22 Fragen, die man sich mal stellen kann

Wie viel Geld haben Sie in Ihrem Leben bereits für Dinge ausgegeben, die Sie nicht brauchen?

Gibt es einen materiellen roten Faden in Ihrem Leben?

Würden Sie Ihre pädagogische Haltung für ein doppeltes Gehalt aufgeben?

Was war der materielle Höhepunkt in Ihrem Leben?

Wie viel Geld haben Sie in Ihrem Leben für Dinge ausgegeben, mit denen Sie andere Menschen beeindrucken wollten?

Wenn Sie als Produkt wiedergeboren würden – was würden Sie gern sein?

Was möchten Sie garantiert nicht geschenkt bekommen?

Fühlen Sie sich für das, was Sie kaufen, moralisch verantwortlich?

Um wie viel Prozent wertet der PKW den Besitzer auf oder ab?

Welche Produkte, die Sie selbst kaufen, würden Sie verbieten?

Wenn jemand Sie beim Einkaufen beobachtet – was erfährt er über Sie?

Inwiefern ist das, was auf dem Kassenband liegt, Ihr seelisches Spiegelbild?

Gibt es für alles im Leben einen Preis?

Empfinden Sie es als Belastung, dass Sie sich so viel kaufen können?

Welches Produkt müsste es unbedingt geben?

Mit welchem Produkt können Sie einem Pädagogen am ehesten imponieren?

Welches Produkt würden Sie gegen ein bisschen mehr Glück eintauschen?

Wo lagern Sie inneren Reichtum?

Für welches pädagogische Produkt würden Sie gern Werbung machen?

Welche Probleme würde Ihnen niemand abkaufen?

Würden Sie eine Bank ausrauben, wenn Sie mit dem Geld das Bildungssystem reformieren könnten?

Wie sieht pädagogischer Kundenservice aus?

Kauf dir die glückende Kindheit!

Diese Angst kennt jeder Mensch, der auf Wiedergeburt setzt: In welchem Leben werde ich das nächste Mal landen? Finsterstes Slum-Milieu im Schwellenland, glanzvoller Hochadel oder zum x-ten Mal diese öde Mittelschichts-Nummer in Westeuropa?

Unser Leben gleicht einer Reise, sagte irgendein Schlaumeier, und deswegen stimmt das wohl. Also kommt es auf die eine entscheidende Frage an: Habe ich beim richtigen Reiseveranstalter gebucht?

Schauen wir mal rein in den Kindheits-Reisekatalog:

Aufstieg zum Dach der Gesellschaft!

Glanz der Oberschicht: Genießen Sie eine unbeschwerte Luxus-Kindheit mit allen erdenklichen Annehmlichkeiten. Starten Sie Ihre Lebensreise in der Privatklinik von Prof. Eusebius nach der persönlichen Entbindung durch unseren Chefarzt, der Sie mit goldener Nabelschnurschere und einem Glas frischer Nobelmuttermilch willkommen heißt. Erleben Sie danach ungestörte Ruhe in unserem Kindergarten „Elite Kids“, wo Ihnen in einem ansprechenden, frei wählbaren Animationsprogramm viele Möglichkeiten der individuellen Fortentwicklung geboten werden. Nutzen Sie als Spielfläche einen der größten englischen Rasen Deutschlands, den unser Mähroboter für Sie besonders kurz hält. Lassen Sie sich rund um die Uhr von unserem Nanny-Team jeden Wunsch von den Augen ablesen – und von kurzen Auftritten unseres für Sie eingeflogenen Elternpaares „Wolfeckart und Sigrid“ überraschen. Genießen Sie es, von Kontakten mit der einheimischen Bevölkerung während der Kindergarten- und Schulzeit weitgehend verschont zu bleiben. Verbessern Sie Ihr Golf-Handicap und begeben Sie sich zum Abschluss der Kindheitsreise auf Tour zu den Eliteschulen Harvard, Eton und Salem. Viel Vergnügen!

Feedback der Kunden

  • Eine herrliche, angenehm wertige Kindheit! Unbedingt empfehlenswert, aber natürlich nicht für jedermann. Gut, dass der hohe Preis unpassende Kunden abschreckt.
  • Von wegen „frei wählbares Animationsprogramm“! Dieser plötzlich aufgetauchte Herr Vati drohte mir an, bei Nichtteilnahme am Geigenkurs die Reise umzubuchen – zur Tour „Problemkind im Internat“. Nie wieder!

