Streit!

Fachbuch

Streit ist interessant, Streit macht schlauer, Streit ist lebenswichtig – für eine Gesellschaft wie für den Einzelnen, beruflich und privat. Ein guter Streit zwingt uns zum Argumentieren und Nachdenken. In Zeiten von Flüchtlingskrise, AfD, Brexit und Trump bräuchten wir dringend eine optimale Streitfähigkeit. Doch stattdessen schreien wir lauthals aneinander vorbei, werten den anderen ab oder schweigen ihn nieder. Oder wir gehen auf Kuschelkurs und verteilen Herzchen, Likes und Smileys. Meredith Haaf fordert eine bessere Streitkultur und fragt: Was passiert mit einer Demokratie, der das Streiten abhandengekommen ist? Warum trauen wir uns nicht mehr, eine Position zu vertreten? Wie geht gutes Streiten überhaupt und wie können wir es wieder lernen? Die Autorin plädiert leidenschaftlich für ein besseres Gegeneinander, damit das Miteinander aufregender, interessanter und friedlicher werden kann.

Alles supernormal

Sachbuch

Wahnsinn, wie verschieden wir sind! Einer ist verträumt, die andere groß. Manche haben eine andere Hautfarbe als die meisten um sie herum, und manche finden Dinge schwer, die anderen leichtfallen. Alles ganz normal. Aber was ist schon normal?

In diesem Bilder-Lesebuch geht es genau darum: Bilder, Comics, Fotos, lustige und nachdenkliche Texte und Geschichten, die anregen, Menschen neu und anders zu betrachten. Sie alle zeigen, dass wir viel mehr gemeinsam haben als uns unterscheidet. Und sie machen Mut, so zu sein, wie man ist, und andere sein zu lassen, wie sie sind – normal eben und ganz besonders. Ich so, du so – gut so! Ab 9.

Das magische Blau und das goldene Licht

Fachbuch

Das Struppige, das borstig und nachtblau in der Finsternis kauert, sehnt sich nach der Helligkeit auf der anderen Seite. Das Helle, ein glattes, kleines Wesen in strahlendem Weiß, ist neugierig auf die Finsternis drüben, will aber lieber nicht hin. Doch schließlich macht sich das dunkle Struppige auf, um vom Rand der Finsternis wenigstens mal ins Helle hineinzuschauen. Auch das zarte Helle traut sich, mit einer Taschenlampe zum Rande des Lichts vorzudringen.

Auf der Doppelseite, auf der sich die beiden erstmals begegnen, sehen wir zwei Augen im Dunkelblau und verschwommene Konturen im Licht – als ob man die Augen aufschlägt und geblendet wird. Das Dunkle ist nicht düster, sondern von einem magischen Blau, das seltsame Wesen und Strukturen beleben. Im Hellen gibt es sonnengelbe Bäume, Wesen und Häuser in den Farben bunter Bauklötzchen. Die beiden wagen sich immer weiter ins Revier des jeweils anderen und genießen gemeinsam ihre neuen Möglichkeiten, bis das Haus des Hellen eines Tages in die Dunkelheit verfrachtet wird. Da weint das Helle bittere Tränen über den Verlust seiner Welt. „So war das bei mir auch“, sagt sein struppig-dunkler Freund und drückt es fest an sich. Gemeinsam gehen sie wieder zur Grenze im Dämmerlicht, schauen ins Helle hinüber und erobern sich beide Welten Schritt für Schritt. Schließlich bauen sie sich ein Haus inmitten der leuchtendsten Farben. Das Haus im Dunklen behalten sie trotzdem.

Weil ich die Verzauberung durch dieses Bilderbuch kaum richtig in Worte fassen kann, aber möchte, dass Kinder und Erwachsene in den Farben versinken, empfehle ich Ihnen: Schauen Sie sich dieses Buch an, betrachten Sie es zusammen mit Kindern. Ich glaube, schon Zweijährige sind imstande, den beiden Wesen vom Dunkel ins Licht und zurück zu folgen.

Alle behindert

Und Du kommst auch drin vor!

