In unserem kleinen Kita-Universum geht es gar ordentlich zu: „Mama, in der Mittagsruhe wollte ich mit meiner Mütze kuscheln, aber das ging nicht, denn die Mütze ist ja ein Kleidungsstück, und das muss in der Garderobe bleiben.“
„Mama, nimm bitte meine Jacke wieder mit, denn sonst muss ich die anziehen, auch wenn es draußen heiß ist. Wir müssen immer alles anziehen, was am Haken hängt.“
„Mama, ich will kein Unterhemd anziehen. Dann muss ich bei der Mittagsruhe das T-Shirt ausziehen, denn man darf nur in einer Sache schlafen.“
„Mama, ich nehme zum Spielen ein Kuscheltier mit. Heute ist zwar kein Spielzeugtag, aber ein Kuscheltier darf man mitbringen, wegen der Mittagsruhe. Oder ein Buch.“
Ich überlege, ob ich meinem Sohn Simon ein Buch baue, aus dem man heimlich einen lustigen Kampfroboter oder eine Müllabfuhr falten kann. So ähnlich wie die Aktenkoffer aus Agentenfilmen, in denen Maschinengewehre stecken. Aber Simon nimmt heute schon die Spülbürste mit – als Raumschiff, denn es ist spielzeugfreie Zeit. Und da darf man kein Buch mitbringen, sondern muss sich selbst Geschichten ausdenken…
Ja, Regeln werden gebraucht, Unmengen von Regeln. Sonst gäbe es das reinste Chaos. In der physikalischen Welt funktioniert alles nach ehernen Gesetzen. Das hat die Natur schon immer so gemacht. Und deshalb machen wir das in der Pädagogik auch so!
„R= mc²“ lautet die pädagogische Weltformel.
R, die Regel, ist gleich m, die Masse (zum Beispiel ein Kuscheltier), mal c, die Lichtgeschwindigkeit, mit der ich die Regel erkenne und befolge. Automatisch, also ganz von selbst. In der Welt der kleinsten Teilchen aber, so lehrt die Quantenphysik, regieren ganz andere Phänomene: die Wahrscheinlichkeit, der Zufall, die Gleichzeitigkeit, das Unberechenbare, das Chaos. Dennoch erzeugen sie stabile Verhältnisse, die wir aus dem Alltag kennen. In einer Quanten-Kita könnte ein kleines Menschen-Teilchen also gleichzeitig ein Buch lesen und eine Geschichte ausdenken. Eine Mütze kann ein Kuscheltier und ein Spielzeug sein.
Simon hat sich inzwischen eine dicke Kellerspinne aus dem Küchenregal gefischt und spielt damit Jojo. Immer auf und ab schwebt der Achtbeiner am seidenen Faden. Ob er in der Kita als Kuscheltier durchgehen würde? In irgendeinem Paralleluniversum – denn angeblich gibt es ja unendlich viele Welten, weshalb alle Welten möglich und alle Möglichkeiten vorhanden sind – gibt es bestimmt eine Kita, die keine Regeln braucht und in der es trotzdem gesittet zugeht. Da fahr ich irgendwann mal hin …