über klare, reduzierte Sachlichkeit zu großen freien Flächen, welche nur mit Andeutungen arbeiten, die sich als Inspiration für eine eigene Idee des Kindes anbieten. Das raumgreifende Querformat mit offener Fadenbindung, hochwertigem Papier und harmonisch wirkender Farbgestaltung bietet die ideale Plattform für Piotr Karskis Aufforderungen an Kinder. Marlena Breuer hat das Buch ins Deutsche übersetzt. Ab 7 Jahre. Nominiert für den Deutschen Jugendliteraturpreis 2020.

Ausflug zum Mond

Bilderbuch

Bei einem Ausflug zum Mond verpasst ein Kind den Abflug und findet sich plötzlich alleine wieder. Wenig beunruhigt greift es nach seinen Malsachen und bemerkt zunächst nicht die grauen Mondwesen, die von überallher aus dem Staub auftauchen und das malende Kind bestaunen. Über das Bild eines bunten Regenbogens schließen beide Seiten vorsichtig Freundschaft, malen wenig später gemeinsam und mit wachsendem Vergnügen auf die Mondsteine. Immer bunter wird die graue Landschaft.

Endlich kommt das Raumschiff zurück, der aufgeregte Erwachsene kann das Kind in die Arme schließen – und es dann für die bunten Graffitis rügen. Die Mondwesen im Staub bemerkt er nicht. Der Mond wird gesäubert, die Menschen verschwinden. Zurück bleiben die Mondwesen, die jeder einen bunten Stift behalten haben. Dem Kind bleibt nur ein grauer Malstift – und mit dem malt es im Raumschiff seine neuen Freunde.

Das mit 48 Seiten recht umfangreiche und mit hohem Schwarzanteil versehene Bilderbuch verzichtet auf Worte. Das Kind kann sowohl Junge als auch Mädchen sein. Obwohl man wegen des Mondhelms keinerlei Mimik erkennen kann, ist doch die Körperhaltung so aussagekräftig, dass die Betrachter genau verstehen, wie sich die Akteure gerade fühlen. Humorvoll, spannend, hintergründig und ein wunderbarer Erzählanlass – ein wahrhaft grandioses Buch! Ab 4 Jahren. Nominiert für den Deutschen Jugendliteraturpreis 2020.

Sabber Schlabber Kussi Bussi

Bilderbuch

Die fünfeinhalbjährige Emma mag das vertraute Knuddeln mit ihren Eltern, die sich weich wie Pelztiere anfühlen und nach Schnee und Honig duften. Wenn aber die Verwandtschaft zu Besuch kommt, nach Mottenkugeln, Moder oder Muscheln müffelnd dem Kind auf die Pelle rückt, dann ist das Geküsse und Geschlabber eine ekelhafte Zumutung. Doch Emma hat Glück! Titan zieht ein, ein riesengroßer, freundlich-zärtlicher Hund mit ungestüm-überschwänglichem Besucherbegrüßungsverhalten. Er saust künftig ganz nach vorne, wenn der Besuch anrückt und schlägt die Bagage mit seinem Gesabber in die Flucht. Emma braucht nichts mehr zu fürchten.

Eine Geschichte, die Kinder ermutigen kann, über distanzlose Erwachsene zu sprechen. Die polnische Illustratorin Kasia Fryza hat diese Geschichte gefühlvoll bebildert: Proportionen und Bewegungsdarstellung wecken Mitgefühl, der reduzierte grafische Stil schafft jedoch gleichzeitig Distanz in beklemmenden Szenen und hat Witz. Der Text in Übersetzung von Stefanie Kuballa-Cottone hat in seiner typografischen Umsetzung eine zentrale Rolle im Bildaufbau. Ab 3. Nominiert für den Deutschen Jugendliteraturpreis 2020.

Perspektivwechsel für mehr Lebenslust

Gehen Sie an die Schaltstelle der Macht: in Ihren Kopf.

Wir sehen die Welt nicht, wie sie ist, sondern wie wir sind. Die meisten Dinge, die uns den Alltag vernebeln, vermiesen oder vermasseln, existieren nur in unseren Köpfen. Da aber haben sie sich gut verankert und nehmen uns die Sicht auf das, was das Leben leicht und lebenswert macht. Bis Leander Greitemann mit Ihnen den Nebel wegpustet.
Wechseln Sie zwanzigmal die Perspektive. Mit Denkanstößen und Geschichten. Mit Praxistipps und Humor. Mit Philosophie und Psychologie. Und ohne Ausreden!
Andere können wir nicht verändern – und manche Situationen auch nicht, auch wenn wir das ziemlich oft versuchen. Uns selbst hingegen schon. Mit einem Buch, das uns bewusst macht, was wir eigentlich schon wissen: Machen ist wie wollen – nur krasser!

