Besucher und Mitbewohner: Die Kopflaus

Wir sind nicht allein. Mit und neben uns gibt es zahlreiche andere Lebewesen. Manche sind ständig bei uns, manche tauche nur als Besucher auf. Aber sie sind da – oder könnten schon bald wieder kommen, nach Hause, in die Kita oder in die Grundschule.

Die Kopflaus

Beginnen wir mit einem sehr kleinen Tier, das zumindest dem Namen nach bekannt und weit verbreitet ist: die Kopflaus (Pediculus humanus capitis). Dieses Insekt ist so klein, dass es nur die wenigsten von uns schon gesehen und genau betrachtet haben. Dennoch eilt ihm kein guter Ruf voraus: Wird in der Kita „Läusealarm“ ausgerufen, bringt das Abwechslung in den Alltag…

Irrtümer und Halbwahrheiten

Werden bei einem Kind Kopfläuse entdeckt, kommen Kleidungsstücke und Bettwäsche, Kuscheltiere und Kissen, die ihm gehören, so schnell wie möglich in die chemische Reinigung, die Waschmaschine oder verschwinden ganz. Dabei ist das gar nicht nötig, denn die Insekten lassen sich meist nicht mal in den Mützen finden, und auf Kopfkissen treiben sie sich auch kaum herum, weil sie sich nahezu ausschließlich über den direkten Kontakt von Kopf zu Kopf verbreiten. Fällt eine Laus vom Kopf, ist sie nach wenigen Stunden vertrocknet. Deshalb sollte man sie dort suchen, wo diese Tierchen sich wirklich aufhalten.

Auch mit einem weiteren Irrtum kann man Schluss machen: Das Auftreten von Kopfläusen hat weder mit mangelnder Hygiene noch mit Armut zu tun. Sie werden auch nicht durch Haustiere wie Hunde oder Katzen übertragen. Als Nahrung eignet sich für sie nur menschliches Blut. Auffällig ist lediglich, dass Mädchen ein wenig häufiger Kopfläuse haben als Jungen und dass die Tiere in weiterführenden Schulen deutlich seltener auftreten als in Kindertagesstätten und Grundschulen.

Die Kopflaus

 

Leben im Verborgenen

Dass über Kopfläuse so viele Märchen erzählt werden, hängt mit ihrer geringen Größe und der versteckten Lebensweise zusammen. Dabei spielen die Temperaturverhältnisse eine entscheidende Rolle. Am besten geht es den Tieren bei etwa 34 bis 36 °C in einer leicht feuchten Umgebung. Wenn es also fast so warm ist wie unsere Körpertemperatur, wenn Haare die Kopfhaut vor zu großer Trockenheit schützen, fühlen die Läuse sich wohl, zumal sie leicht Nahrung finden: unser Blut. Sie ritzen die Hautoberfläche mit den stachelartigen Fortsätzen ihrer Köpfe an und saugen. Nicht viel, aber immer und immer wieder. Um weiterleben zu können, müssen sie etwa alle 2 bis 4 Stunden saugen. Mal hier, mal dort. Mit Hilfe der kleinen Krallen an den Enden ihrer Beine können sie sich gut an den Haaren festhalten und kommen damit auf dem Kopf rasch voran.

Bei genügend Wärme, Feuchte und Nahrung klappt es auch mit der Fortpflanzung. Die weiblichen Tiere legen alle paar Tage Eier ab, aus denen die Jungläuse nach ungefähr einer Woche schlüpfen und schon nach knapp zwei Wochen selbst Eier legen. So wächst die Verwandtschaft.

Übrigens: Kopfläuse sind weltweit verbreitet. In manchen Ländern finden sich die Tiere bei mehr als der Hälfte der Menschen. Kinder sind jedoch stets stärker betroffen als Erwachsene.

Die Kopflaus

 

Aus die Laus!

