Make Bildung Great Again

oder
Erziehung nach dem Machtantritt der AfD

Damit wir uns nach der Wahl von Kanzlerin Frauke Petry und dem Amtsantritt von Bildungsminister Höcke nicht allzu sehr umstellen müssen, informierte sich Micha Fink schon mal in AfD-Parteiprogrammen, Reden und Interviews, was die neuen Rechten in Bezug auf die Bildungspolitik eigentlich tun – und vor allem lassen – wollen.

 

Angst vorm Volkstod?

Alle finden Kinder wichtig, aber nur einer sagt, warum: „In unseren Kindern leben Familie, Volk und Nation fort“, heißt es in der „Magdeburger Erklärung“ der AfD. Das stellt klare Anforderungen an junge Paare: „Ich würde die Drei-Kinder-Familie zum politischen und gesellschaftlichen Leitbild machen“, erklärt Björn Höcke. Wie man dieses Ziel technisch umsetzt, steht in der „Magdeburger Erklärung“ – leider biologisch ungenau: „Jeder Mensch auf dieser Welt ist von Mann und Frau gezeugt.“
Schwamm drüber, ermöglichen uns die Forderungen doch eine neue Kultur des Anbaggerns: „Hast du Lust, dich mit mir gegen den Volkstod zu engagieren?“
„Bei mir oder bei dir?“

Ich will zu meiner Mutti!

Fröhlich krabbelt alsbald die erfolgreich erweiterte Nation durch unsere Stube – reif für die Krippe? Nein! „Erziehung ist zuvörderst Aufgabe der Eltern, nicht des Staates“, mahnt AfD- Landtagsabgeordneter André Wendt aus Sachsen. „Kitas sind immer nur die zweitbeste Lösung“, weiß Björn Höcke. Warum denn? „Staatliche Institutionen wie Krippen, Ganztagsschulen, Jugendämter und Familiengerichte greifen zu sehr in das Erziehungsrecht der Eltern ein“, steht im Leitantrag für das Grundsatzprogramm der AfD. Und dass „ein falsch verstandener Feminismus (…) einseitig Frauen im Erwerbsleben, nicht aber Frauen, die ‚nur‘ Mutter und Hausfrau sind, (…) schätzt“.
Weil das mindestens im Osten nicht immer mehrheitsfähig ist, wurde Ex-AfD-Ratsherr Richard Mol in Münster für seine Überzeugung abgekanzelt, „der Bau von Kindergärten“ sei „ein Angriff auf die Verfassung“. Schade, dass er nicht auch die Beobachtung von Kitas durch den Verfassungsschutz forderte.
Unnötig sind für viele Landesverbände auf jeden Fall Krippen, weil „die beste Frühförderung (…) in intakten Familien“ stattfindet. „Nur im Falle familiärer Vernachlässigung sollte der Staat mit organisierten Frühförderungsmaßnahmen eingreifen“, schlägt die AfD Berlin vor. Was gute Familien besser vermitteln können als obskure Krippen und Kindergärten, erklärt wiederum Björn Höcke: „Es werden dort Werte vermittelt, Gemeinschaftsorientierung“ und „eine positive Unterordnungsfähigkeit.“ Wer nicht auf Papa hört, muss in die Krippe.

Keine Duldung für Dildos!

Arbeiten Sie täglich daran, „das klassische Rollenverständnis von Mann und Frau (…) durch staatlich geförderte Umerziehungsprogramme in Kindergärten und Schulen systematisch“ zu korrigieren? Lassen Sie die Kinder unter dem Vorwand von Gesundheitserziehung etwa bei „Zwangsdoktorspielen“ mit „Gratiskondomen und Dildos“ „homosexuelle Praktiken nachstellen“? Fortan ist Schluss mit dem Unterricht in „frühkindliche(r) Masturbation mithilfe von Doktorspielen“, von dem die baden-württembergischen AfD-Frauen Carola Wolle und Christina Baum gehört haben, vermutlich von guten Bekannten. Erbittert kämpft der Leipziger Fraktionsvorsitzende Tobias Keller gegen den Kita-Koffer „Sexuelle Vielfalt“, dessen Inhalt – „Bücher und pädagogisches Begleitmaterial“ – er zwar nicht kennt, aber weiß, dass „bestimmt auch Dildos“ drinstecken. Verdanken sich solche Assoziationen zu Homosexualität vielleicht seinem Konsum von Informationskanälen wie Youporn? Das wäre bedenklich, fordert seine Partei doch in der „Magdeburger Erklärung“, dass der „Schulunterricht auch die Botschaft vermittelt, dass nicht Triebbefriedigung, sondern eine intakte Familie primäres Lebensziel sein sollte“.

Kindergarten – da war doch was?

Hat der Kindergarten nach von „Genderwahn“ und „Hypersexualisierung“ befreiten Bildungsplänen überhaupt noch was zu melden? Gut, dass die AfD Berlin sich an früher erinnert: „Wir fordern die Wiedereinführung der Vorschule, in der Kinder grundlegende Fähigkeiten einüben können und so optimal auf den Einstieg in das Schulsystem vorbereitet werden.“ Andere Konzepte lehnt die Partei ab – zum Beispiel die ja nun tatsächlich grün-versifften Waldkindergärten. Ein baden-württembergischer Landtagsabgeordneter stellt ihretwegen tatsächlich eine Kleine Anfrage im Landtag: „Können sich Kommunen (…) durch das Anbieten von absichtlich unattraktiven Kindergartenplätzen vor dem Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz drücken (…) ?“ Entrüstet fährt er fort: „Die quasi Zwangseinweisung in eine bestimmte Art von Kindergarten (in dem Fall ein Waldkindergarten) greift zudem massiv in Wahlfreiheit und Erziehungsrecht der Eltern ein.“ Waldkita-Knast – schlimmer geht’s nimmer!

