Wenn du Nein sagst, stirbt…

Kinderbuch

Kinder, ab jetzt wird zurückgedroht! „Von zu viel Fernsehgucken kriegst du viereckige Augen“ – solch manipulatives Zeug erzählen auch heute noch viele Erwachsene den Kindern. Höchste Zeit, den Spieß einmal umzudrehen! Dieses kleine Buch gibt Kindern kreative Drohungen an die Hand und hält Erwachsenen, zum Beispiel Eltern und Erzieherinnen gleichzeitig humorvoll den Spiegel vor. Die albtraumhaften Konsequenzen – von schlechtem Handyempfang bis zum Zombiebesuch – setzt Lilli L’Arronge so kongenial ins Bild, dass es Erwachsenen den Schweiß auf die Stirn treibt, während die Kinder feiern.

Und nicht vergessen: Wenn du dieses Buch nicht kaufst, musst du noch 1000-mal den Grüffelo vorlesen! Ab 4.

Manno!

Kinderbuch

 

In diesem Comicalbum präsentiert Anke Kuhl 18 pointierte Episoden ihrer erinnerten Kindheit in den 1970er Jahren. Aus kindlich-naiver Perspektive wird berichtet von großen und kleinen, witzigen, ernsten und mitunter auch traurigen Ereignissen eines ganz normalen Kinderlebens. Es geht dabei um den Zusammenhalt der Geschwister, aber auch um Streitigkeiten, um Haustiere, Leistenbrüche, Brillen und Strumpfhosen oder die Zuflucht bei Oma und Opa, wenn die Eltern streiten. Auch eklige, skurrile oder irrwitzige Kinderspiele finden ihren Platz wie Klobürstenkämpfe oder das schreckliche Quälspiel mit der Stinkvase.

Bildliches und sprachliches Erzählen sind mit den Möglichkeiten des Comics geschickt inszeniert. Die Panelanordnung wird spannungsreich durch die Übergänge aufgebrochen. Für viel Dynamik sorgen dabei Momentaufnahmen, Perspektivwechsel und Zooms, angereichert mit Speedlines und Soundwords. Die Ich-Erzählerin kommentiert in den teils offenen, teils geschlossenen Textkästen das generationsübergreifende Familienleben. Die Panels zeigen, dass es keine heile Welt sein muss, um Zusammenhalt zu generieren. Die Figuren wirken durch liebevolle Details wie Omas „Warzn af der Nosen“ oder Papas „Pilzfrisur“ besonders authentisch und sympathisch unperfekt. Die Farbkontraste in Buntstiftästhetik passen hingegen perfekt zu den fabelhaft vielseitigen Kindheitserlebnissen. Ab 8 Jahren.

Nominiert für den Kinder-und Jugendliteraturpreis 2021

Die vollständige Liste aller 2021 nominierten Bilder-, Kinder-, Jugend- und Sachbücher gibt es unter: https://www.jugendliteratur.org

Meine Woche drin: 7-Tage-Märchen, Sprach-Spiel und Bilder-Buch

Eine Woche drin- Pappbuch und Masken von Nadia Budde

Meine Woche drin: Budenstoffel und Heimpantoffel, Scheunenstrolch und Polstermolch? Vorhangbeißer und Sesselreißer? Nadia Budde hat einen 7-Tage-Comic zum Ausnahmezustand für Kinder, Erzieher*innen, Lehrer*innen, Familien gezeichnet. Wie wir “drinnen” in neue Daseinsformen wechseln, kannst Du in der neuen wamiki und im neuen Bilderbuch entdecken und selbst mit den Kindern gestalten:

Wie sieht Eure Zeit drinnen aus? Schickt uns Eure Woche drin…
Zum Beispiel als: Türbuch, Zeichnung, x-Tage-Märchen, Sprach-Spiel, Tagebuch, Minifilm, Podcast … Wie das geht?
Hier ein paar Tipps:

