Deichkind: In der Natur

In der Natur

 

In der Natur,

alles voll Gekrabbel und Gestrüpp

In der Natur,

da friert es dir am Steiß, wenn du
dich bückst

In der Natur

wirst du ganz langsam verrückt

Und plötzlich wünschst du dich
so sehr zum Hermannplatz zurück

In der Natur

gibt es weder Kuchen noch Empfang

In der Natur,

da hat die Liebe keine Chance

In der Natur,

da hab ’n die Tiere keine Angst

Da gehst du einfach lang und krepierst dann irgendwann

 

Ich hänge hier im Wald rum

Ohne Hafermilch und Heizung

Hier versau ich mir den Look und
die Hagebutte juckt

Dornen schneiden an mei′m Bein rum

Ich kämpf mit Schwein′n um die
Kastanien

Die Sonne treibt mich in den
Wahnsinn

Ich schlaf auf einem Stein, ich fühl mich so allein

Und hab Karies in mei ’m Zahn drin

 

In der Natur

Da wartet′s nur auf dich

Da wirst du beobachtet

 

 

Foto: Annie Spratt, unsplash

Der Wald in alten und neuen Liedern

Erklingen eigentlich noch Lieder „mit frohem Schalle“ im Wald? In diesem Text auf jeden Fall, denn sie dienen dazu, unser Verhältnis zum Wald unter die Lupe zu nehmen: Woher kommt denn die gerade für Deutschland charakteristische Begeisterung für den Wald? Und was begeistert Pädagoginnen am düsteren Tann?

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Bilderrätsel

 

Welchen Begriff aus der Pädagogik haben wir im übertragenen Sinn collagiert? Die Buchstaben in den hellen Kästchen ergeben den Lösungsbegriff. Unter Ausschluss des Rechtsweges verlosen wir 10 x „Ärger mit Sie wissen schon”.

PS: In Heft 1/2025 suchten wir den Begriff: Elternteile.
Die Redaktion gratuliert allen Gewinnerinnen und Gewinnern.

Bild: Marie Parakenings

 

Klimaangst und Wandelmut

Sachbuch

Lena Hällmayers Stimme ist authentisch und persönlich: „Es geht um nicht mehr oder weniger als um alles. Ich will eintauchen in das Erlebte, berührt werden und berühren. Damit ich alles wirklich verstehe. + etwas verändern kann.“ – Mit diesem Vorwort setzt die ­Künstlerin den Ton für ihre tagebuchartigen Graphic Novel, die ge­prägt ist durch Involviertheit, Engagement sowie existenz­ielle Eindringlichkeit und die ergreifen, aufrütteln, ‚mitnehmen‘ will.

Die Auseinandersetzung mit dem Klimawandel und seinen Auswirkungen findet weniger auf der sachlichen als auf der subjektiven Ebene des erlebten Alltags der Künstlerin statt. Ihr wesentliches Ausdruckselement, das ihr Engagement unmittelbar transportiert, ist die Illustration: Comic-Episoden wechseln mit ausdrucksstarken Acryl- und Tuschezeichnungen, die Verzweiflung und Wut, aber auch Freude darstellen. Vertrocknende Landschaften in expressivem Pinselduktus stehen neben Visualisierungen, die davon erzählen, wie wir Menschen als Geflecht oder Gewebe zusammen doch etwas bewirken können. Die Bandbreite der künstlerischen Gestaltungsformen ist dabei so groß wie die der inneren Prozesse. „Denkend zeichnen“ – so gestaltet die Künstlerin innere Ambivalenz und findet schließlich – auch durch das Aufzeigen von Handlungsräumen – zu Hoffnung, Tatendrang und Wandelmut. Ab 14 Jahren.