Nieder mit der Kompetenz!

Doch, es geht schlimmer, denn wir kommen zum Schulsystem. In den lange zurückliegenden Tagen unserer Kindheit gab es ein allgemein akzeptiertes, erfolgreiches Bildungssystem, „bis die ideologisch motivierten links-grün-roten Abrisstrupps mit ihrer obskuren Agenda daherkamen, die da lautete: Ideologie statt Verstand, Gemeinschaftsschule statt Gymnasium, Einheitsbrei statt Dreigliedrigkeit, Kuschelpädagogik statt Fachwissen“, klagt Jörg Meuthen. Deshalb schlägt die AfD vor, das Rad zurückzudrehen: „Statt Binnendifferenzierung müssen wir zum dreigliedrigen Schulsystem zurückkehren, um echte individuelle Förderung zu ermöglichen.“ Das Niveau wird dann natürlich steigen.
„Wir befürworten uneingeschränkt das Leistungsprinzip“, verlautbart die AfD und stellt klar: „Die Wissensvermittlung (Kenntnisse, Fähigkeiten, Fertigkeiten, Lernstrategien) muss zentrales Anliegen der Schule bleiben.“ Sie weiß auch, welche Prioritäten zu beachten sind: „Kompetenzen“ sollen „Bildungsinhalten (…) untergeordnet bleiben.“ Entfallen soll das Teufelszeug des fächerverbindenden Unterrichts. Die „klare Fächertrennung“ wird in Thüringen gefordert, statt unguter eingetragener Partnerschaften zwischen Erdkunde und Geschichte. Aus Verzweiflung über all die „Binnendifferenzierung“ an den rechten Rand gerutschte Lehrer tröstet die Partei in Rheinland-Pfalz folgendermaßen: „Außerdem wollen wir ein Ende der Lehrerüberbelastung durch ineffektive und vorbereitungsintensive Unterrichtsformen.“ Vormittags recht(s), nachmittags frei – der alte Traum vom (frontal unterrichtenden) Lehrer kehrt zurück!
„Wir fordern die Beibehaltung eines transparenten Notensystems anstatt der Verwässerung und Nivellierung von Leistungsunterschieden“, klingt es markig aus den Reihen der AfD. Das  bedeutet, „jedes Schuljahr Versetzungsentscheidungen treffen zu können“. Sitzenbleiben soll „nicht als ‚Schande‘ negativ, sondern als Notwendigkeit der Entwicklung persönlicher Reife im Sinne einer zweiten Chance positiv begriffen werden“. Das hat Qualität: Eine politische Forderung, die direkt vom sitzenbleibenden Schüler umgesetzt werden soll.

Drill statt chill     ‚normal‘

Aus Berlin-Spandau tönt es: „Wir postulieren: Der Lehrer ist der Schmied des Geistes der Jugend.“ Zwar ist die „Erziehung der Schüler (…) in erster Linie Aufgabe der Eltern.“ Doch „das entsprechende Verhalten der Schüler kann nur durchgesetzt werden, wenn den Lehrern die dazu geeigneten Maßnahmen zur Verfügung stehen und deren Durchsetzung nicht ständig hinterfragt wird. Schulverweigerung, Null‐Bock‐Mentalität, Disziplinlosigkeit, Mobbing und Gewalt in der Schule sind nicht zu tolerieren und unter Einbeziehung der Erziehungsberechtigten angemessen zu ahnden.“ Im Zweifelsfall schickt man unbelehrbare Schüler laut eines Positionspapiers aus Sachsen in „Kurse zur Verhaltenserziehung (‚Benimmkurse‘). Werden diese geschwänzt, wird sofort das Kindergeld gekürzt und Jugendarrest von einem Wochenende bis maximal vier Wochen angedroht und nach einer Warnung auch tatsächlich verhängt.“ Knackig – aber wer zahlt das? „An der Finanzierung dieser Kurse müssen sich die Eltern beteiligen, denn schließlich ist die Unterstützung bei der notwendigen Nacherziehung sozialer Kompetenzen, die die Eltern selbst bei ihren Kindern bisher nicht ausbilden konnten, eine ‚Dienstleistung‘ für das ganze Leben dieser jungen Menschen; sie kann daher in ihrem Wert kaum hoch genug veranschlagt werden. Arbeitslose oder Geringverdiener können sich in der Schule auf andere Weise nützlich machen.“ Das hört sich gut an! Falls es doch nicht klappt, hat Volker Olenicak aus der AfD-Fraktion Sachsen-Anhalt einen Tipp, mit dem er den Youtube-Film eines wüst prügelnden Lehrers kommentiert: „Sieht hart aus, aber ermöglicht in Zukunft sicher einen erträglichen Schulalltag.“ Sein Mitstreiter Hans-Thomas Tillschneider formuliert es eleganter: „Der Unterricht muss (…) mit Erziehung einhergehen, die wie jede Erziehung nicht weich und kalt sein darf, sondern hart und warm sein muss.“

Raus mit den Behinderten!

