Weltwissen in Kindergärten, Schulen und Familien

23 Filme aus 23 Jahren von Donata Elschenbroich und Otto Schweitzer erscheinen im September 2018 neu bei wamiki. Mit ihren Filmen dokumentieren die Kindheitsforscherin und der Filmemacher zugleich Bildungsgeschichte weltweit. Sie greifen Entwicklungen voraus und erweitern den Horizont des Möglichen.

Acht Fragen an Donata Elschenbroich (DE) und Otto Schweitzer (OS) von wamiki.

 

Frau Elschenbroich: Sie haben Musik und Literatur des Mittelalters in München und London studiert. Wie sind Sie Expertin für die Jahre der Kindheit geworden?

DE: Die mittelhochdeutsche Sprache kann man zunächst nur halb verstehen, aber diese Literatur hat mich berührt, schon in der Schulzeit. Und dankbar war ich dann der Wissenschaft, der Mediävistik, die mir half, die fremde Gedankenwelt des Mittelalters zu erschließen. In den 60er Jahren war ich eine von nur 6 Prozent Mädchen meines Jahrgangs, die studierten. Dass das ein Privileg ist, habe ich gespürt, und nach fünf Jahren war es genug. Mit den Kindern im Märkischen Viertel, wo ich nach dem Studium zwei Jahre lang einen Kindergarten gegründet habe, in einem Bauwagen improvisiert, ging es mir nicht so anders. Auch die Lebenswelt der proletarischen Familien war mir sehr fremd. Aber die Kinder in diesem Betonviertel auf Berliner Sandboden, wie lebendig die waren, das hat mich begeistert, ihr Witz, ihre Poesie. Und vor Augen war da immer zugleich diese Sonderschule. Ein Gebäude mit großer Kapazität mitten hinein gebaut in das Wohnviertel. Die ist für euch gedacht, sagte das Gebäude. Das empört mich in der Erinnerung, heute nicht weniger als damals. Und weil ich aber keine gute praktische Pädagogin bin – ich habe nie gelernt, mit Kindern in größeren Gruppen sinnvoll umzugehen, Tag für Tag, Monat für Monat –, bin ich wieder zurückgekehrt zu den Büchern. Und konnte mit einem Promotionsstipendium viel lesen und schreiben über die Geschichte der Kindheit und der Kindheitsbilder. Wie Gesellschaften mit Kindern umgehen, das kann ein Schlüssel sein zum Verständnis von Epochen, und von menschlichen Beziehungen in ihrer ganzen kulturellen Breite.

Herr Schweitzer: Sie haben Soziologie in Wien und Frankfurt studiert, in Bremen zur italienischen Volkssprache promoviert. Wie sind Sie zur forschenden Filmarbeit gekommen?

OS : Raus aus der Schreibstube. Nach all den Schulen und Studien entstand ein Bedürfnis nach der physischen Welt. Als Zuschauer war ich, wie alle, begeistert von der unmittelbaren Wirkkraft der gestalteten Bilder. Als Autor hatte ich das Gefühl, dass das Schreiben wenig dem hinzufügte, was ich schon gedacht hatte. Das Schreiben bietet wenig Widerstand. Aber wenn man sich in die physische Welt begibt mit Kamera und Tonband, ist die aufgenommene Realität immer mehr als man selber denken und mitteilen könnte.

 

Seit 30 Jahren entdecken Sie in Ihren Filmen das Thema Kindheiten immer wieder neu. Was fasziniert Sie an dem Lebensthema Kindheit?

DE: Wie Lebensfreude und Wissbegier einander steigern, das ist in der Kindheit mit Händen zu greifen. Und ist überall, in Frankfurt-Eckenheim nicht grundsätzlich anders zu beobachten als in Tansania oder in Bolivien bei den Kindern der „vergessenen Milliarde“. Und immer wieder berührt mich, und verwundert mich der pädagogische Impuls, der uns Menschen anscheinend eigen ist. Man will etwas abgeben vom eigenen Wissen und Können. Abgeben an Wesen, die nicht einmal zum eigenen Clan gehören. Was hat man selbst davon? Ist doch erstaunlich. Humanistisch.

Und was fasziniert Sie an dem Medium Film, Herr Schweitzer?

OS: Der Film gibt keine Gedanken und Theorien wieder. Sondern er löst das Sichtbare in Handlungen auf. Als Zuschauer muss man den Handlungen folgen, und das macht den Schritt sehr klein von den nachvollzogenen Handlungen zu den eigenen Handlungen in der täglichen Arbeit. Ein anderer Aspekt: Handlungen sind Realität, sie sind machbar. Die Handlungen, die die Erzieher im Film wahrnehmen, sind immer schon auf der Folie ihrer eigenen Erfahrungen interpretierte Handlungen. Sie sind eine erweitere Realität, durch die Zuschauer selbst erweitert, und bedürfen kaum des Kommentars der Filmemacher.

