Die Geschichte des ›-in ‹

Seit wann diskutieren Menschen über weibliche Bezeichnungen und verwenden sie? Der Blick in die Sprachforschung zeigt: Schon lange ist es üblich, weibliche von männlichen Bezeichnungen zu trennen. Im Lateinischen allein deshalb, weil es durch die unterschiedlichen Endungen männlicher und weiblicher Nomen leicht möglich ist: Da gab es zum Beispiel neben dem Sklaven (servus) die Sklavin (serva). Endete die männliche Form ausnahmsweise mal auf a, etwa beim Dichter (poeta), hieß die Dichterin eben poetria – Ordnung muss sein.

Wie hielten es die Germanen? Im Gotischen, einem uralten Verwandten der späteren deutschen Sprache, kannte man neun verschiedene Möglichkeiten, weibliche von männlichen Bezeichnungen zu trennen. Das -in war bereits dabei, aber es war die einzige Form, die an etwas angehängt werden musste. Sonst wurden je nach Geschlecht Endungen ausgetauscht.

Das Althochdeutsche kannte noch drei Varianten für weibliche Bezeichnungen: Neben -in, etwa bei kunigin für Königin, gab es zum Beispiel das -a. So hieß die Gastgeberin gastgeba, um sie vom männlichen Gastgeber zu trennen.

Nanu, gab es im „finsteren“ Mittelalter neben Hexen- und Teufelswahn auch noch Genderwahn? Gesetzestexte wie der folgende offenbaren Erstaunliches: „Unser herren meister und rat sint überein komen, daz kein altgewender, gremp oder grempin, noch nieman anders (…) hinnanvür me keinen husrat noch ander gut miteinander sammenthaft koufen üllent“, legte eine strenge Stadtordnung im 14. Jahrhundert fest. Gremp und Grempin sind Krämer und Krämerin.

Schon ein Jahrhundert zuvor verkündete ein Edikt für Tätige im medizinischen Bereich: „Alle, Chirurg oder Chirurgin, Apotheker oder Apothekerin, Kräutersammler oder Kräuterkundige, dürfen die Grenzen ihres Berufes nicht überschreiten.“ Man und frau reibe sich die Augen: Im frühen Mittelalter war das Gendern in offiziellen Texten bisweilen Ehrensache, entsprechend der weit verbreiteten Berufstätigkeit von Frauen in einer Zeit, in der es das Modell „Mutti daheim“ nicht gab.

„Es gibt auch Substantive, die (…) eigene oder singularische Feminina nicht haben: Sondern sie bilden das feminine Genus, indem sie dem Masku­linum in anfügen oder indem sie e in in verwandeln“: Seit der Renaissance sind Sprachforschungen wie die vom hier zitierten Albertus Oelinger aus dem Jahr 1574 bekannt, die belegen: Schon aufgrund grammatikalischer Logik müssen Bezeichnungen für Frauen mit weiblicher Endung versehen werden. Uneins war man sich nur, ob das -in weibliche Berufstätige ebenso wie Gattinnen männlicher Würdenträger bezeichnen sollte, also ob die Königin nur die Gattin des Königs oder eine Herrscherin an sich wäre. Ein Sprachlehrer schlug verschiedene Formen vor: Äbtin für die Gattin des evangelischen Abtes, Äbtissin für die Klostervorsteherin.

Erst mit der Aufklärung und der Romantik, ergaben Forschungen, verzichtete man zunehmend auf die weiblichen Bezeichnungen. Vielleicht auch, weil jetzt die daheim waltende Mutter und Hausfrau zum Ideal wurde? Dennoch war es im 19. Jahrhundert immer noch üblich, neue Berufe für Frauen (Arbeiterinnen) mit -innen zu versehen. Weil das in Zeiten starker Ungleichheit in der Regel Berufe mit schlechtem Status waren, fanden es viele Frauen der ersten Emanzipationsbewegung um die Wende zum 20. Jahrhundert erstrebenswert, männlich benannte Titel zu erreichen: „Ich bin Redakteur“ klang in damaligen Ohren ernstzunehmender als „Ich bin Redakteurin“ – als ob das -in den Wert schmälerte.

Auch wenn manch heutiger Leserbriefschreiber das generische Maskulinum bevorzugt: Erst spät nachweisbar ist die These, die männliche Form sei eine Art Grundwort, dem man für die weibliche Bezeichnung ein unnötiges -in angehängt habe. Und in den Sechzigern, keine goldenen Jahre für Geschlechtergerechtigkeit, schrieb man Sätze wie den folgenden: „Lehrer ist, wer zum Beruf das Lehren gewählt hat; Lehrerin ist dazu die moderne weibliche Variante. Im Verhältnis der beiden Varianten ist das Maskulinum das Grundwort. Es nennt eigentlich nicht eine männliche Person, sondern (…) allein das Subjekt eines Verhaltens.“ Lehrer als Verhaltensweise, die seit kurzem auch Frauen ausüben – coole These.