Gegen Integration – in der von ihr bevorzugten Form – hat auch die AfD nichts: „Die Forderung, behinderten Kindern Teilhabe am Bildungssystem zu garantieren, ist bereits umfassend und erfolgreich erfüllt. Die ideologisch motivierte Inklusion ‚um jeden Preis‘ verursacht erhebliche Kosten und behindert Schüler in ihrem Lernerfolg. Die AfD setzt sich deshalb für den Erhalt der Förder‐ und Sonderschulen ein.“ Coole Idee. Und warum inkludieren wir die Störenfriede nicht da, wo sie nicht stören? In Hildesheim ist man schon auf dem Weg: „Diese Zusammenlegung von Talentierten und Lernschwachen in einer Klasse lehnt die AfD ab.“
Was ist eigentlich mit der Integration von Kindern nichtdeutscher Herkunft? Gute Frage. Die  überraschend einfache Antwort lautet: Das interessiert die blauen Jungs wenig. „Auf dem Schulhof deutsch sprechen“ fordert Berlin und will dafür sorgen, dass die Teilnahme am Schwimmunterricht für muslimische Kinder verbindlich wird. Eigentlich inkonsequent – wenn deren Eltern das aus Angst vor „Hypersexualisierung“ vermeiden wollen.

Junges Volk ans Gewehr!

Auch für den Freizeitbereich haben die neurechten Freunde tolle Ideen, etwa in Sachsen: „Wir setzen uns dafür ein, dass jedes Kind und jeder Jugendliche an jedem Wochentag unter fachlich qualifizierter Anleitung aktiv Sport treiben kann.“ Darüber, dass die Sportart zur deutschen Kultur passen muss, denkt die AfD Berlin-Spandau nach: „Das Betreiben der Sportarten, wie etwa Wassersport, Angelsport und auch die Ausübung der Jagd, ist durch den Bezirk zu fördern und zu schützen. Sie stellen einen besonderen Anteil an der Kultur unseres Stadtbezirks dar.“ Hm. Schießen lernen – AfD-Freunde treffen?

Kein Sein ohne Schwein

Was könnte man mit dem geschossenen Wildbret – zum Beispiel einer schönen Sau – anfangen? Den Kindern vorsetzen, die – wie die AfD fordert – in Offenbach oder Hamburg um unser essbarstes Stück Identität gebracht werden, nämlich das Schweinefleisch. Das tut nicht nur Kindern gut, wie AfD-Lady Christel Weißig aus Mecklenburg-Vorpommern in neu-altdeutscher Rechtschreibung vorschlägt: „Schweinefleisch essen gehört zu unsere Kultur und sollte bei Grenzübertritt im Rahmen der Intigration zum Pflicht-Essen gehören.“ Mahlzeit!

Fazit

Bewerten wir, was wir vorgefunden haben: Wirre Theorien von neurechten Spinnern? Nein, im Gegenteil! Fantasie, die den Spinner auszeichnet, fehlt nämlich. Und neu? Die AfD beglückt uns mit dem wohlvertrauten Bild aus dem Land unserer Kindertage: mit der guten Mutti daheim – im Westen. Und mit dem übergriffigen Pseudo-Sozialstaat – im Osten. Hüben wie drüben mit strengen Lehrern, straffen Noten, keinen oder unsichtbaren Migrantenkindern. Dafür mit Tabus, die über alles verhängt werden, was nicht ins einfältige Weltbild passt.

So gesehen, könnte man sagen: Als echter Mitreiter auf der Retro-Welle gibt uns die AfD die Welt der Kindheit zurück. Wie nennt man das noch mal, wenn etwas wieder hochkommt, das längst runtergeschluckt und verdaut war?

Richtig: Kotzen!

Die klingenden Planeten

Der Musikkindergarten Hamburg und wamiki machen Musik!
Hört rein und spielt mit!

Text: Eva Biallas und Dorle Räger

Audio-Aufnahmen: Kai Schnabel mit Louba und Lumina

Illustration: Reggio Children

So gehts: Die klingenden Planeten PDF downloaden, mit dem Acrobat Reader öffnen – dann lesen und die Lieder/ Hörbeispiele einfach anklicken…

Eva Biallas ist die musikalische Leiterin des Musikkindergartens Hamburg. Sie studierte Instrumentalpädagogik an den Musikhochschulen Köln und Essen, sammelte musikpädagogische Erfahrungen mit Menschen unterschiedlicher Altersgruppen, gibt Workshops in der Staatsoper Hamburg und war als Dozentin im Projekt „Singende Kindergärten“ tätig.
Sie gibt Fortbildungen für pädagogische Fachkräfte in ganz Deutschland: www.evabiallas.com
Dorle Lemke studierte Elementare Musikpädagogik an der HfMT Hamburg und ist Musikpädagogin im Musikkindergarten Hamburg. Sie besitzt Unterrichtserfahrungen mit Kindergarten- und Grundschulkindern, war Lehrbeauftragte und ist Mutter von zwei Söhnen.
Eva Biallas und Dorle Lemke entwickelten das Konzept des Musikkindergartens Hamburg und begleiteten seine Umsetzung. In Fortbildungen geben sie ihre Erfahrungen an die pädagogischen Fachkräfte der Stiftung Kindergärten Finkenau weiter. Anfang 2016 erschien ihr Buch „Von Melodiezauberern und Rhythmustrollen“, in dem zahlreiche Ideen für den musikalischen Kita-Alltag zu finden sind.

