Aufruf: KEINE GEWALT

Die Verdachtsfälle von Gewalt gegen Kinder in Kitas nehmen zu – Nun hat sich ein breites Bündnis aus Verbänden und Organisationen wie Gewerkschaften, Eltern­vertretung, Kinderschutz und Wissenschaft für einen wirksamen Schutz von Kindern in Betreuungseinrichtungen
ausgesprochen.

„Kitas sind gut für Kinder, wenn die Kitas gut sind. Wir wissen aber, dass auch Grenzüberschreitungen zum alltäglichen Kitaleben von Kindern gehören. Wir solidarisieren uns mit den Kindern und fühlen uns verpflichtet, die Gelegenheit der öffentlichen Aufmerksamkeit zu nutzen, um für den Schutz der Rechte von Kindern einzutreten und pädagogische Fachkräfte zu stärken.“, so die Initiator:innen.

Mehr als 1100 Expert:innen aus Praxis und Wissenschaft haben den folgenden Aufruf bereits mitgezeichnet.

Kitas müssen die Rechte der Kinder schützen

Im Jahr 2000 wurde im Bürgerlichen Gesetzbuch niedergelegt: „Kinder haben das Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind unzulässig“ (§ 1631 Abs. 2 BGB). Gewalt gegen Kinder hat viele Gesichter. In Kitas erleben Kinder unterschiedliche Formen von Alltagsgewalt: Zum Beispiel Zwang, etwa wenn sie etwas kosten oder aufessen sollen. Wenn sie in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt werden, wenn sie beschämt oder bestraft werden. Auch Schimpfen, Anschreien oder grob am Arm packen sind übergriffig.

Die BiKA-Studie („Beteiligung von Kindern im Kita-­Alltag“, 2018–2020) hat in Krippengruppen mit Hilfe von Videografie untersucht, wie die Beteiligungsrechte der Jüngsten im Alltag umgesetzt werden:

www.pina-research.de/forschung/forschungsprojekte/bika/

Nach Ergebnissen der Studie kommt es zum Beispiel in knapp der Hälfte der untersuchten Krippengruppen beim Mittagessen zu grenzüberschreitendem Körperkontakt gegenüber Kindern. In genauso vielen Essenssituationen können nicht alle Kinder selbst entscheiden, wie viel sie essen oder trinken möchten. Ebenfalls in knapp jeder zweiten beobachteten Essenssituation sind Bewegungseinschränkungen von Kindern zu beobachten. Das kann so nicht bleiben!

 

Wir fordern im Einklang mit vielen Fachkolleg:innen aus Praxis und Wissenschaft:

 

1.

Kitas brauchen mehr und gut ausgebildete pädagogische Fachkräfte. Sie benötigen mehr Zeit für Vor- und Nachbereitung, für Reflexion, Teamsitzungen und Weiterbildung. Der Betreuungsschlüssel ist deutlich zu verbessern.

2.

Gewalt darf im Alltag von Kitas nicht vorkommen. Fehlverhalten muss klarer definiert werden. Kinderrechtsbasiertes pädagogisches Handeln muss vorrangig Gegenstand von Personal- und Teamentwicklung sein. Die Aus- und Fortbildung von pädagogischen Fachkräften zu Beteiligungs- und Schutzrechten von Kindern muss unmittelbar verbessert und ausgeweitet werden.

3.

Kinder müssen sich wirksam beschweren können, ebenso ihre Eltern. Dafür sind die gesetzlich geforderten Beschwerdemöglichkeiten in Kitas sowie die unabhängigen Ombudsstellen endlich systematisch einzurichten.

4.

Wir brauchen mehr Wissen darüber, wie die Beteiligungs- und Schutzrechte von Kindern in Kitas, Kindertagespflege­stellen und Horten tatsächlich verwirklicht werden, und wie das die Kinder sehen. Nur so können wirksame Möglichkeiten der Intervention und Prävention entwickelt werden. Dafür brauchen wir mehr Monitoring und mehr Forschung.

An sicheren Orten sind die Rechte von Kindern insgesamt geschützt. An sicheren Orten erleben Kinder Selbst- und Mitbestimmung, können ihre Persönlichkeit voll zur Entfaltung bringen und sind vor Diskriminierung und Grenz­überschreitung geschützt.

 

Prof. Dr. Frauke Hildebrandt (Fachhochschule Potsdam, iffe e. V.)

Prof. Dr. Catherine Walter-Laager (Universität Graz, Zentrum PEP)

Bianka Pergande (Deutsche Liga für das Kind)

Katrin Macha (ISTA-Institut für den Situationsansatz/INA Berlin gGmbH)

Prof. Dr. Jörg Maywald (Deutsche Liga für das Kind)

Prof. Dr. Gerlind Große (Fachhochschule Potsdam)

 

Foto: xxx, photocase

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