Liebe Leserin, lieber Leser,
manchmal passen die lange im Voraus von uns geplanten Heftthemen und aktuelle Vorkommnisse perfekt zusammen – sogar zu perfekt. Als das Thema „Dreck“ für dieses Heft uns in direkter und übertragener Bedeutung gerade beschäftigte, entstand um ein anderes Verlagsprodukt, nämlich den jüngst erschienenen dritten Band der Biographie Hartmut von Hentigs, eine mediale Schlammschlacht, neudeutsch: Shitstorm, in der Forderung gipfelnd, dieses Buch sofort zurückzuziehen, damit kein Dreck am Verlag haften bleibt.
siehe: www.noch-immer-mein-leben.de
Auf manche Unsachlichkeit und Verunglimpfung in den Reaktionen auf Hentigs Buch hätten wir trotz aller Lust an der Kontroverse gern verzichtet. Wir gingen davon aus: Im Lesen fortgeschrittene Menschen wissen, dass ein Verlag Bücher verlegt, also nicht verfasst, dass er diesen Erzeugnissen Öffentlichkeit wünscht, ohne die Positionen seiner Autorinnen und Autoren in jedem Fall zu teilen oder Texte gar zu zensieren. So agieren alle Verlage.
Hartmut von Hentigs neues Buch ist nicht allein ein Zeitdokument, sondern ein weiterer Mosaikstein, um die Umstände, die den Missbrauchsskandal in der Odenwaldschule – und anderswo – überhaupt ermöglichten, zu verstehen und letztlich dazu beizutragen, dass Kinder und Jugendliche in pädagogischen Institutionen und anderswo nicht zu Opfern werden.
Wir gehen davon aus, dass unsere Leserschaft – also Du – dieses Interesse teilt und Veröffentlichungen, die Transparenz herstellen und Kontroversen auslösen, mehr schätzt als das Plätschern im Mainstream der Selbstgerechtigkeit.
Natürlich halten wir Dich und uns für erwachsen genug, um Texte wie den dritten Band der Autobiografie Hartmut von Hentigs zu lesen und selbst zu urteilen. Wir werden uns weiter für das Ansprechen blinder Flecken in der Missbrauchsdebatte in pädagogischen Einrichtungen engagieren wie wir das Recht von (ehemaligen) Opfern unterstützen, endlich gehört und ernst genommen zu werden.
Zurück zum Heft, in dem es um allerlei Dimensionen des Themas „Dreck“ geht. Zum Beispiel um den intelligenten Umgang mit dem "Dreck der Welt": zur Nachahmung empfohlen. Oder um die Frage, warum Materie zu Dreck erklärt wird und was sie vom Nicht-Dreck unterscheidet, um das Spiel mit missachteten Materialien, um das Verhältnis von Kind und Dreck. Kurz: um irdische, aktuelle Pädagogik mit Witz.
Deine wamikis