 

14 Fragen zur Anerkennung

die man sich mal stellen kann.

Was ist weniger wertschätzend: Wie Sie über Kolleginnen und Kollegen denken oder sprechen?

Welches pädagogische Vermächtnis hinterlassen Sie?

Warum reicht „Mütterlichkeit“ oder „Väterlichkeit“ nicht als pädagogische Qualifikation aus?

Wenn Sie nach tatsächlichem Lernerfolg bezahlt würden, könnten Sie dann von Ihrem Gehalt leben?

Wie sehr frustriert Sie die Tatsache, dass das kindliche Gehirn deutlich aktiver ist als das eines Erwachsenen?

Müssen Pädagogen intelligent sein oder reicht es, wenn sie Kinder mögen?

Wie oft sind Sie taub gegenüber den Bedürfnissen Ihrer Kolleginnen und Kollegen?

Wie oft haben Sie den Satz „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“ als Rechtfertigung für Ihr Handeln genutzt?

Definieren Sie den Unterschied zwischen „Delegieren“ und „Aufgaben abwälzen“?

Angenommen es gäbe Sie nicht – was würde Ihrer Bildungseinrichtung fehlen?

Wen behandeln Sie toleranter, Ihre Kollegin oder sich selbst?

Schreibschrift

Was es nicht alles gibt! Man glaubt es kaum!Episoden aus dem Kinderleben in Krippe, Kita und Grundschule, erzählt von KIRSTENMALZWEI (siehe hier).

Alle Kinder üben Schreibschrift.

Nur das Mädchen nicht.

„Das lernst Du nie!“, davon ist die Lehrerin überzeugt. Sie schickt das Mädchen mit der Schulbegleitung raus, um zu puzzeln. Die Mutter aber möchte, dass das Mädchen alles lernen darf. Zumindest versuchen.

Also setzt sie sich zu Hause mit dem Mädchen hin und schreibt. Tag für Tag.

Das Mädchen zeichnet ohnehin gerne und gut. Jetzt bekommt es so langsam auch Spaß am Schreiben.

Es schreibt immer besser und immer mehr. Seine Werke bringt es stolz mit in die Schule. Dort schreiben wieder einmal alle Kinder. Nur das Mädchen nicht.

„Das kannst Du doch schon so gut“, sagt die Lehrerin, „das brauchst Du ja jetzt nicht mehr zu üben.“ Und dann schickt sie das Mädchen wieder raus. Zum Puzzeln.

Deo? Logisch!

Teuer muss nicht sein, aber kreativ! Michael Fink inspiziert Ausgesondertes, um nach Dingen zu suchen, die kaum etwas kosten, aber Kinder anregen, kleine Forscher oder Künstler zu werden.   Unsere Wertvorstellungen sind schon paradox. Kommst du, nach Schweiß müffelnd, zur Teamsitzung, zum Date oder zur Queen-Audienz, erntest du mitleidige bis entsetzte Blicke und weißt plötzlich,…

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Respekt vor Käfern und Pflanzen

Bilderbuch

Maria Sibylla Merian war die erste Naturforscherin der Welt. Mit „Sibylla und der Tulpenraub“ setzt Benita Roth ihr ein Denkmal. Das Buch handelt von einem Mädchen, das von Insekten und Reptilien, Spinnen und Amphibien – also von dem, wovor viele sich ekeln – fasziniert ist. Sibylla beobachtet, sammelt und fertigt hinreißende Zeichnungen von Pflanzen und Tieren an. Was sie in späteren Jahren gemalt hat, verliert selbst 400 Jahre nach ihrem Tod nicht seinen Wert.

Als Kind soll Sibylla einmal beim reichen Nachbarn Tulpen geklaut haben, damals unermesslich teuer, um sie auf dem Papier zu verewigen. Als der wutschnaubende Besitzer sie und ihre Eltern ins Gefängnis werfen lassen will, lädt Sibylla ihn ein, die wunderbaren Tulpen in ihrem Garten zu bewundern und genau hinzuschauen. Er ist so entzückt von den Blumen, die für ihn bisher nur eine Geldanlage waren, und von den Bildern, die Sibylla malt, dass er ihr die Tulpen überlässt. Ein ungewöhnliches Kind mit ungewöhnlichen Interessen – das wäre Sibylla auch heute.

Die bezaubernde Bildgeschichte motiviert, genauer hinzuschauen, die pflanzliche und tierische Wunderwelt zu bestaunen, sie zu malen oder zu fotografieren. Interessierte Kinder und Erwachsene finden im Internet mehr über das Leben der malenden Wissenschaftlerin und Abenteuerin.