Könnte man auf das -in wirklich verzichten? In einem Text aus den Neunzigern stellen die Autoren fest: „Der Satz ‚Die Abgeordneten tanzten mit ihren Frauen ‘ klingt bei weitem natürlicher als ‚Die Abgeordneten tanzten mit ihren Männern ‘. Solange man sich Minister als Männer, Putzkräfte hingegen als Frauen vorstellt und die Hebammen sowieso – übrigens die einzige Berufsbezeichnung Deutschlands ohne männliche Form! –, solange geht es wohl nicht ohne -in, mit und ohne _, * und I. Und wem das zu kompliziert ist, der oder die geht zurück zum Althochdeutschen: „Ich bin eine Erzieha.“

 

Foto:  jockelo / photocase.de

Bilderrätsel

Welchen Begriff aus der Pädagogik haben wir im übertragenen Sinn collagiert? Die Buchstaben in den hellen Kästchen ergeben den Lösungsbegriff. Unter Ausschluss des Rechtsweges verlosen wir 10 x „Wilde Tiere in der Kita“ von Herbert Österreicher.

Hier gibts das Rätsel auch noch mal als PDF: Bilderraetsel_#2_2022

PS: In Heft 1/2022 suchten wir den Begriff: Der Kostehappen. Die Redaktion gratuliert allen Gewinnerinnen und Gewinnern.

Bild: Marie Parakenings

 

Schickt eure Lösung per Post an:
wamiki
Was mit Kindern GmbH
Kreuzstr. 4 ∫ 13187 Berlin
oder per E-Mail an: info@wamiki.de
Stichwort: Bilderrätsel.
Einsendeschluss ist der 15. Mai 2022.

Pädagogik aufräumen

Pädagogik lebt von Ritualen, heißt es. Erzieher, Lehrer und *innen machen alles Mögliche, weil es nun mal derzeit üblich oder sogar vorgeschrieben ist. Egal, ob es Sinn hat oder nicht. Sinnvoll ist es aber auf jeden Fall, ab und zu auszumisten. Deswegen stellt diese Rubrik pädagogische Gewohnheiten aufs Tapet und fragt ganz ergebnisoffen: Ist das pädagogische Kunst, oder kann das weg?

Der Handabdruck

Kinder erfühlen Farbe oft lieber, als sie mit langen Pinseln zu vermalen. Das ist klar, denn Farben sind einzigartige Sinnesmaterialien: fühlen sich cremig an, riechen interessant, kleckern lustig und sind auch noch bunt. Kinder müssen Farben in die Hände nehmen können, wissen PädagogInnen und bestellen sogenannte Fingerfarben.

Oft hinterlassen Kinder, die in Farben pantschen oder gar herumkrabbeln dürfen, Flecken, die eher unbedeutend aussehen. Aber manchmal sind niedliche Abdrücke von Händen oder Füßen dabei, und irgendwann dachte bestimmt jemand: Das schneide ich aus, häng es auf oder gebe es den Eltern mit. So wurde aus einer guten Idee ein Hype, der sich wie ein Virus in jeder Kinderkrippe und jedem Mutti-Forum festsetzte: der Handabdruck-Kult.

Kinder haben wirklich süße Hände, und es ist geradezu rührend, wie klein sie am Anfang waren. Kleine Kinder allerdings sind von der Größe ihrer Hände nicht ganz so gerührt – sie finden vielleicht eher unsere Riesen­pranken interessant. Was sie vermutlich aber nicht mögen: Wenn diese großen Hände ab und zu die gar nicht kleinen Hände packen, in Farbe tunken und sie danach vorsichtig – jetzt nicht wackeln! – in die Mitte eins DIN-A6-Tonpapiers drücken.

Willst Du wissen, wie pädagogisch sinnvoll es ist, aus den Abdrücken mit ein paar Strichen Abbildungen von Elefanten oder Giraffen anzufertigen, die einfach mega-süß sind? Schau ins Netz! Aber nimm vorher ein Mittel gegen Übelkeit ein.

 

Foto: Pontchen.Photocase

Kinderwerkstatt Wildpflanzenküche

Fachbuch

Kochen mit Kindern in der Natur! Beim Sammeln, Verarbeiten und Kochen draußen in der freien Natur lernen schon junge Kinder auf spielerische Art und Weise Wildpflanzen kennen. Das Buch enthält: praxiserprobte Rezepte für einfache Gerichte mit Wildpflanzen, die Kinder gerne essen. Viele Anregungen zum Konservieren von Wildkräutern – für den Vorrat und für kleine Geschenke aus der Küche. Pflanzenporträts von zwölf Wildpflanzen, verteilt auf die vier Jahreszeiten: Bärlauch, Giersch, Löwenzahn, Brennnessel, Gänseblümchen, Spitzwegerich, Hagebutte, Holunder, Ringelblume, Haselnuss, Fichte und Huflattich, mit ihren wichtigsten Merkmalen und ihrer Verwendung in Brauchtum, Heilkunde, Mythen und Märchen. Zahlreiche Ideen und Anleitungen für Spiele und kreatives Gestalten mit Wildpflanzen.