Meine Woche drin … als Türbuch

Material: Papierbögen (DIN A4, weiß oder farbig) zum Herstellen der Klappbücher, Stifte und Zeugs zum Gestalten

So geht’s:
Ein längs halbierter DIN A4-Streifen wird zum Klappbuch gefaltet und außen mit einem Türmotiv versehen. Die Tür kann nun auf-und zugeklappt werden. Was wird wohl dort sein? Hinter der Tür? Wer lebt dort? Öffnet die Tür und malt/schreibt die Geschichte auf…

… als Hausbuch

Material: Zeichenkarton (DIN A4, weiß oder farbig) zum Herstellen der Klappbücher, Stifte, Schere und Zeugs zum Gestalten

So geht’s:
Ein längs halbierter DIN A4-Karton wird zum Klappbuch gefaltet, so dass er sich in der Mitte aufklappen lässt. Im oberen Drittel wird die Dachform geschnitten: schräg, rund, mit Turm oder ohne…
Außen kann die Hausfassade mit Fenstern, Haustür, Dach gestaltet werden. Das Papierhaus kann auch ein Papierschloss sein – mit Schlosstür, Turmspitzen… In das Innere des Hauses/Schlosses wird die Geschichte gemalt/hineingeschrieben.
Zum Beispiel als

… 5-Sätze-Märchen

Zuerst werden dafür Wörter eingesammelt, aus denen die Kinder die Geschichte bauen. Wörter sind die Baumaterialien aller zu schreibenden Geschichten. Die eingesammelten Wörter werden in die beiden Flügeltüren innen gemalt/notiert:
Auf die linke Innenseite drei bekannte Hausbewohner*innen (oder Märchenfiguren).
Zum Beispiel: Mama, Bruder, Hund…

Auf die rechte Innenseite werden die Namen von 13 Dingen geschrieben, die die Kinder entweder in dem Raum, in dem sie sich gerade befinden, vorfinden oder die sie an einem anderen Ort einsammeln können (Wörter aus der Küche, Wörter aus dem Kinderzimmer, Wörter aus dem Bad…) Also zum Beispiel Küchenwörter: Nudeln, Marmelade, Honig, Besen, Schokolade, Apfel, Kochbuch, Rezepte, Eis …

Auf die Mittelseite des Klappbuches innen kommen dann die fünf Sätze der Geschichte:

Ein einfaches Baumuster kann sein:

  1. Satz: Die Hauptfigur entsteht. Dazu wird jeweils ein Wort von den zwei Außenseiten zusammengesetzt: Es war einmal eine Schokoladenmama…
  2. Satz: Lieblingsbeschäftigung der Hauptfigur: Am liebsten kochte die Schokoladenmama Nudeln mit Marmelade…
  3. Satz: Besuch kommt. Dazu wird jeweils ein Wort von den zwei Außenseiten zusammengesetzt: Eines Tages klopfte es und der Apfelhund saß vor der Tür…
  4. Satz: Was für ein Geschenk bringt der Besuch mit? Er brachte ein selbstgemaltes Kochbuch mit…
  5. Satz: Was passiert nun? Seitdem sitzen sie zusammen und lesen sich Rezepte vor…

… als Sprachspiel und Tagebuch

In Nadia Buddes Pappbilderbuch “Eine Woche drin” dreht sich alles um das Spiel mit der Sprache, konkret um das Erfinden von neuen Wörtern und das Reimen.
Material: Zeichenkarton (DIN A4, weiß oder farbig) zum Herstellen der Zieharmonika-Bücher, Stifte, Schere und Zeugs zum Gestalten

So geht’s:
Ein DIN A4-Blatt längs halbieren und auseinanderschneiden. Den Streifen einmal in der Mitte falten und wieder aufklappen. Den Streifen nun von beiden äußeren Seiten bis zur Mitte falten. Das Buch als Zieharmonika legen.
Zuerst wird Nadias Buch vorgelesen… und eingehend betrachtet. Beim mehrmaligen Vorlesen kann das Reimwort weggelassen werden, sodas die Kinder das fehlende Reimwort erraten können. Nun können Kinder eigene Wortschöpfungen und Reime erfinden. Das Spiel heißt: Wesen… aufwecken, die in der Geschichte, im Reim mitspielen.

