Wissenschaft versus Alltagsrassismus

Die Alice Salomon Hochschule in Ber­lin-Hellersdorf liegt gerade einmal zehn Minuten Fußweg entfernt von der im Sommer 2013 neu eingerichteten Flüchtlingsunterkunft in der Carola-Neher-Straße. Die Ereignisse um die Eröffnung der Unterkunft konfrontier­ten uns mit der Frage nach dem Ver­hältnis von Wissenschaft und gesell­schaftlicher Verantwortung.

Während sich in anderen Bezirken die Anwohnerschaft gegen die Eröff­nung von Asylunterkünften juristisch – und damit eher bildungsbürgerlich – zur Wehr zu setzen versuchte, machte sich der Unmut der Anwohnerschaft in Hellersdorf offen rassistisch bemerk­bar. Dies auch, weil die Proteste hier von Anfang an von der NPD beglei­tet waren, die sich nach wie vor als Bürgerinitiative zu tarnen versucht. Den Protesten war damit mediale Auf­merksamkeit sicher, diese wiederum verstärkte den NPD-Tourismus nach Berlin-Hellersdorf.

Auch wenn es jetzt etwas ruhiger scheint, mobilisieren die „Bürgerinitiative“ und die NPD bis heute die Anwohnerschaft gegen die Flüchtlingsunterkunft. Allerdings haben sich auch zahlreiche lokale Hilfs- und Unterstützungsnetzwerke aus der Zivilgesellschaft entwickelt, die sich mit den Flüchtlingen solidarisch zei­gen und sie konkret unterstützen. Das „Solidaritätsnetzwerk Hellersdorf“ oder „Hellersdorf hilft Asylbewerbern“ erhielten im Oktober 2013 den Preis für Zivilcourage. Darüber hinaus wir­ken Vertreterinnen und Vertreter rel­evanter Einrichtungen im Bezirk im „Nachbarschaftsdialog“ zusammen, um Netzwerke zu stärken und die Verstän­digung der Menschen in der Nachbar­schaft zu verbessern.

Obwohl Hochschulen in erster Linie für Lehre und Forschung zuständig sind, war und ist die Alice Salomon Hochschule gefordert, verantwortungs­voll zu handeln, denn die Qualifizie­rung der Fachkräfte von morgen und die wissenschaftliche Arbeit geschehen nicht in einem kontextfreien Raum.

Aus: Prasad, N./Borde, T.: Alice Salomon Hochschule in der Tradition des Hull House? Erschienen in: Soziale Arbeit, Heft 10/11-2014

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