Klare Regeln, Vertrauen, Not und die Ungewissheit

„Normal“-Betrieb in Corona-Zeiten Das Hamburger Kinderhaus Osteresch befindet sich in einem Doppelhaus – viele kleine Räume, enge Flure, aber ein großer Garten. Wie gelang die Rückkehr in den „Normal“-Betrieb? Wie stellten die Eltern sich darauf ein? Was war in der Eingewöhnung zu beachten? Darüber berichten Heidrun Mildner, Sophia Tabratzis und Melina Bünger in einem wamiki-Gespräch….

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Der Tag, an dem Mutti zurückkam

Hier gibts den Artikel als PDF: Satire_Mutti_#6_2020

Es war eigentlich ein ganz normaler Donnerstag. In den Schulen zankten sich die Kinder vor und mit den Lehrern. In der WhatsApp-Gruppe der Erdmänncheneltern zerriss man sich das Maul über die Gel-Nägel der neuen Kollegin Yasemin. Im REWE versuchte man geschickt, seine Waren auf das Band der neu eröffneten Kasse zu legen, ohne jemandem zu nahe zu kommen. Im Bundestag predigte der Abgeordnete Curio über den Zusammenhang zwischen Corona, Migration und Mannhaftigkeit. Und im Leserforum der Hessischen Allgemeinen Nachrichten beschimpften sich Gegner und Befürworter der Sanierung des Abwasserkanals in Hessisch Oldendorf erbittert. Doch dann, etwa gegen halb Elf, machte ein federleichtes Gerücht die Runde, aus dem bald panische Gewissheit wurde, bestehend aus jenen zwei Worten, die in jedem Klassenraum kurz vor Ende der Fünf-Minuten-Pause mit Lehrerwechsel zu hören sind: „Sie kommt!“

Mutti erschien. Packte den ersten – vielleicht einen von zwei Streithähnen – sanft, aber sicher an der Schulter. Machte ein Gesicht, das keinen Widerspruch duldete, und sprach: „Ich will nicht wissen, wer anfing. Ich will, dass ihr aufhört.“ Sah uns zu, bis wir alle Waren zurück in den Korb gelegt hatten, denn: Man drängelt nicht vor. Und entschied: „So, jetzt könnt ihr weitermachen.“

Mit Mutti war überall zu rechnen. Diktator Abrumski aus irgendeinem schwer zu merkenden Nachbarland wirkte plötzlich ganz kleinlaut, als Mutti ihm sagte: „Du weißt selbst, was du verkehrt gemacht hast, Freundchen!“ Expräsident T. sah mit waidwunden Augen zu Boden, weil Mutti die Sache mit dem schlechten Verlierer beinahe noch ein zweites Mal erklären musste – und das will man doch nicht. Abgeordneter Curio aber spürte entgeistert, wie Mutti ihm vor dem Hohen Haus am Rednerpult mit ihrem riesigen, nach uralter Spucke riechenden Taschentuch einen vergessenen Ei-Rest aus dem Mundwinkel entfernte: „So geht man aber nicht vor die Leute, mein Junge!“

Der Verkehr stockte, weil plötzlich alle bang auf die Temposchilder achtgaben. SUV-Fahrerin Martina verschlug es die Sprache, als Mutti sie fragte, was sie mit so einem Angeber-Auto wolle und woher sie denn überhaupt das ganze Geld dafür habe? Studienrat Raimund versprach stotternd, seinen Unterricht fortan besser vorzubereiten. „Bei den Hausaufgaben warst du früher auch immer so schlampig, mein Freund!“ Und im ICE klappte Mutti, resolut durch die Reihen schreitend, alle Laptop­deckel zu: „So, meine Lieben, genug in die Kästen geguckt! Wir spielen jetzt Halma, macht jeder mit?“

Natürlich versuchte mancher, Mutti zu entkommen – vergebens. Wenn Mutti allgemeine Schlafenszeit ausgerufen hatte und man trotzdem noch durch die dunklen Straßen zum Spätkauf hastete, fragte sie tückisch, wo man denn hinwolle und ob man nicht schlafen könne. In den Kantinen, in Gaststätten und selbst in den vornehmsten Restaurants konnte es passieren, dass der Kellner beim Abräumen unterbrochen wurde: „Stopp! Ich sehe gerade: Da liegt noch Kalbsbries. Barbara, wenigstens ein Kostehäppchen probierst du. Und dann noch eins… Bis dein Tellerchen blank ist.“ Dazu riss Mutti Augen und Mund auf, als wolle sie Barbara verschlucken.