Die Kinder sind die besten Mitarbeiter eines Regisseurs. Sie wissen genau, dass sie jetzt gefilmt werden und können es gleichzeitig wie vergessen, und sie vertiefen sich in ihre Vorhaben in der vollen Freiheit des Unbeobachtetseins.

Bildung für nachhaltige Entwicklung ist weltweit ein Thema geworden. In ihrem neuen Film: „Erde auf dem Feld – Erde auf dem Dach“ zeigen Donata Elschenbroich und Otto Schweitzer, wie (indische) Pädagoginnen und Pädagogen den Kindern im Dorf und in den Slums der Großstädte Wege bahnen zur ecological literacy, zum Wissen über den Boden, über die Erde, unsere Lebensgrundlage.

Mit Ihren Filmen dokumentieren Sie zugleich Bildungsgeschichte weltweit. Sie greifen Entwicklungen voraus und möchten den Horizont des Möglichen erweitern. Wie finden Sie Ihre Geschichten?

DE: Es reizt mich, große Themen der Zeitgeschichte immer wieder zu übersetzen in die Sicht von Kindern. Wie sehen die das, was sagen die vielleicht dazu? Und die Phänomene neu zu betrachten, versuchsweise, aus der Sicht von Kindern. Mathematik etwa – ich als Kind habe schlechte Erfahrungen gemacht mit dem Thema. Also mit siebzig nochmal zurück auf Anfang. Mit der Hilfe von Kindern und von genialen Pädagoginnen wie Nancy Hoenisch oder Ute Andresen sind mir beim Drehen einige Lichter aufgegangen. Als Kollegin in einem Kindergarten wäre ich, wie gesagt, nicht gut zu gebrauchen. Aber ich habe ein Gespür für, ich nenne es „Gute Orte“ – hier passiert gerade gute Pädagogik – ob das in Ober-Balbach ist oder in Tel Aviv oder in Kalkutta. Da will ich genauer hinschauen, das soll aufgezeichnet werden, das sollen andere in Deutschland auch sehen. Und Otto Schweitzer blickt dann noch näher hin mit der Kamera und verdichtet die Qualität des Beobachteten durch seinen Schnitt.

Ihre Filme richten sich an Pädagoginnen und Pädagogen in Ausbildung, Studium und Praxis, an Familien und an ein allgemein bildungspolitisch interessiertes Publikum. Den Blick an guter Praxis bilden, warum ist das Medium Film dafür besonders geeignet?

DE: Erzieher und Erzieherinnen sind gute Beobachter. Der Beruf legt das nahe, darin üben sie sich täglich. Gelesen wird seltener, jedenfalls nicht die Papiere, die in Forschungsinstituten verfasst werden. Viele schöne Erlebnisse hatte ich im Publikum mit unseren Filmen. Erzieher hören Nuancen im O-Ton. Sie erfassen schnell den wesentlichen Gehalt der Interaktionen zwischen Kindern und Erwachsenen. Sie leben sich spontan ein in Szenen auch aus anderen Gegenden der Welt. Sie können sich freuen an Stärken von Kindern. Können sich konkurrenzlos beeindrucken lassen vom Können anderer Kolleginnen.

Erde-Film: Einblicke in die forschende Auseinandersetzung von Kindern mit der Ökologie der Dörfer und Megacities

 

Zeigen Sie auch misslungene Praxis?

Lustlose Pädagogen und pädagogischen Leerlauf – das treffen wir natürlich auch an. Das dokumentieren wir aber nicht. Wir wollen nicht das Vertrauen in unsere Kamera missbrauchen. Wir kritisieren das Negative lieber auf indirektem Weg: indem wir zeigen, was positiv möglich ist. Möglich wäre. Deshalb achten wir darauf, dass die Bedingungen der gezeigten Praxis keine Sonntagsbedingungen sind. Oft ganz im Gegenteil.

OS: Das Fernsehen fokussiert auf die Katastrophe, auf die Probleme. Vielleicht lassen die Katastrophen der anderen die eigenen leichter ertragen, aber man kann daraus nichts lernen.

Warum gehen Sie so oft in ferne Länder?