Läuse – Handbuch zum Überleben auf Menschen

Sachbuch

 

Dieses originelle Sachbuch wagt einen ungewöhnlichen Perspektivwechsel, indem es sich als Überlebensratgeber direkt an Läuse wendet, die sich auf den Köpfen von Menschen eingenistet haben. Mit einem Mix aus informativen Inhalten und experimenteller Erzählweise vermittelt Berta Páramo lebendig und humorvoll wichtiges Läusewissen, ganz ohne Peinlichkeiten oder Ekel. Detaillierte und nahezu piktogrammartige Illustrationen in leuchtendem Neon-Orange, Schwarz und Weiß hieven das Thema aus der Tabuzone. Die Zeichnungen sind dabei sachlich und auch in vielfacher Vergrößerung nicht abschreckend.

Kratzreiz auslösend ist das Buch damit vielleicht immer noch. Doch die Art der Darstellung regt dazu an, mit der sensiblen Thematik ohne Angst oder Scham offen umzugehen. Wissen über das Leben und Wirken von Kopfläusen wird so in respektvoll-perspektivierender Nähe zur Spezies vermittelt.

Läuse ist ein bild- und sprachästhetisch herausragendes Sachbuch in einem ungewöhnlich handlichen Format, das den Blick auf das systemische Zusammenspiel von Lebewesen stärkt und dabei einen Akzent auf das Thema Selbstfürsorge setzt. Die Übersetzerin Stefanie Kuballa-Cottone transportiert den augenzwinkernden Erzählstil und hält dabei dennoch die Balance hin zur Sach­ebene. Ab 8 Jahren.

Der Tag, als die Frauen streikten

Sachbuch

Wenn alle Frauen eines Landes einen Tag lang streiken, macht dies sicht- und spürbar, wie unverzichtbar ihre Arbeit ist. So geschehen in Island am 24. Oktober 1975. An diesem „Langen Freitag“ ließen 90 Prozent aller Frauen ihre Arbeit ruhen und legten damit das Land lahm. Davon erzählt dieses zeitgeschichtliche Sachbilderbuch in einfachen Sätzen und mit farbenfrohen Illustrationen.

Die kleine Anna und ihre Mutter machen sich fertig für eine Frauenrechtsdemonstration, da beginnt die Mutter von ihren Kindheitserinnerungen zum Frauenstreik 1975 zu erzählen. Sie spricht über die gesellschaftsbewegende Bedeutung des historischen Ereignisses und über ihr eigenes kindliches Erleben. Heute wie damals ziehen Frauen gemeinsam durch die Straßen mit der Parole „Ich traue mich! Ich kann es! Ich mache mit!“ Beseelt von der gemeinschaftsstiftenden Aktion will auch Anna die Idee des Protests weitertragen.

Mit Leichtigkeit widmet sich Linda Ólafsdóttir dem nach wie vor aktuellen Thema Frauenrechte. Sie sensibilisiert Kinder für Gleichberechtigung und soziale Fairness und bestärkt sie in ihrem Gerechtigkeitsempfinden. Kraftvoll und schlicht wird eine global einflussreiche soziale Bewegung erklärt und die Bedeutung demokratischer Teilhabe erlebbar gemacht. Anna Schaub hat diese Schlichtheit gelungen aus dem Englischen übersetzt. Ab 6 Jahren.

Oma verbuddeln

Kinderbuch

Drei Kinder erleben Schwerstes: Nachdem die Eltern bei einem Verkehrsunfall umkommen, ziehen sie zur Großmutter, bis auch sie stirbt. Erzähler ist der elfjährige Paul. Er berichtet von Schock und Trauer. Aber auch von neuem Mut und dem wild-verzweifelten Entschluss, keinesfalls ins Heim zu gehen. Pauls Geschichte ist tieftraurig und zugleich befreiend komisch. Denn die Pläne, die er und seine beiden Schwestern verfolgen, um familiäre Eigenständigkeit zu bewahren, sind ebenso genial wie irrwitzig.