Am ärgsten war es, wenn Mutti sich für jemanden einsetzte. „Sofort entschuldigst du dich, dass du Cemile diskriminiert hast!“ fuhr sie den Jung-Nazi Kai-Uwe an. Und weil er allzu leise sprach, ertönte ein aufmunterndes „Ich höre nichts!“ Ja, Mutti hatte viele Kinder, die sich bei­einander entschuldigen mussten. „Es tut mir leid, dass meine Beiträge im Leserforum immer wieder so unfreundlich klangen, ich bin eigentlich ein ganz Netter“, diktierte sie und befahl: „Das schreibst du jetzt – und zwar sofort!“ Zum Schluss ermahnte sie uns alle: „Und jetzt vertragt ihr euch!“ Wir nickten und sahen zu Boden, aber sogleich hieß es: „Seht euch an! Gebt euch die Hand!“

Manch einer versuchte, aufzubegehren, und zeterte: „Ich bin groß! Ich habe erfolgreich mehrere Pubertäten absolviert! Ich kann allein auf mich aufpassen!“ Dann fragte Mutti nur süffisant: „So?“ Da fiel das Großmaul in sich zusammen und schämte sich für seine unbedachten Worte.

Später tauchte auch Vati auf, sozusagen als zweite, deutlich flachere Welle. Er wiederholte, was Mutti angeordnet oder befohlen hatte, und wir ließen ihn gewähren. Denn wir wussten längst: Jederzeit kann Mutti zurückkommen. Und sie sieht uns zu, von wo auch immer…

 

Mamas und Papas

Hier gibts den Artikel als PDF: Panorama_#6_2020

 

 

 

Mama Mia

 

Mothers Little Helper? Papa was a rolling stone? Mama?
Oder lieber: Kein Liebeslied?

Die wamikis jodeln, trällern, schmettern und tanzen. – Über 70 Songs zum Heftthema findet ihr hier:

Dr. Jan Böhmermanns Struwelpeter

Jan Böhmermann verklickert auf dem Elternabend einer illustren Elternschaft das traditionsbewusste und modernisierte Konzept seiner öffentlich-rechtlichen Kita „Rattennest“: „Im Rattennest haben die Kinder die Freiheit, zu machen, was sie wollen, wenn sie vorher gelernt haben, was sie nicht dürfen.“ Die Galerie von gesellschaftlichen Prototypen, die sich im Stuhlkreis der Kita versammelt haben und alle nur das Beste wollen für ihre Kinder, verkörpern mit scharfem Sinn fürs Karikaturhafte Devid Striesow, Annette Frier, Kida Ramadan, Ralf Kabelka, Anna Schudt, Marlene Lufen, Larissa Rieß, Florentin Will und William Cohn.

 

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Regenbogenfamilien

Hier gibts den Artikel als PDF: Bildstrecke_#6_2020

Fotos: Jan von Holleben

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Auch Eltern sind lesbisch, schwul, bisexuell, trans-, intergeschlechtlich oder queer. Klingt logisch und einfach – ist es aber nicht!

„Es gibt Nachfragen von allen Seiten, bis hin zu ‚Wie willst du das denn machen?‘“, erzählt Alexander Schug. Irgendwann hatte er auf Fragen wie diese keine Lust mehr – wie auch Sören Kittel, Uli Heissig und Gianni Bettucci.
Gemeinsam haben sie mit „Das Regenbogenväterbuch“ den ersten umfassenden deutschsprachigen Ratgeber herausgegeben. Das Buch berichtet von sehr persönlichen und intimen Erfahrungen und verschiedenen Blickwinkeln – kurz: von der Diversität von Familie.