DE: Wenn wir uns ein neues Thema vorgenommen haben, etwa Schrift, hatten wir gewisse Vor-Urteile. Etwa „Schrift ist in der jüdischen Kultur besonders bedeutsam“. Also mal schauen, wie Vierjährige im Kindergarten in Israel an Schrift und Zeichen herangeführt werden. Oder „der ungarische Komponist Zoltan Kodály hatte nach dem Zweiten Weltkrieg großen Einfluss auf die musikalische Früherziehung“. Also sich in ungarischen Kindergärten umsehen, wird da heute tatsächlich noch viel gesungen und musiziert? In der Erzieherausbildung sollten solche Exkursionen selbstverständlich sein. Unsere Filme springen ein wenig in die Lücke.

OS: Wenn man eine neue Szene betritt, zum Beispiel eine neue Stadt, sieht man in den ersten Stunden so viel wie nachher nie wieder. Deshalb erleichtert ein fernes Land die Anschauung. Aber wir haben beim Drehen das Fremde immer bald vergessen. Das Exotische war wie durch Zauberhand verschwunden, und wir konnten den Erwachsenen und Kindern folgen als wären sie Teil unserer Welt. Diese wie spielerische Überwindung von Distanzen könnte sich auch auf die Interkulturalität bei uns übertragen.

Vielen Dank für das Gespräch!

 

DVD-Reihe WELTWISSEN in Kinder­garten, Familie und Schule

23 Filme aus 23 Jahren
von Donata Elschenbroich und Otto Schweitzer

 

Die Reihe WELTWISSEN: Kinder in den Jahren vor der Schule werden in Deutschland nicht „unterfordert“, wohl aber oft unterschätzt in ihren Interessen und in ihren Fähigkeiten zu aktivem Wissensaufbau.

Die Filme lenken die Aufmerksamkeit auf lange vernachlässigte Themenbereiche wie zum Beispiel die frühen Erfahrungen mit der Schrift (preliteracy), die elementare Naturforschung, auf überraschende Begabungen im Kindesalter und auf die Ermutigung von Eltern als den Bildungsbegleitern ihrer Kinder. Sie versammeln beispielhafte Beobachtungen guter frühpädagogischer Praxis in Deutschland und in anderen Ländern, kommentiert vor dem Hintergrund wissenschaftlicher Recherchen und von Interviews mit Experten und Praktikern. Die Filme möchten die Wahrnehmung für das Mögliche erweitern und das Mögliche als das Realisierbare vorstellen.

Sie richten sich an Pädagoginnen und Pädagogen in Ausbildung, Lehre und Praxis, an Eltern und ihre Kinder und an ein allgemein bildungspolitisch interessiertes Publikum.

Im Preis der DVDs sind die V&Ö-Rechte enthalten.

Drehorte: Kindergärten, Schulen, Projekte, Familien, Experten u. a. in Japan, China, USA, Israel, England, Frankreich, Schweden, Italien, Spanien, Türkei, Ungarn, Kirgisien, Kasachstan, Myanmar, Uganda, Tanzania, Indien, Deutschland.

Interviews: u. a. mit Yehudi Menuhin (Musiker und Dirigent, London), Georges Charpak (Nobelpreis Physik, Paris), Pierre Léna (Physiker, Académie francaise, Paris), Katalin Forai (Musikwissenschaftlerin, Budapest), Andrew Meltzoff (Säuglingsforscher, Seattle), Mechthild Papousek (Säuglingsforscherin, München), Nancy Hoenisch (Elementarpädagogin, Virginia), Lady Margie Whalley (Entwicklungspsychologin, Corby), Wolf Singer (Hirnforscher, Frankfurt), Keiko Higuchi (Familiensoziologin, Tokyo), Artur Fischer (Erfinder, Tumlingen) Renate Schmidt (Familienministerin a. D., Berlin), Helmut Rau (Kultusminister Baden-Württemberga. D., Stuttgart), Wolfgang Roth (Hirnforscher, Bremen), Avima Lombard (Entwicklungspsychologin, Jerusalem), Marlis Karlsson-Lohmander (Entwicklungspsychologin, Göteborg), Ute Andresen (Autorin, München), Frank Wilson (Hirnforscher, San Francisco), Helmut Schreier (Pädagoge, Hamburg), Christoph Perleth (Begabungsforscher, Rostock), Peter Fauser (Jury Deutscher Schulpreis), Ardhendu Sekhar Chatterjee (Ökophilosoph, West Bengalen), Michael Tomasello (Anthropologe, Max Planck Institut, Leipzig).

Produktionszeitraum: 1995 bis 2017, Neuauflage 2018

 

WELTWISSEN 1: Die Natur und die Dinge

 

Die Befragung der Welt
Kinder als Naturforscher – 60 Minuten (2004)
„Das Kind erwartet die Naturwissenschaft. Wir müssen sie in ihm auslösen.“ (Martin Wagenschein)
Leben lernen heißt immer auch, elementare Physik zu betreiben.