Leander Greitmann
Unfog Your Mind
Perspektivwechsel für mehr Lebenslust und LeichtSinn
224 Seiten, gebunden
verlag hermann schmidt, Mainz 2020
ISBN 978-3-87439-933-3
27 Euro

Lebenswerk

Gute-Nacht-Lektüre

Mutterschaft ist eine paradoxe Erfahrung, zugleich prosaisch und rätselhaft, monoton und bizarr, komisch und katastrophisch. Mutterschaft bedeutet, die Hauptrolle in einem dramatischen Schauspiel menschlicher Existenz zu spielen, zu dem allerdings kaum Zuschauer erscheinen. Es ist ein Prozess, in dem sich ein gewöhnliches Leben in ein Chaos aus mächtigen Leidenschaften verwandelt.

Rachel Cusk erzählt ein Jahr aus ihrem Leben als Mutter, und ihr Bericht wird zu vielen Geschichten – zu einem Abgesang auf Freiheit, Schlaf und Zeit, zu einer Lektion in Demut und harter Arbeit, zu einer Reise zu den Urgründen der Liebe, zu einer Mediation über Wahnsinn und Sterblichkeit und zu einer éducation sentimentale über Babys, Stillen, schlechte Ratgeberbücher, Krabbelgruppen und Schreiheulen. Und darüber, niemals, niemals einen Moment für sich selbst zu haben.

 

Nein sagen

Ein Bilderbuch in 49 Sprachen

Im wamiki-Gespräch erzählt Silvia Hüsler über ihr neues Bilderbuch „Der Fuchs ruft NEIN“ und die Lust, ganz laut NEIN! zu schreien – auf Albanisch, Sorbisch, Hebräisch…

Wenn man das Buch nicht kennt, könnte man denken: Warum ruft der Fuchs nicht JA?

Weil NEIN so ein tolles Wort ist! Und weil es einfach ein Genuss ist, wenn man mal NEIN sagen kann.

Da sich das Buch ja eher an kleine Kinder richtet, ist das NEIN unglaublich wichtig. Schon bei den eigenen Kindern hat man es immer wieder erlebt, dass sie sich mit dem NEIN versteuern: „NEIN, ich will nicht runter von meinem Sitzchen!“ Eigentlich wollen sie runter, aber weil sie schon NEIN gesagt hatten, müssen sie dabei bleiben. Außerdem merken die Kinder, dass sie selbst etwas entscheiden können.

Im Buch gibt es zwar nicht viel Text, aber in 49 Sprachen.

Ursprünglich bestand der Text nur aus NEIN und den Angaben, wie man dieses Wort in all den Sprachen ausspricht. Die Idee war: Ein arabisches Kind spricht kein Deutsch, und ich spreche kein Arabisch. Aber wir können das Buch anschauen, und ich kann rufen: „Lä!“ Das Kind wird mich verstehen. Es sieht auf den Bildern, wie der Fuchs beklaut wird und ein ganz böses Gesicht macht. Beim Illustrieren habe ich bestimmt auch ganz böse dreingeschaut.

Außerdem muss das Wort laut ausgesprochen werden, nicht etwa geflüstert. Das macht den Kindern Spaß, oder?

Kürzlich erzählte ich das Buch einem dreijährigen Mädchen und schrie laut: „NEIN!“ Da erschrak das Mädchen. Dann hörte es weiter zu. Als ich fertig war, sagte es: „Erzähl noch mal, aber du musst wieder so schreien.“

Viele meiner Bücher erschienen im Lehrmittelverlag Zürich. Aber weil sich das Buch vom Fuchs auch an kleinere Kinder richtet, wollte ich, dass es bei Talisa erscheint, einem Verlag, der Bücher in vielen Sprachen herausbringt. Die Verlegerin fragte mich, ob nicht nur das NEIN, sondern auch die Namen der Tiere in all den Sprachen enthalten sein könnten. Als ich befürchtete, dass das viel Arbeit sei, sagte sie: „Machen wir.“

Schön ist auch, dass zu sehen ist, wie die 49 Schriften aussehen. Bestimmt ist das interessant für kleine Kinder.