Das Buch ist kein politisches Manifest. Dennoch ist das Buch politisch, weil das, was Regenbogeneltern hier erzählen, den gesellschaftlichen Blick auf Familie in Deutschland radikal ändern wird.

Mit Checklisten, Bildern, Adressen. Und Fotos von Jan von Holleben.

 

 

 

 

Das Regenbogenväterbuch – Ratgeber für schwule Papas (und alle, die es werden wollen)
Herausgegeben von Alexander Schug, Sören Kittel, Uli Heissig, Gianni Bettucci
368 Seiten, 22,00 Euro
Bezug: www.omnino-verlag.de

 

Gedicht: Rainer Maria Rilke

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Ach, wehe, meine Mutter reißt mich ein.

Da hab ich Stein um Stein zu mir gelegt

und stand schon wie ein kleines Haus,

um das sich groß der Tag bewegt,

sogar allein. Nun kommt die Mutter,

kommt und reißt mich ein.

 

Sie reißt mich ein, indem sie
kommt und schaut,

sie sieht es nicht, dass einer baut –

sie geht mir mitten durch die Wand
von Stein.

Ach wehe, meine Mutter reißt mich ein.

 

Die Vögel fliegen leichter um mich her,

die fremden Hunde wissen: das ist d e r –

nur einzig meine Mutter kennt es nicht,

mein langsam mehr gewordenes Gesicht.

Von ihr zu mir war nie ein warmer Wind.

 

Sie lebt nicht dorten, wo die Lüfte sind,

sie liegt in einem hohen Herzverschlag

und Christus kommt und wäscht sie
jeden Tag.

 

Foto: as_seen/photocase.de

Das Bild von Eltern versus „StnMdKh“

Wie sind Eltern? Wer wissen will, ob diese Sorte Mensch, zu der immerhin große Teile der Weltbevölkerung gehören oder gehören werden, gemeinsame Eigenschaften hat, muss uns PädagogInnen besuchen, unsere Gespräche belauschen, unsere Fachbücher und Zeitschriften lesen. Denn wir denken gerne über Eltern nach. Vielleicht hat sich dabei, ähnlich wie beim Bild vom Kind, eine kollektive Vorstellung entwickelt. Nennen wir sie „Unser Bild von Eltern“. Weiter lesen

Bilderrätsel

Welchen Begriff aus der Pädagogik haben wir im übertragenen Sinn collagiert? Die Buchstaben in den hellen Kästchen ergeben den Lösungsbegriff. Unter Ausschluss des Rechtsweges verlosen wir 10 x Reggio Tutta. Wie Kinder ihre Stadt ko-konstruieren.

PS: In Heft 4/2020 suchten wir den Begriff: Pisastudie.
Die Redaktion gratuliert allen Gewinnerinnen und Gewinnern.

Bild: Marie Parakenings

 

Pädagogik aufräumen

Pädagogik lebt von Ritualen, heißt es. Erzieher, Lehrer und *innen machen alles Mögliche, weil es nun mal derzeit üblich oder sogar vorgeschrieben ist. Egal, ob es Sinn hat oder nicht. Sinnvoll ist es aber auf jeden Fall, ab und zu auszumisten. Deswegen stellt diese Rubrik pädagogische Gewohnheiten aufs Tapet und fragt ganz ergebnisoffen: Ist das pädagogische Kunst, oder kann das weg? Weiter lesen

Pädagogische Glaubenssätze AHOI

 

Essen muss nicht schön aussehen, nur satt machen.

Händewaschen vor dem Essen erfordert anschließend eine Riechprobe durch die pädagogische Fachkraft.

Sich selbst Essen auftun, dürfen die Kinder erst, wenn sie es können.