Das Rad erfinden
Kinder auf dem Weg in die Wissensgesellschaft – 50 Minuten (1999)
„Kinder sind nicht belehrbar. Sie können nur selbst lernen.“
Zukunftsweisende Formen des Lernens in Deutschland und Europa an der Schwelle zum 21. Jahrhundert.

In den Dingen
Kinder und Eltern öffnen die Wunderkammern des Alltags – 50 Minuten (2009)
„Ich werde nie vergessen, was ich von den Dingen gelernt habe.“ (Pier Paolo Pasolini).
In den Alltagsgegenständen steckt das Wissen der Welt.

Die Dinge – daheim
Ein Bildungshaus im Taubertal – 45 Minuten (2008)
In einer „Weltwissen-Vitrine“ stellt ein Kindergarten und eine Grundschule, zum Bildungshaus verbunden, Dinge und Werkzeuge bereit, damit Kinder sie ausleihen, bespielen und erforschen können – daheim. Im Elternhaus, einem entscheidenden Bildungsort.

Mathematik ist überall
55 Minuten (2014)
Sie kommt uns entgegen, die Mathematik, in den Mustern der Natur, in der planvollen Regelung des Alltags, beim Nachdenken über Ordnungen. „Mathematisieren“ mit Kindern: Räume ausloten, Kräfte messen. Mathematik ist mehr als nur ein Schulfach.

 

WELTWISSEN 2: Singen, Schreiben und mehr

Im Frühlicht
Die ersten drei Jahre als Bildungszeit – 52 Minuten (2005)
Krippen – dringend nötig, aber längst nicht mehr gesehen als Notlösung. Sondern als eine einmalige Bildungszeit von „Null bis Drei“

Die Farbe des Echos
Kulturen musikalischer Erziehung – 60 Minuten (2000)
Wie eine fundamentale menschliche Sprache gelernt wird: Dimensionen musikalischer Bildung in Deutschland und England, USA und Japan, Österreich und Ungarn.
„Die Musik gehört allen.“ (Zoltan Kodály)

Das Lied beim Händewaschen
Ein musikalischer Kindergarten in Budapest – 25 Minuten (2000)
Supplement-Film zu „Die Farbe des Echos“. In einem ärmeren Stadtteil von Budapest zeigt ein Kindergarten ein erstaunliches Repertoire von Tänzen mit komplexen Choreographien, mehrstimmigen Liedern und vielsprachigen Gedichten. Der Film beobachtet die positiven sozialen Folgen der anspruchsvollen Praxis.

Ins Schreiben hinein
Kinder auf der Suche nach dem Sinn der Zeichen – 60 Minuten (2001)
Ein weltvertrauender Umgang mit dem Schreiben soll nicht das Privileg von Wenigen sein. Wie Kinder in der Welt der Zeichen zu einem unerwarteten Ausdruck finden, und wie Erwachsene in Familie und Kindergarten sie bei ihren Probegängen unterstützen, beobachtet der Film auch in Japan, Israel und England.

Das Kind ist begabt
Mit den Begabten Begabung neu sehen lernen. – 60 Minuten (2007)
Ungewöhnliche Kinder, die es sich selbst und ihren Nächsten nicht bequem machen. Aber sie werden anerkannt in den erstaunlichen Formen ihres fordernden Selbstausdrucks – in der Familie, im Kindergarten, in der Grundschule.

 

WELTWISSEN 3: Kulturen früher Bildung

Das Jahrhundert des Kindes im Jahrhundert des bewegten Bildes
Filmische Dokumente aus den Archiven des 20. Jahrhunderts in Deutschland. – 55 Minuten (1999)
Das Bild des Kindes von Jahrzehnt zu Jahrzehnt – in der Reformpädagogik – im Faschismus – in der DDR und in der frühen Bundesrepublik – `68 und danach…

Anleitung zur Neugier
Aufwachsen und Lernen in Japan – 3×27 Minuten (1995)
Professionelle Mütter: zuhause und in der Krippe
Handwerk des Lebens: Grundhaltungen im japanischen Kindergarten
Die Gruppe, das bessere Selbst: japanische Grundschulen
Drei Stationen japanischer Kindheit – drei Stufen der Eroberung von Weltwissen, in je besonderer Weise geschützt, angeleitet, selbsttätig.

Je mehr man von der Welt weiß, umso interessanter wird sie
Frühe Bildung in Südtirol – 45 Minuten (2012)
Ein weiter Horizont früher Bildung im 21. Jahrhundert: in der Holzwerkstatt, am Fluss, im Atelier, am Bügeltisch und im Labor. Und Kinder in ihrem Element, dem tätigen Erkennen.

