Von der Macht schleichender Gewohnheiten

Die Alexandertechnik ist eine pädagogische Methode, die hilft, Gewohnheiten zu ändern. Das geht nur langsam, weiß Sibylle Havemann, bringt aber viel.

Das Allerschwierigste überhaupt ist, Gewohnheiten zu ändern. Natürlich sind nicht alle Gewohnheiten schlecht, aber manche schränken uns ein, sind hinderlich oder stören uns.

Nun könnte man sagen: Dieses oder jenes will man nicht mehr machen, also hört man damit auf. Dann merkt man: Das dauert lange. Immer wieder fällt man in die hinderliche Gewohnheit zurück. Oder man meint, sie losgeworden zu sein, doch plötzlich taucht sie wieder auf.

Dann kommen Menschen zu Ihnen, um die Alexandertechnik zu erlernen?

Nein, Menschen kommen nicht, weil sie Gewohnheiten loswerden wollen, sondern meist, weil Gewohnheiten dazu führten, dass sie Beschwerden haben. Mal kam eine Frau zu mir, die auf glänzendem Boden immer zu hinken begann. Der glänzende Boden bewirkte, dass sie die Füße zusammenzog und deshalb nicht mehr gut laufen konnte. Ich kannte das: Als Kind lief ich Schlittschuh, und als ich nach 20 Jahren wieder mal auf den Schlittschuhen stand, zog ich angstvoll meine Füße zusammen. Als ich sie lockerte, konnte ich fahren. Solche Gewohnheiten sind, wenn man sie erkennt, leicht abzulegen.

Es reicht das Aufmerksam-Machen oder der Tipp: Zieh mal die Füße nicht so zusammen.

Da sind die Grenzen fließend. Bei Musikern ist es zum Beispiel so: Hält jemand, der Cello spielt, sein Instrument zu fest zwischen den Beinen, wird die Qualität des Sitzens beschädigt. Die Spannung, die in den Beinen aufgebaut wird, geht ins Becken über, löst irgendwann Rückenschmerzen aus und beeinträchtigt das Gefühl für den Rhythmus. Das weiß der Musiker aber nicht, kommt nicht auf die Ursache seines Problems.

Sehe ich, dass jemand sein Instrument zu fest hält, oder stelle ich durch Berührung fest, dass seine Beine nicht beweglich sind, kann ich einen Erkenntnisprozess befördern: Zwischen den Beinen, dem Rücken und dem Rhythmusgefühl besteht ein Zusammenhang. Deswegen sind in der Alexandertechnik auch die Begriffe „Lehrer“ und „pädagogisches Verfahren“ angebracht: Solche Zusammenhänge können verbal, durch Berührung und allmähliches Verändern aufgelöst werden, also durch Lernen.

Wer hat diese Methode eigentlich erfunden?

Das war Frederick Matthias Alexander, ein australischer Schauspieler, 1867 geboren und 1955 gestorben. Er spezialisierte sich auf Shakespeare-Stücke als One-Man-Show. Deshalb bekam er eines Tages erhebliche Probleme mit seiner Stimme. Die Ärzte attestierten ihm jedoch, dass er gesund sei. Da dachte er: Wahrscheinlich mache ich irgendwas, das mir schadet, aber von dem ich nicht weiß, dass ich es tu. Also bat er seine Kollegen, ihn zu beobachten. Das mache ich mit meinen Schülern übrigens auch, bin ihr „lebendiger Spiegel“ und sage ihnen, was ich sehe.

Jedenfalls stellte Alexander fest, dass er das Kinn beim Rezitieren hoch und den Kopf nach hinten drückte, den Brustkorb nach oben zog, die Fäuste ballte und die Zehen in den Boden krallte. Doch so viele Gewohnheiten konnte er nicht gleichzeitig abstellen. Ganz allmählich ging er an die Arbeit und merkte: Es gibt kein unwichtiges Körperteil. Obwohl der nach hinten gedrückte Nacken und der hochgezogene Brustkorb die Hauptursachen seiner Probleme waren, wusste er, dass sein ganzer Organismus betroffen war durch das Halten.

Im Laufe der Zeit entwickelte er seine Technik, von der die Mediziner nichts wissen wollten und ihn anfeindeten. Als es ihm gelang, schwere Fälle erfolgreich zu behandeln, wurde er bekannt, und die Technik wird bis heute gelehrt.

Alexander sagte, dass Halten immer Verkürzen heißt. Arbeitet ein Muskel, so verkürzt er sich. Hält man unbewusst, verkürzt man den Muskel auch und gibt seinen Gelenken nicht genug Raum. Also muss man unterscheiden: Wann muss ich halten, wann nicht?