Schwarzweiß

Bilderbuch

Ein großes, weißes Blatt und ganz unten auf der rechten Seite ein schwarzer Punkt. Er erzählt, dass er nicht allein ist, sie sind viele. Diesen vielen Punkten geht es gut, sie haben zu essen, sie haben Häuser und Spaß. Da meldet sich auf der leeren linken Seite ein weißer Punkt zu Wort. Auch die weißen sind viele. Aber ihnen geht es nicht gut. Deswegen wollen sie hinüber zu den schwarzen. Die beraten, lassen ein paar weiße kommen, aber es drängen so viele nach, dass sie sie stoppen. Die Seite mit den schwarzen und weißen Punkten ist jetzt sehr voll. Nun wollen die schwarzen hinüber, um den weißen zu helfen, etwas für weiße und schwarze Punkte zu erschaffen. Das gelingt. Es entstehen Gebäude, Autos und Eis – hergestellt aus weißen und schwarzen Punkten. Auf der letzten Doppelseite gibt es auf der linken und der rechten Seite je einen schwarzweißen Punkt, und beide verkünden: „Hallo, ich bin ein Punkt.“

In dem großformatigen Buch besteht alles aus schwarzen und weißen Punkten – eine überzeugende Idee, etwas so Komplexes wie Ungerechtigkeit darzustellen. Man kann sie übernehmen, sie mittels Steckern oder Legosteinen umsetzen und muss dabei nicht schwarz-weiß bleiben.

Kennedy

Kinderbuch

2017 wäre John F. Kennedy 100 Jahre alt geworden. An seine Worte im durch die Mauer geteilten Berlin erinnern sich viele Menschen. Er sagte: „ Die Freiheit ist unteilbar, und wenn auch nur einer versklavt ist, dann sind nicht alle frei. …Alle freien Menschen, wo immer sie leben mögen, sind Bürger dieser Stadt Westberlin, und deshalb bin ich als freier Mann stolz darauf, sagen zu können: Ich bin ein Berliner.“

Die Autorin Shana Corey setzt in der als großformatiges Bilderbuch gestalteten Kurzbiographie einen Schwerpunkt auf die Bürgerrechtsbewegung in den USA und zeigt, dass Kennedy kein eindimensionaler, strahlender Held war, aber ein engagierter Präsident. Kurz: eine eindrucksvolle Bildgeschichte über einen außergewöhnlichen Mann.

Die Legende vom Schachspiel

Kinderbuch

Die Mächtigen lassen es oft an Respekt für Menschen fehlen, die ihnen untergeben sind. So beutet ein Kaiser die Menschen in seinem Land gnadenlos aus. Den armen Bauern lässt er nicht genügend Reis zum Überleben. Gierig verlangt er mehr und mehr Abgaben von ihnen. Da überlisten ihn ein weiser Mann und seine Nichte. Sie bringen ihm das eben erfundene Schachspiel und lassen ihn gewinnen. Der begeisterte Kaiser will das Spiel haben und bietet dem Mann eine reiche Belohnung. Der aber will „nur“ ein Reiskorn auf das erste der 88 Spielfelder und für jedes weitere Feld jeweils die doppelte Anzahl der Körner. Doch durch die ständige Verdoppelung entsteht eine Menge, die auch der Kaiser von China nicht aufbringen kann.

Der flächige, elegante Stil der Illus­trationen nähert sich alten chinesischen Malereien.

Klein

Kinderbuch

Lauter kleine Wusel spielen, streiten und kuscheln in der Kita. Klein hat Glück, denn die Erzieherin findet immer wieder Zeit, es hinter den Ohren zu kraulen. Aber als es von STARK abgeholt wird, ist es vorbei mit dem Wohlfühlen. Über dem Kopf von STARK dräut eine tiefschwarze Wolke. Da weiß Klein schon, wie es weitergeht. Es zieht den Kopf ein, lässt die Ohren hängen und trottet hinter STARK her. Zu Hause streiten GROSS und STARK erbittert am Abendbrottisch, so dass Klein vor Angst unter den Tisch kriecht. Später packt GROSS den Koffer und geht „wieder einmal“. Da flüchtet Klein zum Nachbarn JEMAND…

Das Buch ist so klein, dass man es leicht übersieht. Und das minimalistisch hingestrichelte Wesen auf dem Titel ist so klein, dass das Buch groß wirkt. Mit der gleichen Technik gestaltete Stina Wirsén schon ihre Nalle-­Bücher, die in Schweden Kult sind. Auch die Geschichte von Klein ist hinreißend, anrührend und geht unter die Haut.

Videospiele

Jotun

Videospiel

Ein schwerer Sturm lässt die Isländerin Thora über Bord gehen und im Meer ertrinken. Die junge Frau ist eine Wi­kingerin – und durch diesen kampflosen Tod vom paradiesischen Walhalla ausgeschlossen. Um dort doch noch neben den Kriegern sitzen zu dürfen, muss sie sich einer Herausforderung stellen: Besiege die namensgebenden Riesenfürsten im Ginnungagap, dem leeren Nichts zwischen den Welten.

Auf ihrer Reise durchwandert Thora wunderschön handgezeichnete Orte der nordischen Mythologie, deren Hintergründe sie uns mit ihrer ruhigen Stimme näherbringt. Unterbrochen werden diese geradezu medi­tativen Momente nur von den epischen Kämpfen gegen die Jotun, für die selbst geübte Spieler mehrere Anläufe brauchen.

„Jotun“ ist ein außergewöhnliches und märchenhaftes Spielerlebnis.

 

Shadow Tactics: Blade of the Shogun

Videospiel

Japan im Jahr 1615: Das Volk jubelt, denn der neue Shogun vereint das durch Clankriege gespaltene Land. Doch der Frieden gerät in Gefahr, denn ein Intrigant namens Kage-sama will die Herrschaft des Shoguns nicht akzeptieren und plant den Umsturz. Um ihn zu verhindern, schickt der Shogun eine kleine Spezialeinheit los, die sich schnell und unauffällig um die Verschwörer kümmern soll.

