Matschepampe

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Ein Quadratmeter Wattboden enthält mehr tierische Biomasse als der Boden tropischer Urwälder. Wer schon mal im Watt war, der weiß, dass es uns mit schwarzen Kniestrümpfen aus Schlamm entlässt. Selbst wo „sauberer“ Sand den Wattboden bedeckt, findet man den schwarzen, lehmigen Matsch schon einen Spatenstich tiefer.
In „Erforsche das Meer“ geht es aber auch um die verschiedenen Arten europäischer Küsten und ihre Bedingungen für die jeweilige Flora und Fauna. Darüber erzählen Kinder, die an diesen Küsten wohnen. Wissenschaftler hingegen berichten, was es am Meer zu erforschen gibt. Kurz: ein interessantes und aktuelles Sachbuch für junge Meeresforscher und Erwachsene, die sie begleiten.

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wamiki-Tipp: Leitzgen, A./Bockelmann, A./Kjaer, S./Stockhausen, P./Rienermann, L.: Erforsche das Meer. Kinder erforschen Küsten und Meere. Beltz & Gelberg 2016, 160 Seiten. Ab 8 Jahren

Mein kleines Gartenbeet

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In diesem Buch wird Schritt für Schritt erklärt, wie aus einem Eimer Erde und drei Saatkartoffeln leckere Pellkartoffeln werden, die man mit Kräuterquark essen kann. Deutlicher als in anderen Sachbüchern über das Pflanzen von Essbarem wird der Ursprung aller gärtnerischen Erfolge genannt: Außer der Erde sind das auch natürliche Dünger, also verschiedene Sorten von Mist, und das „Goldwasser“, mit Wasser verdünnter Urin. Ob etwas „Dreck“ ist oder ein wichtiger Wertstoff, das liegt ganz im Auge des Betrachters. Das klar und übersichtlich gestaltete Sachbuch mit schönen Farbfotos begleitet Gemüse beim Wachsen und Werden – von der Aussaat bis auf den Teller.

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wamiki-Tipp: Linde, B./Sandgren, V./Palmgren, G.: Mein kleines Gartenbeet – Säen, ernten, essen. Aus dem Schwedischen von Amelie Persson. Jacoby & Stuart 2016, 60 Seiten. Ab acht Jahren

So ein schweres Ritterleben

Musikalische Spielgeschichten sind fantasievolle Erzählungen, in die musikalische Elemente eingeflochten werden. Sie können in Morgenkreisen oder in der Angebotszeit eingesetzt und als Musiktheaterstücke aufgeführt werden. Die Kinder begleiten die Geschichten mit Instrumenten, rhythmischen Sprechgesängen, Tänzen, Liedern und Stimmklängen.
Bei den Geschichten kommt es nicht auf jedes Wort an. Sie können gekürzt oder durch Ideen der Kinder verändert werden. Es braucht lediglich Erzählfreude, damit die Kinder den Geschichten neugierig folgen, die Stimmklänge mit Entdecker-Lust ausprobieren und die Rhythmus-Verse mitsprechen.
In der Geschichte von Ritter Hans, der keine Lust mehr auf sein Ritterleben hat, gibt es neben Stimmklängen und Liedern viele Bewegungselemente.

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Das interaktive PDF bitte hier downloaden und mit dem kostenlosen Acrobat-Reader öffnen, um die integrierten Audiodateien abspielen zu können. Die Audio Aufnahmen nahmen die Autorinnen Eva Biallas und Dorle Lemke gemeinsam mit ihrem Kollegen Kai Schnabel auf.

alle Audiofiles als .zip zum Download:

Das Schulgesetz und Toms Zähne

Was es nicht alles gibt! Man glaubt es kaum! Episoden aus dem Kinderleben in Krippe, Kita und Grundschule, erzählt von Praktikantinnen, Erzieherinnen, Leiterinnen, Fortbildnerinnen und Eltern. Erika Berthold hörte zu und schrieb die Geschichten auf.