Erzieherportraits
Erzieherinnen-Profile in USA, Schweden, Italien – 60 Minuten (2002)
„Auf sehr unterschiedliche Weise kann man eine gute Erzieherin sein.“
Der Erzieherberuf, die Erzieherpersönlichkeit: eine starke Wechselwirkung. Viele Gemeinsamkeiten, viele Unterschiede in den bereisten Ländern.

Lebenserwartung
Die Alten und die Kinder in Japan – 53 Minuten (2009)
Was können Kinder und alte Menschen für einander tun?
Japanische Begegnungen im Pflegeheim, in der Familie, in Mehrgenerationenprojekten. „Lebenserwartung“ steigernd, für die Kinder und für die alten Menschen.

 

WELTWISSEN 4: Resonanzraum Familie

Early Excellence im Wohnzimmer
Drei Filme a 10 Minuten (2009)
Forschen, Lesen, Fragen – nur wenn das im Kindergarten angebahnte Lernen auch in die Familien ausstrahlt, kann das Kind das Lernen als einen Teil seines Lebens erfahren. Drei Filme beobachten, wie Eltern aus aller Welt die Anregungen vom Kindergarten umsetzen.

Nahaufnahme Qualität
Kitas in Frankfurt/M. – 45 Minuten (1999)
Wie Kinder ein Tagesprogramm in persönliche Lernerlebnisse verwandeln. Beobachtet mit Erzieherinnen in sechs Frankfurter Kindertagesstätten.

Portfolio
Bildungstagebücher im Kindergarten – 57 Minuten (2007)
Im Leben der meisten Kindergartenkinder inzwischen ein selbstverständlicher Begleiter ist das Bildungsbuch, das Ich-als-Kind-Buch, mit dem das Kind seine Selbstwahrnehmung erweitert. Für Pädagoginnen und Pädagogen gewiss Mehrarbeit, aber durch die Einbeziehung der Eltern eine erweiterte Wahrnehmung des ganzen Kindes.

Glückskekse
Interkulturelle Familienbildung in Münchner Kitas – Zwei Filme a 15 Minuten (2008)
Es gibt Handlungsfelder, in denen sprachliche Barrieren und Bildungsunterschiede keine Rolle spielen. Beim Kochen mit Müttern im Kindergarten zum Beispiel. Im zweiten Film dagegen werden kulturelle Unterschiede zum Thema: beim Erkunden der Kontinenten-Kisten.

Vater sein ist schön (Baba olmak güzel sey)
Drei Kurzfilme zur Bildung neuer Väterlichkeit in der Türkei – 27 Minuten (2008)
Adaptation einer Fernsehserie der türkischen Familienbildungsorganisation ACEV, mit deutschen Untertiteln.
Die patriarchalische Ausrichtung des Familienlebens steht auch in einigen Herkunftsländern auf dem Prüfstand. Wir dokumentieren eine erfolgreiche türkische Fernsehserie und ihre Begleitkurse für Väter.

Ruhe auf der Flucht
Begegnungen mit geflüchteten Kindern – 45 Minuten (2015)
Flucht ist Alltag auf allen Kontinenten. Der Film fragt, wie man in einem der größten Flüchtlingslager in Afrika damit umgeht. Auch in Deutschland findet der Film überraschende Initiativen, die das Einleben der Familien in der Fremde erleichtern.

 

WELTWISSEN – Bonusfilme zur Auswahl:

Vom Helfen
Helfen, Teilen, Kooperieren – 55 Minuten (2016)
Wie kann die erstaunliche Empathie und Hilfsbereitschaft von Kindern erhalten bleiben? Wie kann sie kultiviert werden in einem erweiterten Bildungsverständnis von Kindergarten, Hort und Schule?

Erde auf dem Feld – Erde auf dem Dach
Umweltbildung in Westbengalen – 45 Minuten (2017)
„Nachhaltige Entwicklung“ ist weltweit ein Bildungsthema geworden. Wie indische Pädagoginnen und Pädagogen den Kindern im Dorf und in den Slums der Großstädte Wege bahnen zur ecological literacy, zum Wissen über den Boden, über die Erde, unsere Lebensgrundlage.

PINA SCHAUKELT – Was kleine Kinder brauchen

01 pina schaukelt

Als am 8. März diesen Jahres in der gut gefüllten Urania in Berlin der Abspann von „Pina schaukelt“ der Regisseurin Heide Breitel lief, setzte lang anhaltender Beifall ein.