Seine Haltung – in jedem Sinne – kann der Mensch nur selbst verändern, oder?

Wenn Haltung etwas Dogmatisches ist, ist sie immer unbrauchbar. Aber jeder Sportler, jeder Musiker weiß, dass es ohne Körperspannung, die ja auch zu einer Haltung führt, nicht geht. Besonders in der Akrobatik ist diese Spannung nötig. Umso wichtiger ist es zu erleben, wie es sich anfühlt, wenn man ohne Körperspannung agiert. Kennt man nur die Körperspannung, wird man einen Grundtonus in der Muskulatur bekommen, der stark erhöht ist, den man aber für normal hält. Im Laufe des Lebens wird man auf diesen erhöhten Muskeltonus noch mehr Spannung draufsatteln.

Und das tut irgendwann weh.

Ja, von der Verletzungsgefahr ganz zu schweigen. Der Anspannungszustand ist leicht zu erreichen. Blendet einen zum Beispiel helles Licht, gehen die Pupillen sofort zu. Aber sie gehen nur ganz langsam wieder auf. So ist es auch, wenn man erschrickt und das Herz plötzlich schneller schlägt. Es dauert eine ganz Weile, bis es wieder ruhig klopft. Das heißt: Man muss lernen, vom erhöhten Grundtonus der Muskulatur in einen normalen Grundtonus herunterzukommen.

Was tun Sie, um Ihren Schülern dabei behilflich zu sein?

In erster Linie zeige ich ihnen, dass die Muskulatur eigentlich sekundär ist, denn sie folgt der Ordnung des Skeletts. Zieht jemand die Schultern immer hoch, dann macht er das zwar mit seinen Muskeln, aber er nimmt eine Körper­haltung ein, die nicht in der natürlichen Ordnung ist. Behält er sie bei, dann arbeiten die entsprechenden Muskeln ständig. Das spürt der Mensch und denkt, er sei verspannt. Ich zeige ihm: Wenn die Schultern wieder an ihren Platz kommen, kann die Muskulatur ihnen nachfolgen. Dafür muss er lernen, die Gelenke zu öffnen, und nicht alles selbst machen zu wollen, indem er die Gelenke mittels Muskeln bewegt.

Ich wüsste gar nicht, wie ich meine Gelenke öffnen soll…

Für eine Bewegung muss in erster Linie das Gelenk geöffnet werden, nicht ein Muskel angestrengt. Zum Beispiel öffne ich die Gelenke meines ganzen Armes, um mit meiner Hand, die die Bewegung führt, etwas zu ergreifen. Das erleben meine Schüler in kleinen Dosen, nehmen es auf und machen es im Laufe der Zeit zu ihrem Eigenen.

Könnte man auch sagen: Ihre Körper lernen?

Ja. Als ich anfing, Alexandertechnik-Lehrerin zu sein, merkte ich, dass diese Arbeit sich mit dem Körper in ­uneitler Weise befreundet. Ganz ohne Posen kann man mit sich und seinem Körper einverstanden sein.

Ich hatte mal eine Schülerin, die spastisch war. Von ihrer Familie wurde sie gefragt, was Alexandertechnik ihr bringe. Da sagte sie: „Mehr Selbstvertrauen.“ Ich hatte erwartet, dass sie sagt: Nach der Alexandertechnik-Stunde geht es mir besser, ich fühle mich weniger spastisch. Also fragte ich sie, wie sie auf Selbstvertrauen kam. Sie sagte: „Bisher hatte ich immer nur erlebt, was ich nicht kann. Jetzt erlebe ich zum ersten Mal, was ich kann.“ Das gilt, so stelle ich fest, auch für gesunde Menschen, deren Körper lernen.

Zwar findet die Alexandertechnik-Arbeit in großer Ruhe und Langsamkeit statt, aber sie animiert trotzdem zu Bewegung, die Freude bringt an dem, was man kann, und sie ermöglicht die Erkenntnis: Langsamkeit und Ruhe sind letztlich der Ursprung von Schnelligkeit, denn Schnelligkeit fängt langsam an.

Hat Alexandertechnik auch etwas mit Atmung zu tun?

Ja, in der indirektesten Weise ist es auch eine Atem-Therapie, denn der Brustkorb wird – wie alle anderen Knochen – in die Lage versetzt, seine Arbeit ungestört zu vollziehen. Ein angespannter Brustkorb verhindert, dass man gut atmen kann. Ist der Brustkorb beweglich, ist die Atmung ungestört. Die Idee ist aber nicht, etwas über die Atmung zu erreichen, sondern der Atmung die besten Bedingungen zu verschaffen.