Neben einem erfahrenen Ninja und einem schlagkräftigen Samurai steuert der Spieler auch ein pfiffiges Straßenmädchen, eine Verkleidungskünstlerin und einen Scharfschützen. Jede Figur hat andere Fähigkeiten, die der Spieler richtig einsetzen muss, um die Ziel­orte unbemerkt zu infiltrieren und die puzzle­artigen Level zu meistern.

„Shadow Tactics“ ist ein wahrer Genuss für geduldige Strategen.

Urban Empire

Videospiel

In „Urban Empire“ spielen wir einen Bürgermeister im Jahre 1820. In dem fiktiven mitteleuropäischen Land Swarelia gründen wir unseren ersten Bezirk, erforschen neue Technologien und investieren kräftig in die Infrastruktur unserer wachsenden Stadt.

Was das Spiel von der Konkurrenz abhebt, ist die politische Ebene. Ohne die Zustimmung unseres Parlaments können wir keine neuen Gesetze und Beschlüsse auf den Weg bringen. Um die verschiedenen politischen Lager auf unsere Seite zu ziehen, benötigen wir diplomatisches Fingerspitzen­gefühl. Manchmal wirken aber auch Drohungen oder Bestechungsgelder Wunder. In den 200 Jahren, die das Spiel abdeckt, müssen wir unsere Politik ständig dem Zeitgeist und den damit einhergehenden Bedürfnissen unserer Bürger anpassen.

Selbst für Politikmuffel ist „Urban Empire“ eine empfehlenswerte Kombination aus Städtebau und Verwaltung.

Besucher und Mitbewohner: Die Stechmücke

Wir sind nicht allein. Mit und neben uns gibt es zahlreiche andere Lebewesen. Manche sind ständig bei uns, manche tauchen nur als Besucher auf. Aber sie sind da – oder könnten schon bald wieder kommen, nach Hause, in die Kita oder in die Grundschule.

Stechmücken sind äußerst unbeliebte Tiere, denn etliche Arten dieser Insekten können gefährliche Krankheiten übertragen. Zudem weist einiges darauf hin, dass die Tiere künftig auch in Mitteleuropa verstärkt auftreten. Grund genug, sich näher mit ihnen zu befassen.

„…ganz dicht an deinem Ohr…“ 1

Wilhelm Busch goss seinen Ärger über die Stechmücken in ein heiteres Gedicht, doch diese ironische Gelassenheit haben nur die wenigsten von uns. Weder das hohe Sirren, das wir plötzlich kurz vor dem Einschlafen hören, noch die geröteten und juckenden Spuren einer Blutmahlzeit lassen das geringste Verständnis aufkommen. Im Gegenteil – immer sind es die gleichen Fragen, die uns nach solchen Attacken beschäftigen: Warum muss es diese Biester überhaupt geben? Und: Wie kann man sie am besten töten?

Biologen – und Kinder – sind von den Tieren allerdings auch immer wieder fasziniert, denn bei näherer Betrachtung zeigt sich Erstaunliches. So gehören Stechmücken zu den Tieren, die ihre Position auf dem Planeten seit Millionen von Jahren nahezu unverändert behaupten können. Ein rund 79 Millionen Jahre altes Fossil enthält eine in Bernstein eingeschlossene Stechmücke, die sich kaum von ihren heutigen Verwandten unterscheidet.

Quirin, 6 Jahre
Joshua, 5 Jahre

Auch die weltweite Verbreitung spricht für die Widerstands- und Anpassungsfähigkeit dieser Insekten. Man findet sie in den unterschiedlichsten Lebensräumen der Erde. Nur die vereisten Polarregionen und extrem trockene Wüstengebiete sind davon ausgenommen.

Und dann ist da die Sache mit ihrer Ernährung: Stechmücken sind absolute Nahrungsspezialisten. Während ihres Larvenstadiums, das sie in einem Gewässer oder Feuchtbiotop verbringen, ernähren sie sich von Algen und Kleinsttieren. Als fertige Insekten saugen sie pflanzliche Säfte und – Blut.

Am besten eine Blutmahlzeit

Die weiblichen Stechmücken, und nur sie, benötigen nach der Begattung durch die Männchen eine Mahlzeit aus dem Blut von Säugern und Vögeln, um Eier bilden zu können. Zwar können manche Stechmückenweibchen ein Eigelege auch ohne diese besonders proteinhaltige Nahrung produzieren, aber dann ist die Anzahl der Eier stark reduziert.

Zur Aufnahme des Blutes nutzt das Insekt seinen Stechrüssel – ein ungewöhnlich komplexes Instrument. Mit dem aus verschiedenen Mundwerkzeugen gebildeten Stechborstenbündel durchbohrt es die Haut des Wirts, injiziert über einen Kanal des Rüssels Speichel in die Wunde und zapft parallel über einen zweiten Kanal Blut ab. Der Speichel unterstützt den Saugvorgang, denn er reizt das Gewebe, wodurch sich die Blutgefäße erweitern. Außerdem hemmt das Sekret die Blutgerinnung.