Während die Kleiderlaus (Pediculus humanus humanus) nicht ungefährlich ist, weil sie verschiedene Krankheiten übertragen kann, gilt die Kopflaus als weit weniger problematisch. Zwar kann auch sie Krankheiten übertragen, aber deren Erreger sind zumindest in Europa sehr selten. Dennoch gilt das Auftreten der Kopflaus als Infektionskrankheit, die seit 2001 laut Infektionsschutzgesetz gemeldet werden muss. Eltern eines betroffenen Kindes müssen die Kita oder Schule informieren, die wiederum das zuständige Gesundheitsamt verständigt. Unbedingt müssen auch die anderen Eltern informiert werden, damit sie ihre Kinder auf Läuse untersuchen. Nur wenn alle Eltern und Kinder mitmachen, lässt sich schnell Erfolg erzielen.

Um die Tiere, Eier oder leeren Eihüllen (Nissen) zu finden, braucht man die richtige Jagdtechnik. Zwei Methoden haben sich bewährt: Entweder untersucht man Haare und Kopfhaut systematisch mit Hilfe einer Lupe, oder man kämmt das angefeuchtete Haar sorgfältig Strähne für Strähne mit einem Läusekamm. Wenn man den Läusekamm nach jedem Auskämmen auf einem weißen Blatt Papier oder Tuch ausstreicht, kann man ein Tier, das zwischen den Zähnen des Kamms hängengeblieben ist, leicht erkennen.

Die Arbeit mit dem Läusekamm dient nicht nur der Kontrolle, sondern ist auch eine wirksame Möglichkeit der Läusebekämpfung. Übrigens handelt es sich dabei um die älteste Methode: Läusekämme wurden offenbar bereits vor Jahrtausenden verwendet, denn man fand sie als Grabbeigaben ägyptischer Mumien.

Neben dem Kamm gibt es heutzutage zahlreiche Arzneimittel mit unterschiedlichen Inhaltsstoffen und Wirkmechanismen. Sie unterscheiden sich auch in ihren Nebenwirkungen, weshalb Vorsicht angebracht ist. Als pflanzliche Mittel können Shampoos aus den Samen des Niembaumes (Azadirachta indica) verwendet werden. Dieser tropische Laubbaum besitzt antibakterielle und antivirale Wirkstoffe. In der traditionellen indischen Medizin (Ayurveda) wird er seit Jahrhunderten erfolgreich gegen Kopfläuse und Milben eingesetzt.

Trotz einschlägiger Empfehlungen hilft das Einfrieren von Kleidung und Kuscheltieren leider nicht. Diesen Aufwand kann man sich sparen, denn die Laus stirbt ohnehin, wenn sie ihren Wirt, sprich: den Kopf des Menschen, verliert…

Die Kopflaus

Plagegeister

Auch hierzulande können Kinder von Kopflauserfahrungen berichten. Dabei ist der Juckreiz das Schlimmste. Sehen sie jedoch die Nahaufnahme einer Kopflaus oder betrachten das Insekt gar in Lebensgröße, sind sie überrascht, dass ein so kleines Tier sich so heftig bemerkbar macht.

Trotz immer mal wieder auftretenden „Läusealarms“ sind diese Tiere heute kein besonders großes Problem. Das war früher anders. Im 17. und im 18. Jahrhundert hatte fast jeder mit Läusen zu kämpfen, auf dem Land und in der Stadt. Vor allem bei den ärmeren Bevölkerungsschichten, die eng zusammenlebten und sich zu mehreren ein Bett teilten, waren Kopfläuse ständige Mitbewohner. Besonders betroffen waren auch Perückenträger. Da eine Perücke ein Statussymbol war, konnten die Kopfläuse ihre Verwandtschaftsbeziehungen auch in den „besseren“ Kreisen ausbauen…

Fotos: Herbert Österreicher

ist Diplom-Ingenieur und Magister artium. Er plant und gestaltet Außenanlagen und Gärten von Kitas, führt Seminare und Exkursionen durch und ist als Autor für Fachzeitschriften und Verlage tätig.

Kommentare (1)
Trackbacks/Pingbacks

Einen Kommentar schreiben

Deine Email-Adresse wird nicht veröffentlicht. Pflichtfelder sind mit einem * markiert.