Sachbuch

Es geht um Kleinwüchsige, Menschen mit ­Herzschwäche, Muskelschwäche und Offenem Rücken. Doch mit „Angeber“ erweitern Autorin, Illustrator und Gestalter – Monika Osberg­haus und Horst Klein – den Begriff der Behinderung oder Beeinträchtigung um ein paar Facetten, darunter „Mitläufer“, „Tussi“ und „Rüpel“. Dass auch „Hochbegabung“ Betroffene beeinträchtigen kann, „Schüchternheit“ und „Korpulenz“, spart die originelle und treffsichere Aufzählung nicht aus.

Jede Seite ist witzig gestaltet und steckt voller humorvoller Details: Spitz- und Schimpfnamen oder die Aufzählung all dessen, was einfach nur doof ist. Zum Beispiel, dass viele Sehende denken, Blinde könnten nicht gut hören oder sprechen.

Frech und respektlos, aber nicht verletzend, sondern „witzig, wild und voller Liebe“ – so beschreibt der Verlag das Buch. Allein oder mit anderen Menschen kann man sich lange damit beschäftigen. In Kindergruppen wird bestimmt darüber diskutiert, welche Beeinträchtigung jemand haben könnte – nach allgemeiner Einschätzung oder nach der eigenen. Am Ende können sich alle sagen: „Gut, dass wir darüber geredet haben.“ Vielleicht werden sie nun ein wenig sorgfältiger auf die eigenen Kriterien und die Befindlichkeit der Betroffenen achten. Und: Wer bei so vielen Denkanstößen nicht nachdenklich wird, darf sich das Buch noch einmal vorlesen lassen oder es selbst noch mal lesen.

Die Schwimmnudel

Teuer muss nicht sein, aber kreativ! Michael Fink inspiziert Ausgesondertes, um nach Dingen zu suchen, die kaum etwas kosten. Die Erfindung der Schwimmnudel stelle ich mir folgendermaßen vor: Zwei Herren mit Zylindern stehen stolz vor einer gerade errichteten, sehr kompliziert anmutenden Maschine. Gleich naht der feierliche Moment, in dem sich ihr Poly-Äthylenisator vielleicht als die…

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Das Recht auf Affenscheiße

Hier werden Rechtsfragen aus der Pädagogik verhandelt. Diesmal geht es um das Recht am eigenen Bild. Weiter lesen…

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Dicke Luft

Warum sind wir, wie wir sind? Und warum stoßen wir damit nicht nur auf Gegenliebe? Erinnerungen an missliche Situationen, Erkenntnisse über Verhaltensweisen, Erfahrungen mit Lösungsmöglichkeiten und Umsetzungstipps – Aline Kramer-Pleßke, Supervisorin und Coach, möchte dazu beitragen, dass wir unsere Potenziale entdecken, unsere Ressourcen stärken, emotionale Entlastung finden und souveräner handeln können.

Erinnerungen

Ein Stoß, und ich fiel nach hinten. „Aua!“ Das tat weh. Ich fasste mir an den Mund und hielt entgeistert meinen Zahn in der Hand. Was war passiert?

Damals war ich in der ersten Klasse und zankte mit meiner besten Freundin. Worum es ging, weiß ich nicht mehr. Ohne nachzudenken, schimpfte ich los, und sicher habe ich sie beleidigt. Jedenfalls holte meine Freundin aus und schlug mir meinen letzten Milchzahn aus. Ich war erschrocken, und sie sah verstört aus. Das tat mir irgendwie leid. Ich fühlte mich schuldig und gleichzeitig unterlegen. Andererseits: Endlich war ich diesen blöden Wackelzahn los und bedankte mich bei ihr. Wahrscheinlich war das meine Art, mich zu entschuldigen, und die Ausrede vor mir selbst, den Schwanz eingezogen zu haben. Kurz darauf gingen wir wieder spielen.

Nun, wir reagierten damals so, wie wir konnten. Andere Möglichkeiten standen uns nicht zur Verfügung. Ich schrie sie an, sie schlug zu. Beide waren wir hilflos und wussten nicht, wie wir unseren Konflikt anders hätten lösen können.

Die Basis eines Konfliktes: Mindestens zwei Menschen haben unterschiedliche Bedürfnisse oder Absichten und glauben, nur eins davon kann verwirklicht werden. Unter Umständen bleibt das eigene Bedürfnis also unerfüllt.