In jedem Raum gibt es viele Dinge. Sichtbare Dinge wie zum Beispiel Wand, Tür, Fenster, Stuhl, Lampe, Tisch, Couch und unsichtbare, verborgene wie zum Beispiel Schätze in den Hosentaschen, Schubladen …
Diese zufällig vorhandenen Dinge können Kinder mit den Augen ablesen. Die Suchaufgaben können variiert werden. Zum Beispiel können Kinder nach großen oder kleinen, spitzen oder runden, blauen oder grünen Dingen suchen und Wörter zusammenstellen. Dieses Spiel verbindet bewusstes Wahrnehmen mit dem sprachlichen Artikulieren. Wahrnehmen und Benennen gehören zu den Grundübungen der Kopfgymnastik, mit denen jedes Schreibspiel beginnen kann… Hierbei werden die fünf Sinne der Wahrnehmung sensibilisiert.
Was ist das, und wie heißt das, was ich gerade sehe, rieche, schmecke, höre, taste? Die Dinge bekommen einen Namen: ein Wort, das ausgesprochen oder auch aufgeschrieben oder ins Bild gesetzt wird. Aus den Dingen und Figuren lassen sich zusammengesetzt wunderbare neue Wörter schöpfen. Ein unendliches Spiel…

Das Pappbilderbuch von Nadia Budde gibt es im wamiki-shop. Es kostet einzeln 12 Euro, im Set mit Maske (Unikat): 20 Euro, zzgl. Versand, zu bestellen hier.

wamiki-Tipp für Grundschulen:
Eva Maria Kohl, Michael Ritter: Schreibszenarien: Wege zum konstruktiven Schreiben in der Grundschule. Klett/Kallmeyer, 4.Auflage 2019, ISBN 978-3-7800-1050-6

Das Kinderbuch der Woche: Jede Frage ein Vers

Bücher für Kinder von null bis zu zwölf Jahren und für ihre Erwachsenen – von Gabriela Wenke empfohlen. Jeden Donnerstag bis zur Frankfurter Buchmesse 2019!

 

Fragen an die Welt, zum Beispiel „Wie groß ist ein Schwarm Fische?“ oder „Ist morgen immer ein neuer Tag?“, werden auf zauberhafte, nachdenkliche, humorvolle Art beantwortet – und zwar in Versen voller Poesie, Humor und Schabernack, also eher nicht sehr naturwissenschaftlich. Schließlich geht es, so der Unter-Titel, um „Fragen, die nach einem Vers verlangen“, „nach einem Gedicht, einem Gemälde“, nach etwas, das „verspielt um sie kreist“. Die Antworten sind verblüffend, die Illustrationen voller Zauber und Pfiff. Sie erzählen ihre eigene Geschichte in wunderschönen, kräftigen Farben.

Dies ist ein Buch für kleine Philosophen, die manchmal selbst dichten, geheimnisvolle Bilder aufs Papier zaubern und Fragen haben, „die nach einem Vers verlangen“. Es kommt aus einem ganz besonderen, sehr kleinen Verlag – rieder bücher –, der immer wieder Titel veröffentlicht, die in mehr als einer Hinsicht aus dem Rahmen fallen.

Wer Fragen stellt wie „Kann man tiefer schlafen als das Meer?“, wird sich auch Zeit für poetische Antworten lassen. Denn dieses Buch verlangt vom Kind wie vom Vorlesenden oder Mitlesenden ein wenig Muße und genügend Aufmerksamkeit, um die kunstvoll gestalteten Doppelseiten zu erschließen.