Zu Gast im Nicht-Einwanderungsland

Daheim und doch in der Fremde – unter diesem Motto steht die faszinierende Deutschlandreise. Lassen Sie sich hineingebären in eine authentische Parallelgesellschaft, die, unberührt vom wirtschaftlichen Trubel und unangenehmer gesellschaftlicher Teilhabe Ihres Gastlandes, ihren eigenen Traditionen huldigt.

Erleben Sie den Charme historischer Schulbauten, die trotz Zerfalls eindrucksvolle Zeugen der Vergangenheit sind. Wandern Sie auf bequemen Bildungswegen, weitgehend frei von unangenehm-anstrengenden Aufstiegsmöglichkeiten. Erleben Sie Einheimische, die Sie als lieben Gast behandeln, gerade weil sie Sie als Mitbürger nur ungern akzeptieren würden. Wahren Sie als Nutzer unserer Gästekarte, der „befristeten Aufenthaltsgenehmigung“, die Chance auf kostenlose Überraschungs-Rückführung, die Ihr Reiseteam unter allen Mitreisenden verlost.

Feedback der Kunden

  • Angenehm chillige Atmosphäre. Man ist mittendrin und doch unter sich – toll! Habe vor Begeisterung die Reise gleich für die nächsten 45 Jahre gebucht: Auf ausgetretenen Pfaden im Niedriglohnsektor – da fühlt man sich schon speziell wertvoll.
  • Lustig fanden meine Frau und ich dieses Einbürgerungs-Quiz, dessen Fragen sogar den einheimischen Quizmaster überforderten. Schade, dass wir nicht den Hauptgewinn, diese megascharfen „Deutschen Pässe“, einstreichen konnten!

Auf SUV-Tour durch Bullerbü

Genießen Sie die schönsten Lebensjahre in einer sympathischen, authentischen Mittelschichtsfamilie mit qualitätsgeprüften Verhaltensweisen. Erfahren Sie die Annehmlichkeiten einer Rundum-Betreuung: Ihre für Sie persönlich reservierte, stets einsatzbereite „Mama“ verwöhnt Sie mit biologisch hochwertigen Speisen. Ein sympathisch-knuffiger „Papa“ übernimmt alle Transporte im gehobenen Mittelklassewagen, sorgt für die finanzielle Absicherung Ihrer Tour und übergibt Ihnen – ein besonderes Plus – eine liebevoll gestaltete Langzeit-Dokumentation aller Höhepunkte vom ersten Schaukelbesuch bis zur grandiosen Abi-Feier.

Für lehrreiche Vormittage haben wir keine Mühen gescheut, Ihnen je einen Platz in Ihren Bedürfnissen entsprechenden Bildungseinrichtungen zu reservieren. Und nachmittags können auf Wunsch Geige-, Querflöte-, Fußball- oder Mandarin-Kurse und Kontakte zu passenden Altersgenossen gebucht werden.

Feedback der Kunden

  • Größtes Plus: Das Reiseleiterpärchen „Mama & Papa“ war während der ersten zwölf Jahre ständig präsent und bemühte sich, mir jeden Wunsch von den Augen abzulesen. Größtes Minus: Das Reiseleiterpärchen war auch in den nächsten sechs Jahren ständig präsent.
  • Technik miserabel: Der in unserer Unterkunft angebrachte Fernseher hatte nur zwei Programme – Eins festival und BR Alpha. Die angepriesene DVD-Bibliothek enthielt nur drei angestaubte Filme: Saltkrokan, Langstrumpf 1 und Bullerbü. Schade!

Genießertage am Boden der Gesellschaft

Umgeben von majestätischen Plattenbauten begrüßt Sie Ihre HARTZVIER-Familie im vom Wohlstand unberührten Seitental des Kapitalismus. Hier fühlen Sie sich von Geburt an gut aufgehoben – in Ihrer urwüchsigen Familie, bestehend aus einer sächsisch-imposanten Mutter, vielen Mitreisenden und dem sagenumwobenen „Eckensteher Paule“, einem Vater, wie ihn schon Heinrich Zille in seinem Zeichenblock festhielt: immer mit einer Pulle Bier in der Hand. Diese beiden Reiseleiter sorgen in der zweckmäßig eingerichteten, angenehm schattigen Wohnstube für Ihr Wohl, unterstützt durch unser vielbeschäftigtes Jugendamt. Über Ihre Freizeitgestaltung entscheiden Sie selbst – von intensiven Fernseh- und Spielkonsolengenuss nebst lauwarmem Eistee bis zum „Gang vor die Tür“ mit spannenden Begegnungen: Neonazis, Obdachlose, arme Kinder. Fast alles ist möglich!