Ja. Aber auch für Mütter, die mit ihren Kindern zu uns geflohen oder hier eingewandert sind. Sie werden darin bestärkt, ihre Sprachen wichtig zu nehmen, denn es geht nicht nur darum, dass die Kinder schnell Deutsch lernen.

Und die deutschen oder Schweizer Kinder werden sich an den Zeichen der fremden Sprachen erfreuen. Vor allem, wenn sie mit dem Schreiben beginnen. Mir hat es auch Spaß gemacht, für diese Zeichen Stempel zu schneiden, mich dabei in die Sprachen hineinzudenken und sie in die Bilder einzufügen, zum Beispiel zwischen die Raben, die Kirschen klauen.

Klauen! Das ist für Kinder sowieso ein interessantes Thema. Ich denke, dass jedes Kind mal klaut.

Hoffentlich.

 

Zehn Fragen an Silvia Hüsler gibt es hier!

Das Kinderbuch der Woche: Jede Frage ein Vers

Bücher für Kinder von null bis zu zwölf Jahren und für ihre Erwachsenen – von Gabriela Wenke empfohlen. Jeden Donnerstag bis zur Frankfurter Buchmesse 2019!

 

Fragen an die Welt, zum Beispiel „Wie groß ist ein Schwarm Fische?“ oder „Ist morgen immer ein neuer Tag?“, werden auf zauberhafte, nachdenkliche, humorvolle Art beantwortet – und zwar in Versen voller Poesie, Humor und Schabernack, also eher nicht sehr naturwissenschaftlich. Schließlich geht es, so der Unter-Titel, um „Fragen, die nach einem Vers verlangen“, „nach einem Gedicht, einem Gemälde“, nach etwas, das „verspielt um sie kreist“. Die Antworten sind verblüffend, die Illustrationen voller Zauber und Pfiff. Sie erzählen ihre eigene Geschichte in wunderschönen, kräftigen Farben.

Dies ist ein Buch für kleine Philosophen, die manchmal selbst dichten, geheimnisvolle Bilder aufs Papier zaubern und Fragen haben, „die nach einem Vers verlangen“. Es kommt aus einem ganz besonderen, sehr kleinen Verlag – rieder bücher –, der immer wieder Titel veröffentlicht, die in mehr als einer Hinsicht aus dem Rahmen fallen.

Wer Fragen stellt wie „Kann man tiefer schlafen als das Meer?“, wird sich auch Zeit für poetische Antworten lassen. Denn dieses Buch verlangt vom Kind wie vom Vorlesenden oder Mitlesenden ein wenig Muße und genügend Aufmerksamkeit, um die kunstvoll gestalteten Doppelseiten zu erschließen.

Bevor ein Kind die Verse selbst lesen kann, wird es wohl eher acht oder neun Jahre alt sein. Aber mit einer Vorleserin oder einem Vorleser kann es schon ab sechs Jahren Freude haben an den Gedichten und kunstvollen Bildern. Um mit mehreren Kindern oder größeren Gruppen in die Gedankenwelt der Bette Westers und die fantasievollen Bilder von Sylvia Weve einzutauchen, kann man eine Doppelseite vergrößern.

 

 

 

Das Kinderbuch der Woche: Wo ist der weiße Löwe?

Bücher für Kinder von null bis zu zwölf Jahren und für ihre Erwachsenen – von Gabriela Wenke empfohlen. Jeden Donnerstag bis zur Frankfurter Buchmesse 2019!

 

Bilderbuch

Weiß wie eine Wand zu sein, das hat bei diesem Schneelöwen eine besondere Bedeutung. Kunstvoll setzt Richard Jones die Idee des „unsichtbaren Freundes“ um: Ein großer Löwe, der vor dem Weiß der Wände im neuen Haus nicht sichtbar ist, wird vor einem Hintergrund in warmem Rot zu einem sanftmütigen, weißen Freund, den nur Cora sehen kann. Sie ist allein mit ihrer Mutter in das leere Haus auf dem Berg gezogen.

Einen Freund kann Cora in der neuen Umgebung gut gebrauchen. Von morgens bis abends spielen die beiden zusammen. Doch als Kinder sie am Fenster entdecken, wendet Cora sich ab. Und als der Löwe sie hinaus zur Rutsche schickt, will sie lieber bei ihm bleiben. Da sagt er, dass er noch da sein wird, wenn sie wiederkommt. Also geht Cora hinaus in die Welt, lernt Kinder kennen und spielt mit ihnen. Schließlich lädt ihre Mama alle Kinder zu einer Malerparty ein, und das Haus wird bunt und bunter. Am Abend ist der Löwe mit all dem Weiß verschwunden.