Bevor ein Kind die Verse selbst lesen kann, wird es wohl eher acht oder neun Jahre alt sein. Aber mit einer Vorleserin oder einem Vorleser kann es schon ab sechs Jahren Freude haben an den Gedichten und kunstvollen Bildern. Um mit mehreren Kindern oder größeren Gruppen in die Gedankenwelt der Bette Westers und die fantasievollen Bilder von Sylvia Weve einzutauchen, kann man eine Doppelseite vergrößern.

 

 

 

Das Kinderbuch der Woche: Wo ist der weiße Löwe?

Bücher für Kinder von null bis zu zwölf Jahren und für ihre Erwachsenen – von Gabriela Wenke empfohlen. Jeden Donnerstag bis zur Frankfurter Buchmesse 2019!

 

Bilderbuch

Weiß wie eine Wand zu sein, das hat bei diesem Schneelöwen eine besondere Bedeutung. Kunstvoll setzt Richard Jones die Idee des „unsichtbaren Freundes“ um: Ein großer Löwe, der vor dem Weiß der Wände im neuen Haus nicht sichtbar ist, wird vor einem Hintergrund in warmem Rot zu einem sanftmütigen, weißen Freund, den nur Cora sehen kann. Sie ist allein mit ihrer Mutter in das leere Haus auf dem Berg gezogen.

Einen Freund kann Cora in der neuen Umgebung gut gebrauchen. Von morgens bis abends spielen die beiden zusammen. Doch als Kinder sie am Fenster entdecken, wendet Cora sich ab. Und als der Löwe sie hinaus zur Rutsche schickt, will sie lieber bei ihm bleiben. Da sagt er, dass er noch da sein wird, wenn sie wiederkommt. Also geht Cora hinaus in die Welt, lernt Kinder kennen und spielt mit ihnen. Schließlich lädt ihre Mama alle Kinder zu einer Malerparty ein, und das Haus wird bunt und bunter. Am Abend ist der Löwe mit all dem Weiß verschwunden.

Als Cora aus dem Fenster blickt, sieht sie, dass es schneit. Wenn sie ganz genau hinschaut, erkennt sie draußen auf dem verschneiten Hügel den Schneelöwen. Er verabschiedet sich und tröstet sie damit, dass sie ja weiß, wo sie ihn finden kann.

Sie weiß es. Das zeigt die letzte Seite, auf der man im Wolkenweiß des Sommerhimmels die schwarze Nase des Löwen finden kann und bei genauem Hinsehen sogar den ganzen Löwen.

Erzählt wird nicht allein die tröstliche Geschichte vom unsichtbaren Freund, den nur das Kind sehen kann, das ihn braucht, sondern auch die Bildgeschichte vom genauen Hinsehen, das Suchspiel nach dem weißen Löwen, ist beim Anschauen und Vorlesen spannend und sehr zu empfehlen für Kinder, die Freunde brauchen.

 

 

Das Kinderbuch der Woche: Mädchen so und Jungen so

Bücher für Kinder von null bis zu zwölf Jahren und für ihre Erwachsenen – von Gabriela Wenke empfohlen. Jeden Donnerstag bis zur Frankfurter Buchmesse 2019!

Dieses Bilderbuch macht Spaß!

Der Ich-Erzähler hat nämlich nicht nur eine neue Freundin – Pina, das schönste und schlauste Mädchen im Kindergarten –, sondern auch eine neue Sicht auf die Welt. Die hat er von Pina, deren Eltern „verrückte Künstler“ und nicht immer da sind, um auf ihr Kind aufzupassen.

Die Mama des Ich-Erzählers findet Pina nicht verrückt, sondern forsch und wünschte sich ihren Sohn auch so. Aber dass er seine neuen Lieblingsfarben Rot, Pink, Violett und Rosa nun dauernd tragen muss, verursacht ihr Herzrasen.

