Kinderbuch der Woche: Die Gier im Regenwald

Bücher für Kinder von null bis zu zwölf Jahren und für ihre Erwachsenen – von Gabriela Wenke empfohlen. Jeden Donnerstag bis zur Frankfurter Buchmesse.

 

Daboka freut sich schon auf die Wanderung ihres Stammes zu den Verwandten am anderen Ende des Pfades. Gemeinsam feiert man den Vollmond ebenso wie die Begegnung.
Generationen von Vorfahren hatten den Pfad ausgetreten, an seinem Rande wachsen Pflanzen, deren Samen auf den vielen Wanderungen dort verstreut wurden. Doch dieses Mal endet der Pfad, bevor Dabokas Stamm die Verwandten erreicht hat. Ein breites, stinkendes Band zieht sich durch den Wald. Mitten im Gestank und Maschinenlärm sehen sie weiße Menschen, die flatternde Häute tragen. Einer von ihnen erblickt auch sie und schreit vor Schreck laut auf. Da drehen sie sich um, laufen zurück in ihr Dorf und beraten, was sie tun können.
Popoké, der Älteste, berichtet, dass vor langer Zeit schon einmal Weiße in den Urwald eingedrungen waren. Sie nannten sich Evangelistas und hatten ihren eigenen Gott. Damals folgten viele Stämme ihnen in große Dörfer, fasziniert von all dem Neuen und den unbekannten Gegenständen. Doch als die indigenen Völker misstrauisch wurden und beschlossen, in ihre Dörfer zurückzukehren, war es für viele schon zu spät, denn sie wurden krank und starben.
Es dauerte lange, bis die Stämme sich von diesen Verlusten erholt hatten. Manche flohen weiter hinein in den Regenwald, aber einige blieben. Einen davon, Anumi, will Popoké aufsuchen und um Rat fragen. Aber der Älteste kommt nicht zurück.
Später berichtet Anumi, dass Popoké getötet wurde, und beschwört Dabokas Stamm, tiefer in den Regenwald zu fliehen. Bevor die Flucht beschlossene Sache ist, wird das kleine Volk überfallen. Nur Daboka und ihre jüngere Schwester, die am Fluss fischen waren, überleben, werden gefangen genommen und verschleppt. Anubis Frau, die bei den Weißen lebt, hilft ihnen zu entkommen, und die beiden Mädchen verschwinden in den Tiefen des Regenwaldes.
Diese Geschichte folgt wahren Begebenheiten: 2014 fiel in Ecuador – wieder einmal – ein Amazonasvolk der Gier der Ölkonzerne zum Opfer. Marion Archard erzählt all das so einfach und schnörkellos, dass schon Zehnjährige es verstehen können.
Mit Ingeborg Bachmann finde ich: „Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar“, auch sehr jungen Menschen. Die Zerstörung der Regenwälder, die weitere Förderung und Vermarktung von Erdöl sind Ursachen des Klimawandels, der junge Menschen heute auf die Straße bringt. Und schließlich geht es auch darum, den Lebensraum der indigenen Stämme zu bewahren.

 

 

 

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