Als Cora aus dem Fenster blickt, sieht sie, dass es schneit. Wenn sie ganz genau hinschaut, erkennt sie draußen auf dem verschneiten Hügel den Schneelöwen. Er verabschiedet sich und tröstet sie damit, dass sie ja weiß, wo sie ihn finden kann.

Sie weiß es. Das zeigt die letzte Seite, auf der man im Wolkenweiß des Sommerhimmels die schwarze Nase des Löwen finden kann und bei genauem Hinsehen sogar den ganzen Löwen.

Erzählt wird nicht allein die tröstliche Geschichte vom unsichtbaren Freund, den nur das Kind sehen kann, das ihn braucht, sondern auch die Bildgeschichte vom genauen Hinsehen, das Suchspiel nach dem weißen Löwen, ist beim Anschauen und Vorlesen spannend und sehr zu empfehlen für Kinder, die Freunde brauchen.

 

 

Der Krakeeler

Bilderbuch

„Ich finde“, flüsterte Helene, „Papa ist immer so laut.“

„Ja, weißt du denn nicht …“, sagte Hele­nes Mutter, „Papa ist ein Krakeeler!“

Helene liebt ihre Familie, doch dass ihr Vater immer so furchtbar laut ist, gefällt ihr gar nicht. Er kann nicht normal reden, sondern muss immerzu schreien: „MEIN EI IST VIEL ZU WEICH!“ – „ICH HAB DURST!“ – „DER KAFFEE IST ZU HEISS!“ Eines Tages reicht es Helene, sie packt ihre Siebensachen und zieht in die Welt hinaus. Ihr Krakeeler-Vater ist untröstlich. Ab 4.

Das Kinderbuch der Woche: Mädchen so und Jungen so

Bücher für Kinder von null bis zu zwölf Jahren und für ihre Erwachsenen – von Gabriela Wenke empfohlen. Jeden Donnerstag bis zur Frankfurter Buchmesse 2019!

Dieses Bilderbuch macht Spaß!

Der Ich-Erzähler hat nämlich nicht nur eine neue Freundin – Pina, das schönste und schlauste Mädchen im Kindergarten –, sondern auch eine neue Sicht auf die Welt. Die hat er von Pina, deren Eltern „verrückte Künstler“ und nicht immer da sind, um auf ihr Kind aufzupassen.

Die Mama des Ich-Erzählers findet Pina nicht verrückt, sondern forsch und wünschte sich ihren Sohn auch so. Aber dass er seine neuen Lieblingsfarben Rot, Pink, Violett und Rosa nun dauernd tragen muss, verursacht ihr Herzrasen.

Der Papa hingegen wirkt wie erlöst, weil die Farbenordnung – Mädchen so und Jungen so – aufgehoben ist, denn er leidet darunter, dass er jeden Tag in einem grauen Anzug zur Arbeit gehen muss, obwohl seine Lieblingsfarben Grün und Blau sind. Aber: Grün und Blau „trägt nur Kaspars Frau“, heißt es. Deshalb trägt der Papa bloß immer grüne und blaue Socken.

Doch die Änderung althergebrachter Regeln ist nicht leicht. So behauptet zum Beispiel Eddies Vater, dass Mädchen nicht Fußball spielen dürfen, dass Jungen, deren Lieblingsfarbe Rosa ist, schwul werden und dass deren Eltern dann schuld daran sind. Das bringt Mama so auf die Palme, dass ihr Sohn fürchtet: Gleich kriegt sie einen Herzinfarkt.

Natürlich weiß Pina, was schwul ist: Wenn Männer sich küssen. Papa küssen gehört nicht dazu. Also verschieben die Kinder die Entscheidung, ob sie schwul werden wollen, auf später und zeigen den Papas schon mal, dass man mit Mädchen wunderbar Fußball spielen kann und dass die Erzieherin einen ausgezeichneten Torwart abgibt.

Die federleicht erzählte Geschichte rückt – mit comichaften, sehr beweglichen Strichmännchen und skurrilen Ideen – die Ansichten einiger altmodischer Eltern zurecht. Wer will, kann die angerissenen Probleme natürlich mit den Kindern besprechen, doch in einer einigermaßen liberalen Umgebung auch darauf vertrauen, dass Kinder ansprechen, was sie wissen wollen, und spielen, was sie beschäftigt.