Wir hatten hier mit vielen anderen gemeinsam etwas gesehen, was ich als ein Ereignis der besonderen Art bezeichnen will: 90 Minuten lang schauten mehrere hundert Erwachsene gebannt vier Kleinstkindern zu, und ab und zu auch ihren Erzieher_innen. In einem Film fast ohne Handlung. Und das war keine Minute langweilig.
Nein, das war so spannend, so erkenntnisreich und gleichzeitig so unterhaltend, dass wir wussten – diesen Film wollen wir in unser Verlagsprogramm aufnehmen! Den müssen viel mehr Menschen sehen, als es die wenigen Kinoaufführungen ermöglichen. Nicht nur alle Kita-Erzieher_innen, sondern auch alle Väter und Mütter in diesem Land. Eigentlich alle, die Verantwortung für die Betreuung, Bildung und Erziehung von Kindern tragen. Größenwahn? Sicher! Also warum?

Weil der Film einerseits die Lernfähigkeit, Entdeckerfreude und Gestaltungslust der anfänglich zehn Monate alten Protagonisten authentisch einfängt und sie achtzehn Monate lang auf ihrem Weg geduldig beobachtet und anteilnehmend begleitet. Und weil er gleichzeitig die gelungene Beziehung dieser Kinder mit ihren Erzieher_innen zeigt. Eine Beziehung, die von Aufmerksamkeit, Zugewandtheit und vor allem von tiefem, stabilen Vertrauen gekennzeichnet ist und jeden Tag wieder neu geknüpft wird. Ihnen, den Kindern und Erzieher_innen, dabei zuzusehen ist für mich das eigentliche Highlight des Filmes.

Der Neurobiologe Gerald Hüther, der im Produktionsprozess des Films beratend involviert war, beschreibt in seinem lesenswerten Beitrag zum Film diese besondere Rolle der Erzieher_innen: „Es ist nicht leicht, Kinder zu begleiten, ohne sie zu Objekten von Erwartungen, Bewertungen, Belehrungen oder irgendwelcher Fördermaßnahmen zu machen. Dazu bedarf es eben der besonderen inneren Einstellung oder Haltung der jeweiligen Bezugspersonen, mit der Voraussetzung, dass ein Kind kein Objekt ist, sondern als gestaltendes, lernfähiges und erkennendes Subjekt wahrzunehmen ist. (…) Der Film von Heide Breitel lässt erleben, (…) wie diese Entwicklungen möglich werden.“

Sehen Sie selbst! Hier geht es zum Trailer des Films. Der Film ist ab sofort in unserem Shop bestellbar (HIER)!

Interview mit der Regisseurin Heide Breitel

heide breitel

Der Dokumentarfilm „Pina schaukelt. Was kleine Kinder brauchen“ (Deutschland 2016) beobachtet junge Kinder ab zehn Monaten auf Augenhöhe in ihrem Alltag in der Kinderkrippe und begleitet sie, bis sie 2 ½ Jahre alt sind. Der Film zeigt die unerschöpfliche Lernfähigkeit, Entdeckerfreude und Gestaltungslust, mit der Kleinst-und Kleinkinder die Welt erobern. – Einfühlsam begleitet von Erziehern und Erzieherinnen, die die Kunst des pädagogischen Ping-Pong-Spieles beherrschen, die die Kinder herausfordern, zugewandt und aufmerksam sind.

Wie sind Sie auf die Idee gekommen, einen Dokumentarfilm über Kleinkinder zu machen? Gab es einen Auslöser?

Seit dem 8. August 2013 besteht nach dem Krippenkinderförderungsgesetz bundesweit ein Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz für alle unter Dreijährigen. Es wurde viel darüber berichtet, wie das organisatorisch zu schaffen sei. Aber wie der Tagesablauf für die Kinder aussehen soll, was sie wirklich brauchen, um wachsen zu können an Körper, Geist und Seele, ist in der Diskussion untergegangen. 2012 habe ich den Film SCHLÜSSEL ZUM LEBEN in einer Kinderkrippe in Frankfurt am Main gedreht. Seitdem war es mein Wunsch, Kinder beim Wachsen länger zu beobachten.

Einen Kindergarten zu finden, der bereit ist, sich über einen längeren Zeitraum bei der Arbeit filmen zu lassen, war sicher nicht einfach. Wie haben Sie die Kita gefunden?

Bei meiner Recherche habe ich viele Einrichtungen besucht, staatliche, kirchliche, auch privat geführte Kindergärten. Dabei habe ich den INA KINDER.GARTEN in der Dresdener Straße in Berlin kennengelernt. Diese Kita ist 1986 aus einem umgebauten Parkhaus entstanden, deshalb gibt es dort sehr viel Platz für die Kinder. Die INA KINDER.GÄRTEN arbeiten nach dem Situationsansatz: was für die Kinder in diesem Moment gerade wichtig ist, wird aufgenommen, mit den Kindern bearbeitet und weitergeführt. Bei den Kleinkindern stehen Liebe und Wärme im Vordergrund, dass sie z.B. auf den Arm genommen werden wollen, wenn sie Trost und Schutz brauchen. In der Nestgruppe für Kinder unter drei Jahren fangen drei Erzieher_innen mit nur sechs bis acht Kindern an, die zwischen neun und elf Monate alt sind. Die Gruppe wächst im Laufe der Zeit und es kommen Kinder dazu, bis sie drei Jahre alt sind. Wir haben im Dezember 2013 mit acht Kindern in der Nestgruppe angefangen zu drehen.

