Wie nutzen Sie das Internet fragte wamiki ganz verschiedene Menschen …
Bert Lillhold, Krimi-Autor und Kita-Hausmeister:
Täglich für die Mails und neuerdings auch, wenn ich was wissen will. Es ist noch nicht lange her, da habe ich immer im Lexikon nachgeguckt. Ich blättere sowieso oft in Büchern, fasse Bücher gern an. Kann man das Internet anfassen?
Wenn ich was google, dann kriege ich sofort eine unendliche Fülle von Informationen in merkwürdiger Reihenfolge. Und die ständige Werbung macht mich irre.
Andererseits gibt es Sachen… Zum Beispiel mein Hibiskus. Der ließ die Blätter hängen. Also gab ich „Hibiskus“ ein und fand nach einer Weile, was ich suchte. Wenn ich wissen möchte, wann ich die Rosen schneiden soll – das kriege ich auch im Internet heraus. Ob ich das im Lexikon finden würde? Oder wenn ich etwas über bestimmte Personen wissen will. Dafür ist das Internet hilfreich: Namen eingeben, irgendwas kommt immer. Ein Mal habe ich meinen eigenen Namen eingegeben – das ist ja schrecklich! Mache ich nie wieder.
Renate Dittrich, Kitaleiterin:
Dank der Kinder kann ich leichter Schritt halten in dieser rasenden Zeit. Smartphone, Apps, Lebensorganisation lassen einen auch jenseits der 50 an der Digitalisierung teilhaben. In atemberaubender Geschwindigkeit kann ich Ökospielzeug bestellen, Infos zu vielen Fragen eruieren und teilen. Die Geschwindigkeit ist phänomenal, raubt mir den Schlaf, ist aber mittlerweile Lebenselixier. Zwischen Anteil nehmen und Sucht pendelnd kann Organisation, Partizipation und Kommunikation stattfinden, die Menschen außerhalb dieser digitalen Welten ins Abseits katapultiert. Nicht mehr wegzudenken, sehr praktisch, lebenserleichternd – es ist die individuelle Lebenskunst, das Weniger-ist-mehr zu finden, um sich Muße und Kreativität zu bewahren. Aber ohne Internet geht nichts mehr.
Andreas Held, Multiplikator:
Digitalisierung hat unsere Kommunikation wie einen Tsunami erfasst. Der junge Youtuber LeFloid erreicht mit seinem Kanzler-Interview fünf Millionen Zuschauer – fünfmal mehr als die Jahresauflage der FAZ. Facebook zählt mehr Nutzer als das größte Land der Welt Einwohner. Die Paradigmen unserer alten Kommunikationswelt stehen auf dem Kopf.
Informationen sind potentiell zu jeder Zeit, überall, meist kostenlos verfügbar…
Ähnlich muss es zu Zeiten Gutenbergs zugegangen sein. Als der Buchdruck aufkam versprachen sich die Befürworter große Veränderungen, vor allem eine bessere Welt. Gleichzeitig befürchteten die Gegner, dass die neue Form der Übermittlung von Informationen und Meinungen eine schädliche Wirkung auf die Gesellschaft haben könnte.
Heute reicht das Spektrum der Einschätzungen wieder von der Begeisterung über die ungeheuren Chancen bis hin zur Sorge, dass eine große Gefahr der Manipulation und krimineller Machenschaften bestehe. Jede/r muss seinen Weg finden. Die leider noch häufig anzutreffende generelle Verweigerungshaltung im pädagogischen Bereich halte ich angesichts der Chancen und Gefahren schlichtweg nicht nur für dämlich, sondern auch gefährlich.
Marie Wilhelm, Kindheitspädagogin:
Das Prinzip des Teilens beflügelt mich. Hier spielen Hierarchien und Titel keine Rolle, alles kann neu erfunden werden. Von den Eigenschaften, die Silicon Valley zum Spitzenreiter machen, könnten wir Kindheitspädagoginnen uns mindestens zwei Scheiben abschneiden: mehr teilen und mehr experimentieren!
Was hat der PC in der Kita zu suchen?
Grazia Rinallo, Systemische Familientherapeutin und Supervisorin:
Wie Bücher und andere Medien sind der Rechner und das Internet Ressourcenquellen. Sie können als Lernanlässe gezielt eingesetzt und sogar zum kreativen Experimentieren gebraucht werden. Wie das? Das Internet wird von Kindern und pädagogischen Fachkräften konsultiert, um Fragen zu beantworten, für die kein Buch zur Hand ist. Tastatur und Monitor oder das Tablet faszinieren heute genauso wie früher die Schreibmaschine: Kinder tippen einzelne Buchstaben, den Namen, wagen erste Schreibversuche. Mit dem Fotoapparat und einem Fotobearbeitungsprogramm experimentieren sie in Kleingruppen, üben dabei unter anderem Kooperation und erleben Selbstwirksamkeit.
Den Scanner kann man übrigens nicht nur als Kopierer, sondern auch als „Kreativ-Kasten“ benutzen. Man kann flache Gegenstände, Blütenblätter, die eigene Hand oder andere Dinge damit reproduzieren, und auch diese Bilder können weiterbearbeitet werden. Die Kinder kommen auf 100 Ideen!
Aber auch hier geht es – wie bei so Vielem – um das rechte Maß und den richtigen Kontext!
Kein Kind sollte uneingeschränkt Zugang zum PC oder Tablet haben. Der Computer darf kein Ersatz für pädagogische Zeit oder andere Medien und Spiele werden. Sein Einsatz sollte stets in einem größeren Sinnzusammenhang stehen und beendet werden, sobald eine Aufgabe gelöst oder erledigt ist. Ihn aus Angst vor Kontrollverlust zu verteufeln oder zu verbannen, statt den richtigen Umgang damit vorzuleben, das ist kein sinnvoller pädagogischer Weg.
Dass der PC für die Erwachsenen in der Kita zum Dokumentieren längst unerlässlich geworden ist, muss ich nicht erwähnen, oder?