Der achtjährige Tom hat ziemlich schlechte Zähne und schämt sich deswegen, obwohl er in Behandlung ist. Als die Jugendzahnärztin sich in der Grundschule angesagt hatte, schrieb Toms Mutter einen Brief: „Tom muss an der Untersuchung nicht teilnehmen. Wir gehen mit ihm regelmäßig zum Zahnarzt.“ Sie wollte dem Sohn die Peinlichkeit ersparen.
In der Schule ließen sich alle Kinder in den Mund gucken. Die Jugendzahnärztin lobte oder tadelte. Als Tom an der Reihe war und den Brief der Mutter vorzeigte, sagte die Ärztin zu ihm: „Du verletzt das Schulgesetz, wenn du hier nicht mitmachst! Wenn ich den Kindern nachher zeige, wie man diese Glasur auf die Zähne macht, brauchst du dich gar nicht erst anzustellen.“
Tom zuckte zwar zusammen, war aber froh, dass der Kelch an ihm vorübergegangen war.

Vom Ankommen

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Nach der Flucht aus Afrika prasselt die fremde Sprache auf ein dunkelhäutiges Mädchen und seine Tante „wie ein kalter Wasserfall“ ein. Von zu Hause hat das Mädchen eine „alte Decke“ aus seinen eigenen Worten und Geräuschen mitgebracht. Von einem Mädchen im Park lernt es nun langsam die Worte der neuen Sprache und webt sich schließlich aus ihnen eine neue warme Decke.

Eine einfache Geschichte, die nun auf Deutsch und Arabisch vorliegt. Gut, wenn ein Vorleser beide Sprachen kann oder wenn je ein Vorleser die Texte in einer der beiden Sprachen Satz für Satz und Seite für Seite vorliest. Dabei könnten deutsche Kinder ein paar arabische Sätze lernen.

Die hinreißenden Bilder fangen die Bewegungslust und Anmut der Mädchen ein. Das neue Land könnte Deutschland sein, ist aber Australien, doch die Probleme und ihre Lösungen sind hier wie dort die gleichen.

In diesem Jahr kam das Buch in einer Broschur-Ausgabe mit Unterstützung der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung noch einmal auf den Markt – und zwar auf Deutsch und Arabisch.

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wamiki-Tipp: Kobald, I./Blackwood, F.: Zuhause kann überall sein. Aus dem Englischen von Tatjana Kröll, arabische Übersetzung: Mohammed Abu Ramela und Mohammed Abdulhady. Knesebeck 2016, 32 Seiten, Broschur 8,95 Euro. Ab fünf Jahren

 

Das kleine Ich bin ich

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Ein kleines, buntes Tier weiß nicht, wer oder was es ist, und wird von den anderen Tieren ausgelacht. Doch es gibt nicht auf und findet am Ende zu sich selbst. Die Besonderheit der Geschichte: Man muss sich das Tierchen nähen oder basteln. Die Anleitung steht auf dem Vorsatzblatt.

Der Klassiker aus dem Jahr 1972 erfreut sich nach wie vor großer Beliebtheit. Die gereimte Geschichte in aufwendiger Drei-Klappen-Verarbeitung mit kräftigen Farben – viel bunter als das alte Original – ist nun jeweils und gleichzeitig in Deutsch, Arabisch und Farsi nachzulesen. Eine schöne Idee, mit der man wunderbar arbeiten kann.

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wamiki-Tipp: Lobe, M./Weigel, S.: Das kleine Ich bin ich. Verlag Jungbrunnen 2016, 32 Seiten. Ab drei Jahren

 

Saida aus Marokko

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Das erste Kinderbuch der saudi-arabischen Autorin ist eine Adaption ihres gleichnamigen Spielfilms. Die elfjährige Wadjda ist ein energisches und mutiges Mädchen, das Regeln und Konventionen nicht einfach hinnehmen will. Sie macht sich ihre eigenen Gedanken über das Leben in Riad im Allgemeinen und das von Frauen im Besonderen. Warum darf sie nicht so wie ihr bester Freund Abdullah Fahrrad fahren? Nichts wünscht sie sich sehnlicher als das grüne Fahrrad im Laden um die Ecke. Doch für Mädchen gehört sich das in diesem Land nicht.

Das grüne Fahrrad wird zum Symbol für Rebellion, Freiheit und Gleichberechtigung. Die spannende und berührende Geschichte führt in eine fremde Welt, sie schärft die Wahrnehmung für den arabischen Kulturraum und wirbt um Verständnis und Verstehen.