Auslöser für den Streit in der Kindheit war vermutlich mein Bedürfnis, Recht zu haben. Dass ich mich für den Schlag bedankt hatte, könnte an meinem damals ausgeprägten Bedürfnis, gemocht zu werden, gelegen haben. Das war früher mein stärkstes Bedürfnis. Ich hätte fast alles dafür getan, meine Freundin zu behalten und nicht allein dazustehen.

Erfahrungen

Eines Tages rief mich ein Kita-Koordinator an und berichtete aufgeregt von einem Konflikt in einem Kita-Team, der den Alltag störe und für allgemeine Unzufriedenheit sorge. Viele Team-Mitglieder seien krank, sagte er. Nun wolle man zeitnah einen Teamtag nutzen, um dem Konflikt auf den Grund zu gehen.

Als das Team zu mir in die Praxis kam, war die Atmosphäre spürbar angespannt. Dicke Luft.

Konflikte kann eine Person mit sich selbst oder mit anderen Personen haben. Angeblich geht es um sachliche Entscheidungen, tatsächlich aber um tieferliegende Bedürfnisse und Erwartungen. Die wahren Streitgründe werden in der Regel sorgsam verborgen – wenn sie den Streitenden überhaupt bewusst sind.

Zunächst glichen wir Erwartungen ab, und ich ließ ein Stimmungsbild erstellen. Die meisten Mitarbeiter*innen fühlten sich als Teil des Teams und fanden die Struktur gut. Dennoch war ihnen durchaus bewusst, dass etwas „im Argen“ lag, dass es irgendein „Ding“ gab. Aber dieses „Ding“ war nicht greifbar. Gemeinsam erforschten wir, wie es sich äußerte.

Zunächst wurde deutlich, wie unterschiedlich die Mitarbeiter*innen verschiedene Situationen wahrgenommen hatten – nämlich aus der jeweils eigenen Perspektive. Wir erarbeiteten, welche Abhängigkeiten es gab, wer auf wen in welcher Weise angewiesen war und was das in der Zusammenarbeit bewirkte. Offensichtlich war es sehr schwierig, Probleme oder Fehler zu benennen, weil alle es nett und friedlich haben wollten.

Ich fragte die Mitarbeiter*innen, was das Thema hinter dem Thema sein könnte. Niemand wagte, es auszusprechen. Deshalb erklärte ich dem Team das bekannte Eisbergmodell: Nur ein kleiner Teil einer Botschaft – cirka 20 Prozent – ist wirklich sichtbar. Alles andere – cirka 80 Prozent – kann nur vermutet werden. Diese verdeckten Informationen werden häufig auf der Beziehungsebene ausgetragen. Es sind Stimmungen, Gefühle, Werte, Interpretationen, Missverständnisse, strukturelle Bedingungen, Sichtweisen oder auch ganz persönliche Probleme, die verborgen bleiben und häufig unbewusst ausagiert werden. Natürlich wirkt sich das auf die Inhaltsebene aus.

Der Blick auf das Eisbergmodell wirkte zunächst entlastend. Also forschten wir weiter, und ich fragte die Mitarbeiter*innen, bis wann das Klima gut war und ab wann es sich veränderte.

Nun kamen wir dem wesentlichen Punkt näher: Eine heißgeliebte ältere Kollegin, die allen Halt gegeben hatte, war vor einem halben Jahr in Rente gegangen. Fast zeitgleich gab es einen Leitungswechsel. Rollen wurden neu besetzt oder veränderten sich, vieles war unklar. Das Team befand sich in einem Veränderungsprozess, war tief verunsichert, und die Mitarbeiter*innen versuchten in dieser Zeit, besonders vorsichtig miteinander umzugehen. Es sollte so harmonisch bleiben, wie es zuvor gewesen war. Das Ergebnis: Missverständnisse, Vertrauensverlust, Enttäuschungen, Unsicherheiten, Grüppchenbildung, Klagen und Anklagen. Kritik zu äußern und anzunehmen, das war jetzt noch schwerer als sonst. Die meisten Mitarbeiter*innen sagten von sich, dass sie Angst hatten, in Auseinandersetzungen zu gehen. Es war kompliziert, eigene oder auch fachliche Grenzen zu erkennen und zu ziehen. Außerdem wussten die Mitarbeiter*innen schlichtweg nicht, wie man Konflikte erfolgreich löst.

