Hier gibt es den Artikel als PDF: lachen ist gesund_#5_2022
Es klingelt. Die 80jährige Nachbarin steht vor der Kindergartentür und beschwert sich, weil die Kinder Wackersteine über ihren Zaun geworfen haben. Da die Kollegin sich das kaum vorstellen kann, nimmt die alte Dame sie mit in den Garten, und siehe da: An der Seite zu unserer Einrichtung liegen überall große, schwere Wackersteine. Schnell ist klar, welche Kinder da gespielt hatten. Eine kleine Gruppe vierjähriger Jungen.
Eben diese Jungen wollen am nächsten Tag allein in den Garten. „Bevor ich euch rauslasse, muss ich noch mit euch sprechen“, kündige ich den Buben an. Ich erzähle ihnen, dass die Nachbarin am Vortag da war und sich beschwert hatte. Als ich sie frage, ob sie sich vorstellen können, warum, schauen sie mich mit großen Augen an. Dann fasst der erste Mut und sagt: „Warte nur, was passiert, wenn ich morgen meine Giftschlange mitbringe und sie loslasse.“ Der zweite stupst dem ersten Jungen gegen die Schulter und sagt: „Was hat denn das mit dem Thema zu tun? Es geht um Steine!“ Ich hätte mich nicht getraut, das so direkt zu formulieren, und unterdrücke ein Schmunzeln. Da sagt der dritte Junge: „Der Hans war aber auch dabei.“ „Dann müssen wir ihn dazu holen“, sage ich. Doch der dritte Junge winkt ab und erklärt: „Das lohnt nicht, der trifft eh nicht über den Zaun.“ Mit Mühe kann ich mir das Lachen verkneifen. Sind Kinder nicht fantastisch? Und können sie sich nicht ganz gut selbst regulieren?
Ein anderes Beispiel: Tim ist fast sechs Jahre alt und testet die neue Kollegin in der Werkstatt. Er zieht ein gelangweiltes Gesicht, lümmelt sich auf dem Stuhl herum und gibt unpassende Antworten. Siegunde, die unsere Kinder im letzten Jahr in der Werkstatt betreut hatte, sagt zu ihm: „Du weißt doch, wir gehen hier freundlich miteinander um. Aber wenn du so unfreundlich bist, hat keiner Lust, nett zu dir zu sein. Ich schlage dir vor, leise bis 10 zu zählen, und dann sind wir alle wieder gut gelaunt.“ Tim grinst und sagt: „10!“
Ich bin mir sicher, auch bei jedem Erwachsenen hätte Siegunde so reagiert. Denn es ist uns wichtig, wertschätzend miteinander umzugehen – ganz gleich, ob mit Kindern, Eltern oder im Team. Und Lachen ist für uns schon lange die beste Medizin.
Ich erinnere mich noch an die Zeit, in der meine Kollegin Rebecca und ich die einzigen Vollzeitkräfte in der Einrichtung waren. Den Kindern beim Umziehen für den Garten zu helfen – in manchen Momenten war das Akkordarbeit. Da steht ein Kind endlich in voller Montur vor dir, und dann sagt es: „Ich muss Pipi!“ Du verdrehst die Augen, aber dann lachst du, und das entspannt.
Mittlerweile ist gemeinsames Lachen fast schon Teil unserer Teamkultur geworden. Das war nicht immer so. Doch wir arbeiten intensiv an unserer Teamkultur und nehmen uns Zeit für unser Miteinander, besonderes wenn es Störungen gibt. Wir gleichen unsere Werte, vor allem die pädagogischen Werte, immer wieder miteinander ab und reflektieren unsere Arbeit regelmäßig. Das trägt dazu bei, dass wir uns alle wohl in der Kita fühlen, gern und oft miteinander lachen und diese Situationen zwischenmenschlichen Frohsinns genießen. Sie unterbrechen den stressigen Kindergartenalltag und wirken wie kurze Entspannungspausen. Vielleicht führen wir sie deshalb manchmal sogar unbewusst herbei und erzählen später gern davon. Uns faszinieren die Aussagen der Kinder und ihre Art, sich Zusammenhänge zu erschließen, die Welt zu verstehen und mit Leichtigkeit durchs Leben zu gehen. Wir teilen die Lebensfreude der Kinder, feiern auch ihre Lernmomente ganz bewusst und lassen die Eltern an schönen und lustigen Geschichten teilhaben. Das gibt ihnen die Lockerheit und das Zutrauen, unbeschwert und fröhlich Kontakt mit uns aufzunehmen. Sie wissen ihre Kinder in guten Händen.
Übrigens gehört dazu auch, dass man sich nicht immer so ernst nimmt. Ein Beispiel: Bei einer Teamsitzung erzählte Mareike von ihrem Aufnahmegespräch mit zwei neuen Eltern. „Der Vater war ziemlich ironisch, aber ich hab’s einfach nicht geblickt“, sagte sie, konnte nun herzhaft über sich selbst lachen, und wir lachten mit, freuten uns über die Situationskomik.
Zwar lachen wir gerne miteinander und auch mal übereinander, aber auf eine empathische Art und ohne bitteren Nachgeschmack. Das liegt an unserer Grundhaltung: Alle sind gut so, wie sie sind. Niemand wird im Team als Mensch in Frage gestellt.
Außerdem haben wir einen ähnlichen Sinn für Humor. Wir mögen es, uns gegenseitig auf die Schippe zu nehmen und lachen über Wortwitze, gern auch mal laut und schallend. Wir genießen die humorvolle Leichtigkeit im Umgang miteinander.
Während ich darüber nachdenke und andere Teammitglieder darüber befrage, wird mir deutlich, dass gemeinsames Lachen konzentriertes und ernsthaftes Arbeiten entspannt, uns Verschnaufpausen verschafft und uns gestärkt weiterarbeiten lässt. Freude an Dingen, die man tut, zu teilen, das beflügelt, lässt selbst schwierige Aufgaben leichter erscheinen und hilft uns, immer wieder über uns hinauszuwachsen.
Text: Saskia Franz
Saskia Franz leitet den Kindergarten St. Franziskus in Benningen.
Kontakt: Kindergarten St. Franziskus
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Foto: Kindergarten St. Franziskus