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wamiki-Tipp: Wimmer, S./Gómez Redondo, S.: Am Tag als Saída zu uns kam. Aus dem Spanischen von Catalina Rojas Hauser. Peter Hammer Verlag 2016, 36 Seiten. Ab sechs Jahren

 

Eine Familie flieht

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Im Mittelpunkt von Kirsten Boies Buch über die Flucht einer Familie aus Syrien stehen Rahaf und ihr Bruder Hassan, heute zehn und neun Jahre alt. Bis vor zwei Jahren wohnten sie in der syrischen Stadt Homs mit den Großeltern, Onkeln, Tanten und jeder Menge Cousins und Cousinen in einem großen Haus. Eines Tages kamen Flugzeuge, die Bomben abwarfen, und Männer, die auf den Straßen kämpften. Menschen blieben am Wegesrand liegen und standen nicht mehr auf. Da beschlossen die Eltern, die Familie in Sicherheit zu bringen. Sie flogen mit den Kindern nach Ägypten und bestiegen ein überfülltes kleines Boot. Das Gepäck hatten ihnen Schlepper abgenommen. Nach acht Tagen landeten sie an einem Ufer, kauften vom letzten Geld etwas zu essen und Fahrkarten nach Frankreich. Sie wollten nach Deutschland. Aus dem Erstaufnahmelager gelangten sie in einen engen Container, in dem sie noch heute wohnen. In der Schule traf Rafah ein Mädchen, das ihr deutsche Wörter beibrachte und ihre Freundin wurde. Es ist noch nicht alles gut, und Rafah hat Heimweh. Aber es wird besser.

Wer dieses Buch kennt, wird sich nicht mehr gegen Flüchtlinge wenden. Deutsche und syrische Kinder können die Geschichte gemeinsam lesen – auf Deutsch und Arabisch. Zum Schluss gibt es einige Redewendungen in beiden Sprachen, damit man in Kontakt kommen kann.

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wamiki-Tipp: Boie, K./Birck, J.: Bestimmt wird alles gut. Übersetzung ins Arabische: Mahmoud Hassanein. Klett Kinderbuch 2016, 48 Seiten, 9,95 Euro. Ab sechs Jahren. Bei Onilo gibt es den Text des Buches in einer Whiteboard-Version mit pädagogischem Begleitmaterial:
www.onilo.de

 

This War of Mine

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Es herrscht Krieg. Wer, wo gegen wen kämpft und warum, das ist in diesem Spiel zweitrangig. Soldaten stehen nicht im Vordergrund, sondern diejenigen, die viel zu oft unsichtbar bleiben: die Zivilisten. Einige von ihnen haben den letzten Flüchtlingskonvoi verpasst und müssen nun in der umkämpften Stadt ausharren, bis der Krieg vorbei ist. Bei Tageslicht verschanzt sich die Gruppe in einem verlassenen Haus, um schießwütigen Scharfschützen zu entgehen, sucht im Schutt des Hauses nach brauchbaren Rohstoffen, zimmert aus Brettern Möbel zusammen und zahlt für Nahrung und Medikamente horrende Preise an Schwarzhändler. Nachts ziehen die Überlebenden los, um notgedrungen zu plündern. Schlimmstenfalls müssen sie gegen Soldaten und andere Plünderer kämpfen.

„This War of Mine“ ist ein spannendes, wenn auch beklemmendes Spiel­erlebnis.

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wamiki-Tipp: „This War of Mine“ für PC, PlayStation 4 und Xbox One hat die USK-Kennzeichnung „ab 12 Jahren“.

Mirror’s Edge: Catalyste

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Faith Connors sticht bereits auf den ersten Blick aus der Masse der Videospielhelden heraus: selbstbewusst, weiblich, jedoch nicht sexualisiert. Die junge Asiatin lebt in der dystopischen City of Glass. In dieser blitzsauberen Metropole aus weißem Beton und riesigen Glasfassaden wird Kritik im Keim erstickt, denn die totalitäre Regierung überwacht die Kommunikation der Bürger. Nun kommt Faith ins Spiel: Als sogenannte Runnerin läuft, springt und klettert sie in bester Parkourstradition über die Dächer der Stadt und bringt regierungskritische Nachrichten direkt zum Adressaten. Dabei gerät sie immer wieder in Konflikt mit der privaten Sicherheitsfirma der Stadt, die gezielt Jagd auf Runner macht. Faith verzichtet auf Schusswaffen und setzt sich stattdessen mit schnellen Selbstverteidigungsmanövern zur Wehr. Ein ungewöhnliches Spiel mit einer ungewöhnlichen Heldin.

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wamiki-Tipp: „Mirror’s Edge: Catalyst“ für PC, PlayStation 4 und Xbox One hat die USK-Kennzeichnung „ab 12 Jahren“.