Konfliktfähig zu sein bedeutet, konstruktiv in Auseinandersetzungen zu gehen. Dazu gehört, eine Basis zu schaffen, die von Toleranz und Offenheit geprägt ist, so dass sich eine faire Streitkultur entwickelt, die Fehler zulässt und die gemeinsame Suche nach angemessenen Lösungen ermöglicht. Das Wichtigste sind jedoch tragfähige Beziehungen, die – Achtung! – nichts mit Küsschen-Kultur zu tun haben, sondern die Grundlage für einen professionellen Austausch schaffen.

Experimente

Sehr hilfreich in Konflikten ist immer ein Blick von außen oder oben. Versuchen Sie, aus der Vogelperspektive auf den Konflikt zu schauen und herauszufinden: Was ist los? Wer ist beteiligt? Um wen oder was geht es wirklich? Wie verhalten sich die Beteiligten? Wie äußert sich das? Was genau ist der Kern des Problems? Dabei hilft, sich bewusst zu machen, dass möglicherweise ein Teufelskreis existiert. Dieser Begriff geht auf Paul Watzlawick zurück. Weiterentwickelt wurde das Modell, mit dem negative Spannungen in Beziehungen erfasst, Hintergründe begriffen und Fallen erkannt werden können, von Christoph Thomann und Friedemann Schulz von Thun. Mit Hilfe des Modells lässt sich einerseits darstellen, was die äußerlich sichtbaren und wirksamen Verhaltensweisen oder Äußerungen der Konfliktparteien sind. Andererseits sind auch die inneren Reaktionen Bestandteile des Teufelskreises, zum Beispiel Gefühle. Sobald ein Konflikt sichtbar gemacht werden kann, greift die Eigenverantwortung, und ein konstruktives Vorgehen wird möglich.

Wie können Sie Konflikte konstruktiv ansprechen? Es gibt eine wirkungsvolle Vorgehensweise. Sie heißt „Sag es!“ und besteht aus folgenden Schritten:

Sichtweise schildern: „Mir ist aufgefallen, dass…“

Auswirkungen beschreiben: „Für mich heißt das…“

Gefühle benennen: „Ich fühle mich…“

Erfragen: „Wie siehst du das?“

Schlussfolgerungen möglichst gemeinsam ziehen:

„Was machen wir jetzt damit?“

Hilfreich ist es, diese Methode im Team zu besprechen und gemeinsam zu üben. Das entlastet im Eifer des Gefechts und ermöglicht auch mal ein Augenzwinkern, wenn Sie sagen: „Ich übe gerade.“

 

Sauerkraut für kluge Köpfe

Nicht viele Dinge haben so viel Einfluss auf das Leben – in seinen kleinsten und in seinen ganz großen Zusammenhängen – wie das Essen. Was und wie viel wir essen ist Dreh- und Angelpunkt für Gesundheit, Umwelt, Sozialgefüge und Wirtschaft. Mit unserer Gabel können wir Veränderungen bewirken. Weiter lesen…

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Was mit Schlüsseln

Schlüssel sind nützliche Werkzeuge.

Warum? Weil sie öffnen und schließen,
Zutritt verwehren und vor Einbruch schützen.

Was gibt es überhaupt für Schlüssel?

Kreuzbartschlüssel, Generalschlüssel, Dreikant­schlüssel, Durchsteckschlüssel, Schlagschlüssel,
Autoschlüssel, Sicherheitsschlüssel, Kellerschlüssel, Tresorschlüssel, Zylinderschlüssel…

Ihr könnt Schlüssel, die nicht mehr gebraucht werden, sammeln, fotografieren und zeichnen. Schlösser
und Schlüssellöcher in Eurer Umgebung sind auch
interessante Foto-Objekte.

    

 

Kriegsspiele

Keiner mag Kriegsspiele – außer Kindern und uns, als wir noch Kinder waren.

Wer Kriegsspiele ablehnt, hat natürlich Recht, weil Krieg doof ist, aber auch Unrecht, weil Kriegsspiele kein Krieg sind, sondern Spiele. Es ist ein Unterschied, ob man mit täuschend echten Waffen virtuell auf Avatare zielt oder sich sommers mit weichen Wasserbomben bewirft und das Schlacht nennt. Übrigens sind Schach, Dame oder Halma Kriegsspiele, und niemand bricht in Tränen aus, wenn beim Solitärhalma nur noch ein einziger Überlebender auf dem Holzbrett steht. Außerdem ist „Die gegen uns“ immer ein gutes Grundmotiv beim Spielen – egal, ob Indianer gegen Cowgirls oder Räuberinnen gegen Gendarmen kämpfen.