Wie haben Sie sich mit den Eltern abgestimmt? Waren immer alle einverstanden mit den Dreharbeiten?

Das Einverständnis von Eltern kleiner Kinder zu bekommen, setzt großes Vertrauen voraus. 2002 habe ich ICH KANN DAS SCHON gedreht, ein Dokumentarfilm mit kleinen Kindern, die Down-Syndrom haben und 2005 war ich in der FERDINAND-FREILIGRATH-SCHULE für meinen Film AUS ERFAHRUNG KLUG. Mit diesen beiden Filmen habe ich mich den Eltern vorgestellt, damit sie sehen können, wie ich arbeite. Auf einem Elternabend habe ich viele Fragen beantwortet. Es gab auch Ablehnung. Aber in der Gruppe der ganz Kleinen haben die Eltern schließlich zugestimmt. Ich wurde sehr genau befragt, weil befürchtet wurde, dass ich mich auf Kosten der Kinder profilieren will. Nachdem die Eltern meine Filme gesehen hatten und nach einem weiteren Gespräch, waren dann alle einverstanden, auch dass ich zwei Jungen und zwei Mädchen auswählen wollte, damit die Zuschauer die Kinder im Film wiedererkennen können.

Wie haben sich die Erzieher_innen auf die Dreharbeiten vorbereitet?

Vor den Dreharbeiten habe ich die Nestgruppe immer wieder besucht. Einerseits wollte ich mich mit den Kleinen vertraut machen, andererseits um mich mit den Erzieher_innen abzustimmen. Bis zum zweiten Lebensjahr entwickeln sich die Kinder in Riesenschritten. Das wollten wir auf keinen Fall verpassen. Als wir anfingen, krabbelten sie noch, dann ziehen sie sich hoch, kommen auf die Füße, wagen die ersten Schritte und Lautieren, bis sie Ein-Wort-Sätze bilden und allmählich zur Sprache kommen. In dieser rasanten Zeit haben wir monatlich gedreht. Danach sind wir seltener gekommen und der Film endet, als die Kinder ca. 2 ½ Jahre alt waren und sich als ICH wahrnehmen konnten. Mir war es wichtig, den ganz normalen Alltag zu dokumentieren, die Kinder verbringen ja oft den ganzen Tag in der Kita. An die Erzieher_innen hatten wir keine besondere Wünsche: was an diesem Tag passierte, haben wir gedreht. So gesehen arbeiten wir auch mit dem Situationsansatz.

Wie haben Sie Ihr Aufnahme-Team gefunden?

Mit den Kollegen_innen habe ich schon oft zusammengearbeitet. Wir kennen uns lange und ich habe absolutes Vertrauen, dass sie den Tag mit Kamera (Thomas Ladenburger und Ralph Netzer) und Ton (Lilly Grote) so intensiv begleiten, wie es für die dokumentarische Arbeit erforderlich ist. Alle hoch-professionell und alle auch sehr umsichtig mit den Kleinen. Die Kamera musste sich fast immer auf dem Fußboden entlang bewegen, weil wir die Kinder gerne auf Augenhöhe sehen und nicht auf sie herabblicken wollten. Das war für das Team nicht immer leicht, hat aber super funktioniert. Der kleine Luc war beim ersten Drehtag so neugierig, dass er am liebsten ganz in die Kamera hineingekrochen wäre. Beim zweiten Dreh hatten wir eine weitere Kamera dabei, die das Team filmte. Jury ist auf der Rutsche und schaut mit großen Augen in die Kamera, will genau herausfinden, was da drin ist. Das konnte ich mit den Bildern der zweiten Kamera zeigen. Lilly Grote hat sich besonders gefreut, wenn wir bei den Kleinen waren und sagte immer: „So waren wir auch alle mal.“

Die Dreharbeiten waren vermutlich voller Überraschungen, weil Sie vorher nie wissen konnten, was sie erwartet.