Als besonders Highlight werden Sie regelmäßig von speziell ausgebildeten Lehrern zu Problemgesprächen mit und ohne Betreuerteam eingeladen, in denen Sie Ihre Zukunftsvorstellungen vortragen und testen können, wie sie ankommen.

Den krönenden Abschluss der Fahrt bildet die Schatzsuche nach einem Ausbildungsplatz, nach deren erfolglosem Abbruch sich das Team des Jobcenters rührend um sie kümmert. Ein prägendes Erlebnis!

Feedback der Kunden

  • Die als kinderleicht angepriesene Wandertour zu diesem Abitur-Gipfel war der Mega-Flop! Weil unserer Gruppe aus unklaren Gründen Aufstiegsmöglichkeiten verwehrt blieben, erreichten nur zwei Leute den Gipfel – mit jahrelangen Umwegen!
  • Lief wie erwartet. Hab die Reise für meine Kinder gleich noch mal gebucht – und für die dermaleinstigen Enkel auch. Denn welche Alternative gäbe es für Leute wie uns?

Foto: Tom Bäcker (Auf der Sonnenseite des Lebens)

„Wir lieben Kinder und Familien!“

Ein Besuch auf den Seiten des Kinder- und Jugendmarketings

Viele Pädagogen sehnen sich danach, Kinder zu prägen, und hoffen im Stillen, lebenslang in Erinnerung zu bleiben. Das können andere Leute viel besser – die Kinder- und Jugendmarketingprofis nämlich. Sie bestimmen, so meine These, die Entwicklung von Kindern stärker mit, als es uns Pädagogen und Eltern bewusst ist. Gut, dass sie im Netz freimütig – und nur an manchen Stellen ein wenig verhalten – berichten, wie sie das tun. Solche Netzfunde habe ich gesammelt und geordnet, auf dass die Leserschaft sich ein Bild mache: Wie und wo spricht das Kindermarketing Kinder an?


Wann sollte ich mit dem Kindermarketing beginnen? So früh wie möglich: „Je früher Marketingpräferenzen entstehen, desto stabiler und länger wird die Beziehung zu einer Marke oder einem Produkt anhalten.“ Ok.
Wie komme ich an kleine Kinder heran, um ihnen Markenprodukte und deren Vorteile zu präsentieren? Ich mache „Werbung in Kindergärten – denn die Kleinen entscheiden mit. Sie haben Mitspracherecht beim Kauf von Produkten und Lebensmitteln im Supermarkt, bei der Auswahl von Einrichtungsgegenständen oder der eigenen Kleidung.“ Ach so, ich kann in der Kita Produkte vorstellen, die zu kaufen Kinder dann ihre Eltern zwingen? Na klar, denn: „Schon längst sind Kinder die heimlichen Oberhäupter in ihren Familien und bestimmen, wo es lang geht!“

Aber wie werbe ich im Kindergarten? „Ob Malbücher, Zahnbürsten, Comics oder Backzutaten: Kindergartenmarketing mit edukativem Charakter lässt sich bestens in den Kindergartenalltag integrieren.“ Wie bitte? Edukative Backzutaten? Macht Dr. Oetker neuerdings Zupfkuchen-Projekte? Wahrscheinlich, denn er weiß, Kinder „sind besonders empfänglich für Informationen und Inhalte, die in spannende und aufregende Aufgaben und Aktionen eingearbeitet sind“. Aber immer schön aufpassen: „Durch die Organisation und Betreuung von projektbezogenen Erlebnistagen erreichen wir die junge Zielgruppe überzeugend, ohne einen werblichen Eindruck zu hinterlassen.“

Checken denn die pädagogischen Fachkräfte nichts? „Erzieher, die zwar pädagogisches, nicht aber betriebswirtschaftliches und organisationsgesteuertes Knowhow besitzen, unterstützen wir durch die Einführung von medialen Partnerschaften.“ Aha, verstehe: Du zwar lieb, aber nix gutes Projekt hinkrieg. Wir von Puddingfabrik dir helfen: „Gemeinsam entwickeln wir Informations- und Aufklärungsplakate für Eltern und beraten sie bei der Organisation von internen und externen Veranstaltungen in ihrem Kindergarten oder der Kindertagesstätte.“ Vielleicht so: Liebe Eltern, herzlich willkommen zum Elternabend powered by Kaufhalle, hier in unserem gemütlichen Zewawischundweg-Raum!