Gönn dir und den Deinen ab und zu eine eskalierende Schlacht, um den Frieden danach zu genießen.

 

 

 

 

 

Wie ich zum Ansatzstifter wurde

Als ich wieder einmal einen meiner Vorträge über Beobachtung und Dokumentation im halboffenen, montessoreggi-orientierten Funktionsraumkindergarten mit mittelgroßer Altersmischung hielt, klopfte es. Ehe ich „Herein!“ rufen konnte, hatte sich schon ein freundliches älteres Männlein neben meinen Dozententisch gestellt und sich vorgestellt: Er sei der Bildungsvizediktator von St. Hochniederkleinstein, dem oft so schmählich übersehenen europäischen Zwergstaat zwischen Großdänesien, Östermark und der Krokraine. Schon ein Weilchen habe er an der Tür gelauscht. Meine Ausführungen hätten ihm gut gefallen, und er habe darum entschieden, mich höflichst anzufragen, ihn in sein Vaterländchen zu begleiten, um an der Etablierung einer neuen Pädagogik mitzuwirken.

Gleichzeitig verstört und gebauchpinselt, überging ich die aufmunternden Zurufe der Teilnehmerinnen, die vielleicht nur auf einen verfrühten Schluss der Veranstaltung hofften.

Wie meine Stelle denn genau definiert sei, fragte ich, und der Vizebildungsdiktator lächelte gewinnend: „Sie allein legen unseren pädagogischen Ansatz fest. Sie sind unser Montessorius. Oder der große Ansetzer.“

Schon am nächsten Tag fand ich mich an einem St. Hochniederkleinsteiner Kindergartentisch wieder, umgeben von schüchtern speisenden Kindern und Erzieherinnen mit gezückten Notizblöcken. Was sage ich bloß, um mit irgendeinem Ansatz zu punkten?

„Jedes Kind hat das Recht, sich beim Frühstück sein Essen aussuchen zu dürfen“, fiel mir mit Blick auf die von Erwachsenenhand gefüllten Tellerchen ein. Die Damen erbleichten, notierten den Satz und unterstrichen ihn sorgfältig mit Linealen.

Zaghaft hob sich eine Hand, und eine Stimme fragte leise: „Welche Speisen stellen wir zur Auswahl?“ Ich erwiderte unsicher: „Vielleicht Biobutter, Johannisbeermarmelade, diese Teewurstsorte und Toggenburger Käse?“

„…ggenburger Käse, ist notiert“, repetierte die Dame und fragte: „Den Käse rezent, mittelreif oder würzig?“ Ich improvisierte: „Genau sechs Monate Reifung!“ Als die Damen sich über so viel Klarheit sichtlich freuten, ergänzte ich keck: „Und regelmäßig Schmelzkäse!“ „Täglich?“ Ich schüttelte den Kopf: „Kinder brauchen Wochenhöhepunkte! Schmelzkäse nur an Dienst- und Donnerstagen.“

Wie mir die Auswahl an Möbeln gefalle, wollte man später wissen. Diese Holzstühle gefielen mir gar nicht, erklärte ich streng – das erwartete man offenbar von mir. Stattdessen seien rote Hocker mit grünen Beinen vorzuhalten. „Gilt das für das ganze Land?“ fragte man vorsichtig, und ich nickte.

„Was ist Ihre Meinung zur Digitalität?“ ging es weiter. „Soll es Smartphones geben, Tablets oder beides?“ Leicht gelangweilt berichtete ich, dass mein Ansatz sich klar für die systematische Heranführung der Kinder an Tablets im 8,5 Zoll-Bereich ausspräche, wohingegen kleinere und größere Displays als absolute Kindeswohlverletzung eingestuft würden. Sofort begann man, aufgeregt im Hintergrund zu telefonieren.