Lea, 4 Jahre

Die Tatsache, dass menschliches Blut nur eine von vielen vergleichbaren Nahrungsquellen ist, erklärt die weite Verbreitung der Stechmücken. Wenn wir uns wundern, wovon Stechmücken in den fast menschenleeren Regionen Nordeuropas leben, übersehen wir die großen Bestände von Kleinsäugern wie Lemminge oder Wühlmäuse und die Sumpflandschaften, in denen die Insekten ideale Lebensbedingungen finden – auch ohne Menschen.

Um einen geeigneten Wirtsorganismus zu finden, nutzt das Stechmückenweibchen seinen Wärmesinn, mit dem es die von den Säugern erwärmte Luft wahrnehmen kann. Auch sein Geruchssinn ist sehr gut entwickelt. Labor- und Freilandexperimente zeigten, dass Stechmücken vor allem durch ausgeatmetes Kohlenstoffdioxid und bestimmte Körperdüfte angelockt werden. Vermutlich können die Mücken einen Wirt und seine Entfernung bereits an der Art und Intensität des Geruchs gut bestimmen.

Vom Ei zum fertigen Insekt

Feuchtigkeit und Wärme sind die beiden Hauptfaktoren in der Entwicklung der Stechmücken. Insbesondere Wasser ist unerlässlich, aber bereits kleinste Mengen genügen. Ohnehin legen die Weibchen der meisten Mückenarten ihre Eier am liebsten in stehende, ruhige Gewässer, in denen die Eier, zusammengeklebt wie kleine Schiffchen, auf der Oberfläche schwimmen. Neben kleineren und größeren Pfützen sind Regentonnen und andere mit Wasser gefüllte Gefäße, Gräben, Tümpel und kleine Teiche häufig genutzte Brutstätten. Auch feuchte Felsmulden und Baumhöhlen bieten ausreichend Entwicklungsraum.

Maike, 5 Jahre

Nach wenigen Tagen schlüpfen Larven aus den Eiern. Während ihres Wachstums häuten sie sich vier Mal, bevor sie sich verpuppen. Larven wie Puppen leben im Ruhezustand an der Wasseroberfläche, da sie keine Kiemen besitzen, sondern sich über Atemrohre mit Luft versorgen. Bei Gefahr tauchen sie rasch ab, je nach Art in Form ruckartiger oder strudelnder Bewegungen. Das Puppenstadium ist kurz. Schon nach wenigen Tagen schlüpft die fertige Stechmücke. Insgesamt dauert die Entwicklung bei sommerlichen Temperaturen nur etwa zwei Wochen.

Stechmücken sind nicht nur lästig

Ginge es nur um ein bisschen Blut, könnten wir der Stechmücke halbwegs gelassen begegnen: Die Menge, die uns im Einzelfall abgezapft wird, ist nicht der Rede wert. Zudem verursacht eine Mücke, die uns hierzulande sticht, im Normalfall keine gesundheitlichen Schäden. Aber wir wissen längst, dass dieses Insekt Krankheitserreger übertragen kann, darunter so gefährliche wie den des Dengue-Fiebers und der Malaria. Allerdings wird der Malaria-Erreger ausschließlich durch die Arten der besonders in Südeuropa verbreiteten Fiebermücke (Mückengattung Anopheles) übertragen. Doch es ist kein gutes Zeichen, dass die in Deutschland heimische Stechmückenart Anopheles plumbeus ihr Brutverhalten geändert hat. Wegen ihrer Fähigkeit, den Malariaerreger zu übertragen, ist diese Art gefürchtet. Früher nutzte sie nur Baumhöhlen als Brutplätze. Heute sind ihre Larven nicht selten auch in Regentonnen zu finden. Das heißt: Dieses Insekt hält sich häufiger in menschlicher Nähe auf. 2

Lea Marie, 6 Jahre

Hinzu kommen seit einigen Jahren Stechmückenarten aus subtropischen und tropischen Ländern. Ihr Zuzug wird als Zeichen des Klimawandels gedeutet, und es ist nicht unwahrscheinlich, dass sie sich nun auch in Mitteleuropa etablieren. Eine dieser Arten ist die Asiatische Tigermücke (Aedes albopictus), die von Fachleuten zu den 100 invasivsten Arten weltweit gerechnet wird. Seit einigen Jahren ist sie bereits in ganz Italien zu finden und breitet sich auch an der französischen und spanischen Mittelmeerküste aus. Allein sie kann 26 verschiedene und teils gefährliche Viren übertragen. Für die Ausbreitung dieses Insekts ist wohl vor allem der Mensch verantwortlich. Forscher fanden heraus, dass Eier und Larven der Asiatischen Tigermücke mit gebrauchten Reifen – beispielsweise von Militärfahrzeugen – nach Italien gelangten. Der umfangreiche Handel mit Altreifen, die fast immer im Freien gelagert werden, verschafft den Stechmücken ideale Brutplätze.

Eine andere Art, die seit kurzem in Europa auftaucht, ist die Japanische Buschmücke (Aedes japonicus), die auch bei uns als Krankheitsüberträger problematisch werden könnte. Weitere Erkenntnisse und einen Überblick über die Verbreitung blutsaugender Mücken in Deutschland soll ein bundesweites Stechmückenmonitoring 3 ermöglichen. Auf www.mueckenatlas.de gibt es ein Mitmachforum – zum Einsenden und Bestimmen von Mücken – sowie regelmäßig aktualisierte Informationen über die Verbreitung bestimmter Arten in Deutschland.