Na gut, in der Kita mag das klappen – schon angesichts des Personalmangels. Aber in der altehrwürdigen Schule ist das unmöglich, oder? Denkste! „Werbung an Grundschulen ist möglich, wenn man die gesetzlichen Rahmenbedingungen berücksichtigt und vor allem immer den pädagogischen Nutzwert für die Schülerinnen und Schüler im Auge behält.“ Außerdem: „Mittlerweile verfügen selbst junge Schüler zwischen 6 und 7 Jahren immer noch über mehrere hundert Euro Sparvermögen.“ Allein an der Grundschule gibt es laut Agenturseite 2 708 752 potenzielle Sparbuchbesitzer.
Und worin besteht der besagte pädagogische Nutzwert? Zum Beispiel in fix und fertig gelieferten Unterrichtseinheiten, die „Lehrer/innen entlasten und bereichern mit lehrplankonformem, hochwertigem Unterrichtsmaterial zum Thema Hör- und Sprachkompetenz“. Worum geht es genau? Zum Beispiel darum, „das Image der Serie ‚Fünf Freunde‘ und die Stärken des ‚Kulturguts‘ Hörspiel als edukatives Instrument in den Fokus zu rücken“. Pfiffige Idee, wenn auch etwas abgehoben formuliert. Überzeugender wirkt: Kinder, heute möchte ich mit euch das Kulturgut Paprika-Chips mit drei tollen Geschmäckern besprechen. Jemand Bock auf Pombär?

Auch außerhalb des Unterrichts ist die Zielgruppe Kind gut erreichbar. „Grundschüler lieben bunte Farben, tolle Muster und lustige Testimonials.“ Hä? Was ist das denn? Egal, weiter: „Nutzen Sie dieses Wissen und versuchen Sie, kreativ zu sein. Malhefte bieten sich in Grundschulen besonders an, da eine Interaktion erfolgt, das Produkt mit nach Hause genommen wird und die Schüler sich über einen längeren Zeitraum damit beschäftigen.“ Klingt klebrig. Gut, dass die gleiche Agentur zwei Absätze zuvor erklärte: „Es wäre moralisch also kaum zu vertreten, diesen Kindern auch noch Produkte anpreisen zu wollen. Tipp: Versuchen Sie den Weg lieber direkt über die Eltern als Influencer.“

Und wie kommt man an die werte Elternschaft heran? Zum Beispiel durch Veranstaltungen wie „Schulrocktour, Wissensquiz oder eine Roadshow“. Da bleibt nicht nur bei den Kids was hängen: „Ihre Werbebotschaft wird dank unserer maßgeschneiderten Konzeption spielerisch von den Schülern aufgenommen. Event und Botschaft bleiben fest und positiv im Gedächtnis verankert“, auch bei den Erwachsenen: „Hier wird Kindern etwas geboten, und Eltern erfahren sogar eine Entlastung. So können sich Unternehmen über die Wertschätzung der Kinder positiv bei den Eltern präsentieren und emotionale Verbindungen auch in ansonsten sehr sachlichen Umfeldern aufbauen.“ Donnerlittchen!

Aber womit kriegt man die Eltern am besten? Zunächst, indem man sie anflirtet: „Wir lieben Kinder und Familien!“ Das wirkt wie Balsam auf die Seelen von Muttis und Vatis, „verächtlich Helikopter-Eltern“ genannt, weil sie sich so intensiv bemühen, „ihren Kindern einen guten Start ins Leben zu ermöglichen. Sie sind stolz auf ihre Kinder, manchmal aber auch unsicher in Erziehungsfragen und durch Beruf und Familie stark belastet.“ Gerade darum „freuen sich die meisten Eltern, wenn ihren Kindern Wertschätzung entgegengebracht wird, zum Beispiel durch ein kleines Geschenk, durch Aktionen und Kinder- oder Familien-Events, Sponsoring von Schul- oder Vereinsaktivitäten oder ähnliches.“ Zusätzlich brauchen sie Beratung – durch die lieben Kleinen selbst. „Insbesondere in Technik- und Modefragen sind sie ihren Eltern oft voraus und werden als Berater geschätzt.“ Gut, dass das Marketing diese Nachwuchsberater vorab schult.

