Spiele zum Thema „Vertrauen“ sehen oft so aus:
Ein Kind darf sich fallen lassen, die anderen fangen es auf – wie beim Stage-Diving. So spürt es, steht in der Spielanleitung, dass es anderen Menschen vertrauen kann.
Klingt toll, ist aber Quatsch: Die „Auffänger“ handeln entsprechend der Spielanleitung. Ob sie das fallende Kind auch ohne Anweisung auffangen würden, weiß niemand.
Mit dem Vertrauen ist es eher wie mit dem richtigen Verhalten im Straßenverkehr. Das lernt man nicht auf dem Verkehrsteppich, sondern an der Kreuzung. Und Vertrauen baut man auf, wenn man erfährt, dass andere Menschen einem Vertrauen schenken.
Gute Aktionen zum Thema „Vertrauen“ beginnen deshalb mit den vier Worten:
Ich traue dir zu…
… da rauf und runter zu kommen.
Deshalb zeige ich dir Kletterbäume mit festen Ästen und gutem Fallschutz. Außerdem verabreden wir ein paar simple Regeln: Nicht höher als bis zum roten Band! Pass auf, dass niemand unter dem Baum steht oder geht!
… deinem Bauchgefühl trauen zu können.
Deshalb darfst du essen, wenn du Hunger hast, mit wem du willst und wie viel du willst. Weil du es beim Essen schön haben möchtest, traue ich dir zu, den Tisch zu decken, abzuräumen und am Ende den schweren Geschirrwagen in die Küche zu schieben. Wenn du das magst, setze ich mich beim Essen gern dazu.
… Wege allein gehen zu können.
Deshalb suche ich Strecken aus, die du auch mal ohne Zweierreihe und Ordnungsruf („Keviiin! Nicht trööödeln!“) laufen kannst: in der Großstadt bis zur übernächsten Laterne, im Dorf den kleine Weg vom Wäldchen zum Kita-Zaun. Mit vier anderen Kindern oder allein. Wir schauen zu – von Weitem.
… Streitigkeiten selbst klären zu können.
Deshalb übe ich mit euch Regeln ein, um aufkommende Streitigkeiten nicht ausufern zu lassen: Du kannst weggehen, du kannst ein Stopp-Wort sagen, vielleicht willst du dich entschuldigen. Wenn all das nicht hilft, könnt ihr uns Erwachsene als Friedensstifter holen.
… dir deine Lieblingsmenschen aussuchen zu können.
Deshalb bestimmst du, ob du in der Kitazeit bei mir oder lieber bei einer anderen Kollegin vorbeischaust. Ob du gern im Kreis sitzt und die Patschehändchen der anderen Kinder anfasst oder lieber in der Ecke mit Lego spielst. Ich schlage dir gern vor, etwas mit uns zusammen zu tun, mache dir aber nie Druck.
… alleine sägen, schnibbeln oder bohren zu können.
Deshalb kriegst du, wenn du alle Werkstatt-Tricks inklusive Aufräumen und Sicherheit beherrschst, einen Werkstatt-Führerschein, so dass du auch außerhalb von Angeboten werkeln kannst. Ich schau gelassen von ferne zu, weil ich weiß:
Du hast das drauf.
… das erzählen zu können, was du erzählen möchtest.
Deshalb mache ich dir Mut, wenn du Mist gebaut hast: Erzähl es deine Eltern, denn das fühlt sich gut an. Und ich verzichte darauf, dich pädagogisch zu verpetzen: „Leider hatte Samira heute einen ganz schlechten Tag…“
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