Kleine Kinder tun das, denn wenn sie schreien, haben sie immer genug Luft. Überhaupt sind Kinder bis zum Alter von drei Jahren ihre eigenen Lehrer und haben alle Voraussetzungen, um sich von der horizontalen Sicherheit in die vertikale Unsicherheit begeben zu können. Ihr Vorteil gegenüber Erwachsenen: Sie haben kürzere Beine und sind deshalb schneller wieder am Boden, tun sich also nicht so weh wie wir. Aber sie haben auch einen Nachteil: Ihre Köpfe sind groß – im Verhältnis zu ihren Körpern. Um Balance zu halten, bewegen sie die Köpfe, was ihre Bewegungskoordination verbessert. Natürlich können sie noch nicht so viel halten wie wir: Ihre Füße sind klein, weich und haben noch schwache Muskeln. Also müssen sie sich unglaublich flexibel austarieren und an alle Gegebenheiten anpassen.

Und wenn sie älter als drei Jahre sind, fängt das Drama an.

So könnte man sagen. Besonders, wenn Kinder zu viel und zu lange sitzen. In der Schule zum Beispiel.

 

Interview: Erika Berthold

Illustration: VintageVectors.com

 

Ruhen und Schlafen in der Kita

Kaum eine Kita in Deutschland kann auf ein abgestimmtes Konzept zum Schlafen und Ruhen unter Einbezug der aktuellen wissenschaftlichen Standards aus der Schlafwissenschaft und Medizin verweisen. Das sei nicht verwunderlich, so Maren Kramer, in der Zeitschrift „frühe kindheit“, denn erst seit ca. drei Jahren habe das Thema einen wissenschaftlichen Transfer aus Medizin und Wissenschaft in…

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Spiele, die dich zur Schnecke machen

Für den 5-Minuten-Weg zum Laden um die Ecke überreichlich viel Zeit einplanen: 90 Minuten.

Ein Handy auf ein Stativ im Garten stellen und mit der App „Zeitraffer“ Schnecken filmen.

Dinge, die leicht verrotten, in den Garten legen – zum Beispiel 20 angefaulte Äpfel – und sie jeden Tag besuchen: Was hat sich verändert?

5 Minuten lang die Sekunden zählen.

Nach alten Fotos von draußen oder drinnen suchen und genau am gleichen Ort neue Fotos machen.

Einen Stock als Sonnenuhr in den Boden stecken und alle 15 Minuten den Schattenverlauf markieren.

Eine Brotscheibe 20-, 200-, 500-mal kauen.

Eine Murmelbahn mit ganz geringem Gefälle bauen.

Am Boden liegen und den Gang der Wolken beobachten.

 

„Allemeineentchen“ so langsam, aber mit Hall auf dem Klavier spielen, dass das Stück 4 Minuten dauert, vielleicht sogar 8.

 

Die Antwort auf eine eilige E-Mail als Brief versenden. Oder per Bote?

Mikado spielen – weil der Schnellste dabei meist verliert.

Für das Erklimmen einer langen Treppe pro Stufe 5 Minuten einplanen, eine Stoppuhr zur Kontrolle einsetzen – und gespannt sein, wann man oben ist.

Zähen Schleim aus Wasser und Stärkemehl anrühren, das Gefäß umkippen und zuschauen, wie die Masse sich langsam ihren Weg bahnt – vom Tisch hinab.

In ein Bächlein Steine legen und beobachten, wie das Wasser seinen Lauf verändert.

Ein schweres, langes Pendel – nach Foucaultschem Vorbild – hoch oben aufhängen und seine langsamen, und vielleicht bis zur Kreisbewegung reichenden Schwünge betrachten.

Spiele mit Geschwindigkeitswechsel spielen: Jetzt schnell bewegen! Jetzt stoppen! Jetzt gaaanz langsam!

Sein Gegenüber anstarren: Wer zuerst zwinkert, hat verloren.

Auf einem gut geölten Karussell sitzen, sich schnell drehen lassen und bis zum vollständigen Stillstand sitzen bleiben.

Jemanden in einer fernen Stadt besuchen und dafür besonders langsame Regionalbahn-Strecken nutzen: über Gotteszell, Ruhmannsfelden, Wimbach-Untergscheid nach Berlin. Wahrscheinlich hilft die Bahn sogar dabei – mit Verzögerungen im Betriebsablauf.