Birgit Schössows Buch über den Tod ist alles andere als ein Problembuch. Mit schrägem Humor, Slapstickelementen und viel Wortwitz wird erzähl- und aushaltbar, was das Schlimmste ist (nicht nur für Kinder): Der Tod geliebter Menschen und das Ende einer haltgebenden Vertrauensgemeinschaft. Dass es für Mina, Paul und Annie mit der Nachbarin Frau Matuschke jemanden gibt, der immer zugewandt und fürsorglich für sie da ist, stützt auch junge Leser:innen in ihrem Zutrauen in das Weiterleben nach einschneidenden Verlusten.

Mit bildstarker Sprache, warmherzigem Humor und kriminalistischer Spannung ist dieser mutige Kinderroman eine rasante Hommage an das Leben. Kapiteleröffnende ganzseitige Illustrationen bereiten berührend vor auf die Kraft der erzählten Emotionen. Ab 9 Jahren.

Von hier aus kann man die ganze Welt sehen

Kinderbuch

Die neunjährige Deetje stellt sich viele Fragen nach ihrer Herkunft. Ihren Vater kennt sie nicht. Kontakt zur Familie der Mutter gibt es kaum und die Mutter selbst ist ihr oft fremd. Als ein geheimnisvoller Brief in Deetjes Hände gerät, Absender und Empfangsadresse sind unleserlich, berührt dieser Deetje zutiefst. Hier schreibt jemand vom Vermissen und von der Sehnsucht nach Nähe. Deetjes eigene Sehnsucht wird zum Antriebsmoment für eine Suche nach dem Geheimnis des Briefes. Was sie von den Bewohner:innen ihres Hochhauses erfährt, hat viel mit dem zu tun, was diese vermissen, immer aber auch mit der Sehnsuchtslücke in ihrem eigenen Leben.

Weich und poetisch lässt Enne Koens ihre Ich-Erzählerin einen liebevoll-neugierigen Blick auf verschiedene Lebensrealitäten richten. Das Bedürfnis nach Familie, Freundschaft und Geborgenheit ist allgegenwärtig. Dass Deetje dabei einem Familiengeheimnis auf die Spur kommt, steigert die Spannung dieses warmherzigen Buches und belohnt die Protagonistin für ihr unermüdliches Fragenstellen. Maartje Kuiper’s stimmungsvolle Vignetten in gedeckten Rottönen eröffnen einen Blick in die Fenster der Wohngemeinschaft. Die Übersetzung von Andrea Kluitmann gibt der Erzählsprache eine geradlinige Sanftheit, die sich stimmig mit dem Erzählten verbindet. Ab 10 Jahren

Emma und der traurige Hund

Bilderbuch

Am Rande der Wiese begegnet Emma einem großen struppigen Hund. Es regnet und die Stimmung ist grau. „Ich fürchte, das Beste wäre, ich wäre tot“, sagt der Hund, was Emma zutiefst erstaunt und beunruhigt. Getragen von ihrer eigenen Lebensfreude versucht sie den Hund in den nächsten Tagen davon zu überzeugen, dass das Leben lebenswert ist. Ein einziger Grund würde dem Hund angeblich genügen, aber tatsächlich will nichts ihn umstimmen. Emma spürt, dass diese Aufgabe groß ist für ein Kind wie sie. Intuitiv sorgt sie für sich, zieht ihre Familie zu Rate, erlebt sich als Scheiternde und schenkt dabei dem Hund das, was ihm hilft: ihre Freundschaft.

Sabine Rufener gelingt es im Dialog zwischen Hund und Emma, dem schweren Thema Depression mit einer wohltuenden Portion spielerischer Leichtigkeit eine kindgemäße Tiefe zu verleihen. In Emma zeichnet Rufener ein ebenso resilientes wie kompetentes Kind, das in seiner Fürsorge für den Hund Selbstwirksamkeit erlebt, ohne sich zu überfordern.

Zart und ausdrucksstark erzählen die Bilder von verlorenem Lebensmut, beginnender Freundschaft und auch von Lebensfreude. In einem gekonnten Methodenmix stellt Rufener helle Leichtigkeit und dunkle Schwere einander gegenüber. Ein mutiges Buch, das kinderliterarisch viel wagt und die Leser:innen bereichert. Ab 6 Jahren.