Bus fahren

Preisverdächtig: Nominiert für den Deutschen Kinder-und Jugendliteraturpreis 2016

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Bus fahren gehört zum Alltag vieler Kinder. Aber sich wie Carla alleine auf so eine Fahrt zu begeben, verlangt Mut und ist etwas Besonderes. Im Bus sitzen schon Hasen in Schuluniform, ein schlafendes Faultier, eine strickende Katze, eine kleine Maus mit Koffer und eine Schildkröte mit Provianttasche. An den Haltestellen steigen Tiere aus und ein, und der Blick aus dem Fenster macht neugierig auf die Wartenden. Als eine Wolfsfamilie zusteigt, werden die Fahrgäste unruhig, und nach der Fahrt durch einen dunklen Tunnel sitzt kein Fahrgast mehr auf seinem Platz. Kurz vor der Endstation wartet die Großmutter auf Carla.

Das schmale Querformat und die doppelseitige Bildgestaltung greifen das Innere eines Busses auf. Marianne Dubuc erzählt fast textlos in feinen Bunt- und Bleistiftstrichen, was auf dieser kurzweiligen Fahrt passiert. Ihre kleinteiligen Zeichnungen in matten Farben laden zum genauen Hinsehen ein. Immer wieder kann man zurückblättern und Neues entdecken, eine Geschichte (er)finden, die sich hinter einer Person oder einem Gegenstand verbirgt. In der Auswahl der tierischen Fahrgäste zitiert Dubuc Gestalten aus der klassischen Kinderliteratur wie Märchen, Kinderlied und Bilderbuch und erzählt dabei zeichnend viele kleine Geschichten. Ab 3.

 

Eis ohne Ende

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Die Geschichte von Peter Sis vermittelt Informationen wie ein Sachbuch: Ein kleiner Junge schreibt seinem Großvater einen Brief über Eiscreme, weil er entdeckt hat, dass Eis schon vor 2000 Jahren in China begehrt war, seit wann es Eistüten gibt und woraus die Eiscreme – meistens – besteht. Er findet Eiskugeln so toll, dass er mit ihnen rechnet, die verschiedenen Sorten aufschreibt und nur Freude am Zeichnen von Landkarten hat, wenn es um Eis geht. Schließlich erfindet er Wesen, die aus Eistüten bestehen.

Ein sommerlicher Genuss – ohne Warnung vor Zucker, Fett, Kalorien und Nebenwirkungen.

Neue Perspektiven

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„Mir nach!“ ruft Leon. Max und Henri folgen ihm vorsichtig, denn sie wissen zwar, dass sie aufpassen müssen, würden aber auch gern erster sein. Doch all diese Ampeln und Lastwagen… Zum Glück fällt Max jedes Mal eine Geschichte ein.

Als Leon merkt, was Max zu erzählen hat, will er auch zuhören. Nun laufen sie Hand in Hand. Schließlich landen sie auf einem Kinder-Geburtstagsfest, und der Betrachter erfährt, warum Max die ganze Zeit ein Päckchen unter dem Arm trug.

Weder Zeit noch Räume „stimmen“ in dieser Geschichte, aber Orte und Landschaften lassen vermuten, dass die drei schon lange unterwegs sind – eine Reise um die halbe Welt, in der sich die Perspektive immer mal ändert. So kommt jeder zu seinem Recht, und deshalb können Leon, Max und Henri ihr Zusammensein ebenso genießen wie den stetigen Wechsel von Ausblick und Einblick.

Dieses Buch ist ein weiterer Beleg für die Poesie des Autorenpaars, das es versteht, in wenigen Szenen Freundschaft und Achtsamkeit lebendig werden zu lassen.

Die Schönheit der Welt

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Ein Rotkäppchen geht an der Hand seines Vaters durch die schwarzweißgraue Stadt. Sein Cape ist der einzige Farbfleck, bis das Kind entdeckt: Gelb leuchtet ein Löwenzahn an einem Pfosten. Bunte Blumen blühen auf dem Kleid einer Frau. Während der Vater ins Handy spricht, schleichen sich weitere Farben in die Bilder: bunte Streifen auf einer Jacke, rote Lampions vor einem Laden.