 

Und jetzt du!

Foto: Ahkka / photocase.de

Super Uschi: Teestunde

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Was ist eigentlich Achtsamkeit?

Cosma Hoffmann, Diplom-Psychologin, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Greifswald:

Keine leichte Frage, denn es gibt eine Vielzahl Definitionen, aber keinen Konsens darüber, welche nun die „richtige“ ist. Die wohl bekannteste und oft zitierte stammt von Jon Kabat-Zinn – dem Mann, der Achtsamkeit in unseren westlichen Kulturkreis integrierte wie kaum ein anderer. Er gab der Achtsamkeit einen säkularen Anstrich und ermöglichte so einen weltanschaulich neutralen Zugang.

Ursprünglich entstammt das Konzept der Achtsamkeit dem Buddhismus und bedeutet in Kabat-Zinns Worten: „Auf eine bestimmte Weise aufmerksam zu sein, bewusst, im gegenwärtigen Augenblick und ohne zu urteilen.“ Kabat-Zinn bringt zwei Kernaspekte, die in fast allen Definitionen immer wieder genannt werden, wunderbar auf den Punkt: die absichtsvolle Lenkung der Aufmerksamkeit auf das Hier und Jetzt und eine akzeptierende Haltung gegenüber den Empfindungen, die wir dabei haben.

Doch der gegenwärtige Augenblick – das Hier und Jetzt – ist ein theoretisches Konstrukt, auf das wir unsere Aufmerksamkeit nicht lenken können. Vielmehr lenken wir sie auf Stellvertreter dieses Augenblicks, und das sind unsere Gedanken, Gefühle und Empfindungen, die genau in dem Moment auftreten. Deshalb ist der Körper in Achtsamkeitsübungen so zentral, denn er ist es, der alle Sinneseindrücke des gegenwärtigen Augenblicks wahrnehmen kann.

Vielen von uns fällt es schwer, auf das Hier und Jetzt fokussiert zu bleiben, weil Achtsamkeit flüchtig ist. Die Gedanken stehen nie still, wir fangen an zu planen oder zu grübeln und – zack! Unsere Aufmerksamkeit ist nicht mehr im Moment, sondern mit der Vergangenheit oder Zukunft beschäftigt. Aber wir erleben auch Augenblicke, in denen wir achtsam sind. Besonders gut gelingt uns das in schönen Momenten, wenn wir eine Tasse guten Tee genießen oder ein interessantes Gespräch führen.

Die Aufmerksamkeit im gegenwärtigen Moment aufrechtzuerhalten lässt sich allerdings trainieren. Atemmeditation ist eine der bekanntesten Methoden. Es klingt simpel: Setz dich hin und konzentriere dich auf deinen Atem. Ungeübte merken schon nach wenigen Atemzügen, wie sich ihr unruhiger Geist rührt und Gedanken durch den Kopf kreisen lässt, die wiederum bestimmte Gefühle auslösen. Vielleicht stöhnen sie frustriert: „Was für eine dämliche Übung“ und halten sie für Zeitverschwendung. Oder sie ärgern sich, weil sie etwas vermeintlich so Leichtes wie konzentriert zu atmen nicht schaffen. Solche Gedanken können ganze Kaskaden weiterer Gedanken auslösen, und die Aufmerksamkeit für den Atem ist hin.

Dieses Gedankenkarusell lässt sich nur selten stoppen, aber wir können es verlangsamen. Dafür ist entscheidend, dass wir die Gedanken und Gefühle erstmal registrieren: einfach schauen, was da ist – egal, ob angenehm oder unangenehm –, und diesen Empfindungen offen, neugierig und akzeptierend begegnen. Das gibt uns die Möglichkeit, Gedanken oder Gefühle anzuschauen und sie dann loszulassen, ohne uns in ihnen zu verlieren. So können wir mit der Aufmerksamkeit immer wieder in den gegenwärtigen Moment zurückzukehren, auch wenn wir mal abgeschweift sind.

Die Haltung der Achtsamkeit erschließt sich letztendlich nur in der Praxis. Zwar braucht es viel Übung, die Aufmerksamkeit zu regulieren und eine akzeptierende Haltung zu kultivieren, aber diese beiden Aspekte bergen eine große Kraft für unseren Alltag.