Stardew Valley

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Ein junger Mensch kehrt der Großstadt den Rücken und widmet sich fortan dem idyllischen Bauernhof seines verstorbenen Großvaters. Für ihn beginnt ein neues Leben: mit der Sonne aufstehen, Frühstück machen, die Wettervorhersage anschauen. Felder gießen, im Dreck wühlen, reife Früchte ernten. Die Tiere auf die Weide lassen, Kühe melken, Schafe scheren, Eier sammeln. Fertig? Ab ins Dorf: Saatgut kaufen, Werkzeuge zum Schmied bringen, Mitmenschen begrüßen. Die Sonne neigt sich dem Horizont zu, doch es gibt so viel zu tun: Fische angeln, Holz hacken, kleine Monster in einer stillgelegten Mine besiegen. Ehe der junge Mensch sich versieht, ist es Mitternacht. Schnell ins Bett, Energie tanken für den nächsten Tag.
„Stardew Valley“ lässt die Spieler selbst entscheiden, was sie wann, wie und wo tun möchten. Ein Spiel für Entdecker, Planer und Genießer.

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wamiki-Tipp: „Stardew Valley“ ist online über Steam und GOG.com erhältlich. Das Spiel hat (noch) keine Alterseinstufung.

Spielzeug- und Medienschund – für Kinder ungesund?

In dieser Rubrik diskutiert Micha Fink mit sich selbst – mit offenem Ausgang.
Wer recht hat, entscheidet der Leser. Oder die Leserin.
Die Redaktion interessiert sich für Meinungen und Erfahrungen — Stichwort: Micha vs Achim

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Sexistische Barbiepuppen, gewaltverherrlichende Star-Wars-Figuren, dumpfe Disney-Moral oder albernes Casting-Show-Gezappel: Medialer Schund und Spielzeugindustrie-Müll dringen mehr denn je in ­Kinderzimmer, Gruppenraum oder Schulhof. „Gehört heute halt dazu, sich damit auseinanderzusetzen“, sagen manche achselzuckend. Wie bitte? Ist es ein Naturgesetz, sich mit Produkten zu befassen, die sich gewissen- und niveaulose Produzenten erdenken, um Geld damit zu machen?
Zugegeben, ich komme aus einer dieser „Gute-­Bücher-auswähl-Familien“, in denen Kästner und Lindgren, Lego oder Holzbaukästen die Kinderzimmer beherrschten. Geschadet hat’s mir nicht, sondern mich zum Nachdenken angeregt und auf kreative Ideen gebracht. Mit dem Schund, den es damals gab, hätte ich mir die Zeit auch vertreiben können – aber ohne solche Ergebnisse.
Mir tun Kinder leid, die mit Konsolenspielen, stereotypen role models und Beautytipps belästigt werden. Und ich finde es unfair, sie aus falsch verstandenem Partizipationsbemühen in diesen Schlamassel plumpsen zu lassen, statt ihnen Orientierung durch bewusstes Fernhalten von Schund zu geben. Oder, Achim?

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Erstens, Micha: Verdränge mal all die Schund-Spielzeuge und Müll-Medien nicht, die du mit oder ohne Billigung deiner Eltern voller Begeisterung bespielt hast. Zum Beispiel deine Sammlung von Matchbox-Angeber-Autos, die du ab und an mit Uhu gefüllt hast, um Explosionen nachzustellen, und die aufgebohrten Colts. Denk daran, wie du dir die damals als hoch­idiotisch geltende „Paulchen Panter“-Sendung ertrotzt und Mitschüler zum Comic-Tausch beschwatzt hast.
Erinnere dich zweitens, dass damals – wie heute – hinter dem Ausschließen bestimmter Medien oft auch das Bedürfnis steckte, sich von „niedrigeren Klassen“ abzugrenzen. Ganz davon abgesehen, dass es all den Maries und Adams durchaus wichtig sein könnte, mit Chantal und Justin über die gleichen Filme und Videospiele reden zu können.
Rechne drittens bitte mal zusammen, wie oft du heute Medien konsumierst, die du eigentlich viel zu seicht oder moralisch anrüchig findest – und trotzdem hast du Spaß daran.
Frag dich viertens, ob man überhaupt guten Geschmack entwickeln kann, wenn man keinen Schund erleben durfte und den Unterschied zu Dingen besserer Qualität nicht kennt.
Nein, Kinder brauchen Schund, weil er Spaß machen kann, nicht wehtut – und um ihn als solchen identifizieren zu können.