Der Papa hingegen wirkt wie erlöst, weil die Farbenordnung – Mädchen so und Jungen so – aufgehoben ist, denn er leidet darunter, dass er jeden Tag in einem grauen Anzug zur Arbeit gehen muss, obwohl seine Lieblingsfarben Grün und Blau sind. Aber: Grün und Blau „trägt nur Kaspars Frau“, heißt es. Deshalb trägt der Papa bloß immer grüne und blaue Socken.

Doch die Änderung althergebrachter Regeln ist nicht leicht. So behauptet zum Beispiel Eddies Vater, dass Mädchen nicht Fußball spielen dürfen, dass Jungen, deren Lieblingsfarbe Rosa ist, schwul werden und dass deren Eltern dann schuld daran sind. Das bringt Mama so auf die Palme, dass ihr Sohn fürchtet: Gleich kriegt sie einen Herzinfarkt.

Natürlich weiß Pina, was schwul ist: Wenn Männer sich küssen. Papa küssen gehört nicht dazu. Also verschieben die Kinder die Entscheidung, ob sie schwul werden wollen, auf später und zeigen den Papas schon mal, dass man mit Mädchen wunderbar Fußball spielen kann und dass die Erzieherin einen ausgezeichneten Torwart abgibt.

Die federleicht erzählte Geschichte rückt – mit comichaften, sehr beweglichen Strichmännchen und skurrilen Ideen – die Ansichten einiger altmodischer Eltern zurecht. Wer will, kann die angerissenen Probleme natürlich mit den Kindern besprechen, doch in einer einigermaßen liberalen Umgebung auch darauf vertrauen, dass Kinder ansprechen, was sie wissen wollen, und spielen, was sie beschäftigt.

 

Das Kinderbuch der Woche: Alle behindert!

Und Du kommst auch drin vor!

Bücher für Kinder von null bis zu zwölf Jahren und für ihre Erwachsenen – von Gabriela Wenke empfohlen. Jeden Donnerstag bis zur Frankfurter Buchmesse 2019!

Dem Down Syndrom widmete der Verlag Klett Kinderbuch mit „Planet Willi“ schon ein Buch. Diesmal geht es um Kleinwüchsige, Menschen mit Muskelschwäche, Herzschwäche und Offenem Rücken. Doch mit „Angeber“ erweitern Autorin, Illustrator und Gestalter – Monika Osberghaus und Horst Klein – den Begriff der Behinderung oder Beeinträchtigung um ein paar Facetten, darunter „Mitläufer“, „Tussi“ und „Rüpel“. Dass auch „Hochbegabung“ Betroffene beeinträchtigen kann, „Schüchternheit“ und „Korpulenz“, spart die originelle und treffsichere Aufzählung nicht aus.

Für jede Beeinträchtigung wird ein bestimmtes Kind vorgestellt, aber die Antworten auf die gleichbleibenden Fragen weisen über den Einzelfall hinaus. Manches Mal werden sich Erwachsene und Kinder ertappt fühlen, wenn sie die Antworten auf die Frage „Was lasse ich lieber?“ lesen.

Jede Seite ist witzig gestaltet und steckt voller humorvoller Details: Spitz- und Schimpfnamen oder die Aufzählung all dessen, was einfach nur doof ist. Zum Beispiel, dass viele Sehende denken, Blinde könnten nicht gut hören oder sprechen.

Frech und respektlos, aber nicht verletzend, sondern „witzig, wild und voller Liebe“ – so beschreibt der Verlag das Buch. Allein oder mit anderen Menschen kann man sich lange damit beschäftigen. In Kindergruppen wird bestimmt darüber diskutiert, welche Beeinträchtigung jemand haben könnte – nach allgemeiner Einschätzung oder nach der eigenen. Am Ende können sich alle sagen: „Gut, dass wir darüber geredet haben.“ Vielleicht werden sie nun ein wenig sorgfältiger auf die eigenen Kriterien und die Befindlichkeit der Betroffenen achten. Und: Wer bei so vielen Denkanstößen nicht nachdenklich wird, darf sich das Buch noch einmal vorlesen lassen oder es selbst noch mal lesen.