Viele Probleme entstehen, weil wir uns wünschen, Negatives zu vermeiden und Positives festzuhalten. Erfahrungen nicht zu bewerten, scheint ein Ding der Unmöglichkeit zu sein, sichert uns diese Fähigkeit doch das Überleben. Es gehört zur biologischen Grundausstattung, Unangenehmes zu meiden und Angenehmes zu bewahren. Mit einer achtsamen Haltung betrachten wir angenehme und unangenehme Erfahrungen aber gleichwertig. Beide haben ihre Daseinsberechtigung und sind, für sich genommen, weder gut noch schlecht, sondern gehören zum Leben. Wer achtsam ist, nimmt seine Gefühle und Gedanken so an, wie sie sind, und akzeptiert schwierige Situationen ohne den Wunsch, sofort etwas verändern zu wollen.

Unangenehme Gefühle wie Angst, Trauer oder Wut mögen wir ebenso wenig wie unvernünftige Gedanken. Deshalb greifen wir im Alltag häufig zu schnellen Lösungen aus dem Repertoire bekannter Muster, die schon in der Vergangenheit nicht halfen. Taucht ein Problem auf, macht einer sich ein Bier auf, ein anderer zündet sich eine Zigarette an oder erhofft sich Entspannung bei der neuesten Netflix-Serie.

Vermeidende Strategien können sich auch in impulsiven Verhalten äußern: Bin ich wütend, mache ich mir sofort Luft; habe ich Angst, laufe ich weg. Solche Strategien mögen zwar helfen, die eigene Stimmung positiv zu beeinflussen – aber nur kurz. Irgendwann merken wir, dass sie uns davon abhalten, das zu tun, was uns eigentlich wichtig ist. Eine achtsame Haltung kann helfen, diese Strategien als Notlösungen zu erkennen, die in uns angelegten Mechanismen aufzuspüren und zu unterbrechen. Denn oft führen impulsive Reaktionen dazu, dass wir Dinge tun, die wir später bedauern oder die uns von unseren eigentlichen Zielen entfernen.

Empfinde ich Angst, meine Meinung öffentlich zu vertreten, und gebe dem Impuls nach, lieber nichts zu sagen, dann unterdrücke ich den Wunsch, zu meinen Überzeugungen zu stehen. Aus solchen Mechanismen auszusteigen heißt, den Sinnen Aufmerksamkeit zu schenken: Welche Gefühle und Gedanken sind da? Dabei fallen gewohnte Muster irgendwann auf. Erkennen wir sie, können wir uns aus ihrer Umklammerung lösen. Wie Beobachter registrieren wir sie, ohne uns dafür zu verurteilen. Der Effekt: Es entsteht eine Pause, eine Verlangsamung der automatisierten Reaktion – und diese Pause schenkt uns Freiheit. Nämlich die Freiheit zu entscheiden, was wir wirklich tun wollen.

Es scheint paradox, dass Akzeptanz und das Annehmen der Dinge, wie sie sind, zu einer Veränderung führen sollen. Aber das wertfreie Betrachten der Gedanken und Gefühle, die auftauchen, sorgt dafür, dass wir auch wirklich hinschauen. Denn wir können nur das verändern, dem wir uns zuwenden, das wir nicht wegdrücken oder vermeiden. Kabat-Zinn schreibt in seinem Buch „Gesund durch Meditation“, dass wir nur diesen Moment haben. Nur im gegenwärtigen Moment können wir wirken und unser Handeln steuern. Die Vergangenheit ist verstrichen, wir können sie nicht ändern. Die Zukunft ist ungewiss. Wenn wir unsere Aufmerksamkeit auf den gegenwärtigen Moment lenken und annehmen, was ist, uns nicht in automatisierte Mechanismen verstricken – dann wächst in uns die Gewissheit, Gestalter des eigenen Lebens zu sein.

Foto: Beate-Helena / photocase.de

Das ist auch unsere Baustelle!

Anlass und Idee

Sumpf, Dominikanerkloster, Berliner Schloss, Aufmarsch­platz, Palast der Republik, Zwischennutzung, Kulturbaustelle, Wiese – an kaum einem anderen Ort in Berlin haben sich in den letzten 800 Jahren gesellschaftliche, städtebauliche, politische und kulturelle Entwicklungen so verdichtet wie auf dem heutigen Schlossplatz.

