Wo ist Zuhause?

„Um die hier kümmert sich niemand. Ich will das tun. Natürlich ist das vollkommen unrealistisch und verrückt. Natürlich.“ so sagt es Marina Naprushkina.
Jeden Tag neue Schlagzeilen über Menschen mit Fluchterfahrung. Da, wo die Medien im schnelllebigen Tagesgeschäft darüber berichten, aber letztlich das Thema nicht analytisch angehen können, setzt die Performance-Künstlerin, Autorin und Aktivistin Marina Naprushkina mit Engagement und einem hochaktuellen Buch neue Akzente.Neue Heimat? Marina Naprushkina

 

202.834 Asylanträge gingen im Jahr 2014 bei deutschen Behörden ein, 2015 wird diese Zahl um ein Vielfaches steigen. Hinter dieser Zahl verbergen sich Schicksale von Menschen, die nach einer oft monatelangen Odyssee traumatisiert hier ankommen. Laut Rechtslage dürfen Flüchtlinge zunächst keiner Arbeit nachgehen, nur warten: warten auf ein neues Leben, warten auf eine bessere Zukunft. Bei ihrem täglichen Kampf auf den Ämtern, bei Ärzten, Anwälten, in Kitas und Schulen sind sie meist auf sich gestellt, Sprache und System sind ihnen fremd, nach Verzweiflung und Flucht erfahren sie nun täglich neu ihre Chancenlosigkeit. Neue Heimat ist eine Bestandsaufnahme aus dem Flüchtlingsalltag, die zeigt, wie deutsche Willkommenskultur oft wirklich aussieht.

Marina Naprushkina und ihre Mitstreiter haben im August 2013 – lange bevor das Wort Flüchtlinge die Vokabel Nummer 1 in den Medien wurde – eine Nachbarschafts-initiative gegründet. Keinen „Laberverein“, denn: „Jeden Nachmittag malen und basteln wir mit den Kindern, machen Disco, Kino, Ausflüge, helfen den Eltern beim Arzt, beim Asylamt, beim Rechtsanwalt. Es sind inzwischen über 100 Freiwillige. Wir kämpfen gegen fehlende Unterlagen, scheinbar korrupte Strukturen, Millionen von Staatsgeldern, die ohne Verträge an obskure Firmen bezahlt werden. Wir machen Sprachkurse, organisieren Kitaplätze, kochen gemeinsam mit Nachbarn und feiern ausgelassen …“ „Neue Heimat?“ zeigt, wie Integration gehen kann. Wie wir unser soziales Leben neu erfinden können. Wie wir über uns selbst hinauswachsen.

Neue Heimat? Marina Naprushkina
Marina Naprushkina (Foto: Europa Verlag)

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