Partizipation beim Mittagessen geht nicht, weil

… nicht genug Essen für solche Experimente da ist,

… wir nicht genug Schüsseln haben,

… wir keine Zeit haben, danach den ganzen Raum zu putzen,

… die Kinder viel zu klein sind,

… die Augen der Kinder sowieso größer sind als ihr Magen,

… die Kinder noch nicht wissen, wie groß ihr Hunger ist, dann hat eines Berge auf dem Teller und für die anderen ist nichts mehr da, …

Was auf den Tisch kommt, wird gegessen.

Gekostet wird aber. Das hat mir auch nicht geschadet.

Zwischen dem Essen, das wir wegwerfen und der Hungersnot in der Welt, gibt es einen direkten Zusammenhang.

Nicht reden beim Essen, sonst verschluckt man sich.

Immer zuerst das Richtige essen, danach gibt es Nachtisch.

Wenn der Teller nicht leer ist, passt wohl auch der Nachtisch nicht mehr in den Bauch.

Wenn der Teller nicht leer ist, scheint morgen keine Sonne.

Individuelles Essensangebot heißt “dünne Kinder müssen aufessen und dicke dürfen nur eine Portion essen”.

Auch Kleinstkinder können schon lernen, zu warten und zwar bis alle aufgegessen haben.

Wenn es schon zuhause nichts Gesundes gibt, dann wenigstens hier in der Kita! (… sagte sie und goss dem Kind die 1,5 % H-Milch ein).

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Vom Verfaulen und Vergammeln

Bilderbuch

Ihr Name ist Schimmel, Susi Schimmel. Sie hat eine Mission, sie ist unerbittlich und sie ist nicht allein: Susi Schimmel. Sie und ihre Artgenossen haben sich dem Verfaulen und Vergammeln verschrieben und es gibt nur wenig, vor dem sie Halt machen. Sie lauern in Jausenboxen, hinter Schlafzimmerschränken, in dunklen Keller­ecken und sogar auf Babypopos und zwischen den Zehen. Leonora Leitl hat mit Susi Schimmel eine neue Antiheldin gefunden, die sich nach „Gerda Gelse“ und „Willi Virus“ freudig in das erfolgreiche Genre der Sachbilderbücher einreiht. Informativ berichtet sie aus ihrem Pilzleben, schwärmt von den wunderbaren Farben, mit denen sie Lebensmittel und Wände überzieht, schimpft über ihre ruhmsüchtigen Verwandten, die bei der Erzeugung von edlem Käse und Penicillin mithelfen, und berichtet von so mancher großer Errungenschaft. Beim nächsten Blick in die Jausenbox denkt an mich! Servus, eure Susi Schimmel.

Wolf, Ente und Maus

Bilderbuch

Eine kurze Geschichte für kluge Kinder und Philosophen: Eines Morgens trifft eine Maus einen Wolf, der sie frisst. Damit ist die Geschichte jedoch nicht beendet, denn der Wolf hat die Maus lebend verschlungen. Mit ihrem lauten Klagen stört die Maus eine Mitbewohnerin im Wolfsbauch, nämlich die Ente, die schlafen will. Weil die Maus erklärt, es sei draußen Morgen, bietet die Ente erst einmal Frühstück an: gedeckter Tisch, Stühle, Tischtuch, Marmelade. „Du wirst dich wundern, was man in einem Wolf so alles finden kann“, sagt die Ente zufrieden und erzählt, sie habe draußen immer Angst gehabt, von einem Wolf gefressen zu werden. Die Sorge habe sie nun nicht mehr. Das überzeugt die Maus. Höflich fragt sie, ob sie bleiben darf. Klar – und das feiern die beiden mit Wein und Leckereien, so dass dem Wolf ganz schlecht wird. Das lockt einen Jäger an, doch der schießt daneben. Aber der arme Wolf ist so fertig, dass er nicht fliehen kann. Aus seinem Maul blasen Maus und Ente zur Attacke und vertreiben den Jäger. Der dankbare Wolf will sich bei den beiden revanchieren: Sie haben einen Wunsch frei. Mehr wird nicht verraten.