Eine Fülle an Fotos, die Lust machen, mit den Kindern hinaus in die Natur zu gehen. Ein reichhaltiges, anregendes Praxisbuch für Erzieher*innen, ­Lehrer*innen, Familien und alle, die mit Kindern einen spielerischen Zugang zur Natur suchen.

 

 

 

Gärtnern im Minibeet

Sachbuch

Radieschen, Basilikum, Tomaten oder Petersilie … Kinder brauchen keinen großen Garten, um ihre eigenen Pflanzen und ihr eigenes Gemüse zu ziehen! Dieses bunt illustrierte Sachbuch zeigt Kindern in einfachen Schritt-für-Schritt-Anleitungen mit vielen Tipps und Tricks, Anekdoten und Rezeptideen, wie man erfolgreich auf dem Balkon, im Minibeet oder im Blumentopf gärtnert. Der Rhythmus der Jahreszeiten wird dabei ebenso spielerisch vermittelt wie botanische Fakten und Fachbegriffe. Eine komplette Einführung in das Gärtnern für alle Kinder mit grünen Daumen! Ab 5.

 

 

KinderGarten

Sachbuch

Hast du deine Nase schon mal in eine duftende Rose gesteckt und die Finger in krümelige Erde? Fragst du dich manchmal, wie eine Blume eigentlich trinkt und woher sie weiß, wo oben und unten ist? Die Fotografin Julia Hoersch und die Autorin und Grafikerin Gesa Sander haben gute Ideen, Wissenswertes und Nützliches rund ums Gärtnern für Kinder in einem umfangreichen, schön gestalteten Buch versammelt. Die Mehrzahl der vorgestellten Pflanzprojekte und Ideen wie kleine Anzuchtstationen, Insektenhotel oder bunte Saatbomben lassen sich auch ohne eigenen Garten leicht nachmachen. Schon Balkon oder Fensterbank bieten genügend Raum dafür. Ab 7.

 

 

Lasst Blumen sprechen

Sachbuch

Wie lassen sich leere Milchtüten in Blumentöpfe verwandeln? Welche Materialien benötigt man für ein Insektenhotel? Und wie sieht eigentlich das Innenleben einer Blume aus?

In „Grüner wird’s nicht!“ finden Kinder gute Ideen zum Lernen, Beobachten und Selbermachen sowie spannendes Hintergrundwissen zu Flora und Fauna. Die kindgerechten Anleitungen von Kirsten Bradley und die farbenfrohen Zeichnungen der Illustratorin Aitch zeigen jungen Lesern, wie sie Schritt für Schritt und mit wenigen Materialien selbst zu kleinen Gärtnern werden können. Geeignete Orte zum Pflanzen und Ernten lassen sich schließlich überall finden, ganz gleich, ob im Garten, auf der Fensterbank oder im Hinterhof. Ab 5.

 

 

Das Weidenbaubuch

Sachbuch

 

Die Kunst, lebende Bauwerke zu gestalten: Aus Weidenruten entsteht auf einfache Weise lebendige Architektur. Der Klassiker von Micky Remann und Marcel Kalberer weckt mit einer Fülle von Beispielen die Lust am natürlichen Bauen.

 

Nichts für Unbefugte: Das Fugenfüllprofil

Teuer muss nicht sein, aber kreativ! Michael Fink inspiziert Ausgesondertes, um nach Dingen zu suchen, die kaum etwas kosten. Hier gibt es den Artikel als PDF: 1Euro_#2_2022 Die Lücke hat ein eher schlechtes Image. Vera wartet auf den Traummann und nutzt Egon als Lückenbüßer, was immer Büßen in diesem Zusammenhang heißen soll. Jana tarnt beim…

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Licence to clean

oder Muss ich das alles machen? Hier werden Rechtsfragen aus der Pädagogik verhandelt. Diesmal geht es um nachträglich verordnete Zusatzaufgaben, die ein Team erfüllen muss. Oder nicht?   Hier gibt es den Artikel als PDF: Rechthaber_#2_2022 „Jedes Kind ist von Geburt an eine einzigartige Persönlichkeit und bringt alle Potenz…“ Gundi und Irene gähnen herzhaft. Der…

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Wachsen statt Wanken

Warum sind wir, wie wir sind? Und warum stoßen wir damit nicht nur auf Gegenliebe? Erinnerungen an missliche Situationen, Erkenntnisse über Verhaltensweisen, Erfahrungen mit Lösungsmöglichkeiten und Umsetzungstipps – Aline Kramer-Pleßke, Supervisorin und Coach, möchte dazu beitragen, dass wir unsere Potenziale entdecken, unsere Ressourcen stärken, emotionale Entlastung finden und souveräner handeln können. Hier gibt es den…

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