Schutz vor Stechmücken – Behandlung von Mückenstichen

Trotz der Schwierigkeit, verschiedene Mückenarten unterscheiden und genau bestimmen zu können, sollten wir bedenken: Längst nicht jedes kleine zweiflügelige und vielleicht nur mückenähnliche Insekt ist eine Stechmücke. Schon die allgemeine Benennung ist problematisch. Allzu leicht werden Stechmücken mit anderen Zweiflüglern wie Zuckmücken, kleinen Fliegen oder Wiesenschnaken verwechselt, die völlig harmlos sind, kein Blut saugen und auch sonst eine ganz andere Lebensweise haben. Besonders die langbeinigen Schnaken werden zu Unrecht oft für Stechmücken gehalten. Hinzu kommen die regional unterschiedliche Benennungen. So heißen diese Tiere in Teilen Österreichs Gelsen, in manchen Regionen der Schweiz und Süddeutschlands hingegen Staunzen. Der aus dem Spanischen und Portugiesischen stammende Begriff Moskito (kleine Fliege) ist hierzulande auch oft zu hören. Um Verwechslungen zu vermeiden, sollte generell der Begriff Stechmücke verwendet werden. Damit lassen sich Mückenarten zusammenfassen, die tatsächlich auf eine Blutmahlzeit angewiesen sind und auch sonst eine ähnliche Lebensweise haben. 4

Josef, 6 Jahre

Allerdings gibt es bei uns noch andere Mückenarten, die die Haut durchstechen und Blut saugen, aber eher winzigen Fliegen ähneln. Dazu gehören die Kriebelmücken und die Gnitzen. Auf feuchten Wiesen und Weiden treten sie manchmal massenhaft auf und können vor allem Rindern und Pferden stark zusetzen.

Um uns gegen Stechmücken zu schützen, sollten wir vorbeugende Maßnahmen bevorzugen und darauf achten, dass es im Garten, auf Balkonen und Terrassen möglichst kein stehendes Wasser gibt: Gießkannen sollten wir nach der Verwendung leeren und Planschbecken regelmäßig säubern. Mückengitter oder Moskitonetze halten insbesondere Schlafräume frei von Stechmücken.

Im Freien hilft die richtige Kleidung. Da Mücken dunkle Farben bevorzugen und eng anliegende Stoffe durchstechen können, empfiehlt sich helle, eher locker geschnittene Kleidung, in der wir auch weniger schwitzen – und damit für Mücken weniger attraktiv sind. Zur gezielten Abschreckung der Insekten können wir bestimmte Duftstoffe einsetzen: Gerüche von Geranien, Zitronenmelisse, Zitrone, Rosmarin, Eukalyptus und Lavendel sind den Stechmücken unangenehm. Deshalb sind diese Duftstoffe in verschiedenen Antimücken-Sprays zu finden. Ihre Wirkung hält zwar nicht lange an, aber wenn sie zusätzlich keine künstlichen Insektenschutzmittel enthalten, eignen sie sich für (Klein-)Kinder. Bewährte chemische Mittel gegen Stechmücken sind Icaridin (Autan) und Diethyltoluamid oder DEET (Brum-Brum). Doch bestimmter Nebenwirkungen wegen sollte vor allem Letzteres von schwangeren Frauen, Müttern während der Stillzeit und Kindern unter drei Jahren nicht angewendet werden.

Und wenn es doch zum Stich kommt? Gegen den Juckreiz hilft rasche Kühlung mit einem Eiswürfel oder einer Aloe-Vera-Salbe. Auch Zitronensaft, Essig oder ein Stück zerquetschter Küchenzwiebel lindern die Symptome. Zudem besitzt der Saft der Zwiebel antientzündliche Eigenschaften. Ähnliches gilt für Spitzwegerichblätter.

Philip, 6 Jahre

Obwohl Forscher auf der ganzen Welt an der Bekämpfung der Stechmücken arbeiten, gibt es kaum Erfolgsmeldungen. In den meisten Ländern wird noch immer DDT eingesetzt, ergänzt durch Insektizid-imprägnierte Moskitonetze. Eine der wenigen Nachrichten, die aufhorchen lassen, stammt aus dem Labor des niederländischen Insektenexperten Bart Knols. Finanziert von der Gates-Stiftung, startete er in Dörfern der Elfenbeinküste ein Experiment: Insekten werden in spezielle Röhren in den Wänden der Wohnhäuser gelockt und dort getötet.5 Ob sich diese Technik der eave tubes bewährt und in größerem Maßstab eingesetzt werden kann, lässt sich noch nicht sagen. Angesichts der Tatsache, dass Stechmücken vor allem in wärmeren Ländern die Tiere sind, die die weitaus meisten Todesfälle verursachen6, aber gegen Gifte wie DDT vielfach resistent wurden, sind neue Ideen und Techniken jedoch unverzichtbar.

Katharina, 6 Jahre

Übrigens: Hierzulande sterben die Stechmücken­männchen im Herbst, während begattete Weibchen an kühlen, feuchten und geschützten Stellen überwintern – nicht nur in Höhlen, sondern auch in Kellerräumen, ­Gartenhäusern und Vieh­ställen. Spätestens damit werden sie zu richtigen Mitbewohnern…