Kinderbuch der Woche: Die Wahrheit über den Osterhasen

Bücher für Kinder von null bis zu zwölf Jahren und für ihre Erwachsenen – von Gabriela Wenke empfohlen. Jeden Donnerstag bis zur Frankfurter Buchmesse.

Nichts gegen Rituale und Mythen. Ganz abgesehen vom Ei als Fruchtbarkeitssymbol – seit mindestens einem Jahrhundert tun wir alles dafür, dass Kinder einen Hasen nicht von einem Kaninchen unterscheiden können und es für möglich halten, dass Hasen Eier legen. Zwar tut das weh, aber sei´s drum. Es wäre nur halb so schlimm, wenn die Bilderbuchwelt den in Gruben und Gängen lebenden Hasen nicht immer wieder aufleben ließe. Vielleicht weil das Wort Kaninchen so lang ist?

Hasen graben keine Höhlen, sondern sitzen geduckt in ebenerdigen Sassen. Wildkaninchen wohnen in Höhlen. Zwar haben Kinder gelernt, „dass es den Osterhasen nicht gibt“, aber das Buch „Hasenfest und Hühnerhof“ von Eva Sixt, das 2016 auf den Markt kam, könnte sie interessieren. Es ist ein Sachbuch über Hasen, Kaninchen, Hühner und deren Lebensweisen. Wer es kennt, kann auf Spaziergängen erzählen, dass gerade Wildkaninchen im Park herumhoppeln und was sie von Hasen unterscheidet. Die – größeren – Hasen lassen sich nämlich viel seltener sehen. Von Februar bis April, in ihrer Paarungszeit, wagen sie sich aus der Deckung. Ihre Wettläufe, Sprünge und Boxkämpfe sehen wie wilde Tänze aus. Wer das Glück hat, so etwas einmal zu sehen, ist fasziniert. Ansonsten sind die Hasen scheu und eher in der Dämmerung oder nachts aktiv. Sie leben in Landschaften mit Feldern, Äckern oder Wiesen, also eher in der Wildnis und nicht im Park.

Wildkaninchen dagegen sind auch in Stadtparks zu Hause und graben ihre Höhlen gerne in sandige Böden. Sie können zu Landplagen werden und sind besonders an Flüssen und am Meer gefürchtet, weil sie Dämme und Deiche unterhöhlen und dadurch zum Einsturz bringen. Von den Wildkaninchen stammen die Hauskaninchen ab, deren Arten die Illustratorin und Autorin Eva Sixt beschreibt und nicht verschweigt, dass sie – vielerorts Stallhasen genannt – den Menschen seit Jahrtausenden als Fleisch- und Felllieferanten dienen.

Die Eier stammen natürlich von den Hühnern. Im Buch lernen wir die Arten der modernen Hühnerhaltung kennen – vom Öko- bis zum Käfighuhn.

Bei all der Begeisterung für Osterhasen und Ostereier kann es nichts schaden, ein bisschen mehr über die unschuldigen Namensgeber zu wissen. Besonders gelungenen sind die Schwarzweiß-Zeichnungen der Tiere in Bewegung und die ganzseitigen Bilder von den Hasen beim Paarungstanz in der freien Natur.

Ein bisschen Aufklärung ab fünf Jahren darf schon sein, findet Gabriela Wenke.

 

 

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