Das hört auch nicht auf, wenn die Kinder groß werden – ganz im Gegenteil: „Die Jugendphase dehnt sich nach vorn und hinten aus, Grundschulkinder wie auch Erwachsene orientieren sich an den Teenagern und Young Adults, die in so vielen Bereichen voraus sind, neue Technologien scheinbar spielerisch beherrschen, Geschmack und Stil nicht nur ihrer Generation, sondern der gesamten Gesellschaft prägen.“ Oder, ein Fingerzeig für CDU-Innenminister: „Jugendlichkeit hat sich von der Zwischenphase zur Leitkultur der Gesellschaft entwickelt.“
Was gehört zur Jugendlichkeit? Zum Beispiel gute Freunde, deren Namen ältere Herrschaften zusammenzucken lässt: die Influencer. „Mit YouTube ziehen diese Influencer nun auch direkt in die Zimmer der Jugendlichen ein.“
Was machen sie da? „Insbesondere für junge Nutzer bringen Influencer neben Authentizität und Glaubwürdigkeit viel Inspiration für neue Marken und Produkte in den Werbemix.“ Das geht so: „Mit sehr durchdachten und klugen Kampagnen und Themen schaffen es Unternehmen, Jugendliche für ihre Produkte zu begeistern. Dabei dienen Produkt-Tests oder das sogenannte Product-Placement als wichtige Hilfsmittel. Jugendliche werden gezielt mit Informationen zu den Produkten versorgt und erkennen diese Werbung manchmal nicht.“
Ist das nicht verboten? Ja, das wissen die Profis natürlich und warnen deshalb: „Schleichwerbung ist ein großes Problem in den digitalen Medien und wird von seriösen Agenturen auch nicht eingesetzt.“ Viel wichtiger ist nämlich Folgendes: „Die Nutzer schätzen vor allem das Gefühl, durch Influencer persönlich angesprochen zu werden (29 Prozent). Ferner wurden die überzeugenden Erklärungen der Vor- und Nachteile (28 Prozent) genannt sowie, durch ihre Empfehlungen leichter entscheiden zu können (28 Prozent).“

Wehe mir, seufzt da der Oldie, der sich Sneaker und HotPants mühsam über den welken Leib zerrt, weil er auch zur Leitkultur gehören möchte: Nimmt mich das Marketing überhaupt noch wahr?
Keine Angst, es hat sogar einen schönen Namen parat: „Als ‚Silver Ager‘ oder ‚Grampies‘ (growing retired active moneyed people in an excellent state) wurde die Generation 50+“ vor rund zehn Jahren als neue Zielgruppe der Werbetreibenden identifiziert. Sie gilt als „einkommensstark und markenaffin, konsum- und lebenserfahren.“ Na, bitte!
„Für das Kinder- und Familienmarketing sind die über 50-Jährigen noch aus einem anderen Grund relevant.“ Sie sind nämlich „Schenker“, „Ermöglicher“ oder „Verwöhner“. Und: „Für die Großeltern bedeuten Kinder nicht Alltag, sondern Auszeit. In dieser Auszeit schaffen sie eine eigene Welt mit kleinen und großen Geschenken. Das Beste ist für sie gerade gut genug, gerne darf dann preislich upgegradet werden.“ „Preislich upgraden“ – das ist reine Werbepoesie!

Was sagen eigentlich die Kinder dazu? Geben wir Oskar, 12 Jahre, das Wort, der als Berater-Kid in der Imagebroschüre einer Marketingfirma zitiert wird: „Aber in der Werbung sieht man immer die neuesten Sachen, die man vorher noch nicht kannte, und man wird echt gut informiert. Das ist ein bisschen so wie Nachrichten. Dann weiß ich, was es in der Kinderwelt Neues gibt. Und es ist gut, wenn man was Neues entdeckt, dann kann man sich freuen und hoffen, dass man genug Geld hat.“
Danke, Oskar. Das war ein schönes Schlusswort.

Anmerkung:
Alle in Anführungszeichen gesetzten Sätze und Satzteile sind Webseiten von Kinder- und Jugendmarketingagenturen entnommen. (Micha Fink)

Im Dunkel der Nacht

Was es nicht alles gibt! Man glaubt es kaum! Episoden aus dem Kinderleben in Krippe, Kita und Grundschule, erzählt von Praktikantinnen, Erzieherinnen, Leiterinnen, Fortbildnerinnen und Eltern. Erika Berthold hörte zu und schrieb die Geschichten auf.