Das Kinderbuch der Woche: Das ist ja ein Ding!

Bücher für Kinder von null bis zu zwölf Jahren und für ihre Erwachsenen – von Gabriela Wenke empfohlen. Jeden Donnerstag bis zur Frankfurter Buchmesse 2019!

 

Bilderbuch

Ein kleines Mädchen erkennt einen roten Schimmer auf dem Wasser, so klein wie ein Ball. Könnte das nicht die alleroberste Spitze eines Walfischs sein? Und schon schwimmt da ein riesiger Wal mit seinem Jungen im Fluss, an dessen Ufer viele Kinder und Erwachsene in einem Park spielen oder spazieren gehen.

Das kleine Mädchen trifft ein größeres, das die Sache mit dem Wal nicht glauben will und sicher ist: Es handelt sich um einen Hut, der alsbald zur Blüte wird, zur Feuerwehr, zum Musikantenhelm, zum Drachen – bis der rote Schimmer verschwindet, als der Fluss ins Meer mündet.

Die raffinierte Bildgeschichte zeigt im unteren Teil der Seiten, was sich von dem „roten Ding“ unter der Wasseroberfläche befindet: Das ist wirklich abenteuerlich und ganz unwahrscheinlich.

Auf jeder Doppelseite steht ein Vierzeiler, dessen letztes Wort fehlt. Man muss es beim Vorlesen erraten. Zwar muss man so unwahrscheinliche Sachen wie „Mars“ erraten, doch das ist ganz einfach. Im obersten Drittel der fein gezeichneten Bildgeschichte tauchen nämlich immer Hinweise auf, die dem zuhörenden und -schauenden Kind die Worte in den Mund legen: Zum Beispiel spielen Kinder, sie seien Außerirdische, kommen also vom Mars.

Der obere und der untere Teil der Bildgeschichte beziehen sich stets aufeinander, und das dritte Glied der Geschichte sind die Reime mit dem fehlenden Wort am Ende, das sich aus Bildern und Text so pfiffig von oben nach unten erschließt, dass sich die Assoziationen fast überschlagen. Allerdings muss man aufmerksam bleiben, die beiden Bildebenen und die witzigen Reime von Ebi Naumann im Kopf behalten. Wer nur flüchtig durch die Seiten blättert, dem entgeht der Witz der Geschichte.

Fantasie, Wort- und Bildwitz  machen aus „Das rote Ding“ eine humorvolle, intelligente Bilderbuchgeschichte, für deren Idee die Illustratorin Heike Herold 2016 zu Recht den Troisdorfer Bilderbuchpreis bekam. Damals lag die Geschichte als Projekt vor. Jetzt hat der Aladin Verlag sie als Buch herausgegeben – voller kluger und humorvoller Details, die kleine Kinder vielleicht noch nicht zu würdigen wissen. Dafür werden sie die vielen Bildhinweise gewiss schneller entdecken als der erwachsene Vorleser. Reimen können sie sowieso: Klar dass zu „hinterher“ nur „Feuerwehr“ passt!

Eine hinreißend erzählte Bildgeschichte, die man sich mehrmals zu Gemüte führen sollte!

 

 

 

 

Das Kinderbuch der Woche: Schwester werden

Bücher für Kinder von null bis zu zwölf Jahren und für ihre Erwachsenen – von Gabriela Wenke empfohlen. Jeden Donnerstag bis zur Frankfurter Buchmesse 2019!