Stimmt. Wenn sie noch ganz klein sind, schließen Kinder schon Freundschaften. Ein Beispiel: Luc hat ein schlafendes Kind im Körbchen geschaukelt und man sieht, dass er nach oben schaut. Die Kamera folgt seinem Blick und wir sehen, wie Juri zur Tür reinkommt, die Arme hochreißt, sich freut und lacht. Beide gehen aufeinander zu und geben sich ein Küsschen. Es ist immer ein Geschenk, wenn die Kamera genau in diesem Augenblick da ist, wo sich so eine kleine Szene ereignet. Sie ist eine meiner Lieblingsszenen im Film. Inszenieren kann man nicht mit kleinen Kindern. Aber der Dokumentarfilm kann zeigen, was sie gerade tun, worüber sie sich freuen, auch worüber sie traurig sind, wenn man sich ganz einlässt und jede Sekunde nah bei den Kindern bleibt und hinschaut.

Gab es auch Zeiten, in denen die Arbeit schwierig war?

Im Team gab es keine Schwierigkeiten, alle haben sich immer gefreut, die Kinder wiederzusehen. Für die Erzieher_innen war es schwerer, weil die Dreharbeiten doch ein Eingriff in ihre Arbeit waren. Auch sind sie es nicht gewohnt, vor der Kamera wie Schauspieler_innen ganz natürlich zu bleiben. Als wir uns länger kannten, war das aber nicht mehr so ein Problem. Ich habe immer nachgefragt, an welchen Tagen wir kommen können, damit “unsere vier Kinder“ nicht gerade krank sind oder im Urlaub. Zwischendurch habe ich sie besucht, mit ihnen gespielt und gesungen, damit das Vertrauen zwischen den Drehphasen nicht verloren geht. Ich bin den Erzieher_innen sehr dankbar, dass sie das durchgestanden haben mit uns, weil das schon eine Doppelbelastung gewesen ist. Aber im Nachhinein sind wir alle gemeinsam froh, dass wir das geschafft haben.

Die Musik im Film trägt viel zur Stimmung bei. Wie ist der Soundtrack entstanden?

Mit dem Komponisten Andreas Wolter habe ich besonderes Glück. Er hat schon für drei meiner Filme die Musik gemacht. Wir haben gemeinsam überlegt, wie wir es hinbekommen, dass die Aufmerksamkeit des Zuschauers in dem Gewusel der vielen Kinder bei unseren vier Kindern bleibt. Also hatten wir die Idee, dass die Musik einen zweiten Erzählstrang bildet. Wir haben den vier Kindern Instrumente zugeordnet: Pina bekam die Flöte, Juri, dem Babyalter fast schon entwachsen, das Fagott, Luc die Klarinette und Charlotte die Geige. So kann man jetzt die Kinder auch an der Musik wiedererkennen.

Interview: Hanna Hechel

Ruhe auf der Flucht – neuer Film bei wamiki

Wie wir helfen können. Donata Elschenbroich und Otto Schweitzer haben mit „Ruhe auf der Flucht“ einen hochaktuellen Film gemacht. Ab sofort in unserem Shop zu bekommen.

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Worum geht es?

Flucht ist ein universelles Thema der Menschheit und Flucht ist heute Alltag auf vielen Kontinenten. In der Erfahrung von Gewalt und Vertreibung gibt es immer wieder Momente, in denen die Unruhe aussetzt: dann, wenn andere Menschen helfen. Diese Hilfe muss mehr sein als das Dach über dem Kopf und Mahlzeiten für die nächsten Tage. Das beobachtet der Film in Flüchtlingscamps in Afrika (Uganda), in Asien (Myanmar) und in Europa (Schweiz und Deutschland). Der Film  zeigt Beispiele, wie Ehrenamtliche abgeben von dem, was sie haben und was sie können. Jeder zweite Deutsche kann sich das vorstellen als eine gute Erfahrung für beide. Das Ermöglichen des Tätigseins, der Teilhabe ist der Leitgedanke von vielen Initiativen bei uns.

Der Film beobachtet, wie ohne großen Aufwand solche Momente von Kindern und Erwachsenen als „Ruhe auf der Flucht“ erlebt werden, bei einer Naturbeobachtung, mit dem Skateboard, beim Malen, bei Yoga-Übungen, beim Erkunden einer Orgel. In einem Kindergarten in Baden-Württemberg werden Flüchtlingsfrauen als ehrenamtliche Mitarbeiterinnen beschäftigt.

Das Kultusministerium Baden-Württemberg unterstützt diese und andere Initiativen, wie Mütter- und Familienzentren. Beraten wird am Runden Tisch, gegründet von der Staatssekretärin Marion v. Wartenberg.

 

Ruhe auf der Flucht.Standbild002

 

 

Ruhe auf der Flucht
Ein Film von Donata Elschenbroich und Otto Schweitzer
2015, 45 Minuten 24,90 Euro

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