Auf einer Einwohnerversammlung in Rüdersdorf wurde darüber informiert, dass demnächst 80 Flüchtlinge ankommen, davon 40 Kinder. Besorgt sagte eine Dorfbewohnerin: „Wenn die Laternen um 23.00 Uhr ausgehen, sieht man die Flüchtlinge gar nicht mehr.“ Warum? „Na, weil sie so dunkel sind.“

Da sagte der Landrat: „Denken Sie, dass Flüchtlingsfamilien mit ihrem Kindern nachts um den Dorfplatz spazieren? Die Kinder sind um die Zeit im Bett – wie Ihre und meine. Und ehrlich gesagt: So schön ist es kurz vor Mitternacht in Rüdersdorf auch nicht.“

Foto: REHvolution.de ,  photocase.de

Videospiele

Gwent: The Witcher Card Game

Videospiel

In dem Rollenspielhit „The Witcher 3“ konnte man das Sammelkartenspiel „Gwent“ gegen Computer-Gegner spielen und virtuelles Geld für die eigene Spielfigur gewinnen. Das Minispiel erfreute sich so großer Beliebtheit, dass es nun zum eigenständigen Spiel wurde. Es kann kostenlos heruntergeladen werden. Echtes Geld lässt sich für neue Kartenpackungen ausgeben – muss man aber nicht, da sich alle Karten mit der Zeit ohne Geldeinsatz freispielen lassen.

Das Spielfeld besteht aus drei Reihen – Nahkampf, Fernkampf und Belagerungswaffen –, auf denen zwei Spieler abwechselnd Karten ausspielen. Jede Karte hat einen bestimmten Punktwert, der zur Gesamtstärke der eigenen Armee addiert wird. Wer am Ende die meisten Punkte hat, gewinnt. Die Spielregeln sind im Detail zwar komplexer, aber ein Tutorial führt sanft an die grundlegenden Mechaniken heran.

Playerunknown’s Battleground

Videospiel

Ohne die besonders bei Jugendlichen populären Romane „Battle Royale“ und „Die Tribute von Panem“ hätte es „Player­unknown’s Battleground“, kurz PUBG, wohl nie gegeben. 100 Frauen und Männer werden auf einer Insel voller Waffen ausgesetzt und haben nur ein Ziel: überleben. Gewinner ist, wer zuletzt noch steht.

Die Spieler starten im selben Flugzeug und bestimmen, auf welchem Teil der Insel sie mit ihren Fallschirmen abspringen. Dort müssen sie verlassene Häuser nach Waffen, Schutzkleidung und Verbandszeug durchsuchen, um eine Chance zu haben. Damit Teilnehmer sich nicht verschanzen und das Spiel aussitzen, gibt es wie in „Die Tribute von Panem“ ein System mit tödlichen Zonen, die ständig wechseln und die Spieler zwingen, in Bewegung zu bleiben. Trotz des makabren Grund­themas ist PUBG eine der Video­spieloffenbarungen des Jahres.

 

Splatoon 2

Videospiel

„Splatoon 2“ ist der vermutlich kinderfreundlichste Online-Shooter auf dem Markt. Statt Russen und Amerikaner aufeinander schießen zu lassen, rennen in „Splatoon 2“ quietschbunte Fantasiefiguren umher und beklecksen mit Paintballwaffen und überdimensionierten Pinseln den Boden. Richtig, den Boden! Obwohl es hilfreich ist, Gegner abzuschießen, um einige Sekunden lang Ruhe zu haben, bringt das keine Siegpunkte. Gewinnen können wir nur, wenn unser vierköpfiges Team am Ende der kurzweiligen Runden mehr Bodenfläche mit der eigenen Farbe bekleckst hat als das gegnerische Team.

Eine Neuerung ist der Salmon-Run- Modus, in dem wir mit drei anderen Spielern Gegner abwehren und möglichst viele goldene Fischeier sammeln müssen.

Mikas Himmel

Bilderbuch

Der dunkle Hund Mika, der uns auf dem Titelblatt so treuherzig anschaut, ist tot. Wir sehen Hund und Körbchen, eine Kreidezeichnung auf mattem Schwarz – wie auf einer alten Schultafel. Dieses Schwarz bekommt farbige Ecken, die von Doppelseite zu Doppelseite größer werden und dem Schwarz langsam den Umriss eines Hundes geben. In den farbigen Rändern tauchen mehr und mehr Erinnerungen an ein Hundeleben auf: erst nur Stöckchen, dann ein im Regen tanzender Hund, einmal gar mit Flügeln.