Bilderbuch

Leni freut sich zwar, als der Bruder geboren wird, aber er ist enttäuschend klein. Sie fragt ihren – großen – Freund Schwein: „Wächst der noch, oder kann man den umtauschen?“ Das kluge Schwein weiß: „Der wächst, aber das dauert.“
In der Zwischenzeit haben Leni und Freund Schwein mit all den Spielsachen jede Menge Spaß. Grau sind in dieser bunten Welt nur die Sachen, die zum Baby gehören: Schnuller und Konsorten. Schwein hält Leni die Ohren zu, wenn der Kleine brüllt, und die Nase, wenn die Windeln gewechselt werden. Schwein tröstet sie, wenn alle Welt nur den Kleinen sehen will. Die Spiele von Leni werden immer wilder, fast verzweifelt, und schließlich landet sie mit verstauchtem Bein im Bett. Als sie da zur Ruhe kommt, bemerkt sie auf einmal, dass der kleine Bruder jauchzt und strampelt. Na, so was! „Das könnte ja doch etwas werden mit dir“, findet Leni nun.
Diese Geschichte setzt die vielfach preisgekrönte Helga Bansch in überzeugende Bilder um. Ganz eng mit dem aufrecht stehenden Schwein verbunden, schaut Leni ihm auf dem Titelbild misstrauisch über die Schulter. Das Baby kommt in dieser Eintracht nicht vor.
Wunderschöne rote Tulpen locken uns vom Vorsatzblatt in die Geschichte hinein. Leni führt offensichtlich ein buntes, fröhliches Leben mit all den fantastischen Spielsachen und dem übergroßen Freund Schwein – Beschützer, Berater und Spielgefährte. Ganz grau an den Rändern erahnt man die Eltern mit dem Baby und die Besucher, die alle nur zu ihm wollen. Einziger Trost im immer größeren Kummer ist das warme, weiche Schwein. Doch als Leni innehalten muss, bemerkt sie auf einmal, dass der Kleine auf sie reagiert. Schon schaut er nicht mehr grau aus, sondern strampelt babyrosa in seinem Bettchen.
Helga Bausch hat Leni viele Seiten mit Mimik, Gestik und Bewegung gewidmet, so dass das Mädchen und seine Gefühle uns immer näher kommen. Schließlich spiegelt sich ihre freundlich dem Baby zugewandte Miene sogar in den Reaktionen ihres sehr lebendigen Spielzeugs wider.
Eine anrührende „Große-Schwester-werden“-Geschichte von einer ganz besonderen Illustrationskünstlerin.

 

 

 

 

Das Kinderbuch der Woche: Ein Nachtspaziergang

Bücher für Kinder von null bis zu zwölf Jahren und für ihre Erwachsenen – von Gabriela Wenke empfohlen. Jeden Donnerstag bis zur Frankfurter Buchmesse 2019!

 

Bilderbuch

Mitten in der Nacht stehen sie auf und treten hinaus in die Dunkelheit: Vater, Mutter und zwei Kinder. Sie brechen zu einer Nachtwanderung auf, und der Vater mahnt zur Eile, damit sie nicht zu spät zu ihrer Verabredung kommen. Obwohl die gemalten Bilder Dunkelheit darstellen, kann man die Personen, die Gebäude und die Landschaft erkennen – als ob sich die Augen an die Dunkelheit gewöhnt hätten.

Während der langen Wanderung gibt es nur wenige Lichtquellen: anfangs Straßenlaternen, die Taschenlampe, mit der sie sich durchs Unterholz schlagen, der grandios gemalte Sternenhimmel und der Vollmond, der sich im See spiegelt.

Der letzte Teil der Strecke ist steil und steinig. Als sie oben ankommen, liegt das Gebirge unter ihnen, und hinter den Gebirgszügen steigt ihre Verabredung in den Himmel: die ersten Sonnenstrahlen. Auf der letzten Doppelseite strahlt eine weißglühende Sonne inmitten des gelben Tageslichts.

Dieser Nachtspaziergang mit seinen magisch schönen Bildern von Dunkelheit und aufsteigendem Licht verlockt, die nächste Nachtwanderung zu planen.

 

 

 

 

 

Das Kinderbuch der Woche: Endlich mal der Größte sein

Bücher für Kinder von null bis zu zwölf Jahren und für ihre Erwachsenen – von Gabriela Wenke empfohlen. Jeden Donnerstag bis zur Frankfurter Buchmesse 2019!