Mit dem Humboldt Forum beginnt ein weiteres Kapitel. Der Bauprozess des Humboldt Forums im Herzen Berlins ist in der Geschichte des Ortes ein Moment. Ein Moment mit offenem und durchaus nachhaltigem Fortgang. „Daher ist es zwingend“, so die Kuratorinnen Barbara Falkner und Petra Larass, „dass die zukünftigen Nutzer dieses Gebäudes, die Kinder und Entscheidungsträger der Zukunft, Stimme und Raum erhalten: Was bedeutet dieser Ort für mich? Was sollte er in Zukunft leisten? Es lohnt sich genau hinzuschauen und offen in diese Dialoge zu gehen. Wir wünschen uns das Humboldt Forum als einen Ort, der immer wieder von kreativen Dialogen im vielstimmigen Miteinander erobert werden darf!“

Wie genau das gelingen kann (und verstetigt werden sollte!!! – Die Redaktion), zeigt das folgende Großprojekt: Die Riesenbaustelle, wo einst ein Schloss, später ein Palast stand, ist Anlass für 176 Kinder aus acht Berliner Schulen die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des Ortes zu erforschen. Gemeinsam mit 29 Künstlerinnen und Künstlern und unterstützt von Expertinnen und Experten. Ausgangspunkt sind Fragen aus der Lebens-und Erfahrungswelt der Kinder.

In mehrmonatigen Projekten entstehen eine Fülle spielerischer Auseinandersetzungen, u. a. die zum Entdecken und Weiterspielen verlockende Ausstellung: Das ist auch unsere Baustelle!* Sie eröffnet Einblicke in das komplexe Geschehen vor Ort, lädt ein, ­unterschiedliche Perspektiven wahrzunehmen und dabei eigene Spuren zu hinterlassen.

Zahlreiche Fragen und Antworten aus den offenen Forschungsprozessen von Kindern, Künstlerinnen, Künstlern, Expertinnen und Experten finden sich in acht phantastischen Erlebnisräumen der Ausstellung wieder:

 

1

Tanzfassade

„Am ersten Tag habe ich eine Statue nachgestellt. Am zweiten Tag haben wir uns verkleidet und am dritten Tag haben wir große Papiere bekommen und unsere Bilder raufgeklebt. Toll, dass wir uns verkleiden durften.“

„Wir machen die Welt bunt und gestalten unseren eigenen Palast, unser eigenes Schloss. Die Fassaden der Fantasie-Gebäude reagieren auf mich und ich tauche ein, mache mit, bewege mich, hüpfe, springe. Mit spezieller Technik haben wir die Collagen der Kinder lebendig werden lassen. Sie erfuhren, welche Möglichkeiten das kreative Programmieren bietet und wie man sich auf diese Weise spielerisch die Welt erobern kann. Aus einer Sprache der Kinder wurde eine fantasievolle Sprache der Zukunft, die hoffentlich auch ihren Platz im Humboldt-Forum finden wird.“

 

2

Zeitmaschine

„Uns hat an diesem Projekt sehr gut gefallen, dass wir die Kisten und Maschine selbst gestalten durften. Wir haben viel gebastelt, gemalt, gebaut und viele Ausflüge gemacht…“

„Zu Beginn lagen knapp 900 Jahre Stadtgeschichte vor uns! Wie konnten wir einen Ort mit so vielen Geschichten und Veränderungen nachvollziehen?

Und dann war es ganz einfach: Neugier und Forscherdrang führten die Kinder zu 16 für sie wichtigen Ereignissen. Mit dem Berliner Stadtschloss und dem Palast der Republik lernten wir unterschiedliche politische Systeme kennen und entwickelten interaktive Stadtpläne. Am Ende entwarfen wir diese Maschine, um Einblicke in einzelne Geschichten zu geben und unsere Begeisterung beim Entdecken spannender historischer Ereignisse mit allen zu teilen.“

 

3

Stadt der Paläste

„Ich fand es ganz toll, dass wir aus diesem Papier Räume gemacht haben, für uns selbst, aber auch für andere.“

„Wenn ich in einem Schloss leben würde wie Humboldt, fänd’ ich es ein bisschen eng.“

„Mir hat gefallen, dass wir ein Haus gebaut und uns verbunden haben.“

„Was ist ein Palast? Wer wohnt da? Wie fühlt es sich an, Königin oder König zu sein? Und ein Palast, der für alle da ist? Warum sieht jede/r von uns andere Räume, wenn es still wird, die Augen geschlossen sind und wir uns vorstellen, eine Tür öffnet sich: ‚Tadaa’. Jede/r von uns hat besondere Qualitäten, im Inneren einen eigenen Palast. In unserer Projektwoche haben wir gemeinsam eine Welt geschaffen, in der wir alle mit unseren Stärken verbunden sind, einen sicheren Platz haben und aus diesem guten Gefühl heraus Verbindungen mit anderen eingehen. Wir laden Dich herzlich ein in unsere Stadt der Paläste!“

 

4

Baustellensymphonie

„Ein Sumpf. Tausend Mücken. Ein Schloss mit König. Auf die Zerstörung folgt eine Wiese. Danach ein Palast. Für das Volk. Abriss. Hier lebt nur ein Fuchs. Dann: eine Riesenbaustelle und wir.