Der Park ist farblos, als Tochter und Vater ihn betreten. Das Kind findet einen toten Vogel und bedeckt ihn mit einem Blumensträußchen. Sofort bekommt der Rasen Farbe, und als die beiden den Park verlassen, ist er so frühlingsfröhlich wie die Autos in den Nebenstraßen, die Halsbänder der Hunde, die Häuser in der Umgebung und Mamas Haar, das eine Blüte ziert. Die Geschichte vom Mädchen, das mit dem Vater auf dem Weg durch die Stadt überall Farben findet, kommt ohne Worte aus und weckt Achtsamkeit für die Schönheit der Welt.

Graugrau mit Fünkchen

Graugrau

Graugrau ist ein Wesen, das kein Licht erträgt. Setzt es sich den Strahlen der Sonne aus, stirbt es. Darum lebt es im Inneren des Berges. Tagsüber schläft es. Nachts badet es im Mondlicht, und in Vollmondnächten rollt es Steine den Berg hinauf, um den Mond näher zu sein. Vergeblich. Es sehnt sich nach „etwas Kleinem zum Liebhaben“.

Eines Morgens fliegt ein Fünkchen in die Berghöhle und erschrickt, weil es nur einen Tag leben kann und von der Sonne kommt. Es erzählt, dass die Sonne Farben auf die Erde bringt und was darin lebt: im Blau des Wassers, im Grün der Wälder, im Gelb der Wüsten. Das Wesen Graugrau ist froh, dass es dem Fünkchen auch etwas erzählen kann: vom Mond, der sich ständig verändert. Als der Tag endet, verfärbt sich das Fünkchen. Es muss sterben, wenn es nicht zur Sonne zurückkehrt. Das Wesen trägt es den Berg hinauf, bis man im Westen das Licht der untergehenden Sonne gerade noch sieht.

Ein winziger Funken belebt in der Geschichte von Ulf Stark die Welt mit Farben und erwärmt sie – ein Genuss, der uns alle erfüllt.

Das Bauhaus. Spiel

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In Form eines Frage- und Antwortspiels befasst sich „Was ist das Bauhaus?“ mit moderner Architektur des 20. Jahrhunderts, informiert über das Dessauer Bauhaus und seine Entstehungsgeschichte. Um zu begreifen, was die Architekten, Künstler und Handwerker in dieser Zeit bewirken wollten, bietet sich ein Besuch in Dessau an – mit dem Buch in der Hand.

 

 

Mondrian. Bilderbuch

Medien Krawinkel

In „Krawinkel & Eckstein – Auf den Spuren von Piet Mondrian“ machen sich Spähwinkel und sein Hund Foxtrott auf die Suche nach dem Neuen in der Zukunft. Krawinkel und Eckstein folgen ihnen. In unbekannten Formen, Zeichen und Landschaften glauben sie, die Zukunft schon erkennen zu können, und landen schließlich in einer modernen Stadt, in der sie in einem Atelier Bilder in bis dato ungewohnten Farben und Formen finden. Das war wohl Mondrians Atelier.

 

Matisse. Bilderbuch

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Nach einem langen Leben als Maler der „frischen, reinen Farben“ schien eines Tages „die Sonne in seinem Bauch nicht mehr“. Henri Matisse wurde krank, und seine Leinwände blieben leer. Nach einer Operation erwachte er im Krankenzimmer. „Hier gibt es gar nichts Buntes. Das ist ja, als wäre ich tot“, sagte er und verlangte nach Farben. Aber es war schwierig, im Bett zu malen, und die Pinsel an langen Stangen waren zu schwer für den Kranken. Da entdeckte er, was man mit der Schere aus buntem Papier zaubern kann: „Das ist ja wie Zeichnen und Malen in einem!“

Annemarie van Haeringen hat „Monsieur Matisse und seine fliegende Schere“ in einem Bilderbuch zum Leben erweckt.