„Ich sehe, Sie haben bereits gut in Ihre Rolle gefunden“, ertönte eine schon vertraute Stimme, und der Vizebildungsdiktator betrat schmunzelnd den Raum: „Weiter so!“

Ich sei, ließ ich die immer noch eifrig mitschreibenden Pädagoginnen wissen, sehr unzufrieden mit der uneinheitlichen Wandfarbgestaltung in den Kindergärten St. Hochniederkleinsteins. Ein Farb- und Gestaltungskonzept scheine es in diesem Lande ja nicht zu geben. Schwungvoll schlug ich vor, die Räume aller Kindergärten, die übrigens ab sofort Kinderparks zu nennen seien, umgehend folgendermaßen zu streichen: Schlafräume in Mauve, meiner heutigen Lieblingsfarbe. Den Bauraum in Zinnoberrot mit einem blauen Punkt in der rechten Ecke. Das Bodenturnkabinett jedoch in Nachtblau.

Man habe gar kein Bodenturnkabinett, nur eine Art Bewegungsraum, unterbrach eine Dame mich kleinlaut. Ich erhob mich: „Dann ist dieser landesweit einzurichten – sofort.“

Während die Kinder an meinem zweiten Tag in St. Hochniederkleinstein in den wenigen, von Anstreich- und Neumöblierungsmaßnahmen verschonten Räumen zu spielen versuchten, begab ich mich in mein neues Büro, um ein pädagogisches Grundlagenwerk mit Leitbildcharakter für das Land zu verfassen. „Kinder brauchen….“ stand bereits in meiner Word-Datei, aber dann stockte ich. Was, wenn der Vizebildungsdiktator gleich seine ersten Erlasse verkünden wollte?

Ich gab mir einen Ruck und tippte: „Kinder brauchen tägliches Harfentraining, das sie unabhängig vom Wetter in frischer Luft absolvieren. Kinder brauchen das Spiel mit einem hellhaarigen Bären, der nach dem Vorbild meines Teddys Petzi heißen soll und am Ende jedes Tages in ein ansprechendes Vollholzteddybett zu legen ist, während der sogenannten Teddybettungszeit. Kinder und deren Eltern sind anzuhalten…“

„Gefällt mir ausgesprochen gut“, freute sich der leise hinzugetretene Vizediktator und zeigte mir auf seinem Smartphone die Webcam-Übertragungen der ersten, noch unbeholfen wirkenden Teddyhuldigungen in den Kindergärten.

Bald war der größte Tag meiner Amtszeit als Ansatzstifter gekommen. Im schönsten Kindergarten von St. Hochniederkleinstein saß ich – zu Tränen gerührt und bekleidet mit Talar, Baskenmütze und Nickelbrille – inmitten der Kinder, die, durch meine Anwesenheit ebenfalls zu Tränen gerührt, das „Petzi-Lied“ sangen.

„Hat es euch gefallen, Erdenker des ewigen Ansatzes?“ fragte ein Mädchen. Eine ganz Kleine hielt mir ihr Brot unter die Nase, es roch käsig, und ich hörte das Kind sagen: „Danke für den zweifachen Schmelzkäsetag.“

Ein bisschen genervt von so viel Ehre schlug ich vor, eine Runde Fußball mit den Kindern zu spielen. „Eine gute Idee“, lobten die anwesenden Herrschaften, „aber leider sind seit der Verkündung Ihrer Materialliste keine Spielgeräte im Kugelformat zulässig. Sollen wir den Erlass ändern und den für die Umsetzung zuständigen Fachberater auspeitschen lassen? Oder sollen die Kinder mit einem der verpflichtend in jeder Kita zu züchtenden Kürbisse Fußball spielen?“

„Kinder brauchen keine als Fußball missbrauchten Kürbisse!“ schrie ich mit überschlagender Stimme. „Sie brauchen nichts dringender als pralle, überreife Melonen und ein aus Lakritzstangen gewebtes Fußballtor! Wer das nicht weiß, verdient nicht, nach meinen Ansatz zu arbeiten!“

Das gesamte Personal einschließlich des Vize-Bildungsdiktators zuckte zusammen, rannte erst verwirrt hin und her und dann schnurstracks zum nächsten Obstmarkt. Ich aber nutzte die Gunst der Stunde und entschwand aus St. Hochniederkleinstein.

. . . . . . . . . . . . . . . Auf Nimmerwiedersehen!

 

Foto: kallejipp/photocase.de

Superuschi macht Medien-Macht

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