Eine alte Kamera, ein Projektor, Aufnahmegeräte. Denn unser Film ist stumm. Nur der Projektor surrt und schnurrt. Wir sammeln Töne.

Wie klingt die Baustelle? Wie klang der Sumpf? Und die Pferdehufe vor dem Barockschloss? Das Klopfen der Bildhauer, damals und heute. Eine Sinfonie. Unsere Sinfonie!“

„Ein Kloster, ein Schloss, eine Ruine, ein Palast, eine Ruine, eine Wiese, ein Schloss. Ein Ort inmitten der Stadt. Eine Baustelle wird zum Instrument. Mit einer 16 mm-Filmkamera näherten wir uns der Baustelle. Ein Stummfilm entstand, inspiriert vom bekannten Film: Berlin – Die Sinfonie der Großstadt.

Anschließend wurden mit Aufnahmegeräten Klänge gesammelt und Musik komponiert. Die Kinder experimentierten mit den Klängen des Alltags und mit Musikinstrumenten. Filmmaterial trifft auf wechselnde Klanglandschaften, immer neue Bilder entstehen.“

 

5

Kosmos

Am Anfang des Projekts habe ich mich gefragt, warum man im Museum nur alte Dinge ausstellt. Jetzt habe ich eine Antwort darauf: damit man sehen kann, was es früher alles gab. Ich habe heute im Märkischen Museum zum Beispiel gelernt, dass man früher keine Gabel benutzt hat. Man hat mit den Messern rein gestochen!“

„Kann man im Humboldt Forum etwas über ‚normale Menschen’ sehen? Mit dieser Frage haben die Kinder eine Sammlung über sich selbst zusammengestellt und vor der Kamera gezeigt: Was macht sie selbst aus, was ist ihnen wichtig? Die Leitfrage hierfür war, was sie den Kindern der Zukunft aus ihrem heutigen Leben zeigen möchten. Dadurch haben die Kinder ihre Welt für sich greifbar gemacht. Und sie haben erfahren, dass Museen die Welt erklären möchten und über das Leben erzählen. Ich wünsche mir, dass sie künftig die Welt der Museen mit der ihren verknüpfen und Sammler ihrer Zeit bleiben.“

 

6

Klangschloss

„Wir waren in Potsdam. Wir haben uns verkleidet als Prinzessinnen, Königin, Prinz und Könige und sind im alten Schloss von Friedrich II. rumgelaufen. Dann haben wir Menschen auf Französisch begrüßt. Wir waren im Probenraum von ensemble mosaik und haben mit den Musikern Musik gemacht. Wir haben nämlich selber Noten hergestellt und Musik. Ich habe mit meinen Freundinnen ein Stück komponiert. Es heißt: Der Traum. Jede von uns hat zwei ‚Instrumente’ gespielt: Eda den Wasserfall und Friedrichs Uniform. Daria den Frosch und das Schlafen, und ich habe den Friedrich und das Pferd gespielt.

7

Aktion Freiraum

„Uns hat gefallen, dass wir mit verschiedenen Materialien gearbeitet haben. Das Gestalten von seinem eigenen Freiraum und das Schreiben von eigenen Performances hat sehr viel Spaß gemacht.“

„Ich habe gelernt, dass man Materialien anders benutzen kann als sie gedacht waren und dass Freiräume fast für jeden etwas Anderes sind. Wir haben gelernt, dass es fast überall Freiräume gibt, man muss sie nur finden. Und dass die Geschichte von Berlin ziemlich interessant war.“

8

Tastwerkstatt

„An einem Projekttag war ich in der Schlossbauhütte. Wir haben mit Steffen gearbeitet. Steffen ist Bildhauer. Ich habe mich dort mit Gipsabgüssen beschäftigt. Dafür braucht man als erstes eine dreißig Zentimeter große Tonplatte. Und dann modelliert man etwas rein. Wenn man etwas auf den Ton drauf macht, dann ist es später auf der Gipsplatte drinnen und umgekehrt. Zum Schluss haben wir mit den Gipsplatten eine Fassade gebildet. Ich fand es toll, dass wir als Gruppe ein gemeinsames Objekt gestaltet haben.“

Lebensgroße Adler aus Gips, Silikon und Sandstein laden zum Ertasten und zum Kennenlernen von handwerklichen Prozessen ein.