 

Bilderbuch

„Wir sind eigentlich Tiger“, sagt Mo. Max, der vielleicht ein Erdmännchen ist, stimmt ihm zu. Aber Wendelin, eigentlich eine Art Spitzmaus, sieht das anders, denn: Sie haben keine Streifen. Als er einen Moment nicht hinguckt, haben die beiden sich Streifen angemalt. Doch Wendelin, der Bedenkenträger, hat schon den nächsten Einwand: Sie können nicht brüllen wie Tiger. Dabei übersieht er den echten Tiger, der hinter ihm im Gras lauert.

Schon brüllen Mo und Max los wie die Tiger – und der echte ist ihnen gleich auf den Fersen. Sie retten sich auf einen Baum und trauen sich nicht mehr runter. Jetzt muss Maus Wendelin sie damit trösten, dass sie ganz tief drinnen eigentlich Elefanten sind. (Da fällt dem viel zu erwachsenen Betrachter ein, dass Elefanten nicht als Kletterexperten bekannt sind.) Mo und Max stellen dagegen richtig fest, dass sie nicht trompeten können. Kein Problem, das kann Wendelin Maus, und wie! Da reckt sich – ein Wunder – den dreien etwas Graues entgegen. Ein Rüssel. Gerettet! Und in mitten der Herde, auf dem Rücken eines Elefanten, erklärt Wendelin sie nun zu  Superelefanten. Ende gut, alles gut.

Eine witzige Geschichte über das Verwandeln beim Spielen.

 

 

 

Das Kinderbuch der Woche: Wer lebte in diesem Haus?

Bücher für Kinder von null bis zu zwölf Jahren und für ihre Erwachsenen – von Gabriela Wenke empfohlen. Jeden Donnerstag bis zur Frankfurter Buchmesse 2019!

 

Bilderbuch

Mitten im Wald entdecken zwei Kinder das alte, halb verfallene Haus. Über kaum sichtbare Pfade haben sie sich dorthin durchgekämpft, stehen nun davor und sehen das lange schon verlassene, verwunschene Gebäude. Sie steigen durch ein zerbrochenes Fenster und sehen, dass die früheren Bewohner alles so zurückgelassen hatten, als wären sie nur mal kurz hinaus gegangen. Aber das Haus ist kaputt. Bäume wachsen durch das Dach, Vögel nisten im Zimmer, die Tür ist pendelt zwischen offen und zu.

Vor den Augen der Kinder entstehen Bilder, in kräftigeren Farben gemalt als die Welt, die sie getupft und gestrichelt umgibt. Sie stellen sich die Bewohner vor: Wo mögen sie geblieben sein? Auf einer einsamen Insel als Schiffbrüchige? In Paris mit ihrer Staffelei?

Durch diese Vorstellungen angeregt, schaut man genauer hin: Warum glauben die Kinder, dass eine Frau Eichhörnchen malte, ein ehemaliger Seemann sehnsüchtig Ausschau nach dem Meer hielt, ein Mädchen zur Musik von Schallplatten tanzte? Man blättert zurück und entdeckt Schallplatten, die am Boden liegen, Bilder von Segelschiffen an der Wand, ein Buddelschiff und Bücher – Gegenstände, die zum Fantasieren darüber verführen, was in dem Haus geschah, warum seine Bewohner vor langer Zeit fortgingen und alles so zurückließen, als wären sie gerade zu einem Spaziergang aufgebrochen.

Liest man sich den Text einmal ganz bewusst laut vor, stellt man fest, dass der Illustrator seine eigene Geschichte zu dem rhythmischen, knappen Text erfunden hat. Als analysierender Erwachsener merkt man, dass das, was die  Bilder erzählen, Assoziationen zu einem Gedicht ohne Reime sind. Das hat etwas Magisches und ist ein Bilderbuch für Kinder, die Geheimnisse und Geschichten voller Fragen und Rätsel lieben.