 

 

Kritische Sichten. Bilderbuch

Medien Pinocchio

Mit seinen akribischen Darstellungen zeigt Roberto Innocenti ein Stück Architektur- und Städtebaugeschichte, übt aber auch Kritik am Städtebau. In der Rotkäppchen-Adaption „XXXY“ führt der Weg des Mädchens nicht durch den dunklen Wald, sondern in alptraumhafte Konsumtempel und von menschlichen Raubtieren bewohnte Vorstädte. Innocenti warnt vor diesen menschenfeindlichen Räumen, die sich in allen Großstädten der Welt finden und nahtlos in die Elendsquartiere der Ärmsten übergehen. Doch die Bilderbücher von Innocenti gestatten auch Einblicke in mittelalterliche Städte, zum Beispiel in „Pinocchios Abenteuer“, und in deutsche Kleinstädte zur Nazizeit: „Rosa Weiß“.

 

 

Perspektivwechsel. Bilderbuch

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David Wiesners „Herr Schnuffels“ ist in mehr als einer Hinsicht genial und bekam 2015 den Deutschen Jugendliteraturpreis in der Sparte Bilderbuch. Erzählt wird die Geschichte der Landung Außerirdischer, für die ein modernes Wohnzimmer riesig ist. Sie verbünden sich mit den Ameisen und Marienkäfern, die hinter der Heizung leben, und verständigen sich mit ihnen wie vorzeitliche Höhlenbewohner mittels Wandgemälden. Die Geschichte spielt – fast ohne Worte – mit Sprache und Schrift: die der Außerirdischen, der Ameisen und der Marienkäfer. Sie spielt aber auch mit Räumen und Perspektiven.

Offensichtlich kommen die Außerirdischen aus einer Welt, deren Bewohner klein wie Insekten sind. In ihrem Raumschiff führen sie alles mit, was sie brauchen, und sind in der Lage, den größten bekannten Raum, den Weltraum, zu bereisen. Am intelligentesten scheinen jedoch die kleinen grünen Männchen in einem Miniweltraumfahrzeug zu sein, denn sie stellen den Kontakt zu den Ameisen und Marienkäfern her: Kommunikation ist möglich, und Welten treffen aufeinander, ohne dass Menschen es bemerken.

 

Räume in China. Bilderbücher

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„Oma trinkt im Himmel Tee“ ist eine Geschichte vom Abschied, geschrieben von der taiwanesischen Autorin Fang Suzhen. Die Bilder von Sonja Danowski lassen darauf schließen: Die Illustratorin kennt sich mit chinesischen Verhältnissen, mit den Innenräumen im Dorf der Großmutter und in der Wohnung von Mutter und Kind so gut aus, dass sie dem Betrachter Einblicke gewähren kann.

Ähnlich realistisch wirken die Straßenzüge und Wohnräume in einer rotchinesischen Stadt zur Zeit vor und während der Kultur-Revolution, die der chinesische Illustrator und Autor Chen Jianghong für das Buch „An Großvaters Hand – Meine Kindheit in China“ entwarf. Er zeigt das Leben dreier Generationen in einer Ein-Raum-Wohnung, die sich beim Ausbruch der Kulturrevolution von traditionellen Gegenständen trennen müssen. Ein in Wort und Bild faszinierendes Buch vom Überleben historischer Alltagskulturen in modernen Zeiten.

 

Weihnachtliches Chaos

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„Advent, Advent die Bude brennt“. Im wahrsten Sinne abgebrannt sind Lucas, seine Mutter und Schwester Katharina. Und das nicht nur vor Weihnachten, sondern auch noch kurz vor der Geburt eines Geschwisterchens. Zudem ist der Vater ausgezogen und bereist gerade den hohen Norden.

Eine vergnügliche Geschichte über die Suche nach einer neuen Bleibe und über die syrischen Freunde von Lucas, die heimlich für ein Weihnachtswunder in Tantes Gartenhäuschen sorgen, obwohl sie nicht Weihnachten feiern. Amüsant, ein bisschen unheilig und chaotisch. Aber: Mit Happyend!

 

wamiki-Tipp: Einwohlt, I./Schulz, T.: Advent, Advent, die Bude brennt – Die Weihnachtsgeschichte nach Luca. Klett Kinderbuch 2015, 128 Seiten, 12,95 Euro. Ab 8 Jahren