„Ton ist weich und feucht. Er lässt sich mit Händen und Werkzeug bearbeiten.

Gips ist staubig und trocken. Er verbindet sich mit Wasser und fließt in die Löcher im Ton. Ein Abguss entsteht.

Der Gips wird warm, dann fest, dann kalt. Negativ wird positiv und positiv wird negativ. Links wird rechts und rechts wird links.

Wann wird das Material zur Form? Wann wird die Form zum Kunstwerk? Was ist das Original und was ist die Kopie? Beim Modellieren müssen wir unsere Vorstellungskraft benutzen. Beim Tasten auch. Das Kunstwerk entsteht im Kopf.“

 

 

 

 

 

Kind weltweit

Kirsten Fuchs bummelt durch die Welt. Mit ihrer Tochter, sechs Jahre alt. Einen der schönsten Momente während unsere Reisen erlebten wir in Indien. Es war eine Gruppenreise mit Familien. Meine Tochter war die jüngste und die einzige, die kein Englisch sprach. Also brachten ihr die anderen Kinder englische Wörter bei. Als wir durch die wunderschöne…

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Elf Fragen an Paulina

Wann bist du glücklich?

Nach der letzten Fotolaborsession mit den Kindern war ich euphorisch. Ich ging nach Hause und zitterte vor Aufregung und Freude.

 

Was regt dich auf?

Viele Sachen.

 

Was kommt dir in den Sinn, wenn du an deine Kindheit denkst?

Tagträume. Ich träumte sehr viel und hatte viele Gefühle, über die niemand etwas wusste. Viel mehr Gefühle, als sich Erwachsene hätten vorstellen können.

 

Was kannst du von Kindern lernen?

Sie akzeptieren Dinge, wie sie sind. Sogar, wenn es für dich merkwürdig ist, ist es für sie einfach OK. Sie beurteilen Dinge nicht ständig, sie stellen sehr interessante Fragen.

 

Wen würdest du gern treffen? Oder hättest du gern getroffen?

Mutter Theresa, Albert Einstein und Peggy Guggenheim.

 

Was schätzt du an einer anderen Person?

Beim ersten Augenkontakt etwas Überraschendes in den Augen. Vielleicht ist es deshalb auch so schön, mit Kindern zu arbeiten. Sie haben diesen Blick. Sie können dich wirklich angucken. Ich mag viele verschiedene Menschen, wenn ich sie nicht verorten oder völlig verstehen kann. Das reizt mich, es herauszufinden.

 

Was kannst du am besten?

Fotos machen.

 

Gibt es etwas, dass du nicht kannst?

Es gibt viele Dinge, die ich nicht gut kann, Rechtschreibung zum Beispiel. Ich kann nicht in großen Kooperationen arbeiten. Ich habe das versucht, zum Beispiel in einem Büro zu arbeiten, in dem man immer die gleichen Arbeitszeiten hat. Da bleibe ich stecken.

 

Auf welchen Gegenstand kannst du verzichten?

Mein Auto.

 

Was wäre eine berufliche Alternative für dich?

Eine Ärztin ohne Grenzen.

 

Hast du ein Motto?

Gib etwas der Welt zurück.

______
Paulina Westerlind
Fotografin aus Stockholm, fotografierte mit fünf- und sechsjährigen Kindern zum Thema: Träume.

 

Wovon träumst du?

  Paulina Westerlind, Fotografin aus Stockholm, fotografierte mit fünf- und sechsjährigen Kindern aus der Berlin Cosmopolitan School (BCS) Kindergarten & Preschool.   Jasmin: Ich bin Prinzessin Jasmin mit einer Blume im Haar. Ich gehe in mein Schloss, um ein Buch zu lesen. Ich bin im Geneland, wo es fliegende Teppiche gibt. Ich leihe mir einen…

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Gedicht: Georg Heym

Alle Landschaften

Alle Landschaften haben

Sich mit Blau erfüllt.

Alle Büsche und Bäume des Stromes,

Der weit in den Norden schwillt.

 

Leichte Geschwader, Wolken,

Weiße Segel dicht,

Die Gestade des Himmels dahinter

Zergehen in Wind und Licht.

 

Wenn die Abende sinken

Und wir schlafen ein,

Gehen die Träume, die schönen,

Mit leichten Füßen herein.

 

Zymbeln lassen sie klingen

In den Händen licht.

Manche flüstern und halten

Kerzen vor ihr Gesicht.

 

Foto Teaser: lube / photocase.de