In knappen Sätzen kommt der kleine Bruder zu Wort, der fragt, wie es für Mika im Himmel denn sein wird und ob der Hund auf den Wolken laufen kann. Keine Ahnung.

Am nächsten Morgen hört der kleine Bruder Gebell, und dann hören es alle: Gebell aus dem strahlend blauen Himmel. Und auf den weißen Wölkchen spielt ein glücklicher Hund.

Lakonisch, dicht und sehr berührend wird der kleine Bruder mit dem unfassbaren Sterben Mikas in wenigen Worten und Bildern konfrontiert: erst geheimnisvoll düster, dann immer fröhlicher greifen die Zeichnungen die Erinnerung an Mika auf. Ob es im Hundehimmel wirklich so zugeht – wir wissen es nicht. Aber glauben wollen wir es schon.

Ein zauberhaftes Bilderbuch von zwei großen Künstlerinnen, den Niederländerinnen Bibi Dumon Tak und Annemarie van Haeringen. Beide überraschen mit immer neuen Ideen und Formen.

 

Ich war’s nicht!

Kinderbuch

Robinhund ist ein lebhaftes Kind. Er hat im Kindergarten eine Freundin, Fritzi, die gern wild mit ihm spielt. Wenn er sie auf der Schaukel so doll anschubst, dass sie im hohen Bogen gegen Onno fliegt, ist er schuld. Die Kinder, ihre Erzieherin Hedda und die Leiterin sehen ihn nur als Störenfried. Schließlich reicht es Robinhund. Er haut ab und versteckt sich. Aber sein großer Bruder findet ihn, und sie gehen zusammen nach Hause.

Dieser große Bruder ist der verständnisvolle Freund, den sich wohl jedes Kind wünscht. Er versteht, dass das umgefallene Glas, der Flug von der Schaukel und andere Missgeschicke keine Absicht waren, ist stark wie ein Vater und damit für Robinhund ein Fels in der Brandung.

Kleine Skizzen auf dem Vorsatzblatt stimmen darauf ein, dass die beiden Jungen eine ganz besondere Beziehung haben: Sie spielen zusammen, fahren Schlitten und schlafen in einem Bett. Mit diesem großen Bruder kann Robinhund nichts passieren, und er versteht nicht, was er im Kindergarten überhaupt soll. Ohne die freche Fritzi wäre er dort unter kindlichen Bedenkenträgern allein.

Eine wunderbare Geschichte, besonders für Kinder, die Farbe ins Leben bringen, denen dabei auch mal was schiefgeht und die keinen großen Bruder haben.

 

 

Selber pflanzen, selber ernten

Bilderbuch und Sachbuch

Gerda Muller hat – nach „Was wächst denn da?“, in dem sie das Gartenjahr beschreibt – dieses Buch dem Obst gewidmet: „Jetzt sind auch die Kirschen reif! Wo kommen all die Früchte her?“

Die Geschichte handelt von Sophie, die gern Tante, Onkel und Cousin auf dem Land besucht und dort Früchte wie Erdbeeren, Johannisbeeren und Stachelbeeren ernten darf. In ästhetisch gelungenen Szenen beobachten wir sie dabei. Als sie in den Süden Frankreichs umzieht, ändern sich die Landschaft, die Farben und die Früchte: Zitronen und Orangen kommen hinzu. Die lebendigen Illustrationen von Gerda Muller lassen eine Bilderbuchgeschichte entstehen, deren Pflanzen und Früchte man gut erkennen und bestimmen kann.

Zu ersten Versuchen, selbst zu säen und zu pflanzen, animiert Annelie Johanssons „Pflanz mal was! Vom Säen bis zum Ernten“ – von der Bohne im Blumentopf bis zum Sammeln von Samen. Ein anspruchsvoll gestaltetes Sachbilderbuch, das in kleinen Schritten vorgeht und für jeden etwas bereithält, auch wenn nur ein Balkon oder ein Fensterbrett zur Verfügung steht.

Geld zu verkaufen!

Kinderbuch

Einer hat Geld, die andere nicht: Alma baut sich aus Treibholz ein Baumhaus in den alten Baum. Milan lässt sich von seiner Mutter einen funkelnagelneuen Bausatz aus dem Baumarkt mitbringen. Alma klaut ein paar von Milans Brettern, aber der will, dass sie die bezahlt, denn er findet, dass man für Geld arbeiten muss, und bringt Alma dazu, ihm zu helfen. Dafür gibt er ihr ein paar Münzen, für die er ihr dann sein altes Kaspertheater verkauft.

Alma merkt, dass sie für alles arbeiten soll, was Milan von seinen Eltern einfach so bekommt. Aber ein Baumhaus oder eine Strickleiter kriegt er nicht, denn das sei zu gefährlich.

Für die Strickleiter brauchen die Kinder wieder Geld, haben nun aber beide keins mehr und malen sich welches. Im Baumarkt kommen sie damit nicht durch. Doch inzwischen sind sie clever: Sie verkaufen ihr selbst gemachtes Geld als Lesezeichen, halten zusammen und erreichen mit ihren originellen Ideen immer mehr. Als nächstes wollen sie sich ein Floß bauen, Milans Hütte draufsetzen und später auf Piratenfahrt gehen.

Ein Lehrstück über Arm und Reich, Haben, Brauchen, Gerechtigkeit und die Bedeutung des Geldes. Zwei Kinder finden einen Weg, zusammen zu spielen – trotz ihrer Unterschiede. Doch es bleiben Fragen offen: Warum muss Alma arbeiten, wenn sie etwas braucht? Und warum bekommt Milan alles umsonst?

 

Der kleine Koch

Kochbuch für Kinder

„Kochen, was schmeckt“, fordert dieses Kochbuch und empfiehlt den Kindern, selbst zu kochen und darauf zu achten, was in der Umgebung wann und wo wächst. Deshalb ist das Buch in Jahreszeiten aufgeteilt. Die Rezepte und Tipps wurden in den mobilen Küchen von Junior Slow e. V. – am besten mal googeln – und von den Autoren ausprobiert, mit Kindern gekocht und gegessen. Verbote wie „kein Fleisch“ und „kein Zucker“ gibt es nicht, nur Tipps wie Bio-Eier oder Bio-Mehl. Damit werden die Autoren den Ideen der Slow Food Bewegung gerecht, die sich nicht nur für gutes, sauber und fair produziertes Essen einsetzt, sondern auch für Geschmacksbildung und Lebensmittelwissen.

Die Rezepte sind nicht durchgehend vegetarisch, wenn sie auch fast ohne Fleisch auskommen, und schon gar nicht vegan, obwohl einige dahingehend abgewandelt werden könnten. Schließlich weiß man schon seit langem, dass Ausprobieren und Selbermachen die Geschmacksnerven schulen und am besten für gesunde Ernährung werben.

Da Kinder vernünftigerweise nicht – ganz – allein kochen, ist die gemeinsame Herstellung von Lebensmitteln nicht nur in Familien, sondern auch in Tagesstätten oder Ganztagsschulen mit Küchen etwas, das wirklich Spaß macht.

Mick Mangodieb

Kinderbuch

König Linus I. lässt seine Untertanen hungern, verbannt sie auf eine Insel im Meer und lässt deren verwaiste Kinder in den Kohlebergwerken schuften. Er will nichts anderes essen als Zuckerwecken. Deshalb nimmt ihn seine Braut nicht. Also verdonnert er immer wieder einige Untertanen, für ihn zu kochen. Wenn es ihm nicht schmeckt, werden sie auf die Insel verbannt oder den Haien zum Fraß vorgeworfen. Als Mick beim Mango-Klauen erwischt wird, muss er für den König kochen. Die Abmachung: Wenn es Mick gelingt, dem König sieben Tage hintereinander etwas Schmackhaftes zuzubereiten, sind er und die auf die Insel Verbannten gerettet – darunter Micks Eltern und die Eltern seiner Freunde.

Mit stets frischen Zutaten und vielen Kräutern gelingt es Mick, so zu kochen, dass es dem König schmeckt. Er benutzt ein altes Kochbuch, das er in den Hinterlassenschaften seiner Eltern gefunden hatte, entdeckt einen versteckten Kräutergarten und dort einen alten Mann, der sich mit dem Kochbuch auszukennen scheint. Wem beim Lesen das Wasser im Mund zusammenläuft, der kann die Rezepte nachkochen.

Das Besondere an dieser Geschichte ist die hingebungsvolle Schilderung guten Essens und seiner Zubereitung. Ganz nebenbei geht es auch ums Überleben mit dem, was man hat: Was auf der Insel nicht wächst und gedeiht, das gibt es nicht und vorgefertigte Lebensmittel schon gar nicht.

Tatütata! Tüten zum Basteln

Teuer muss nicht sein, aber kreativ! Michael Fink inspiziert Ausgesondertes, um nach Dingen zu suchen, die kaum etwas kosten. Weiter lesen…

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